Flächenfraß durch Windräder in NRW – Gehen jeden Tag 8 Hektar verloren?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 1499

der Abgeordneten Christian Loose und Carlo Clemens vom 09.03.2023

Flächenfraß durch Windräder in NRW Gehen jeden Tag 8 Hektar verloren?

Am 01.02.2023 ist das „Wind-an-Land“-Gesetz in Kraft getreten. Es verfolgt das Ziel, die Gewinnung von Strom aus sog. erneuerbaren Energien bis 2030 zu verdoppeln. Die Windkraft spielt dabei eine wichtige Rolle; bis Ende 2032 müssen die Bundesländer zwei Prozent der Bundesfläche für die Windenergie ausweisen. Bis 2027 sollen 1,4 Prozent der Flächen für Windenergie bereitstehen, das hat der Bundestag im Gesetz festgelegt. Repowering-Maßnahmen am selben Standort sind dabei vorzuziehen.1

Dieses 2%-Flächenziel hatte bereits im Dezember 2022 das NRW-Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie postuliert. Die zuständige Ministerin Mona Neubaur hierzu: „… arbeiten wir weiter mit Hochdruck an der Änderung des Landesentwicklungsplans, um das zwei Prozent-Flächenziel des Bundes für die Windenergie schnellstmöglich umzusetzen.“2

Damit diese 2%-Größe eingeschätzt werden kann, wird hier zum Vergleich die Fläche im überregionalen Straßenverkehr angegeben: In Summe werden in Deutschland 0,8 % der Flächen für Autobahnen, Bundesstraßen, Landesstraßen und Kreisstraßen genutzt.3

Die NRW-Regierungsparteien CDU und Bündnis 90/Die Grünen wollen den zusätzlichen Flächenverbrauch für Siedlungsflächen in den nächsten Jahren reduzieren. Wurden in den letzten Jahren in NRW im Schnitt täglich 10 Hektar Fläche für den Siedlungsbereich (Wohnbebauung, Straßen, Grünflächen) umgewidmet,4 sollen dies laut Plänen von CDU und Bündnis90/Die Grünen zukünftig nur noch 5 Hektar täglich sein.5 Dabei wird auch die nicht versiegelte Fläche im Siedlungsbereich als „verbrauchte“ Fläche eingeordnet.

Im Gegenzug zu diesem „5-Hektar-Ziel“ ist ein im Vergleich exorbitant großer Flächenverbrauch durch Ausbaugebiete von Windrädern geplant. Das Ausbauziel 2 % der NRW-Landesfläche von insgesamt rund 34.100 qkm entspricht nämlich rund 682 qkm oder 68.200 ha.6 In Worten: Zwei Prozent der Landesfläche von Nordrhein-Westfalen entsprechen achtundsechzigtausendzweihundert Hektar.

Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass aktuell ca. 0,9% der Landesfläche für Windräder genutzt werden, müssen also 1,1% der Landesfläche oder rund 37.500 Hektar zusätzlich der Nutzung durch Windräder zugeführt werden. Der Abgeordnete Christian Loose urteilte in der Plenarsitzung am 26.01.2023, dass das Ziel von 2 % Flächen für Windräder bis zum Jahr 2030 einen täglichen zusätzlichen Flächenverbrauch von 13 Hektar impliziert.7 Der Abgeordnete Tim Achtermeyer (Bündnis 90/Die Grünen) bezweifelte diese Zahlen und machte sich mit einem Zwischenruf bemerkbar: „Das ist alles Quatsch! Das ist alles falsch!“8 Die einfache Berechnung in Fußnote Nr. 7 dieser Anfrage belegt die Richtigkeit der Ausführungen des Abgeordneten Loose.

Inzwischen ist vom Bund festgelegt, dass in NRW nicht 2 %, sondern „lediglich“ 1,8 % der Fläche für Windräder verplant werden sollen – und zwar nicht bis 2030, sondern nun bis 2032. Die Verteilung der Flächen auf die einzelnen Bundesländer ergeben sich nach Beschluss des Bundestags zum Wind-an-Land-Gesetz. Demnach sieht das Gesetz vor, dass von NRW bis zum Jahr 2027 1,1 % der Fläche und bis zum Jahr 2032 insgesamt 1,8 % der Fläche für Windräder zur Verfügung gestellt werden müssen. Diese nun zusätzlichen 0,9 % der Landesfläche (= 30.690 ha), verteilt auf 10 Jahre, entsprechen einem zusätzlichen Flächenverbrauch von 8 Hektar je Tag.

Es stellt sich nun die Frage, ob die Landesregierung andere Flächenziele hat und welche Flächeninanspruchnahme sie nun final für die Jahre 2027, 2030 und 2032 für den Windradausbau anstrebt. Denn in der letzten Sitzung des Wirtschaftsausschusses (01.03.2023) wurde aus den Reihen der regierungstragenden Fraktionen die Aussage getroffen, dass das 1,8%-Flächenziel sogar bis zum Jahr 2027 angestrebt wird. Dabei wird es unmöglich sein, im direkten Umfeld von Windrädern Flächen für Wohnbebauung oder andere Arten zu nutzen, wo Menschen sich dauerhaft aufhalten. Diese für Windräder ausgewiesenen Flächen sind damit auf Jahrzehnte für den dauerhaften Aufenthalt von Menschen verloren.

