Antragder AfD-Fraktion vom 17.11.2020
Pflanzen brauchen Licht, Wasser und CO2 zum Wachsen! Corona- und Klimaschutzmaßnahmen für die Gartenbaubranche sofort beenden!
I. Ausgangslage
Keine menschliche Tätigkeit ist so sehr von den klimatischen Bedingungen abhängig wie die gartenbauliche Produktion und Zucht. Pflanzen betreiben Photosynthese und benötigen zum Wachsen Licht, Wasser und CO2. Mit Hilfe des Sonnenlichts wird das Wasser mit dem CO2 in der Atmosphäre in Biomasse umgewandelt. In Gewächshäusern wird dieser biochemische Vorgang für das Pflanzenwachstum optimiert.
Eine besondere Rolle fällt dabei dem CO2 zu. Die natürliche Umgebungsluft enthält 78 Prozent Stickstoff, 21 Prozent Sauerstoff, 1 Prozent Edelgase und 0,04 Prozent CO2. Ein höheres CO2-Angebot in der Luft wirkt sich deutlich positiv auf das Pflanzenwachstum aus. Durch Versuche im Freiland und in Klimakammern sowie durch die FACE-Experimente konnte ein sog. CO2-Düngeeffekt bei Nutzpflanzen festgestellt werden.1 Bei den sog. C3-Pflanzen (Calvin-Pflanzen) wie Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Kartoffel, Sojabohne, Hanf oder Reis sowie bei allen Baumarten liegt der optimale Anteil von CO2 in der Luft bei 600 bis 1.200 ppm.
Sogenannte C4-Pflanzen wie Mais, Zuckerrohr und Hirse sind an wärmere Regionen mit höheren Lichteinstrahlungen angepasst. Normalerweise schließen C4-Pflanzen bei hoher Umgebungstemperatur ihre Stomata, um Wasserverluste durch Transpiration zu vermeiden. Das Optimum des Stoffwechsels liegt auch bei den C4-Pflanzen oberhalb der Normalkonzentration des CO2 in der natürlichen Umgebungsluft.
Im Gartenbau sind beheizte Gewächshäuser weit verbreitet, in denen eine künstliche Umgebung geschaffen wird, welche auf die biochemische Prozesse optimiert wurde. In diesem geschlossenen System können der Wasserhaushalt und die Atmosphäre genau kontrolliert und eine Schutzumgebung vor Pflanzenkrankheiten und Schädlingen geschaffen werden. Teilweise liegt dort der CO2-Gehalt über dem Dreifachen der natürlichen Umgebungsluft.
Die Corona- und die Klimaschutzmaßnahmen bestrafen jedoch Landwirte und Gartenbauer für ihre gezielte und optimierte Kulturpflege. Immer deutlicher wird, dass die ab Anfang nächsten Jahres fällige CO2-Steuer für die Gartenbaubetriebe eine widersinnige finanzielle Belastung darstellt. So wies der Generalsekretär des Zentralverbands Gartenbau e.V. (ZVG) bereits am 5. Juli 2019 in einer Pressemitteilung darauf hin, dass die Auswirkungen einer CO2-Bepreisung für den Gartenbau, insbesondere für den Zierpflanzenbau, dramatisch wären. Eine Kompensation im Gartenbausektor, beispielsweise durch die Streichung der Stromsteuer, sei „nur ein Tropfen auf dem heißen Stein“.2 Auch die im Klimaschutzprogramm 2030 genannte Kompensation durch die Umlage im Rahmen des EEG sei für die gärtnerischen Betriebe bei weitem nicht ausreichend, so die Vertreter der Branche.
