Kleine Anfrage 2148der Abgeordneten Iris Dworeck-Danielowski und Nic Vogel vom 14.03.2019
Grüne Welle statt Rotlicht?
Fährt man in Köln tagsüber am Konrad-Adenauer-Ufer südwärts, so bleibt man an jeder einzelnen Ampel stehen. Grund dafür ist, dass die nächste Ampel auf Rot schaltet, obwohl der Verkehr immer noch flüssig läuft. Hierdurch ist erkennbar, dass es tagsüber keine sogenannte Grüne Welle auf dieser Strecke gibt. Fährt man diese Strecke allerdings nachts, zu einem Zeitpunkt, zu dem wenige Autos unterwegs sind, so fährt man meist ohne Halt.
Vermutet wird von vielen Bürgern, dass diese Schaltungen absichtlich in normalem und dichtem Verkehr stattfinden, um den Autofahrer in die öffentlichen Verkehrsmittel zu treiben. Im Gegensatz zu diesem Ziel wurde aber in Köln 2014 eine Anlage in Betrieb genommen, welche den Verkehr intelligenter steuern soll. Eine spürbare Verbesserung des Verkehrs ist seitdem jedoch nicht zu verzeichnen.
Weiterhin existieren Ampeln an Schnellstraßen, wie z.B. dem Militärring in Köln, welche nach Betätigung der Fußgängerschalter durch oft nur einen einzigen Passanten sofort mehrere Autos und LKW zum Stoppen bringen.
Zudem wurden in der Vergangenheit Streckenabschnitte, welche mit einer Maximalgeschwindigkeit innerorts mit 70 Km/h beschränkt waren, auf 50 Km/h heruntergesetzt. Eine Anpassung der Ampelschaltung auf diese verminderte Höchstgeschwindigkeit blieb bisweilen aus.
Das ständige Anhalten und Anfahren auf den Straßen NRWs verursacht einen enormen und unnötigen Mehrverbrauch von Antriebsstoffen. Eine Ampelschaltung, welche den Autoverkehr priorisiert, erspart den Bürgern eine Menge Kosten und verhindert sinnlosen Treibstoffverbrauch.
Wir fragen daher die Landesregierung:
1. Wie viele vorsätzlich autoverkehrsbehindernde Ampelschaltungen gibt es in den Städten NRWs? (Bitte nach Kommune mit Straßennamen aufschlüsseln)
2. Wie viele Ampelanlagen sind in NRW intelligent und zentral gesteuert mit einem System, welches nach 2014 in Betrieb genommen wurde? (Bitte nach Kommune mit Straßenabschnitten aufschlüsseln)
3. Wie viele Ampelanlagen stehen in NRW, welche durch die Betätigung einer Person sofort umschalten, an Straßen, die eine Höchstgeschwindigkeit von mehr als 50 Km/h aufweisen? (Bitte nach Kommune und Straßenabschnitt aufschlüsseln)
4. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um die Kommunen dahin zu bewegen, dass bei der Programmierung von Ampelschaltungen die Entlastung des Straßenverkehrs das Ziel ist?
5. Welche Erkenntnisse gibt es über das Einsparungspotenzial von Umweltbelastungen (z.B. Kraftstoffverbrauch, Stickoxide) durch weniger Rotphasen?
Iris Dworeck-Danielowski
Nic Vogel
Nachfolgend die Antwort der Landesregierung, verfasst am 12.04.2019
Der Minister für Verkehr hat die Kleine Anfrage 2148 mit Schreiben vom 12. April 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung und der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet.
