Bürgerdialog im Zusammenhang mit der geplanten ZUE Wulfen – tatsächliche Einbindung der Anwohner oder lästiger Pflichttermin? Bürgermeister Tobias Stockhoff (CDU) gewinnt den Kampf um das Mikrofon, verliert aber zugleich die Bürger

Kleine Anfrage
vom 17.06.2024

Kleine Anfrage 3981

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias und Prof. Daniel Zerbin AfD

Bürgerdialog im Zusammenhang mit der geplanten ZUE Wulfen tatsächliche Einbindung der Anwohner oder lästiger Pflichttermin? Bürgermeister Tobias Stockhoff (CDU) gewinnt den Kampf um das Mikrofon, verliert aber zugleich die Bürger

Im Zusammenhang mit der geplanten ZUE Wulfen fand am 16. Mai 2024 in der St. Matthäus-Kirche eine Informationsveranstaltung statt. Fast 500 Bürger waren der Einladung gefolgt.

Gleich zu Beginn monierten zahlreiche Bürger eine unzureichende Bekanntmachung dieser Informationsveranstaltung in Wulfen. Die Einladungsfrist betrug lediglich drei Tage. Angeblich fand sich die entsprechende Einladung zudem nur im direkten Wohnumfeld in den Briefkästen und nicht im gesamten Ort, also in (Alt) Wulfen und im angrenzenden Ortsteil Barkenberg.

Neben dem Bürgermeister waren unter anderem zwei leitende Mitarbeiter der Bezirksregierung und der für Dorsten zuständige leitende Polizeibeamte erschienen.

Von Seiten der anwesenden AfD-Ratsmitglieder wird der weitere Fortgang der Veranstaltung wie folgt geschildert:

„Bereits bei den ersten einleitenden Worten des Herrn Bürgermeisters wurden erste Protestrufe laut, dass die betroffenen Bürger nicht die Funktion einer ZUE erklärt haben wollten, sondern diese Einrichtung vollständig ablehnen. Eine Bürgerin wurde gleich anfangs der Veranstaltung, aufgrund eines kritischen Zwischenrufes, von Herrn Stockhoff angedroht, sie des Raumes zu verweisen. Gratulation Herr Bürgermeister!!! Es wurde dann berichtet, dass die ZUE auf 400 Bewohner ausgelegt wird und ein Vertragszeitraum für den Betrieb der Einrichtung von zehn Jahren geplant ist. Auf die Frage nach den geplanten Bewohnern wurde Unplanbarkeit herausgestellt und gleichzeitig versichert, dass nicht mehr wie 60 % (alleinstehende) Männer diese Einrichtung bewohnen sollen. Von den Bürgern wurde lautstark artikuliert, dass man in Wulfen dieser Einrichtung nicht will! Die Bürger haben Angst um die Sicherheit ihrer Kinder, ihrer Familien und die Abwertung ihrer Immobilien. Von Seiten des Bürgermeisters wurde darauf hingewiesen, dass dieser Einrichtung völlig sicher sei und ein Sicherheitsdienst vor Ort eingesetzt wird, was sofort den Einwurf zur Folge hatte, dass man keinen Sicherheitsdienst braucht, wenn alles sicher sei. Dieser Widerspruch konnte nicht aufgelöst werden. Zum Ende der Veranstaltung kam ein betroffener Bürger mit dem Saalmikrofon nach vorne und artikulierte, unter großem Beifall aller betroffenen Bürger, zusammenfassend seine Sorgen und seine Ablehnung, die auch denen der anderen Bürger entsprach. Nachdem bereits Herr Stockhoff das Mikrofon wieder ergriffen hatte, bat dieser Bürger noch mal um das Mikrofon. Dies wurde ihm vom Bürgermeister verweigert! Trotzdem schaffte es der Bürger noch seine Bedenken zu vervollständigen. [Dabei ging es insbesondere um Sicherheitsbedenken.] Herr Stockhoff hat ausgeführt, dass dies ein Informationsabend ist. Entscheiden würden der Sozialausschuss und der Rat der Stadt Dorsten. […] Die Sicherheitsbedenken der Bürger wurden ignoriert. Laut Herrn Stockhoff ist das Gesetzeslage. Dann müssten die Bürger eben für andere Gesetze sorgen. Es war auffallend, wie sich Herr Bürgermeister Stockhoff und die Mitarbeiter der Bezirksregierung bemühten, möglichst lange Redebeiträge zu leisten, wohl mit dem Ziel, die Bürger so wenig wie möglich zu Worte kommen zu lassen. Wäre gestern über die Planung der ZUE abgestimmt worden, hätten sicherlich 99 % der erschienenen Bürger mit Nein gestimmt.“1

