Anerkennung von im EU-Ausland erworbenen humanmedizinischen Studienabschlüssen in Deutschland – Vorlage gefälschter Dokumente

Kleine Anfrage
vom 11.05.2020

Kleine Anfrage 3696des Abgeordneten Dr. Martin Vincentz vom 11.05.2020

 

Anerkennung von im EU-Ausland erworbenen humanmedizinischen Studienabschlüssen in Deutschland – Vorlage gefälschter Dokumente

Auf einer Hauptversammlung des Marburger Bundes hat ein Mitglied des Bundesvorstands ausgeführt, dass es Probleme mit gefälschten Zeugnissen gebe – vor allem bei Angehörigen aus den EU-Staaten Rumänien und Bulgarien. Deren Diplome würden jedoch auf Grund europarechtlicher Regelungen in Deutschland automatisch anerkannt.1

Die automatische Anerkennung von Berufsqualifikationen nach der Berufsanerkennungsrichtlinie 2005/36/EG ermöglicht eine wichtige europaweite Mobilität in bestimmten reglementierten Berufen und wurde für den ärztlichen Beruf in der Bundesärzteordnung umgesetzt. Die Umsetzung der Anerkennungsregelungen ist Aufgabe der Länder. Die Länder haben zur weiteren Vereinheitlichung der Anerkennungsverfahren die zentrale Gutachtenstelle für Gesundheitsberufe (GfG) bei der Zentralstelle für Ausländisches Bildungswesen geschaffen.

Seit dem 1. September 2016 können die zuständigen Stellen der Länder für 21 Referenzberufe (darunter den Arztberuf) die GfG mit Echtheitsprüfungen zu vorgelegten Qualifikationsnachweisen beauftragen. Dies gilt auch für Qualifikationsnachweise aus EU-Staaten.2

In diesem Zusammenhang frage ich die Landesregierung:

1. Wie viele Fälle von gefälschten Zeugnissen für medizinische Abschlüsse sind der Landesregierung grundsätzlich bekannt?

2. Inwiefern sind der Landesregierung Fälle von gefälschten Zeugnissen für medizinische Abschlüsse insbesondere aus den Staaten Rumänien und Bulgarien (vgl. Vorbemerkung der Fragesteller) bekannt?

3. Erwägt die Landesregierung, bezüglich der Problematik gefälschter ausländischer Abschlusszeugnisse im medizinischen Bereich auf Landes- oder Bundesebene (ggf. sogar europaweit) Maßnahmen anzuregen, die eine Nutzung dieser Fälschungen erschweren?

4. Welche konkreten Maßnahmen strebt die Landesregierung an, damit Zeugnisse fälschungssicherer werden?

Dr. Martin Vincentz

 

Anfrage als PDF laden

 

1 https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/94969/Marburger-Bund-lehnt-Staatsexamen-fuer-Aerzte-aus-Drittstaaten-ab

2 Bundestag Drucksache 19/18613


Nachfolgend die Antwort der Landesregierung, verfasst am 03.06.2020

 

Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 3696 mit Schreiben vom 3. Juni 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Internationales beantwortet.

1. Wie viele Fälle von gefälschten Zeugnissen für medizinische Abschlüsse sind der Landesregierung grundsätzlich bekannt?

2. Inwiefern sind der Landesregierung Fälle von gefälschten Zeugnissen für medizinische Abschlüsse insbesondere aus den Staaten Rumänien und Bulgarien (vgl. Vorbemerkung der Fragesteller) bekannt?

Die Fragen 1. und 2. werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Weder die Anzahl der Fälle, in denen möglicherweise Unsicherheiten über die Echtheit vorgelegter Unterlagen in Verfahren der Berufsanerkennung im medizinischen Bereich bestehen, noch die Staaten, in denen die Dokumente ausgestellt wurden, werden statistisch erfasst. Daher kann hierzu keine Aussage getroffen werden.

3. Erwägt die Landesregierung, bezüglich der Problematik gefälschter ausländischer Abschlusszeugnisse im medizinischen Bereich auf Landes- oder Bundesebene (ggf. sogar europaweit) Maßnahmen anzuregen, die eine Nutzung dieser Fälschungen erschweren?

4. Welche konkreten Maßnahmen strebt die Landesregierung an, damit Zeugnisse fälschungssicherer werden?

Die Fragen 3. und 4. werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Die nordrhein-westfälische Landesregierung sieht als Ausfluss der Beantwortung zu den Fragen 1. und 2. aktuell keine Veranlassung zur Anregung von Maßnahmen, die die Nutzung gefälschter Unterlagen erschweren, da es sich hierbei offensichtlich um ein Problem von nachrangiger Bedeutung handelt. Eine konkrete Problematik wird für Nordrhein-Westfalen nicht gesehen.

Nordrhein-Westfalen beteiligt sich am Binneninformationssystem der EU. Dieses bietet den für Berufsanerkennung zuständigen Stellen die Möglichkeit mittels sicherer Plattform miteinander zu kommunizieren. Beispielsweise können so Dokumente in das Herkunftsland verschickt werden, die dann dort verifiziert werden müssen. Dieses Vorgehen ist beispielsweise im Rahmen der Ausstellung eines Europäischen Berufsausweises ein übliches Vorgehen der zuständigen Stellen.

Zudem gibt es über dieses Binneninformationssystems einen sogenannten Vorwarnmechanismus. Dieser ermöglicht es, auf gefälschte Dokumente von bestimmten Personen hinzuweisen. Die Regelung hierzu ist in der Verordnung 1024/2012 EG vom 12. Oktober 2012 normiert.

Sofern die zuständigen Behörden in Einzelfällen Zweifel an der Echtheit der im Verwaltungsverfahren vorgelegten Dokumente haben, besteht zudem grundsätzlich die Möglichkeit, die Unterlagen durch die Gutachtenstelle für Gesundheitsberufe (GfG) auf deren Echtheit überprüfen zu lassen. Im Jahr 2018 haben die nordrhein-westfälischen Behörden rund 150 gutachterliche Prüfungen bei der GfG beauftragt, davon nur knapp 20 Überprüfungen der Echtheit vorgelegter Dokumente.

Weitergehende statistische Auswertungen, beispielsweise zu den Staaten, die die überprüften Dokumente ausgestellt haben, erfolgen nicht. Zudem ist nicht bekannt, dass Ergebnisse der Überprüfungen zu Lasten der Antragstellenden ausfielen.

Die nordrhein-westfälische Landesregierung strebt daher auch keinerlei konkrete Maßnahmen an, damit ausländische Zeugnisse fälschungssicherer werden. Eine Einflussnahme des Landes auf Zeugnisformate anderer Staaten ist schon allein aus rechtlichen Gründen nicht möglich.

 

Antwort als PDF laden