1. Wie viele vorsätzlich autoverkehrsbehindernde Ampelschaltungen gibt es in den Städten NRWs? (Bitte nach Kommune mit Straßennamen aufschlüsseln)
Lichtzeichen- oder auch Lichtsignalanlagen (umgangssprachlich Ampelanlagen) sind gemäß § 43 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) verkehrstechnische Einrichtungen, die einer straßenverkehrsrechtlichen Anordnung bedürfen. Die Entscheidung über die Anordnung einer Lichtzeichenanlage obliegt der jeweils örtlich zuständigen Straßenverkehrsbehörde, die nach Anhörung des Straßenbaulastträgers und der Polizei eine entsprechende Anordnung auf Grundlage des § 45 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 37 StVO und der zugehörigen allgemeinen Verwaltungsvorschrift (VwV-StVO) sowie der Richtlinien für Lichtsignalanlagen (RiLSA), Ausgabe 2015, treffen kann, wenn dies aus Gründen der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs erforderlich ist. Allerdings muss nach § 45 Abs. 9 StVO deren Anordnung aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten sein.
Der Einsatz einer Lichtzeichenanlage ist nur zulässig, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs erheblich übersteigt. Dies kann beispielsweise bei einer nachweislichen Gefährdung häufig querender Zufußgehender oder Radfahrender über eine schnell befahrene Straße der Fall sein. Eine willkürliche Beschränkung des fließenden Verkehrs durch eine Lichtzeichenanlage ohne weiteren Regelungsgehalt, ausschließlich zur Reduzierung der Fahrgeschwindigkeiten oder zur Eindämmung oder zur Behinderung des Fahrzeugverkehrs ist mit den straßenverkehrsrechtlichen Bestimmungen und der RiLSA nicht vereinbar und daher unzulässig.
Die Landesregierung geht davon aus, dass Lichtzeichenanlagen ausschließlich unter Beachtung der vorgenannten Gesichtspunkte von den örtlich zuständigen Behörden regelkonform geplant, eingerichtet und betrieben werden. Vorsätzlich autoverkehrsbehindernde Ampelschaltungen der örtlich zuständigen Straßenverkehrsbehörden sind nicht bekannt.
2. Wie viele Ampelanlagen sind in NRW intelligent und zentral gesteuert mit einem System, welches nach 2014 in Betrieb genommen wurde? (Bitte nach Kommune mit Straßenabschnitten aufschlüsseln)
Die bei Planung, Bau, Betrieb und Unterhaltung von Lichtsignalanlagen zugrunde zu legenden bundesweit einheitlichen RiLSA 2015, die per Erlass vom 01. Februar 2016 auch im Land Nordrhein-Westfalen verbindlich eingeführt wurden, enthalten eine Reihe unterschiedlicher, zumeist verkehrsabhängiger Steuerungsverfahren, die darauf ausgelegt sind, eine an die jeweiligen Verkehrsverhältnisse möglichst angepasste sichere und leistungsfähige Verkehrsabwicklung in signalgeregelten Kreuzungsbereichen zu erzielen. Aufgabe der Betreiber von Lichtzeichenanlagen und deren Zentralen ist es, die recht unterschiedlichen Zielkonflikte und Anforderungen hinsichtlich der Sicherheit und Leichtigkeit aller Verkehrsteilnehmenden auf der einen und der Umweltverträglichkeit und der Anwohnerinteressen der Lichtzeichenregelungen auf der anderen Seite in der Verkehrsabwicklung zu berücksichtigen und durch ein geeignetes Steuerungsverfahren zu kompensieren. Aufgrund der Vielzahl der unterschiedlichen Anforderungen und der im Einsatz befindlichen dezentralen und zentralen Steuerungsverfahren zur Signalprogrammanpassung und -bildung ist es schlichtweg nicht möglich, ein einziges zentrales Steuerungssystem als intelligent oder besonders geeignet zu apostrophieren.
