Kleine Anfrage 310
der Abgeordneten Klaus Esser und Christian Loose vom 10.08.2022
Elektrifizierung der Landesfahrzeugflotte – Welche Strategie hat die Landesregierung und welche Kosten kommen auf den Steuerzahler zu?
Die Subvention von Elektroautos hat den Staat in den vergangenen sechs Jahren rund 4,6 Milliarden Euro gekostet.1 Die milliardenschwere Subvention bewirkte geradezu einen Ansturm auf Elektroautos. Im Verlauf des Jahres 2021 wurden mit rund 356.000 mehr Pkw mit reinem Elektroantrieb neu zugelassen als jemals zuvor.2
Die aktuelle Kompromisslösung der Bundesregierung zur zukünftigen Subvention von Elektroautos sieht nunmehr Reduzierungen und eine betragsmäßige Begrenzung vor.
In diesem Zusammenhang äußerte sich Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck dahingehend, dass die Elektromobilität den Übergang in den Massenmarkt geschafft habe. E-Fahrzeuge bräuchten in absehbarer Zukunft keine staatlichen Zuschüsse mehr. Der Übergang dahin werde nun aber mit einem neuen Konzept der Förderung gestaltet.3
Beim Ausbau der Ladeinfrastruktur belegt Nordrhein-Westfalen allerdings im Ladenetz-Ranking beim T-Wert den 15. Platz im Direktvergleich mit den anderen Bundesländern. Der T-Wert gibt an, wie viele E-Autos sich einen öffentlich zugänglichen Ladepunkt teilen müssen.4 Für eine flächendeckende Nutzung der Elektromobilität in Nordrhein-Westfalen müsste daher die Ladeinfrastruktur erheblich ausgebaut werden.
Die Elektromobilität als Prestigeprojekt der EU und der von der deutschen Regierung eingeschlagene Weg der Subventionierung führten in vielen Fällen dazu, dass z.B. ein Elektroauto als Zweitwagen von Wohlhabenden angeschafft wurde. Normal- und Geringverdiener, die sich ein regelmäßig teureres Elektroauto nicht leisten können, müssen jedoch die Förderung der Elektromobilität ebenso erwirtschaften. Insoweit gilt es im Sinne der Gemeinschaft aller Steuerzahler die Kosten der Elektrifizierungsstrategie zu hinterfragen.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
- Inwiefern hat die Landesregierung ein Konzept zur Flottenelektrifizierung der Fahrzeuge für nordrhein-westfälische Behörden? (Bitte aufschlüsseln nach oberste Landesbehörde, Behörden auf mittlerer Verwaltungsebene und den Behörden der unteren Verwaltungsebene)
- Welche geschätzten Investitionskosten entstehen, wenn im Zuge einer Elektrifizie-rungsstrategie alle Liegenschaften des Landes mit einer ausreichenden Anzahl Ladestationen ausgerüstet würden? (Bitte neben der benötigten Anzahl der Ladestationen für Dienstfahrzeuge den geschätzten Bedarf für Fahrzeuge von Mitarbeitern zusätzlich berücksichtigen)
- In welcher Höhe hat das Land im Rahmen des Förderprogramms „Emissionsarme Mobilität“ über PROGRES.NRW die Kommunen und wirtschaftlich tätige kommunale Betriebe und Kommunen im wirtschaftlichen Bereich gefördert? (Bitte für jedes Jahr neben der Anzahl der Förderanträge die Art und Höhe der jeweiligen Förderung für jede Kommune für die Jahre 2018 bis 2021 aufschlüsseln)
- In welcher Höhe hat das Land im Rahmen des Förderprogramms „Emissionsarme Mobilität“ über PROGRES.NRW Privatpersonen sowie juristische Personen mit einem Zuschuss für die Anschaffung von privaten Wallboxen oder Ladesäulen in den Jahren von 2018 bis 2021 gefördert? (Bitte für jedes Jahr neben der Gesamtzahl der Förderanträge für den jeweiligen Fördergegenstand die Gesamthöhe der Fördersumme aufschlüsseln sowie bei den Ladestationen ergänzend die Kategorisierung nach AC-Ladestation oder DC-Ladestation mit Angaben zur Ladeleistung vornehmen)
- Wie viele Ladestationen befinden sich aktuell auf Liegenschaften der öffentlichen Hand in Nordrhein-Westfalen?
