EU möchte Abschiebezahlen erhöhen – Bundesinnenministerin Faeser blockt ab – Wie positioniert sich die Landesregierung?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 1269

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias vom 03.02.2023

EU möchte Abschiebezahlen erhöhen Bundesinnenministerin Faeser blockt ab Wie positioniert sich die Landesregierung?

Wie die WELT berichtet, wollen die EU-Innenminister einen neuen Anlauf unternehmen, um die niedrige Abschiebequote (2021 lediglich 21 Prozent von 340.000 ausreisepflichtigen illegalen Migranten) zu erhöhen.1 Das Ziel liege bei 70 Prozent.

Schwedens Regierung plane, die Abschiebung illegaler Migranten in Transit- oder Herkunftsländer zu „europäisieren“. Das bedeutet mehr Zusammenarbeit bei Rückführungen, höhere finanzielle Mittel für die Reintegration und mehr Druck auf nicht rücknahmewillige Herkunftsländer. Die schwedische Regierung schlägt in diesem Zusammenhang fünf konkrete Maßnahmen vor:

  • In jedem EU-Land soll es künftig Berater geben, die illegale Migranten zu einer freiwilligen Rückkehr animieren;
  • freiwillige Rückkehrer sollen in ihrem Heimatland professionell und finanziell bei der Wiedereingliederung unterstützt werden;
  • der Ablauf des Abschiebeprozesses soll beschleunigt werden, nicht zuletzt durch mehr Digitalisierung;
  • Die EU-Grenzschutzagentur Frontex soll bei der Beratung und Durchführung von „Rückführungsoperationen“ stärker tätig werden und
  • Schweden will mehr Druck auf die Herkunftsländer der illegalen Migranten ausüben. Konkret geht es darum, Bürgern afrikanischer Länder, die sich im Rahmen von Abkommen weigern, ihre abgelehnten schutzsuchenden Staatsbürger zurückzunehmen, noch schwerer als bisher zu machen, ein Visum für die EU zu erhalten.

Ausgerechnet Bundesinnenministerin Faeser lehnt die Pläne ab – sie bevorzuge den Weg über Migrationsabkommen und verstärkte „Anreize“, einen Weg also, der in der Vergangenheit wenig bewirkt hat.

Wie die WELT hervorhebt, sei insbesondere auch die unterschiedliche Abschiebepraxis der einzelnen EU-Länder problematisch. „Während Staaten mit hohen Abschiebequoten wie Dänemark, Bulgarien und Irland viel Geld und Personal in Rückführungen investieren, geben Staaten mit wenig Rückführungen wie Tschechien, Frankreich und Italien nur relativ wenig dafür aus.“ Ein Blick in den Landeshaushalt NRW verrät, dass NRW zu letzterer Gruppe gehört.

Im sogenannten „Zukunftsvertrag“ der grün-schwarzen Landesregierung heißt es zwar noch: „Da, wo ein Asylantrag abgelehnt wurde und es keine weiteren aufenthaltsrechtlichen oder humanitären Bleibegründe gibt, muss die Ausreise durch eine freiwillige Rückkehr oder eine Rückführung erfolgen. Priorität hat für uns die konsequente und rechtmäßige Abschiebung von Straftätern und Gefährdern.“ In der Realität lässt sich allerdings feststellen, dass sich an den bescheidenen Rückführungszahlen der Vorgängerregierung bisher nichts geändert hat. Eine Rückführungsoffensive gar – selbst bei Gefährdern – sucht der Bürger vergebens.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Welche organisatorischen Anpassungsmöglichkeiten sieht die Landesregierung zu einer effektiveren Abschiebepraxis verbunden mit einer Beschleunigung des Abschiebeprozesses?
  2. Inwiefern hat sich die Landesregierung bisher auf Bundesebene dafür eingesetzt, dass auf nicht rücknahmebereite Herkunftsländer der illegalen Migration Druck ausgeübt wird, beispielsweise über den Hebel der Visumserteilung oder auch über eine Einstellung der Entwicklungshilfe?
  3. Inwiefern plant die Landesregierung erfolgreiche Rückkehrprogramme, wie beispielsweise das Programm „Ura“ für Personen aus dem Kosovo, eigeninitiativ auf andere Länder auszudehnen?
  4. Mit welchen Maßnahmen wird die Landesregierung die Anzahl der abgeschobenen Gefährder und relevanten Personen zukünftig spürbar erhöhen?
  5. Wie möchte die Landesregierung die angekündigte Rückführungsoffensive effektiv umsetzen, wenn zugleich – wie im Landeshaushalt 2023 – die Landemittel in den Bereichen Rückführung und freiwillige Rückkehr nicht erhöht werden?