Zusätzlich sind im Rahmen der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses der Stadt Dorsten zwei Bürgeranträge gemäß § 24 der Gemeindeordnung NRW eingegangen.2 Dabei wurden weitere wesentliche Einwände gegen die geplante ZUE Wulfen benannt:

  • Die Polizeiwache in Barkenberg sei bereits heute unterbesetzt. Zudem ist die Wache nicht durchgehend besetzt, am Wochenende sogar nur in der Zeit von 10:00 bis 16:00.
  • Die Umgebung der geplanten ZUE ist sehr einsam, weshalb sich ein Unsicherheitsgefühl deutlich erhöhen würde.
  • Eine ausreichende Beleuchtung im Umfeld der geplanten ZUE ist derzeit nicht gegeben. In diesem Zusammenhang würden bisher nicht benannte zusätzliche Kosten anfallen.
  • Die ZUE ist nicht in ausreichendem Maße an den ÖPNV angebunden. Eine Angebotserweiterung würde ebenso zu zusätzlichen Kosten führen.
  • Der Bau einer Zufahrt zum Gelände würde zusätzliche Kosten verursachen.
  • Die Frage des Baumschutzes scheint bisher nicht geregelt zu sein.
  • Die vorgesehene Fläche ist durch einen Wassergraben getrennt. Derzeit erscheint noch unklar, wie hiermit umzugehen ist.
  • Die wirksame Umsetzung der Nachtruhe wird angezweifelt.

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. In welcher Form soll die Sicherheit der Anwohner gewährleistet werden, insbesondere vor dem Hintergrund der nicht durchgehenden Besetzung der Polizeiwache Barkenberg?
  2. Mit welchen zusätzlichen Kosten rechnet die Landesregierung im Rahmen einer Angebotserweiterung des ÖPNV?
  3. Welche Planungen gibt es im Zusammenhang mit dem Entwässerungsgraben und dem Baumbestand, so er der Erschließung des Grundstücks im Wege steht?
  4. Inwiefern gibt es Planungen, die Beleuchtungssituation im direkten Umfeld der ZUE zur Verbesserung des Sicherheitsempfindens zu verbessern? (Bitte auch angeben, welche Kosten in diesem Zusammenhang anfallen)
  5. Die direkt betroffenen Anwohner in Wulfen haben sich eindeutig gegen die Errichtung der ZUE in ihrem Ort ausgesprochen. Inwiefern soll dieser Umstand in den Planungen berücksichtigt werden?

Enxhi Seli-Zacharias
Prof. Daniel Zerbin

 

MMD18-9625

 

1 Vgl. https://www.facebook.com/profile.php?id=61552916827714

2 Vgl. https://dorsten.gremien.info/meeting.php?id=2024-HFA-186 ; HFA-Sitzung vom 12.06.2024; Top


Die Ministerin für Kinder, Jugend, ´Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 3981 mit Schreiben vom 14. August 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern, der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung sowie dem Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr beantwortet.

  1. In welcher Form soll die Sicherheit der Anwohner gewährleistet werden, insbesondere vor dem Hintergrund der nicht durchgehenden Besetzung der Polizeiwache Barkenberg?

Die Landesregierung verkennt nicht, dass die Errichtung einer Landeseinrichtung für Anwoh­nerinnen und Anwohner eine Veränderung des persönlichen Lebensumfeldes nach sich ziehen kann. Die Erfahrungen aus bestehenden Einrichtungen geben keinen Anlass zur Annahme, dass ein besonderer Schutz von Anwohnern erforderlich ist. Die für die weiteren Planungen einer ZUE in Dorsten-Wulfen in Betracht gezogene Liegenschaft befindet sich im Zuständig­keitsbereich der durchgehend besetzten Polizeiwache Dorsten im innerstädtischen Bereich. Diese Polizeiwache hält planmäßig rund um die Uhr die erforderliche Anzahl an Einsatzkräften vor. Die Wahrnehmung polizeilicher Einsätze erfolgt dabei orientiert am konkreten Einsatzan­lass schnellstmöglich durch die nächstverfügbaren Einsatzkräfte. Die ZUE Wulfen soll zukünf­tig, ebenso wie die übrigen ZUE und Notunterkünfte im Zuständigkeitsbereich der Kreispolizei­behörde Recklinghausen, schwerpunktmäßig bestreift werden. Präsenzmaßnahmen sind Teil der polizeilichen Aufgabenwahrnehmung und werden fortwährend geprüft und erforderlichen­falls angepasst. Dabei wird die regelmäßige Analyse der Kriminalitätslage einbezogen.

