Nein zum Energie-Lockdown: Hallenbäder dürfen nicht zum Opfer einer verfehlten Energiepolitik werden!

Antrag

Antrag
der Fraktion der AfD

 

Nein zum Energie-Lockdown: Hallenbäder dürfen nicht zum Opfer einer verfehlten Ener­giepolitik werden!

I. Ausgangslage

Nach über zwei Jahren Corona-Pandemie droht den Hallenbadbetreibern infolge der gefähr­deten Gasversorgung nun die nächste Zwangsschließung. Während zunächst nur die Rede davon war, die Wassertemperatur um zwei bis drei Grad abzusenken,1 steht jetzt sogar der gesamte Betrieb infrage. Für Aufsehen sorgten etwa Aussagen der Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK), die die Sinnhaftigkeit des Schwimmbäderbetriebs angesichts der dro­henden Gasknappheit in Zweifel zog.2 Parteiübergreifende Kritik ließ nicht lange auf sich war-ten.3 Denn nicht nur für die so dringend benötigte Schwimmausbildung von Schulkindern wäre das ein Desaster. Gleiches gilt für die tausenden ehrenamtlich tätigen Vereinsmitglieder, die Rettungs-, Lehr- und Fachkräfteausbildung sowie für Rheuma-Patienten und Menschen mit Behinderung, die auf Therapiebecken angewiesen sind. Ein drittes Jahr mit stark einge­schränktem Hallenbadbetrieb würde daher zwangsläufig einen weiteren Zuwachs der Nicht­schwimmer unter den Grundschulkindern nach sich ziehen. Jegliches Bemühen, den Rück­stand der Pandemiejahre aufzuholen, wäre unter diesen Umständen zum Scheitern verurteilt. Und auch das Engagement der Ehrenamtler bzw. Rettungsschwimmer wäre bedroht.

Bereits vor mehreren Wochen haben die Bäderallianz wie auch die DLRG ein Positionspapier zum drohenden Energie-Lockdown verfasst. Unter den Adressaten waren neben dem Bun­deskanzler Olaf Scholz auch die Ministerpräsidenten der Länder.4 Darin wurden Lösungsvor­schläge unterbreitet, um den Weiterbetrieb der Bäder mithilfe eines 3-Stufenplans solange wie möglich aufrechtzuerhalten, statt sie alle sofort zu schließen. Dafür sollen in einem ersten Schritt zunächst nur die temperierten Außenbecken sowie die energieintensiven Vierjahresbecken, die rund ums Jahr bei 32 °C betrieben werden, abgeschaltet werden. Im zweiten Schritt folgen die freizeitaffinen Becken mit Rutschen und Saunen. Der dritte und letzte Schritt sieht schließlich die Absenkung der Wassertemperatur von Sport- und Lehrschwimmbecken auf 26 °C vor.5

Als besonders brisant erweist sich in diesem Zusammenhang der Hinweis auf die aktuelle Personalsituation: Eine mehrmonatige Schließung würde, so die Bäderallianz, das ohnehin reduzierte Personal freisetzen und zu ihrem dauerhaften Verlust führen. Es würde anschlie­ßend nur mit großem Aufwand gelingen können, die ehemaligen Angestellten zurückzugewin­nen. Wahrscheinlicher wäre sogar, dass es kurzfristig überhaupt nicht möglich sein wird, ver­lorenes Personal wiederzuholen.6 Die Engpässe an deutschen Flughäfen während der letzten Sommermonate, so z. B. beim Sicherheits-, Bord- und Bodenpersonal,7 sollten ein mahnendes Beispiel sein. Bei den Schwimmbädern könnte das wiederum zu flächendeckenden Schlie­ßungen führen, die die eigentliche Ursache, die Energiekrise, um ein Vielfaches überdauern könnten. Die gesundheitlichen Folgekosten wären enorm. Untersuchungen des britischen Na­tional Health Service (NHS) haben unlängst ergeben, dass dem Gesundheitssystem allein durch das Schwimmen jedes Jahr Kosten in Höhe von 357 Millionen GBP erspart bleiben.8