Enxhi Seli-Zacharias

 

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1 Vgl. htt p s : / / www. W e l t.de/politik/aus l a n d /plus 2 4 34 5 0 6 53/Abschiebungen-E U -will-hart-durch g r e i f e n -Faeser-lehnt-Plaene-ab.h t m l


Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 1269 mit Schreiben vom 7. März 2023 namens der Landesregierung im Ein­vernehmen mit dem Minister der Finanzen beantwortet.

  1. Welche organisatorischen Anpassungsmöglichkeiten sieht die Landesregierung zu einer effektiveren Abschiebepraxis verbunden mit einer Beschleunigung des Abschiebeprozesses?

Nordrhein-Westfalen hat sein Rückkehrmanagement in den letzten Jahren durch gezielte Maß­nahmen kontinuierlich verbessert.

So wurden die landesfinanzierten Zentralen Ausländerbehörden (ZAB), die neben ihren Auf­gaben im Bereich der Landesaufnahmeeinrichtungen die 81 kommunalen Ausländerbehörden aktiv bei der Rückführung in den zentralen Bereichen Passersatzbeschaffung, Flug- und Transportmanagement unterstützen, von drei auf fünf Standorte ausgebaut.

Die kommunalen und Zentralen Ausländerbehörden werden im Bereich der Rückführungen mit Schulungsangeboten zur Eigensicherung ihrer Beschäftigten unterstützt.

Überstellungen nach der Dublin III-Verordnung im Bereich der Landeseinrichtungen wurden zentralisiert.

  1. Inwiefern hat sich die Landesregierung bisher auf Bundesebene dafür eingesetzt, dass auf nicht rücknahmebereite Herkunftsländer der illegalen Migration Druck ausgeübt wird, beispielsweise über den Hebel der Visumserteilung oder auch über eine Einstellung der Entwicklungshilfe?

Nordrhein-Westfalen engagiert sich auf Bundesebene gezielt für eine Verbesserung der Rück-kehrbedingungen in bestimmte Herkunftsländer mit hoher Relevanz für Nordrhein-Westfalen. Dennoch bleibt wesentliches Hindernis in vielen Fällen die fehlende Kooperationsbereitschaft von Herkunftsländern bei der Rückübernahme ihrer Staatsangehörigen. Hier bleibt die Bun­desregierung gefordert, mit relevanten Zielstaaten stabile und praxiswirksame Rahmenbedin­gungen gerade in den wichtigen Bereichen Passersatzbeschaffung und Flugabschiebung zu erreichen.

  1. Inwiefern plant die Landesregierung erfolgreiche Rückkehrprogramme, wie bei­spielsweise das Programm „Ura“ für Personen aus dem Kosovo, eigeninitiativ auf andere Länder auszudehnen?

Es gibt derzeit keine diesbezüglichen Planungen.

  1. Mit welchen Maßnahmen wird die Landesregierung die Anzahl der abgeschobenen Gefährder und relevanten Personen zukünftig spürbar erhöhen?

Für die Landesregierung hat die Rückführung von Gefährdern, Relevanten Personen und sonstigen (nicht eingestuften) Personen aus dem extremistischen Spektrum hohe Priorität. Vor diesem Hintergrund geht sie unter Ausschöpfung aller aufenthaltsrechtlichen Möglichkeiten konsequent gegen Personen, die die öffentliche Sicherheit gefährden, vor.

Insbesondere zur konsequenten Rückführung von Gefährdern wurde die sog. Sicherheitskon­ferenz im Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration in der vergangenen Legislaturperiode zu einem eigenen Referat ausgebaut, das verstärkt wurde. Seitdem sind in Nordrhein-Westfalen in diesem Aufgabenbereich im bundesweiten Vergleich bemerkenswerte Erfolge und Fortschritte zu verzeichnen. Das Referat dient als Koordinie­rungsstelle zwischen den kommunalen Ausländerbehörden und den Sicherheitsbehörden auf Bundes- und Länderebene. Durch eine vermehrte und intensive Unterstützung der Ausländer­behörden und einen intensivierten gemeinsamen Austausch mit allen beteiligten Behörden konnten Maßnahmen der Ausländerbehörden durchgesetzt und sicherheitsgefährdende Per­sonen in ihr Heimatland rückgeführt werden. Die insoweit erfolgreich aufgebauten Strukturen werden fortgeführt und sukzessive weiterentwickelt.

  1. Wie möchte die Landesregierung die angekündigte Rückführungsoffensive effek­tiv umsetzen, wenn zugleich – wie im Landeshaushalt 2023 – die Landemittel in den Bereichen Rückführung und freiwillige Rückkehr nicht erhöht werden?

Die Umsetzung der von der Regierungskoalition auf Bundesebene beschlossenen Rückfüh­rungsoffensive liegt in der Verantwortung der Bundesregierung.

 

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