3. Wie viele Ampelanlagen stehen in NRW, welche durch die Betätigung einer Person sofort umschalten, an Straßen, die eine Höchstgeschwindigkeit von mehr als 50 Km/h aufweisen? (Bitte nach Kommune mit Straßenabschnitt aufschlüsseln)
Ein gängiges vollverkehrsabhängiges Steuerungsverfahren ist die sog. Alles-Rot/Sofort-Grün-Steuerung, die dafür Sorge trägt, dass alle Verkehrsteilnehmenden über spezifische Anforderungseinrichtungen (z.B. Anforderungstaster, Induktionsschleifen, Videokameras etc.) ihre Freigabezeiten (Grünzeiten) individuell anfordern können. Die Vorteile der Alles-Rot/Sofort-Grün-Steuerung liegen während verkehrsschwacher Zeiten in der Reduzierung der Wartezeiten und der Anzahl der Haltevorgänge sowie des Lärms und der Abgasemission. Lichtzeichenanlagen, die mit diesem Steuerungsverfahren ausgestattet sind, gestatten nach einer Anforderung ein sofortiges Umschalten der Anlagen, sofern nicht bereits ein anderer Verkehrsteilnehmer seine Freigabe erhält. Teilverkehrsabhängige Anlagen aber auch reine Fußgänger-Lichtsignalanlagen reagieren in ähnlicher Weise und garantieren eine möglichst zügige Verkehrsabwicklung ohne nennenswerten Zeitverlust.
Das nachgefragte Zahlenmaterial wird nicht an zentraler Stelle erfasst und liegt der Landesregierung insofern nicht vor. Eine Erhebung dieser Daten bei allen rund 400 Städten und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen ist in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.
4. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um die Kommunen dahin zu bewegen, dass bei der Programmierung von Ampelschaltungen die Entlastung des Straßenverkehrs das Ziel ist?
Die mit Erlass vom 01. Februar 2016 eingeführten RiLSA 2015 enthalten grundlegende verkehrstechnische Bestimmungen und Empfehlungen für die Einrichtung und den Betrieb von Lichtsignalanlagen und stellen den gültigen Stand der Technik dar. Die konsequente Anwendung der RiLSA bietet den Kommunen eine ausreichende Grundlage, um im Rahmen von Planung, Bau und Betrieb von Lichtzeichenanlagen auch die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs durch angepasste Regelungen und Steuerungsverfahren zu gewährleisten.
Unabhängig davon hat die Landesregierung, wie im Koalitionsvertrag für das Land Nordrhein-Westfalen 2017 – 2022 vereinbart, ein Sofortprogramm zur digitalen Ampelsteuerung in die Wege geleitet. Ziel ist es, durch den Einsatz neuartiger Steuerungsverfahren von Lichtsignalanlagen im Zuge von Landesstraßen respektive von Straßen, für die der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen als Straßenbaulastträger und als Auftragsverwaltung für den Bund verantwortlich ist, die Steuerungsabläufe möglichst in Echtzeit zu optimieren.
5. Welche Erkenntnisse gibt es über das Einsparungspotenzial von Umweltbelastungen (z.B. Kraftstoffverbrauch, Stickoxide) durch weniger Rotphasen?
Verfahren zur Steuerung von Lichtsignalanlagen im Straßenverkehr haben nach den RiLSA 2015 einen bedeutenden Einfluss nicht nur auf die Qualität und die Sicherheit, sondern auch auf die Umweltverträglichkeit des Verkehrsablaufes in den Straßennetzen. Intelligente und vernetzte Verkehrssteuerungssysteme, die sich in Aufbau und Komplexität voneinander unterscheiden, können einen Beitrag zur Optimierung dieser Einflussgrößen leisten. Die Ansätze reichen von verkehrsabhängig regelbasierten Steuerungsverfahren, wie z. B. die konventionelle Alles-Rot-/Sofort-Grün-Steuerung an einzelnen Lichtsignalanlagen in dezentralen Bereichen bis hin zu modellbasierten Steuerungen, wie z. B. die adaptive Netzsteuerung für koordinierte Systeme (Grüne Wellen).
Quantitative Angaben zu Einsparungspotenzialen von Umweltbelastungen durch weniger Rotphasen liegen der Landesregierung nicht vor. Durch einen auf Basis der genannte Steuerungsverfahren verbesserte Verkehrsfluss kann der besonders emissionsintensive Stop & Go – Fahrbetrieb vermieden und damit die Schadstoffbelastung deutlich reduziert werden.