Schwimmbäder sind jedoch von den Energiequellen der jeweiligen Stadtwerke abhängig, und das ist überwiegend Gas. Sollte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz die höchste Stufe im Notfallplan Gas ausrufen, entscheidet die Bundesnetzagentur, wer weiterhin mit Gas beliefert wird und wer nicht. Unglücklicherweise gehören Schwimmbäder nach dem Energiesicherungsgesetz im Falle einer Gasmangellage nicht zu den geschützten Kunden9 und müssten sich als erste auf Abschaltungen einstellen.10 Sollten Städte und Kommunen ihre Hallenbäder geschlossen lassen, so wird das vor allem Kinder, ältere, ärmere und behinderte Menschen treffen. Gerade sozial Schwache haben ein erhöhtes Risiko für Bewegungsmangel sowie Übergewicht und sind auf öffentliche Angebote angewiesen. Schwimmen darf nicht zum Luxussport werden! Die Kommunen müssen in die Lage versetzt werden, ihre Pflicht zur Da-seinsvorsoge gemäß dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 I GG) auch in Zeiten des Gasnotstands weiter erfüllen zu können.

II. Der Landtag stellt fest:

– Schwimmbäder leisten einen essenziellen Beitrag zur kommunalen Daseins- und Ge­sundheitsvorsorge. Sie sind für Vereine wie Schulen unentbehrlich.

– Der Betrieb von Hallenbädern ist aufgrund der aktuellen Gasversorgungslage gefährdet. Nach derzeitigem Stand bleibt ungewiss, ob ein durchgehender Betrieb während der folgenden Herbst- und Wintermonate sichergestellt werden kann.

– Die dauerhafte Schließung kommunaler Hallenbäder infolge der Energiekrise würde den Erhalt der Bäderinfrastruktur langfristig bedrohen. Der in der Branche ohnehin gravie­rende Personalmangel würde dadurch unweigerlich verschärft werden.

– Um den enormen Rückstand in der Schwimmausbildung von Kindern aufzuholen und gleichzeitig die Rettungs-, Lehr- und Fachkräfteausbildung nicht zu gefährden, muss der Betrieb von Hallenbädern auch weiterhin möglich sein.

– Der von der Bäderallianz bzw. der DLRG dem Ministerpräsidenten unterbreitete Stufen­plan bietet eine mögliche Alternative zur pauschalen Schließung der Hallenbäder.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

– gemeinsam mit den Städten, Kommunen und Verbänden einen auf dem 3-Stufenplan der Bäderallianz basierenden Maßnahmenkatalog zu erarbeiten, der den Badbetreibern die Fortführung ihres Betriebs im Falle einer reduzierten Wärmeversorgung weiterhin ermöglicht;

– im Rahmen des o.g. Maßnahmenkatalogs ein Entlastungspaket für kommunal betrie­bene Hallenbäder in angemessenem Umfang auf den Weg zu bringen;

– sich beim Bundeswirtschaftsministerium und der in seinem Geschäftsbereich befindli­chen Bundesnetzagentur dafür einzusetzen, dass Hallenbäder bei Gasmangel nicht als erste von der Versorgung getrennt, sondern solange wie möglich versorgt werden;

– sich auf allen Ebenen dafür einzusetzen, dass das Personal der aufgrund von Gas­knappheit geschlossenen Hallenbäder mithilfe von Kurzarbeitergeld sowie Lohnaufsto­ckungen an die betroffenen Bäder gebunden bleibt.

Andreas Keith
Dr. Martin Vincentz

und Fraktion

 

Antrag als PDF

 

1 https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/wegen-hoher-energiekosten-schwimmbaeder-werden-immer-kael-ter-80339992.bild.html

2 https://www.berliner-zeitung.de/news/energiekrise-berliner-ihk-zu-gasknappheit-wir-muessten-schwimmbaeder-schliessen-li.250127

3 https://www.news4teachers.de/2022/07/wegen-energiekrise-schwimmbaeder-schliessen-ihk-schlaegt-das-vor-und-erntet-kritik/

4 https://www.dlrg.de/assetService/g1/a647319/vo/Offener_Brief_der_DLRG.pdf

5 https://www.baederallianz.de/fileadmin/user_upload/Positionspapier_der_Baederallianz_zum_moeglichen_Ener-gie-Lockdown.pdf

6 Ebd.

7 https://www1.wdr.de/nachrichten/flughafen-chaos-personalmangel-gruende-100.html

8 https://www.nationalhealthexecutive.com/Health-Service-Focus/swim-england-swimming-saves-nhs-357m-a-year

9 https://www.deutschlandfunk.de/energie-gas-baeder-schwimmen-sportstaetten-100.html

10 https://www.tagesschau.de/wirtschaft/gas-notfallplan-bundesnetzagentur-103.html