Klaus Esser
Christian Loose
1 https://www.focus.de/auto/news/die-e-autopraemie-hat-den-staat-bislang-4-6-milliarden-euro-gekostet_id_60199275.html (abgerufen am 03.08.2022)
2 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/244000/umfrage/neuzulassungen-von-elektroautos-in-deutschland/ (abgerufen am 03.08.2022)
3 https://www.tagesschau.de/wirtschaft/verbraucher/praemie-e-autos-101.html (abgerufen am 03.08.2022)
4 https://www.vda.de/de/presse/Pressemeldungen/220613_PM_VDA-E-Ladenetz-Ranking_Luecke_zwischen_Ladeinfrastruktur_und_Bedarf_waechst (abgerufen am 03.08.2022)
Der Minister der Finanzen hat die Kleine Anfrage 310 mit Schreiben vom 9. September 2022 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Ministerpräsidenten sowie allen übrigen Mitgliedern der Landesregierung beantwortet.
Vorbemerkung der Landesregierung
Zum 1. Juli 2022 waren in Nordrhein-Westfalen über 165.000 batterie-elektrische Fahrzeuge zugelassen. Im Ländervergleich bedeutet dies den ersten Platz. Gleichzeitig treibt das Land den Ausbau der Ladeinfrastruktur entschieden voran. Da rund 80 Prozent der Ladevorgänge im nicht öffentlichen Bereich stattfinden, wurde der Fokus auf den Ausbau der privaten und betrieblichen Ladeinfrastruktur gelegt. Allein 2021 konnten rund 227.000 private und betriebliche Ladepunkte über die Bundes- und Landesförderung bewilligt werden. Zudem hat sich die Anzahl der öffentlich zugänglichen Ladepunkte seit Ende 2017 auf mehr als 11.500 verdreifacht. Hinter Bayern verfügt Nordrhein-Westfalen über die meisten öffentlich zugänglichen Ladepunkte in Deutschland.
- Inwiefern hat die Landesregierung ein Konzept zur Flottenelektrifizierung der Fahrzeuge für nordrhein-westfälische Behörden? (Bitte aufschlüsseln nach oberste Landesbehörde, Behörden auf mittlerer Verwaltungsebene und den Behörden der unteren Verwaltungsebene)
Derzeit führen das Ministerium der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen und das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen ein Pilotprojekt zur Errichtung von Ladeinfrastruktur für elektrisch angetriebene Dienstkraftfahrzeuge und Fahrzeuge Dritter an 29 Dienststellen der Landesverwaltung durch. Die hierbei gewonnenen Erfahrungen fließen in ein Konzept zur flächendeckenden Errichtung von Ladeinfrastruktur ein.
Dieses Konzept wird derzeit erstellt. Es wird nicht zwischen obersten Landesbehörden oder Behörden auf mittlerer Verwaltungsebene und den Behörden der unteren Verwaltungsebene differenzieren.
Gemäß § 7 S. 4 Klimaschutzgesetz Nordrhein-Westfalen sind bis 2030 alle durch die Landesverwaltung genutzten Fahrzeuge, soweit technisch für den Dienstgebrauch geeignet, auf klimagerechte Antriebe umzustellen.
Die Umstellung erfolgt parallel zum Ausbau der Ladeinfrastruktur. Aktuell sind rund 8,9 % der ca. 2.500 PKW des Landesfuhrparks (ohne Polizei, Verfassungsschutz, Straßen.NRW und Institut der Feuerwehr) bereits Elektrofahrzeuge (100) oder Plug-in-Hybride (122). Für die Beschaffung von Dienstkraftfahrzeugen in 2022 wurde ein Rahmenvertrag zur Beschaffung von ca. 300 weiteren PKW mit alternativem Antrieb (Elektrofahrzeuge bzw. Plug-in-Hybride) geschlossen, aus dem die Fahrzeuge noch im Laufe dieses Jahres abgerufen werden. Aufgrund von Lieferproblematiken verzögern sich hier jedoch die Auslieferungen. Für die Beschaffung von Dienstkraftfahrzeugen in 2023 wird derzeit ein Vergabeverfahren für weitere 189 PKW mit alternativem Antrieb durchgeführt. Der o. g. Anteil von PKW mit alternativem Antrieb wird sich somit auf rund 20 % (2022) bzw. 28 % (2023) erhöhen.
