Schleuserskandal in der Kommunalen Ausländerbehörde Köln – zukünftige Umsetzung der Vorgaben gem. Korruptionsbekämpfungsgesetz

Kleine Anfrage
vom 06.07.2023

Kleine Anfrage 2086

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD

Schleuserskandal in der Kommunalen Ausländerbehörde Köln zukünftige Umsetzung der Vorgaben gem. Korruptionsbekämpfungsgesetz

Im Prozess vor dem Kölner Landgericht hat die beschuldigte Gruppenleiterin der Kölner Ausländerbehörde mittlerweile ein umfassendes Geständnis abgelegt.1 Sie soll Dokumente für Einreisewillige gefälscht und dafür mehr als 140.000 Euro kassiert haben. Abgesehen von der Höhe der Geldbeträge habe sie die Vorwürfe bereits eingeräumt.

Wie der Presse zu entnehmen ist, klagt die Kölner Staatsanwaltschaft insgesamt 37 Taten an. Die Anklage richtet sich gegen drei Männer und die ehemalige Gruppenleiterin der Kommunalen Ausländerbehörde Köln. Angeklagt sind die Beschuldigten wegen Verstößen gegen das Aufenthaltsgesetz, Bestechung bzw. Bestechlichkeit und Urkundenfälschung. Insbesondere Menschen aus Syrien sollte die Einreise per Urkundenfälschung ermöglicht werden. Konkret ging es dabei um gefälschte Reisepässe und Fiktionsbescheinigungen. Das konkrete Vorgehen wird wie folgt geschildert: „Die ehemalige Gruppenleiterin habe fremde Datensätze aus dem Ausländerzentralregister manipuliert und die Personalien übernommen. Die ebenfalls benötigten Lichtbilder der ‚schleusungswilligen Personen‘ soll ihr einer der Mitbeschuldigten an ihre Dienst-E-Mail geschickt haben. Anschließend soll die Stadt-Mitarbeiterin die Datensätze wieder in ihren Ur-Zustand versetzt haben.“2

Nach erfolgreicher Einreise in das Bundesgebiet wurden die Dokumente vernichtet, um anschließend – dann wieder ohne Dokumente – Asyl zu beantragen.

Wie aus einem Bericht der Jungen Freiheit hervorgeht, wurde die Mitarbeiterin der Kölner Ausländerbehörde am 30. Juni 2023 vor dem Landesgericht Köln wegen Bestechlichkeit im Amt und Falschbeurkundungen zu vier Jahren und neun Monaten Haft verurteilt.

Begründet wurde das Urteil hauptsächlich mit Bestechlichkeit im Amt sowie Falschbeurkundung in 15 Fällen, bei denen es jedoch in sieben Fällen beim Versuch blieb. Gegen einen Mitangeklagten wurde dasselbe Strafmaß verhängt. Ein weiterer Syrer wurde zu einem Jahr und neun Monaten verurteilt, was aber zur Bewährung ausgesetzt wurde.3

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung mittlerweile im Zusammenhang mit der Umsetzung der Vorgaben des Korruptionsbekämpfungsgesetzes in der Kölner Ausländerbehörde vor?
  2. Inwiefern wurden bei der beschuldigten Mitarbeiterin das Rotationsprinzip bzw. das 4-Augen-Prinzip fehlerhaft umgesetzt?
  3. Wie war es möglich, Datensätze aus dem Ausländerzentralregister entsprechend zu manipulieren?
  4. Mit welchen Maßnahmen hat die Landesregierung, hier insbesondere das Ministerium für Flucht und Integration als oberste Aussichtsbehörde, mittlerweile sichergestellt, dass ein derartiger Datenmissbrauch nicht mehr möglich ist?
  5. Mit welchen (ausländer-)rechtlichen Konsequenzen haben die in diesem Zusammenhang eingeschleusten Personen zu rechnen?

Enxhi Seli-Zacharias

 

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1 Vgl. https:// www .express.de/koeln/schleuser-razzia-in-koeln-mitarbeiterin-erhielt-hohe-geldsumme-567727 und https:// www .ksta.de/koeln/koeln-mitarbeiterin-des-auslaenderamts-gesteht-arbeit-mit-schleusern-586644

2 Ebd.

3 Vgl. https:// jungefreiheit .de/politik/deutschland/2023/haftstrafe-fuer-auslaenderamts-schleuserin/


Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 2086 mit Schreiben vom 27. Juli 2023 namens der Landesregierung im Einver­nehmen mit dem Minister des Innern, der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digita­lisierung sowie dem Minister der Justiz beantwortet.

  1. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung mittlerweile im Zusammenhang mit der Umsetzung der Vorgaben des Korruptionsbekämpfungsgesetzes in der Kölner Ausländerbehörde vor?

