Wissenschaftliche Basis der Maskenpflicht

Kleine Anfrage
vom 24.04.2020

Kleine Anfrage 3538des Abgeordneten Dr. Christian Blex vom 24.04.2020

 

Wissenschaftliche Basis der Maskenpflicht

Ab Montag dem 27.04.2020 gilt in NRW und ganz Deutschland eine Maskenpflicht.

Dabei verbreiteten Virologen und Politiker noch vor wenigen Wochen, Masken böten keinen Schutz. Zudem war am 07.04.2020 im Ärzteblatt von einem im „Annals of Internal Medicine“ publizierten Experiment zu lesen, demnach Covid-19-Patienten durch chirurgische Masken sowie Baumwollmasken hindurch husten 1,2.

Selbst nachdem am 22.04.2020 die Einführung der Maskenpflicht verkündet wurde, äußerten sich einige Mediziner sehr kritisch hinsichtlich dieser Maßnahme. Besonders zu erwähnen ist die Einschätzung des Weltärztepräsidenten Frank Ulrich Montgomery, der die Pflicht zum Tragen von Schals und Tüchern als „lächerlich“ bezeichnet3.

Ich frage daher die Landesregierung:

1. Auf welcher wissenschaftlichen Grundlage basiert die Entscheidung der Landesregierung zur Einführung einer Maskenpflicht?

2. Für wie lange ist die Maskenpflicht nach Ansicht der Landesregierung nötig?

3. Welche Gesundheitsgefahren können durch das unsachgemäße Tragen einer Maske entstehen?

4. Wie bewertet die Landesregierung das Ergebnis des im „Annals of Internal Medicine“ publizierten Experiments mit dem Titel „Effectiveness of Surgical and Cotton Masks in Blocking SARS–CoV-2: A Controlled Comparison in 4 Patients“, demnach Covid-19-Patienten durch chirurgische Masken sowie Baumwollmasken hindurch husten?

5. Wie bewertet die Landesregierung die von Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery geäußerte Kritik an der Maskenpflicht, insbesondere im Hinblick auf die Wirkungslosigkeit von Schals und selbstgebastelten Masken?

Dr. Christian Blex

 

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1 https://annals.org/aim/fullarticle/2764367/effectiveness-surgical-cotton-masks-blocking-sars-cov-2-controlled-comparison

2 https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/111799/COVID-19-Patienten-husten-Viren-durch-

chirurgische-Masken-und-Baumwollmasken-

hindurch?fbclid=IwAR0J7G8ZLH_YpZNPXqRm iLO79i9fnwaQBn24gwQwGeuQWyycuZjE-PS43aI

3 https://web.de/magazine/news/coronavirus/weltaerztepraesident-frank-ulrich-montgomery-nennt-pflicht-schals-tuecher-laecherlich-34640334?fbclid=IwAR1skD521Z6Q1ddI7c-gdc19tlL_x6AtcgIYszr1gCt0EhgAKoILHbJg3gw


Nachfolgend die Antwort der Landesregierung, verfasst am 22.05.2020

 

Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 3538 mit Schreiben vom 22. Mai 2020 namens der Landesregierung beantwortet.

1. Auf welcher wissenschaftlichen Grundlage basiert die Entscheidung der Landesre­gierung zur Einführung einer Maskenpflicht?

Bund und Länder haben sich in der Konferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungsche­finnen und Regierungschefs der Länder am 15. April 2020 darauf verständigt, dass den Bür­gerinnen und Bürgern zur Reduzierung des Infektionsrisikos die Nutzung von (nicht-medizini­schen) Alltagsmasken insbesondere im Öffentlichen Personennahverkehr und beim Einkauf im Einzelhandel dringend empfohlen wird. Die Landesregierung hat sich wie alle anderen Lan­desregierungen entschieden, eine Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (MNB) in öffentlichen Räumen, in denen der Mindestabstand regelhaft nicht gewährleistet wer­den kann, vorzusehen und in die Coronaschutzverordnung NRW i.d.F. vom 27. April 2020 (vgl. §12a Coronaschutzverordnung) aufzunehmen. Diese Entscheidung beruht auf den Einschät­zungen und Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI).