Die Bedarfe an Transportkapazität und Einsatzfähigkeit des Wachdienstes der Polizei NRW können mit den derzeit am Markt erhältlichen Fahrzeugen mit alternativen Antrieben nicht abgebildet werden. Beispielsweise weisen diese derzeit nicht die Möglichkeit auf, dass das gesamte Zusatzgewicht der mitzuführenden Ausrüstung und des notwendigen Personals transportiert werden kann. Ebenso wäre die jederzeit erforderliche Einsatzfähigkeit des Fahrzeuges durch die notwendigen Ladezyklen stark beeinträchtigt. Insofern ist derzeit das Festhalten am aktuellen Fahrzeugkonzept alternativlos.
- Welche geschätzten Investitionskosten entstehen, wenn im Zuge einer Elektrifi-zierungsstrategie alle Liegenschaften des Landes mit einer ausreichenden Anzahl Ladestationen ausgerüstet würden? (Bitte neben der benötigten Anzahl der Ladestationen für Dienstfahrzeuge den geschätzten Bedarf für Fahrzeuge von Mitarbeitern zusätzlich berücksichtigen)
Das Pilotprojekt zur Errichtung von Ladeinfrastruktur hat gezeigt, dass die Kosten für die Errichtung von Ladeinfrastruktur aufgrund der Vielzahl der örtlichen Gegebenheiten (Größe des Grundstücks, Anzahl und Lage der Parkplätze, Gebäudealter und vorhandene Leitungsinfrastruktur) von Liegenschaft zu Liegenschaft stark differieren.
Eine seriöse Schätzung der Investitionskosten für die Errichtung von Ladeinfrastruktur an allen Liegenschaften des Landes kann somit erst nach Abschluss und Evaluierung des Pilotprojekts erfolgen.
- In welcher Höhe hat das Land im Rahmen des Förderprogramms „Emissionsarme Mobilität“ über PROGRES.NRW die Kommunen und wirtschaftlich tätige kommunale Betriebe und Kommunen im wirtschaftlichen Bereich gefördert? (Bitte für jedes Jahr neben der Anzahl der Förderanträge die Art und Höhe der jeweiligen Förderung für jede Kommune für die Jahre 2018 bis 2021 aufschlüsseln)
Die Landesregierung hat Kommunen, Gemeinden, Gemeindeverbände, wirtschaftlich tätige und nicht wirtschaftlich tätige kommunale Betriebe entsprechend nachfolgender Tabelle bei der Durchführung von Vorhaben im Bereich Elektromobilität über die Förderrichtlinie „pro-gres.nrw Emissionsarme Mobilität“ unterstützt. Bei der Zuwendungsart handelt es sich um eine Projektförderung. Die Förderung erfolgt als Zuschuss im Wege der Anteilsfinanzierung. Die Daten liegen der Landesregierung nicht aufgeschlüsselt nach einzelnen Kommunen vor, daher wird die Frage auf der Ebene der Regierungsbezirke beantwortet.
- In welcher Höhe hat das Land im Rahmen des Förderprogramms „Emissionsarme Mobilität“ über PROGRES.NRW Privatpersonen sowie juristische Personen mit einem Zuschuss für die Anschaffung von privaten Wallboxen oder Ladesäulen in den Jahren von 2018 bis 2021 gefördert? (Bitte für jedes Jahr neben der Gesamtzahl der Förderanträge für den jeweiligen Fördergegenstand die Gesamthöhe der Fördersumme aufschlüsseln sowie bei den Ladestationen ergänzend die Kategorisierung nach AC-Ladestation oder DC-Ladestation mit Angaben zur Ladeleistung vornehmen)
Die Landesregierung hat Vorhaben im Bereich Ladeinfrastruktur für Privatpersonen und Vermieter – im Folgenden natürliche und juristische Personen inklusive freiberuflich Tätiger – entsprechend nachfolgender Tabelle gefördert. Eine Unterteilung in öffentlich zugängliche und nicht öffentlich zugängliche Ladepunkte ist für eine Betrachtung auf der Ebene der Anträge nicht möglich. Daher sind zusätzliche Angaben zu der Anzahl der bewilligten Ladepunkte enthalten. Eine Auswertung nach AC- und DC-Ladeinfrastruktur liegt nicht vor.
=> siehe PDF
- Wie viele Ladestationen befinden sich aktuell auf Liegenschaften der öffentlichen Hand in Nordrhein-Westfalen?
Auf Liegenschaften der öffentlichen Hand in Nordrhein-Westfalen, die sich im Eigentum des BLB NRW befinden oder durch diesen betrieben werden (Dritt- und Fremdanmietungen), existieren derzeit 401 Ladepunkte (Stichtag: 16. August 2022).