Das Polizeipräsidium Recklinghausen verfügt zudem über den Bezirks- und Schwerpunkt­dienst Dorsten, der teilweise in Wulfen-Barkenberg untergebracht ist. Die Öffnungszeiten der Polizeidienststelle in Wulfen-Barkenberg sind von Montag bis Freitag 08:00 Uhr bis 20:00 Uhr und Samstag und Sonntag von 10:00 Uhr bis 16:00 Uhr. Der Bezirks- und Schwerpunktdienst Dorsten hat einen Bezirksbeamten für die zukünftige ZUE in Dorsten-Wulfen als festen An­sprechpartner benannt, welcher sowohl den Bewohnerinnen und Bewohnern als auch den An­wohnerinnen und Anwohnern dieser ZUE gleichermaßen zur Verfügung steht.

Darüber hinaus sind sowohl ein behördenübergreifender Austausch sowie eine behördenüber­greifende Zusammenarbeit durch die fortlaufende Netzwerkarbeit zwischen den unterschiedli­chen Behörden etabliert.

Im Übrigen befinden sich die Planungen für die ZUE erst in einem sehr frühen Anfangsstadium.

  1. Mit welchen zusätzlichen Kosten rechnet die Landesregierung im Rahmen einer Angebotserweiterung des ÖPNV?
  2. Welche Planungen gibt es im Zusammenhang mit dem Entwässerungsgraben und dem Baumbestand, so er der Erschließung des Grundstücks im Wege steht?

Die Fragen 2 und 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Die Planungen für die ZUE befinden sich in einem frühen Anfangsstadium. Vor diesem Hinter­grund können derzeit auch keine Aussagen im Sinne der Fragestellungen getroffen werden.

  1. Inwiefern gibt es Planungen, die Beleuchtungssituation im direkten Umfeld der ZUE zur Verbesserung des Sicherheitsempfindens zu verbessern? (Bitte auch an­geben, welche Kosten in diesem Zusammenhang anfallen)

Hier liegt die Zuständigkeit bei der Kommune. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 2 und 3 verwiesen.

  1. Die direkt betroffenen Anwohner in Wulfen haben sich eindeutig gegen die Errich­tung der ZUE in ihrem Ort ausgesprochen. Inwiefern soll dieser Umstand in den Planungen berücksichtigt werden?

Der Rat der Stadt Dorsten hat am 19.06.2024 den Beschluss getroffen, „der Bezirksregierung Münster eine Fläche im Gewerbegebiet Dimker Heide (Flurstück 352) als Ersatzfläche für den Bau einer neuen ZUE anzubieten […]“. Darüber hinaus wurde die Stadtverwaltung durch den Rat u.a. beauftragt „bei der Bezirksregierung eine möglichst nachbarschaftsverträgliche An­ordnung der Containeranlage sowie sonstiger baulicher Anlagen (z. B. Spiel- und Sportflä­chen) und großzügiger Ausnutzung der gesamten Fläche (Verteilung) zu erreichen.“ Diesem Ratsbeschluss fühlt sich die Bezirksregierung Münster verpflichtet. Die Bezirksregierung Münster arbeitet im Planungsprozess i.d.R. möglichst eng mit den Fachstellen der Belegen-heitskommunen zusammen. Berechtigte Hinweise der unmittelbaren Nachbarschaft werden während der Planungen geprüft und berücksichtigt. Da sich die Planungen für einen Standort in Dorsten-Wulfen erst in einem frühen Anfangsstadium befinden, können die Belange der Nachbarschaft frühzeitig aufgegriffen werden.

 

MMD18-10312