Das RKI empfiehlt ein generelles Tragen einer MNB in bestimmten Situationen im öffentlichen Raum als einen weiteren Baustein, um Risikogruppen zu schützen und den Infektionsdruck und damit die Ausbreitungsgeschwindigkeit von SARS-CoV-2 in der Bevölkerung zu reduzie­ren. Diese Empfehlung basiert auf einer Neubewertung aufgrund der zunehmenden Evidenz, dass ein hoher Anteil von Übertragungen unbemerkt erfolgt, und zwar bereits vor dem Auftre­ten von Krankheitssymptomen (vgl. RKI – Viruslast bei und Übertragung durch asymptomati-sche/präsymptomatische Infizierte im SARS-CoV-2 Steckbrief zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19)). Der Schutz von MNB besteht dabei insbesondere durch das Abfangen von festen oder flüssigen Partikeln durch den (möglicherweise asymptomatischen, aber infektiö­sen) Träger. Denn gerade die unbemerkte Ausscheidung bei asymptomatischen Personen kann nur schwer durch Verhaltensänderungen (z. B. Selbstquarantäne) vermieden werden. Selbst eine teilweise Reduktion dieser unbemerkten Übertragung von infektiösen Tröpfchen durch das Tragen von MNB kann somit insbesondere auf Populationsebene zusätzlich zu den allgemeinen Infektionsschutzmaßnahmen zu einer weiteren Verlangsamung der Ausbreitung beitragen.

2. Für wie lange ist die Maskenpflicht nach Ansicht der Landesregierung nötig?

Aufgrund des auch weiterhin bestehenden Infektionsrisikos insbesondere in öffentlichen Räu­men, in denen der Mindestabstand regelhaft nicht gewährleistet werden kann, ist zum aktuel­len Zeitpunkt keine Aussage über die Dauer der Verpflichtung zum Tragen eines MNB möglich.

3. Welche Gesundheitsgefahren können durch das unsachgemäße Tragen einer Maske entstehen?

Grundsätzlich kann jeder unsachgemäße Gebrauch von Schutzmaterialien zu gesundheitli­chen Beeinträchtigungen führen. Folglich ist eine allgemeine Antwort nicht möglich. Um größt­möglichen Schutz durch die Verwendung einer MNB zu erreichen und Gesundheitsgefahren zu vermeiden, sollten die Hinweise zum sachgemäßen Gebrauch von MNB beachtet werden (z. B. der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) oder des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)).

4. Wie bewertet die Landesregierung das Ergebnis des im „Annals of Internal Medi-cine“ publizierten Experiments mit dem Titel „Effectiveness of Surgical and Cotton Masks in Blocking SARS–CoV-2: A Controlled Comparison in 4 Patients“, demnach Covid-19-Patienten durch chirurgische Masken sowie Baumwollmasken hindurch husten?

MNB werden aufgrund der Heterogenität der Materialien und fehlenden Daten zur individuellen Schutzwirkung in Studien in Deutschland nicht für den Arbeitsschutz empfohlen.

Es ist anzunehmen, dass bei einem Hustenstoß sowohl die Filterwirkung von Mund-Nasen-Schutz (MNS) als auch von MNB reduziert ist, d. h. die Ergreifung weiterer Maßnahmen, wie z. B. eine (Selbst-) Isolation symptomatisch Erkrankter, bleiben unabhängig vom Einsatz von MNB bzw. MNS weiterhin erforderlich und müssen strikt eingehalten werden. Gleiches gilt entsprechend auch für zentrale Schutzmaßnahmen im öffentlichen Raum, wie die Einhaltung der physischen Distanz von mindestens 1,5 m, die Hustenregeln und die Händehygiene.

5. Wie bewertet die Landesregierung die von Weltärztepräsident Frank Ulrich Mont-gomery geäußerte Kritik an der Maskenpflicht, insbesondere im Hinblick auf die Wir­kungslosigkeit von Schals und selbstgebastelten Masken?

Die Landesregierung hat die Position von Herrn Montgomery zur Kenntnis genommen, eine Bewertung erfolgt von Seiten der Landesregierung nicht.

Wie in der Antwort zu Frage 1 dargestellt, basiert die Einführung der Verpflichtung des Tragens eine MNB auf aktuellen Empfehlungen des RKI. Die Studienlage wird weiterhin fortlaufend durch das RKI beobachtet und bewertet.

 

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