Kinderbetreuung – echte Wahlfreiheit für Eltern durch Einführung eines alternativen Elterngeldes

Antrag
vom 19.04.2018

Antragder AfD-Fraktion vom 17.04.2018

 

Kinderbetreuung – echte Wahlfreiheit für Eltern durch Einführung eines alternativen Elterngeldes

I. Ausgangslage

„Die Betreuungsqualität in NRW ist unbefriedigend bis mangelhaft“. Das berichtet die WELT vor wenigen Wochen mit Bezug auf „etliche Studien und Experten“. Die EU-Standards würden unterlaufen, ebenso die Mindestkriterien der Bertelsmann-Stiftung und die der Deutschen Ge­sellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin e.V.

In NRW teilen sich statistisch gesehen bei den ein- bis zweijährigen Kindern knapp vier Kinder eine Erzieherin, bei den drei- bis fünfjährigen kommt auf neun Kinder eine Erzieherin. Die EU empfiehlt hingegen, die Grenze von maximal drei bei ein- bis zweijährigen und höchstens acht bei drei- bis fünfjährigen Kindern nicht zu überschreiten.

Laut Bertelsmann-Stiftung fehlen somit allein in NRW rund 15.900 Erzieher im Bereich der Kindertagesstätten, wobei überdies in diesen Zahlen kaum Ausfallzeiten durch Urlaub, Krank­meldung und Fortbildung eingerechnet sind, warnt Ver.di.

Laut Koalitionsvertrag der Landesregierung aus CDU und FDP ist die Familie „das zuverläs­sigste soziale Netz in unserer Gesellschaft und übernimmt im besten Sinne subsidiär zentrale und unverzichtbare gesellschaftliche Aufgaben auch in der Kinderbetreuung und -erziehung. Deshalb ist sie besonders zu schützen und zu unterstützen. Die Gestaltung des persönlichen Lebensumfeldes ist jedoch Sache jedes Einzelnen und sollte seiner Entscheidungsfreiheit un­terliegen. Das betrifft sowohl Fragen von Partnerschaft und Familie, als auch die freie Ent­scheidung, Kinder selbst zu betreuen oder sie betreuen zu lassen.“

Weiterhin heißt es dort im Kapitel Kindertagesbetreuung: „Für uns Christdemokraten und Freie Demokraten kommt der Kindertagesbetreuung eine die Eltern unterstützende und ergänzende – jedoch keine ersetzende – Funktion zu.“ Die folgenden Kapitel Finanzierung, Rahmenbedin­gungen, Tagesmütter und Tagesväter, sowie Ausbau der U3- und Ü3- Betreuungsplätze und Familienförderung führen zwar ebenfalls die Wahlfreiheit an, allerdings werden ausschließlich außerfamiliäre Betreuungsmöglichkeiten konkret angesprochen. Der Leiter des sozialpädiatri­schen Zentrums in Bielefeld und von der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Ju­gendmedizin, sieht darin einen Kurs, der weg vom Kindeswohl führt, anstatt es zu fördern.

Es ist nicht zu bestreiten: Wenn ein Kind geboren wird, ist es das Wichtigste, dass es auf die Wärme und die Fürsorge der Eltern bauen kann. Um dies wirtschaftlich gesichert gewährleis­ten zu können, haben Eltern einen Anspruch auf Elterngeld, welches einem Elternteil gezahlt wird, sollte er sich dazu entscheiden, die Betreuung des Kindes im ersten Lebensjahr selbst zu übernehmen. Eine innerfamiliäre Betreuung in der Zeit darüber hinaus, vor allem in den wichtigsten ersten drei Jahren des kindlichen Lebens, werden dahingegen nur „einseitig“ vom Staat gefördert. Der Staat bezuschusst nämlich jeden frühkindlichen Betreuungsplatz, ob KiTa oder Krippe, allerdings nicht das dem Kindeswohl förderlichste eigene Zuhause.

Etliche internationale Studien belegen, dass eine außerfamiliäre frühkindliche Betreuung sehr wohl auch Risiken bergen kann. Dies zeigen zweifelsfrei auch viele Studien, welche die U3-Betreuung und deren Auswirkungen auf die kindliche Psyche, den Hormonhaushalt und die Beziehungen zwischen Eltern sowie Kind und Eltern untersucht haben.

