Kriminalität im Zusammenhang mit unbegleiteten minderjährigen Ausländern (UMA) in NRW

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 1117
der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias und Markus Wagner vom 20.01.2023

Kriminalität im Zusammenhang mit unbegleiteten minderjährigen Ausländern (UMA) in NRW

Radio Bremen berichtete im Dezember von erheblichen Straftaten unbegleiteter minderjähriger Ausländer (UMA) rund um den Bremer Hbf.1 Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) bereitet vor allem Sorge, dass „fast alle Verdächtige junge unbegleitete Migranten sind. 130 von ihnen würden fast 700 Tatbeteiligungen zugeordnet, rechnet Mäurer vor. Es sei nicht zu akzeptieren, dass Jugendliche, die hier Schutz suchten, gleichzeitig Straftaten begingen. Mäurer will diese entweder in andere Kommunen umverteilen oder wenn möglich abschieben.“

Im aktuellen Lagebild „Jugendkriminalität und Jugendgefährdung“ des LKA NRW wird bei der Einstufung der Täter zwar nach Altersstufen und Deutsch bzw. Ausländer differenziert, eine Einzelauswertung für den Personenkreis der UMA wird allerdings nicht vorgenommen.2

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie viele Straftaten – insbesondere Gewaltdelikte – wurden zwischen 2020 und 2022 in NRW durch UMA verzeichnet? (Bitte nach Straftatbestand, Altersstufe (Kind, Jugendlicher, Heranwachsender) und Anzahl der Fälle differenziert listen)
  2. Wie viele tatverdächtige UMA wurden in den Jahren 2020 bis 2022 in diesem Zusammenhang ermittelt? (Bitte nach Anzahl, Altersstufe (Kind, Jugendlicher, Heranwachsender) und Nationalität differenziert listen)
  3. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung aktuell zur Anzahl der „Jungen Mehrfachtatverdächtigen“ aus dem Personenkreis der UMA in NRW vor? (Bitte auch nach Anzahl, Altersstufe (Kind, Jugendlicher, Heranwachsender) und Nationalität differenziert listen)
  4. Wie viele UMA wurden auf Grund schweren Straftaten zwischen 2020 und 2022 in ihre Herkunftsländer zurückgeführt bzw. einer anderen Kommune zugewiesen? (Bitte nach Anzahl, Altersstufe (Kind, Jugendlicher, Heranwachsender) und Herkunftsland differenziert listen)
  5. Mit welchen Maßnahmen wird die Landesregierung in der laufenden Legislaturperiode dem Problem der Jugendkriminalität, insbesondere auch aus dem Personenkreis der UMA, begegnen?

Enxhi Seli-Zacharias
Markus Wagner

 

Anfrage als PDF

 

1 Vgl. htt p s : / /www. B u t e n u n b i n n e n .de/nach richten/b r e m e n-polizei-krimi nelle-jugendliche-f e s t nahmen-hauptbahnhof-innenstadt-v i e r t e l -100.h t m l?

2 Vgl. htt p s : / /polizei. N r w /sites/d e f a u l t/files/2022-07/ 22 06 10 _LB _Jukriminalitaet _20 20% 20% 28002% 29.p d f


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 1117 mit Schreiben vom 21. Februar 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration und dem Minister der Justizbeantwortet.

  1. Wie viele Straftaten – insbesondere Gewaltdelikte – wurden zwischen 2020 und 2022 in NRW durch U A verzeichnet? (Bitte nach Straftatbestand, Altersstufe (Kind, Jugendlicher, Heranwachsender) und Anzahl der Fälle differenziert listen)

Als Datenbasis für die Beantwortung der Frage dient die Polizeiliche Kriminalstatistik. Sie wird nach bundeseinheitlich festgelegten Regeln erstellt. Die Erfassung erfolgt nach Abschluss al­ler kriminalpolizeilichen Ermittlungen und führt häufig zu einem zeitlichen Versatz zwischen Bekanntwerden der Straftat und der statistischen Erfassung.

Die Erfassungsrichtlinien der Polizeilichen Kriminalstatistik sehen keine differenzierte Erfas­sung der angefragten Personengruppe vor. Insofern liegen entsprechende statistische Daten nicht vor.

  1. Wie viele tatverdächtige UNIA wurden in den Jahren 2020 bis 2022 in diesem Zu­sammenhang ermittelt? (Bitte nach Anzahl, Altersstufe (Kind, Jugendlicher, Her­anwachsender) und Nationalität differenziert listen)

Siehe Antwort zur Frage 1.