Die Ausländerbehörde Köln teilte mit, dass nach dem Tatzeitraum alle Mitarbeitenden der Aus­länderbehörde präventiv zum Antikorruptionsgesetz, Selbstschutz und auch im Umgang mit Verdachtsmomenten geschult worden seien.

Auch seien organisatorische Anpassungen vorgenommen worden, z. B. im Umgang mit der IT-Sicherheit, das frühzeitige Leeren von Datenmüllcontainern oder bei der Löschung von Da­tensätzen in der Fachanwendung. Darüber hinaus sei grundsätzlich der Umgang mit allen ho­heitlichen Dokumenten betrachtet und Anpassungen i. S. der Dokumentensicherheit (wie z. R. Regelungen zur Ausgabe von Dokumententrägern, Vernichtung von Fehldrucken und Doku­mentation) vorgenommen worden.

Weiterhin teilte die Ausländerbehörde Köln mit, dass die Mitarbeitenden über das Vier-Augen-Prinzip im gesamten ausländerrechtlichen Verfahren sensibilisiert, informiert und zur Sicher­stellung angehalten worden seien.

Außerdem werde die Einführung eines Rotationsprinzips geprüft und Bestandteil weiterer or­ganisatorische Betrachtungen sein.

  1. Inwiefern wurden bei der beschuldigten Mitarbeiterin das Rotationsprinzip bzw. das 4-Augen-Prinzip fehlerhaft umgesetzt?

Der Leitende Oberstaatsanwalt in Köln hat dem Ministerium der Justiz unter dem 13. Juli 2023 berichtet, im Zuge der Ermittlungen sei Folgendes festgestellt worden, soweit dies zur straf­rechtlichen Aufarbeitung des Sachverhalts erforderlich gewesen sei:

‚Bei dem Ausländeramt der Stadt Köln war im Tatzeitraum ein Vier-Augen-Prinzip bei der Er­stellung von Fiktionsbescheinigungen und Reisepässen für Ausländer nicht vorgesehen. In­wiefern ein solches zum jetzigen Zeitpunkt verpflichtend vorgesehen ist und praktiziert wird, ist nicht Gegenstand der hiesigen – inzwischen abgeschlossenen – Ermittlungen. An einem Rotationsverfahren hat die angeklagte Mitarbeiterin nicht teilgenommen. Ob dies einer fehler­haften Umsetzung des Rotationsprinzips geschuldet war, hat sich im Rahmen der Ermittlungen als nicht verfahrensrelevant erwiesen und ist somit nicht zum Gegenstand weiterer Ermittlun­gen gemacht worden.‘

  1. Wie war es möglich, Datensätze aus dem Ausländerzentralregister entsprechend zu manipulieren?
  2. Mit welchen Maßnahmen hat die Landesregierung, hier insbesondere das Ministe­rium für Flucht und Integration als oberste Aufsichtsbehörde, mittlerweile sicher­gestellt, dass ein derartiger Datenmissbrauch nicht mehr möglich ist?

Die Fragen 3 und 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Zu Frage 3 hat der Leitende Oberstaatsanwalt in Köln dem Ministerium der Justiz unter dem 13.07.2023 wie folgt berichtet:

„Die Angeklagte verfügte in ihrer Position als Gruppenleiterin im Bezirksausländeramt Innen­stadt des Ausländeramts der Stadt Köln über Zugriffsrechte auf die im Ausländerzentralregis-ter gespeicherten Datensätze legal in der Bundesrepublik Deutschland aufhältiger Ausländer. Die Ausländerzentralregister-Nummern dieser Personen wies sie nach dem Ergebnis der Er­mittlungen regelmäßig den unrechtmäßig erstellten Ausweisdokumenten zu. Nach erfolgter Einreise der geschleusten Personen korrigierte die Angeklagte die manipulierten Daten im Ausländerzentralregister wieder, um die Manipulationen zu verschleiern.‘“

Gemäß § 1 Absatz 1 Satz 1 Ausländerzentralregistergesetzes (AZRG) wird das Ausländer-zentralregister vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geführt (Registerbehörde). Ge­mäß § 1 Absatz 1 Satz 1 AZRG verarbeitet das Bundesverwaltungsamt die gespeicherten Daten im Auftrag und nach Weisung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, soweit das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Daten nicht selbst verarbeitet.

Insofern sind entsprechende Fragen dorthin zu richten.

Das MKJFGFI hat das BAMF über die oben dargestellte Vorgehensweise der Angeklagten informiert und gebeten zu prüfen, ob das BAMF Möglichkeiten sieht, ein solches Vorgehen zu verhindern oder zumindest früher aufzudecken.

  1. Mit welchen (ausländer-)rechtlichen Konsequenzen haben die in diesem Zusam­menhang eingeschleusten Personen zu rechnen?

Eine pauschale Aussage zu (ausländer-)rechtlichen Konsequenzen ist nicht möglich. Hierfür bedarf es einer individuellen Prüfung im Einzelfall.

 

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