Seit dieser Zeit (Juli 2019) hat sich allerdings politisch nichts getan, um die energieintensiven Gartenbaubetriebe zu unterstützen oder zu entlasten. So spricht mittlerweile auch der ZVG von einem „Trauerspiel“.3 Dabei ist es dringend angebracht, den heimischen Gartenbau – vor allem gegenüber der internationalen Konkurrenz – nicht noch zusätzlich steuerlich stärker zu belasten. Die nunmehr festgelegte CO2-Steuer auf 25 Euro pro Tonne ab 2021 und auf 55 Euro pro Tonne bis 2025 senkt die Wettbewerbsfähigkeit der Gartenbaubetriebe.4
In einem Eckpunktepapier zur Ausgestaltung einer Kompensationsregelung nach § 11 Absatz 3 des Brennstoffemissionshandelsgesetzes hat die Bundesregierung am 23. September Änderungen bekanntgegeben.5,6 Darin findet sich für den Gartenbau keine Entlastungsregelungen. Der Zentralverband Gartenbau e.V. (ZVG) veröffentlichte eine Berechnung zum Carbon-Leakage für den Gartenbau. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass die Carbon-Leakage-Risiko gerade bei den energieintensiven Sparten „Zierpflanzenbau“ und „Unterglasgemüsebau“ besonders hoch ist.
Die Bereitstellung heimischer Frischwaren (Obst, Gemüse und Zierpflanzen) für den nordrhein-westfälischen Markt gerät deshalb zunehmend unter Druck, obwohl es Ziel der Politik sein müsste, die regionale Wertschöpfung zu fördern und vor allem auch durch verlässliche und praktikable Rahmenbedingungen die Versorgung der Bevölkerung mit wichtigen Allgemeingütern zu gewährleisten. Zudem sei in diesem Zusammenhang an das sonst stets betonte umwelt- und klimaschonende Konzept der kurzen Versorgungswege erinnert.
Die Gartenbaubranche erlitt bereits im Frühjahr durch die auf die Corona-Pandemie folgenden politischen Maßnahmen unerwartete hohe Einbußen. Die Schließung der Gartencenter fiel in die Hochsaison des Jahresgeschäfts. Gerade das sonst für die Branche so ertragreiche Ostergeschäft wurde durch das sehr strenge Kontaktverbot gemindert bzw. praktisch zum Erliegen gebracht. Die Kunden kauften viel weniger Zierpflanzen als in dieser Jahreszeit üblich, besuchten ihre Verwandten nicht und blieben daheim.
Blumen sind Frischware, die nicht gelagert werden kann. Als niemand mehr kaufen wollte und konnte, mussten die Pflanzen zum wirtschaftlichen Nachteil für die Gartenbranche geschreddert und entsorgt werden.
II. Der Landtag stellt fest, dass
- Pflanzen Licht, Wasser und CO2 zum Wachsen brauchen und
- die Gartenbaubranche durch die Corona- und die Klimaschutzmaßnahmen besonders stark unter Druck geraten ist.
III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
- eine Bundesratsinitiative zu starten und die Gartenbaubranche von sämtlichen Klimaschutzmaßnahmen, insbesondere von der CO2-Bepreisung, zu befreien;
- dafür zu sorgen, dass die Gartencenter und Blumenfachgeschäfte in NRW geöffnet bleiben;
- den Anstieg der bürokratischen Auflagen im Gartenbau zu beenden und zu reduzieren;
- die Einschränkung der Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln zu beenden und sich für die Verlängerung ihrer Zulassung einzusetzen, insbesondere für jene Pflanzenschutzmittel, die zum Ende des Jahres auslaufen;
- enge Gespräche mit Vertretern des Gartenbaus über mögliche Alternativen zum Torf und über finanzielle Umstiegshilfen zu führen.
Dr. Christian Blex
Markus Wagner
Andreas Keith
und Fraktion
1 https://www.deutschlandfunk.de/ueberraschender-klimaeffekt-pflanzen-reagieren-auf-mehr-co2.676.de.htm l?dram:article_id=416145
2 https://www.gabot.de/ansicht/zvg-lehnt-co2-bepreisung-auf-fossile-energietraeger-ab-398477.html
3 https://www.gabot.de/ansicht/mertz-trauerspiel-fuer-heimischen-gartenbau-401266.html