  1. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung aktuell zur Anzahl der „Jungen Mehrfachtatverdächtigen aus dem Personenkreis der DMA in NRW vor? (Bitte auch nach Anzahl, Altersstufe (Kind, Jugendlicher, Heranwachsender) und Natio­nalität differenziert listen)

Siehe Antwort zur Frage 1.

  1. Wie viele UMA wurden auf Grund schweren Straftaten zwischen 2020 und 2022 in ihre Herkunftsländer zurückgeführt bzw. einer anderen Kommune zugewiesen? (Bitte nach Anzahl, Altersstufe (Kind, Jugendlicher, Heranwachsender) und Her­kunftsland differenziert listen)

Eine Statistik im Sinne der Fragestellung liegt der Landesregierung nicht vor.

Es wird darauf hingewiesen, dass das bundesgesetzlich geregelte Verteilverfahren von unbe­gleiteten Minderjährigen festlegt, dass für die Zuweisung spezifische Schutzbedürfnisse und Bedarfe der unbegleiteten Minderjährigen maßgeblich sind, § 42b Abs. 3 S.2 SGB VIII. Eine Umverteilung nach bereits erfolgter Zuweisung wegen begangener Straftaten sieht das Gesetz nicht vor. Dies wäre im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung lediglich über eine freiwil­lige Fallübernahme eines Jugendamtes umsetzbar. Derartige Fälle sind der Landesregierung nicht bekannt, wären aber auch nicht meldepflichtig.

  1. Mit welchen Maßnahmen wird die Landesregierung in der laufenden Legislaturpe­riode dem Problem der Jugendkriminalität, insbesondere auch aus dem Personen­kreis der UMA, begegnen?

Jugendkriminalität ist regelmäßig ein entwicklungsbedingtes und damit zumeist episodenhaf­tes Phänomen. Für die Strafverfolgung ergibt sich daraus stets die jegliche Orientierung an Stereotypen ausschließende Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung des Einzelfalls und einer am Erziehungsgedanken orientierten angemessenen Reaktion. Das Jugendgerichtsgesetz stellt den Jugendgerichten und Jugendstaatsanwältinnen bzw. Jugendstaatsan­wälten, die von Gesetzes wegen erzieherisch befähigt und in der Jugenderziehung erfahren sein sollen, hierzu ein breitgefächertes und flexibles rechtliches Instrumentarium zur Verfü­gung.

Soweit Jugendliche – unabhängig von ihrer Herkunft – intensiv strafrechtlich in Erscheinung treten, wird diesem Umstand mit dem bewährten und in allen Staatsanwaltschaften des Landes umgesetzten Modell der Staatsanwältin bzw. des Staatsanwaltes für den Ort sowie mit den derzeit sechs Häusern des Jugendrechts für Intensivtäter begegnet.

Beide Organisationsformen erlauben insbesondere eine überbehördliche Vernetzung und ggf. behördenübergreifend abgestimmte Maßnahmen. In den Häusern des Jugendrechts arbeiten – mit Ausnahme der nach Artikel 97 des Grundgesetzes unabhängigen Jugendgerichte – die am Jugendstrafverfahren beteiligten Institutionen zusätzlich „unter einem Dach zusammen. Die Landesregierung prüft, welche weiteren Standorte für die Einrichtung zusätzlicher Häuser des Jugendrechts für Intensivtäter geeignet sind. Die Einrichtung neuer Häuser des Jugend­rechts für Intensivtäter kann allerdings nur in Kooperation mit den verschiedenen Partnern vor Ort erfolgen.

Die Kreispolizeibehörden in Nordrhein-Westfalen bieten regelmäßig Informationsveranstaltun­gen zum Thema Jugendkriminalität für Personen an, welche mit der Betreuung von Jugendli­chen betraut sind.

Das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen ist außerdem Mitglied in mehreren Verbänden, die sich der Förderung von Gewaltprävention und der Minimierung von Jugendkriminalität ver­schrieben haben.

Das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen informiert im Lagebild Jugendkriminalität und – gefährdung über den Stand der Jugendkriminalität.

Die kriminalpräventive Initiative „Kurve kriegen des Ministeriums des Innern des Landes Nord­rhein-Westfalen richtet sich an mehrfachtatverdächtige Kinder und junge Jugendliche. Zur Un­terstützung der pädagogischen Fachkräfte und polizeilichen Ansprechpersonen setzt die Initi­ative Sprach- und Integrationsmittler ein.

Zudem wirken die Angebote des Kinder- und Jugendförderplans, durch die u.a. sozialintegra­tive Ausrichtung sowie die Angebote der Titelgruppe 68, die gezielt die Bedarfe junger Men­schen mit Fluchterfahrung fördern, präventiv.

 

Anfrage als PDF