Die Adipositas-Prävalenz steigt – NRW muss die Schulen stärker unterstützen!

Antrag
vom 05.06.2018

Antragder AfD-Fraktion vom 05.06.2018

 

Die Adipositas-Prävalenz steigt – NRW muss die Schulen stärker unterstützen!

I. Ausgangslage

Die Zahl fettleibiger Kinder und Jugendlicher hat sich seit 1975 verelffacht, berichteten die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und das Imperial College London zum Welt-Adipositas-Tag am 11. Oktober 2017 im Fachblatt „The Lancet“.

Dies ist eine Problematik, die national zwar zur Kenntnis genommen wird, allerdings noch keine flächendeckende aktive Prävention erfährt. So ist die im Journal of Health Monitoring erschienene „Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland“ („KIGGS-Studie“) im Auftrag des Robert- Koch- Instituts zu entnehmen, dass die Häufigkeit von Über­gewicht (einschließlich Adipositas) bei Mädchen und Jungen im Alter von drei bis 17 Jahren 15,4% beträgt, die Adipositas-Prävalenz liegt bei 5,9%.

Das bedeutet eine besorgniserregende Entwicklung vor dem Hintergrund, dass Menschen häufiger Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie einen erhöhten Blutdruck, Fett­stoffwechselstörungen, Diabetes Typ 2 und Störungen des Glukosestoffwechsels aufweisen, wenn sie bereits im Kindesalter mit Übergewicht und Adipositas zu kämpfen hatten.

Die bevölkerungsbasierte Längsschnitts Studie „Change in overweight from childhood to early adulthood and risk of type 2 Diabetes“ aus Dänemark, welche im April 2018 im „The new Eng­land Journal of medicine“ veröffentlicht wurde, hat jedoch gezeigt, dass eine Normalisierung des Körpergewichts vor der Pubertät den späteren Typ 2 Diabetes vermeidet. Die negativen Folgen von Übergewicht scheinen also reversibel und verdeutlichen die Notwendigkeit, Kinder aktiv dabei zu unterstützen, Normalgewicht zu halten oder zu erlangen.

So haben Anfang Mai mehr als 2.000 Ärztinnen und Ärzte von der Bundesregierung wirksame Maßnahmen gegen Fehlernährung gefordert. Verhaltensprävention als Einzelstrategie reiche nicht aus, verkündete das breite Bündnis aus 15 Ärzteverbänden, Fachorganisationen und Krankenkassen in Berlin. „In Sachen Prävention ist Deutschland ein Entwicklungsland. Wäh­rend zahlreiche andere Staaten in Europa im Kampf gegen Fehlernährung bei Kindern und Jugendlichen die Lebensmittelwirtschaft in die Pflicht nehmen, setzt die Bundesregierung wei­terhin auf freiwillige Vereinbarungen mit der Industrie und auf Programme für Ernährungsbil­dung. Das ist die falsche Strategie“, erklärte Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverban­des der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) in einem Interview mit dem deutschen Ärzteblatt am 02.05.2018.

Auch die Europäische Union ist auf dieses Problemfeld aufmerksam geworden, so hat der EU Agrarrat – um dieser verheerenden Entwicklung Einhalt zu gebieten – am 18.12.2008 ein Schulobstprogramm beschlossen, welches sowohl Kinder und Jugendliche als auch das zu­ständige Lehrpersonal für diese Problematik sensibilisieren soll.

Den Mitgliedsstaaten werden jährlich 90 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Zum Schuljahr 2017/2018 wurden die Mittel auf 250 Millionen Euro erhöht.

Beworben wird dieses EU-Schulprogramm sowohl vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft als auch vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucher­schutz des Landes Nordrhein Westfalen. Hier haben die Schulen die Möglichkeit, online an einer Art Auswahlverfahren teilzunehmen und sich somit für das Programm zu qualifizieren. Vor dem Hintergrund der angespannten Personalentwicklung an den Schulen in Nordrhein-Westfalen scheuen viele jedoch den hohen Bürokratieaufwand.

Mit dem EU-Schulprogramm und der damit einhergehenden wenigstens teilweisen Versor­gung der Schulen mit frischen und gesunden Lebensmitteln ist zumindest ein erster Schritt in die richtige Richtung getan. Basierend darauf sollten die Schulen zu der gesunden Entwicklung der Kinder beitragen. Wünschenswert sind Angebote zu sportlichen Aktivitäten sowie gesun­des und qualitativ hochwertiges Schulessen zur Ergänzung der Vermittlung ernährungsphysi­ologischer Grundlagen. So soll die Institution Schule, insbesondere vor dem Hintergrund des stetig wachsenden Ganztagsangebotes und der Nachmittagsbetreuung, einen wichtigen Bei­trag zum Erhalt der Gesundheit und Maßnahmen gegen Fehlernährung leisten.

II. Der Landtag stellt fest,

1. dass die Gesundheit von Kinder und Jugendlichen in Deutschland ein in besonderem Maße schutzwürdiges Gut ist,

2. dass die Förderung einer ausgewogenen und gesunden Schulverpflegung eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe ist,

3. dass die Vermittlung ernährungsphysiologischer Grundlagen und Kenntnisse als unab­dingbarer Baustein einer gesunden Lebensweise gilt.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

1. das Bewerbungsverfahren für das EU-Schulprogramm zu vereinfachen, damit das Ernäh­rungsverhalten landesweit und flächendeckend an den Schulen verbessert werden kann;

2. die Vermittlung ernährungsphysiologischer Grundlagen verstärkt in die Schullehrpläne zu integrieren und somit Ernährungsbildung als wirksame Maßnahme gegen Fehlernährung einzusetzen;

3. Maßnahmen für die Förderung von Schulsport und -aktivitäten auf Grundlage der Erkennt­nisse über die Adipositas-Prävalenz zu entwickeln;

4. gemeinsam mit den Schulen und Ganztagsbetreuungen Gesundheitsprogramme zu erar­beiten, welche den Kindern und Jugendlichen Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln, die dazu dienen, Fehlernährung und daraus resultierenden Krankheitsbildern entgegenzuwir­ken.

Dr. Martin Vincentz
Andreas Keith
und Fraktion

 

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