Deshalb fragen wir die Landesregierung:

  1. Wie viel Fläche steht in NRW planerisch für den Ausbau von Windrädern zur Verfügung (Stand 31.12.2022; bitte Angabe in Hektar und Prozent der Landesfläche)?
  2. Wie viel Fläche wird hiervon bereits durch installierte Windräder genutzt? (Stand 31.12.2022; bitte Angabe in Hektar und Prozent der Landesfläche)?
  3. Wie viel Fläche will die Landesregierung bis zum Jahre 2032 für Windräder zur Verfügung stellen (bitte Angaben in Hektar und Prozent der Landesfläche und Aufteilung der Ziele nach Jahreszeiträumen, z.B. bis 2027, bis 2030, bis 2032)?
  4. Welchen täglichen Flächenverbrauch würde die Zurverfügungstellung der Flächen nach Nummer 3 bedeuten, wenn auf all diesen Flächen – so wie von der Landesregierung gewünscht – Windräder gebaut würden (bitte nach täglichem Verbrauch bis 2027, bis 2030 und bis 2032 aufteilen)?
  5. Wie bewertet die Landesregierung den täglichen Flächenverbrauch gem. Antwort 4 im Vergleich zum geplanten täglichen Flächenverbrauch in NRW für Siedlungsflächen, angesichts der Notsituation am Wohnungsmarkt?

Christian Loose
Carlo Clemens

 

Anfrage als PDF

 

 

1 Vgl. https:// www .bundesregierung.de/breg-de/themen/klimaschutz/wind-an-land-gesetz-2052764, abgerufen am 06.03.2023.

2 Vgl. https:// www .land.nrw/pressemitteilung/klima-und-energieministerium-erweitert-moeglichkeiten-zum-ausbau-der-wind-der, abgerufen am 06.03.2023.

3 Vgl. https:// de .statista.com/statistik/daten/studie/163401/umfrage/anteil-der-strassen-in-deutschland-an-der-gesamtflaeche/, abgerufen am 06.03.2023.

4 Vgl. https:// www .umwelt.nrw.de/umwelt/umwelt-und-ressourcenschutz/boden-und-flaechen/flaechenverbrauch, abgerufen am 06.03.2023.

5 Vgl. https:// www .landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD18-2542.pdf, abgerufen am 06.03.2023.

6 Vgl. https:// de .statista.com/statistik/daten/studie/1111890/umfrage/flaeche-nordrhein-westfalen/, abgerufen am 06.03.2023.

7 Zum Zeitpunkt der Plenardebatte musste man von dem ursprünglichen 2%-Flächenziel (bis 2030) ausgehen. Vgl.

https:// www .handelsblatt.com/politik/deutschland/erneuerbare-energien-stiftung-empfiehlt-zwei-prozent-der-landesflaeche-fuer-die-windkraft/26862326.html, abgerufen am 03.03.2023. Vgl. für die Plenardebatte

https:// intranet .landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMP18-22.pdf, S. 93, abgerufen am 06.03.2023. Eigene Berechnung: 37.500 ha/8 Jahre/365 (Tage/Jahr) = 12,84 ha/Tag.

8 Vgl. https:// intranet .landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMP18-22.pdf, S. 93, abgerufen am 06.03.2023.


Die Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie hat die Kleine An­frage 1499 mit Schreiben vom 20. April 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung, dem Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr und der Ministerin für Landwirtschaft und Verbraucherschutz beant­wortet.

  1. Wie viel Fläche steht in NRW planerisch für den Ausbau von Windrädern zur Ver­fügung (Stand 31.12.2022; bitte Angabe in Hektar und Prozent der Landesfläche)?

Entsprechend des Länderberichts NRW 2022 an das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) beträgt die für die Windenergienutzung ausgewiesene Gesamtfläche in Nordrhein-Westfalen 43.050 ha.

  1. Wie viel Fläche wird hiervon bereits durch installierte Windräder genutzt? (Stand 31.12.2022; bitte Angabe in Hektar und Prozent der Landesfläche)?

Entsprechend des Länderberichts NRW 2022 an das BMWK lag die Anzahl der Windenergie­anlagen an Land im Jahr 2021 bei 3.570. Inwieweit durch diese Anlagen Windenergiegebiete bereits in Anspruch genommen werden, liegen aufgrund der Privilegierung dieser Anlagen im Außenbereich keine Erkenntnisse vor.

  1. Wie viel Fläche will die Landesregierung bis zum Jahre 2032 für Windräder zur Verfügung stellen (bitte Angaben in Hektar und Prozent der Landesfläche und Auf­teilung der Ziele nach Jahreszeiträumen, z.B. bis 2027, bis 2030, bis 2032)?

Die Landesregierung verfolgt das Ziel, die Verpflichtung aus dem Windenergieflächenbedarfs-gesetz (WindBG) zur Ausweisung von 1,8 % der Landesfläche für die Windenergie auf Ebene der Regionalplanung umzusetzen. Eine zeitliche Staffelung der Festlegung entsprechender Windenergiegebiete ist nicht vorgesehen.

  1. Welchen täglichen Flächenverbrauch würde die Zurverfügungstellung der Flächen nach Nummer 3 bedeuten, wenn auf all diesen Flächen so wie von der Landes­regierung gewünscht Windräder gebaut würden (bitte nach täglichem Verbrauch bis 2027, bis 2030 und bis 2032 aufteilen?
  2. Wie bewertet die Landesregierung den täglichen Flächenverbrauch gem. Antwort 4 im Vergleich zum geplanten täglichen Flächenverbrauch in NRW für Siedlungs­flächen, angesichts der Notsituation am Wohnungsmarkt?

Die Fragen 4 und 5 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Mit der Festlegung von Windenergiegebieten findet zunächst noch kein Flächenverbrauch statt. Einzelne Windenergieanlagen für sich betrachtet nehmen nur wenig Fläche in Anspruch. Die tatsächliche Nutzung (z. B. landwirtschaftliche oder forstliche Nutzung) wird in den festge­legten Windenergiegebieten weitestgehend erhalten.

 

Antwort als PDF