Unsere Kinder vor den Fehlern der Vergangenheit schützen – einen neuen Conter-ganskandal verhindern!

Antrag
vom 01.10.2019

Antragder AfD-Fraktion vom 01.10.2019

 

Unsere Kinder vor den Fehlern der Vergangenheit schützen – einen neuen Conter-ganskandal verhindern!

I. Ausgangslage

Mitte September 2019 erregten diverse Medienberichte1 die Aufmerksamkeit des ganzen Lan­des, nach denen eine ungewöhnliche Häufung von Fehlbildungen bei Neugeborenen an einem Gelsenkirchener Krankenhaus bekannt geworden war. Im Sankt-Marien-Hospital in Gelsenkir-chen-Buer sind zwischen Juni und Anfang September drei Babys ohne voll ausgebildete Hände zur Welt gekommen. Die Arme seien normal entwickelt, die Handflächen und Finger jeweils einer Hand aber nur rudimentär angelegt. Auch in Datteln und Dorsten sind Kinder mit missgebildeten Händen geboren worden.

Das Ministerium werde alle Klinken in NRW abfragen, ob dort ähnliche Fehlbildungen aufge­fallen seien, sagte eine Sprecherin des Ministeriums auf Anfrage des deutschen Ärzteblattes. Man nehme die Berichte über solche Fälle „sehr ernst“. „Darüber hinaus nehmen wir Kontakt mit den Ärztekammern, dem Bund und den anderen Bundesländern auf, um möglichen Ursa­chen mit aller Sorgfalt nachzugehen“, hieß es vom Ministerium weiter. Ob ein Melderegister der richtige Weg sei, gelte es gemeinsam zu prüfen, sagte die Sprecherin dem deutschen Ärzteblatt am 16.09.2019.2

Selbst die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordern im Landtag von Thüringen nunmehr ein nationales Fehlbildungsregister. „Um in Zukunft besser gewappnet zu sein, brauchen wir schnellstmöglich die Einführung eines deutschen Fehlbildungsregisters, vor allem, um statis­tische Häufungen schneller erkennen zu können.“ heißt es in ihrer Pressemitteilung vom 17.09.2019.3 Ein breiter Konsens, aus dem sich die Notwendigkeit zu handeln ergibt, scheint demnach gegeben. Jedoch würde ein nationales Fehlbildungsregister nicht den notwendigen Erfolg bringen. Dies lässt sich insbesondere durch die Häufung von Fehlbildungen in Frank­reich veranschaulichen, welche ihrem Charakter nach denen in Deutschland sehr ähnlich sind.

Dort waren 2018 Fälle von gehäuften Fehlbildungen bekannt geworden. Im Département Ain im Osten des Landes, im Département Loire-Atlantique im Westen und in Morbihan in der Bretagne sind in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich viele Babys ohne Arme zur Welt gekommen.4

Die european registration of congenital abnormalities and twins, kurz “EUROCAT”, ist ein eu­ropäisches Netzwerk, welches ein bevölkerungsbezogenes Register zur epidemiologischen Überwachung angeborener Anomalien zusammenfasst, um epidemiologische Daten für ganz Europa zu erheben und in einem zusammenfassenden internationalen Fehlbildungsregister zur Verfügung zu stellen. Seit ihrer Gründung im Jahr 1979 ist es ihr Ziel, eine Vergleichbarkeit der Daten der verschiedenen Länder zu erreichen. Aktuell hat die EUROCAT 76 Mitglieder,5 darunter sind mit der Universitätsklinik in Mainz und der Medizinischen Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg auch zwei deutsche Bundesländer (Niedersachsen und Sachsen-Anhalt) Mitglieder der EUROCAT. Im Rahmen der Gesundheitsberichterstattung för­dert das Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration des Landes Sachsen-Anhalt das Fehl-bildungsmonitoring bereits seit 1995. Das Register erfüllt neben seiner Funktion als Instrument zur Gesundheitsberichterstattung auch die wichtige Funktion eines Qualitätssicherungsinstru-ments, heißt es vom Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration des Landes Sachsen-Anhalt.6

EUROCAT erfasste im Jahr 2005 1,2 Millionen Geburten pro Jahr, was 25 % der Gesamtzahl europäischer Geburten entspricht. Im Jahr 2011 wurden 1,5 Millionen Geburten in 20 Ländern erfasst.7 Eine solche Datenerhebung ist unerlässlich für eine fundierte und valide Ursachen­forschung, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Entstehung von Fehlbildungen durch Medikamente oder andere Substanzen, dessen Zulassung europaweit erfolgt, nicht ausge­schlossen werden kann. In diesem Zusammenhang ist die Teilnahme an einer solchen Orga­nisation, wie bereits in Niedersachen und in Sachsen-Anhalt geschehen, sinnvoll, um Pro­zesse zu optimieren und die Datenlage systematisch auszuwerten.

II. Der Landtag stellt fest,

1. dass jedes Leben schützenswert ist;

2. dass die european registration of congenital abnormalities and twins zur epidemiologi­schen Überwachung angeborener Anomalien geeignet und eine Mitgliedschaft positive Ef­fekte auf die Ursachenforschung eben dieser haben kann;

3. dass es Fehlbildungen gibt, die bei einer besseren Datenlage zu Zusammenhängen zwi­schen Medikamenten und Fehlbildungen eventuell vermieden werden können.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

1. zu prüfen, inwieweit welche Standorte in Nordrhein-Westfalen die Kriterien für die Mit­gliedschaft in der european registration of congenital abnormalities and twins erfüllen;

2. zu prüfen welche Mitgliedschaft für welche Standorte in Frage kommt;

3. in Zusammenarbeit mit den Ärztekammern und unter Einbeziehung der Krankenhäuser ein System zu entwickeln, durch das der Zustand von Fehlbildungen aufgezeichnet und dokumentiert werden kann.

Dr. Martin Vincentz
Markus Wagner
Andreas Keith

und Fraktion

 

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1 https://deutsch.medscape.com/artikelansicht/4908257

2 https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/106018/Ministerium-will-alle-Krankenhaeuser-in-Nordrhein-Westfalen-wegen-Fehlbildungen-bei-Neugeborenen-abfragen

3 https://www.gruene-thl.de/agrar-gentechnik/buendnisgruene-fordern-fehlbildungsregister

4 https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/98892/Frankreich-untersucht-Faelle-von-Neugeborenen-mit-Fehlbildungen

5 https://eu-rd-platform.jrc.ec.europa.eu/eurocat/EUROCAT-Members

6 http://www.angeborene-fehlbildungen.com/Fehlbildungsmonitoring.html

7 https://eu-rd-platform.jrc.ec.europa.eu/eurocat/data-collection