Antragder AfD-Fraktion vom 17.11.2020
Schausteller und Veranstaltungsbranche mit saisonalem Geschäft nicht im Regen stehen lassen – passgenaues Corona-Hilfsprogramm statt löchrigem Regenschirm!
I. Ausgangslage
Der Bundesminister der Finanzen Olaf Scholz verkündete vor einigen Tagen stolz sein Corona-Hilfsprogramm.
Unternehmen, deren Betrieb durch die staatlich verordneten Corona-Maßnahmen temporär geschlossen wurde, können einmalig mit der „November-Hilfe“ eine Kostenpauschale ausgezahlt bekommen. Der Bezugspunkt der Kostenpauschale ist der durchschnittliche wöchentliche Umsatz im November 2019. Der Erstattungsbetrag beträgt 75 Prozent des entsprechenden Umsatzes für Unternehmen bis 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 1
Bei Soloselbstständigen wurde erkannt, dass ein einzelner Monat nur wenig Aussagekraft über die Verteilung der Umsätze innerhalb eines Jahres hat. Nach dem Protest des Künstlers Helge Schneider kam es deshalb zu einer Lösung für Soloselbständige .2 Soloselbständige können nun unter zwei Methoden wählen: Entweder legen diese für den Erstattungsbetrag den Umsatz aus dem November 2019 oder den durchschnittlichen Vorjahresumsatz 2019 als Wert zugrunde.3
Der Ansatz, den die Bundesregierung für die Solo-Selbstständigen nutzt, wäre auch für die Schausteller grundsätzlich ein geeigneter Ansatz. Doch Schausteller sind in aller Regel Arbeitgeber und damit gemäß der Regelung der Bundesregierung eben keine Soloselbstständige.
Der Schaustellerverband hat deshalb die Bundesregierung und Landesregierungen sowie diverse Bundes- und Landtagsabgeordnete angeschrieben und verdeutlicht:
„Doch wenn es beim Bezugsmonat November 2019 bleibt, wird diese Hilfe für die Branche der Schausteller im Wesentlichen ins Leere gehen!“4
Wieder einmal scheinen die Bundes- und die Landesregierung die Schausteller vergessen zu haben.
Das letzte eigene Geld haben die Schausteller während der Weihnachtsmärkte 2019 verdient. Inzwischen sind fast 11 Monate ins Land gegangen. 11 Monate, ohne dass die Schausteller Geld verdienen konnten. Die Ostermärkte und Osterjahrmärkte sind leider genauso den Corona-Maßnahmen zum Opfer gefallen wie die Sommerjahrmärkte. Insgesamt wurden deutschlandweit etwa 9.750 Volksfeste, Kirmessen und ähnliche Veranstaltungen abgesagt. Ein Totalausfall für die üblicherweise als Familienbetrieb organisierten Schausteller-unternehmen. Die im Sommer an einigen Orten durchgeführten „temporären Freizeitparks“ sowie einzelne Standbereiche in Fußgängerzonen oder auf Baumarktparkplätzen konnten für die einzelnen Schaustellerbetriebe kaum Umsätze generieren. Die Schausteller sprechen selbst eher von einer Art „Beschäftigungstherapie“. In Hamm wurde der temporäre Freizeitpark angesichts vermehrter positiver Corona-Tests sogar von einem auf den anderen Tag geschlossen, so dass nur Kosten für die Schausteller übrig blieben.
Die letzte Hoffnung der Schausteller waren die Weihnachtsmärkte. „Wir bringen den Zauber der Weihnacht in die Innenstädte“, sagte Albert R., Präsident des Verbandes „Deutscher Schaustellerbund e.V.“ in einer Sitzung des Wirtschaftsausschusses im September eindrucksvoll.5 Er führte weiter aus, dass die Schausteller umfangreiche Hygienemaßnahmen installiert haben: Plexiglas vor den Läden, Einbahnstraßensysteme, Hygienedispenser, usw.. Zum Schluss äußerte ein Sachverständiger sinngemäß, dass die Regierung den Schaustellern einen Schein in die Hand drücken müsse Entweder einen Geldschein oder einen Erlaubnisschein. Lieber sei Ihnen aber der Erlaubnisschein.