So zeigt z.B. die NICHD – Studie (Belsky et al 2007, 2010, 2010a) auf, dass geringe Qualität und nichtverwandtschaftliche Betreuung im frühkindlichen Alter zu externalisierten Problemen, Lehrer-Schüler Konflikten und Schwächen im Sozialverhalten führt.

Im Quebecer Projekt „Fünf Dollar pro Tag für Kinderbetreuung“ (Baker/Milligan 2005) berichten Eltern über vermehrte Hyperaktivität, Angst, Aggressivität sowie soziale Mängel und Infektio­nen bei ihren Kindern. Die elterliche Erziehung war ebenfalls stärkerer Feindseligkeit und schlechteren Interaktionen mit den Kindern ausgesetzt. Die Eltern zeigten selbst höhere Stres­serscheinungen und Gesundheitsprobleme, die Beziehung zwischen den Paaren litt ebenfalls darunter.

Die Schweizer Studie (Averdiyk et al. 2011) erwies einen linearen Anstieg bei aggressivem Verhalten, bei ADHS, nicht aggressivem externalisiertem Verhalten, Angst und Depression bei gruppenbezogener externer Kindertagesstätten-Betreuung wie Krippen und ähnliches. Andere Studien, wie zum Beispiel die Norwegische Studie (Lekhal 2012) relativieren zwar diese Ergebnisse und zeigen auf, dass Kinder mit Krippenerfahrungen ab anderthalb Jahren mit 3 Jahren etwas weniger Probleme hatten als diejenigen, welche zu Hause erzogen wurden. Grund hierfür sind aber, laut Autor, eindeutig die sehr hohen Standards der norwegischen Krippenerziehung, welche in NRW keinerlei Entsprechung haben und bedauerlicherweise noch in weiter Ferne liegen.

Zum Wohle des Kindes und zur Realisierung des Versprechen, für eine wirkliche Wahlfreiheit bei der Kinderbetreuung zu sorgen, führt kein Weg an einer gezielt und konsequent familien­bezogenen Unterstützung vorbei, welche es den Eltern ebenfalls ermöglicht, Kinder zur Voll­endung ihres dritten Lebensjahres selbst zu Hause zu erziehen und zu betreuen.

II. Der Landtag stellt fest:

1. Der Zustand der Kinderbetreuung in NRW ist derzeit unzureichend und erfüllt nicht die Mindestanforderungen, die an eine qualitativ befriedigende Betreuung gestellt werden müssen.

2. Der Koalitionsvertrag sieht eine Gleichberechtigung und eine gleichwertige Förderung der Betreuungsweisen vor, die einseitige Förderung der außerfamiliären Kinderbetreuung be­nachteiligt aber Familien, welche sich für eine innerfamiliale Betreuung von Kindern unter drei Jahren entscheiden.

3. Das früher gezahlte Betreuungsgeld konnte aufgrund seiner geringen Höhe keine wirkli­che Wahlfreiheit der Eltern bei der Wahl der Kinderbetreuung zu Hause oder außerhäusig schaffen. Eine unterstützende Förderung, die nur 150 € im Monat beträgt, stellt für berufs­tätige Eltern keine wirklich nutzbare Alternative zur staatlich subventionierten Fremdbe­treuung dar.

4. Somit war und ist das Kindeswohl nicht im umfassenden Sinne Grundlage der Positionie­rung der Koalition.

5. Wahlfreiheit ist durch die Bemühungen der Koalition nicht gegeben.

6. Die Wissenschaft bestätigt die Risiken einer außerfamiliären U3-Betreuung.

7. Deshalb lässt der momentane und auch mittelfristig zu erwartende Stand der Kinderbe­treuung in NRW keine ausschließliche nur außerfamiliäre Kinderbetreuung zu.

III. Der Landtag beauftragt die Landesregierung,

1. künftig von einer einseitigen Förderung der Kinderbetreuung Abstand zu nehmen,

2. eine gleichwertige Förderung für die Betreuung von Kindern im eigenen Zuhause zu schaffen,

3. Schaden von den Kindern abzuwenden durch eine Verbesserung der außerfamiliären Betreuung.

Iris Dworeck-Danielowski
Markus Wagner
Andreas Keith
und Fraktion

 

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