Leider hat der Antrag der AfD zur Öffnung und Sicherstellung der Weihnachtsmärkte im Wirtschaftsausschuss keine Mehrheit gefunden.
Mit dem November-Lockdown steht nun zu befürchten, dass die ca. 3.000 Weihnachtsmärkte deutschlandweit im Dezember nicht stattfinden werden. Durch das Fehlen der Weihnachtsmärkte drohen nun 5.000 Schaustellerfamilien endgültig ihre Existenz zu verlieren. Dadurch wären ebenfalls die knapp 55.000 Arbeitsplätze, für die die Schausteller als Arbeitgeber sorgen, in Gefahr. Deshalb sind nun großzügige Hilfen notwendig. Denn die „Rücklagen“ der Schausteller befinden sind nicht auf der Bank, sondern sind hauptsächlich deren Fahrgeschäfte und Verkaufswaren.
Doch die aktuellen Corona-Hilfsmaßnahmen gehen wieder an der Realität vorbei. Statt einer passgenauen Hilfe versucht es die Regierung mit der Gießkanne. Denn der Novembermonat – der für die aktuelle Hilfe herangezogen wird – ist kein umsatzstarker Monat für die Schausteller. Vielmehr befinden diese sich dann im Aufbau ihrer Weihnachtsstände, kaufen Waren und machen letzte Reparaturen.
Die Bundes- und Landesregierung hat die saisonalen Gewerbe bei ihrem Corona-Hilfsprogramm nicht angemessen berücksichtigt. Das gilt nicht nur für Schausteller, sondern auch für Messebauer und von Messen abhängige Betriebe. Auch an weiteren Betrieben mit stark saisonalem Geschäft gehen die Hilfen nahezu wirkungslos vorbei.
II. Der Landtag stellt fest,
– dass die Corona-Hilfen für Betriebe mit saisonalem Geschäft wenig hilfreich sind und hier anpassungsbedarf existiert;
– dass durch den Wegfall von Weihnachtsmärkten den Schaustellern eine wichtige Einnahmequelle genommen wird.
III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
– sich bei der Bundesregierung und beim Bundesminister der Finanzen Olaf Scholz (SPD) dafür einzusetzen, dass die Wahlmöglichkeit für Soloselbstständige (Jahresmittelwert 2019 als Bezugspunkt für den Erstattungsantrag der Corona-Hilfe) auch auf die Schausteller ausgeweitet wird;
– sich bei der Bundesregierung und beim Bundesminister der Finanzen Olaf Scholz (SPD) dafür einzusetzen, dass die Wahlmöglichkeit für Soloselbstständige (Jahresmittelwert 2019 als Bezugspunkt für den Erstattungsantrag der Corona-Hilfe) auch auf andere Betriebe mit saisonalem Geschäft ausgeweitet wird.
Christian Loose
Herbert Strotebeck
Markus Wagner
Andreas Keith
und Fraktion
1 Vgl. https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/ 2020/10/2020-10-29-PM-neue-corona-hilfe-stark-durch-die-krise.html, abgerufen am 16.11.2020 um 21:25 Uhr.
2 https://www.rnd.de/promis/helge-schneider-bittet-scholz-um-korrektur-der-corona-novemberhilfe-WYWXD5CRPLLC3XWK3JKN7NR3EM.html, abgerufen am 16.11.2020 um 21:27 Uhr.
3 Vgl. https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/ 2020/10/2020-10-29-PM-neue-corona-hilfe-stark-durch-die-krise.html, abgerufen am 16.11.2020 um 21:25 Uhr.
4 Vgl. Schreiben des DSB (Deutscher Schaustellerbund e.V. – Novemberhilfe – Bezugszeitraum), welches vom DSB den Schaustellern zur Verfügung gestellt wurde und welches laut Präsidium des DSB an das Bundesfinanzministerium, das Bundeswirtschaftsministerium, die Bundestagsabgeordneten und die Regierungen der Länder gerichtet wurde.
5 Vgl. APr 17/1110, S. 13.