Kleine Anfrage 4974
der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD
Meldestelle zu sogenanntem „antimuslimischen Rassismus“ (MEDAR) geht mit starker Verzögerung doch noch an den Start – Sind im Vorfeld alle Fragen beantwortet?
Wie der WDR am 27.12.2024 meldete, soll im Frühjahr 2025 die Meldestelle zu „Antimuslimischem Rassismus“ (MEDAR) starten.1 Im Rahmen zahlreicher Kleiner Anfragen hatten wir uns zu Beginn der Aufbauphase ausgiebig mit der Problematik der Meldestellen befasst. Seinerzeit blieben viele Antworten mit Verweis auf eben diese Aufbauphase unbeantwortet. Ähnliches gilt für eine Große Anfrage2, mit der wir zu einem späteren Zeitpunkt die bestehenden Unklarheiten beseitigen wollten. Auch dieses Ansinnen erwies sich in vielen Fällen als erfolglos.
Analog dazu ließ auch die Kritik Dritter an der Einrichtung der Meldestellen nicht nach. Dabei geht es insbesondere immer wieder darum, dass nichtstaatliche Stellen nach für den Bürger intransparenten Vorgaben Vorfälle erfassen sollen, die sich nicht nur unterhalb der Strafbarkeitsgrenze befinden, sondern zudem in der Regel nicht verifizierbar sind.
Anders als bei einer Strafverfolgung durch staatliche Stellen wurde der Grundsatz, dass vor der Urteilsfindung auch der Angeklagte anzuhören und ihm ein Rechtsbeistand zu gewähren ist, quasi außer Kraft gesetzt. Hierzu würde aber auch eh die gesetzliche Legitimation fehlen, da die Träger der Meldestellen selbstverständlich nicht Strafverfolgungsbehörden bzw. die Justiz ersetzen dürfen. Durch diesen Zwiespalt erscheint es mehr als fraglich, ob die Meldestellen dem Rechtsstaatsprinzip genügen. Hinzu kommt eine einseitige Ausrichtung der Meldestellen, die offenbar unliebsame Vorfälle unterhalb der Strafbarkeitsgrenze nicht erfasst und diese somit unter den Tisch fallen lässt.
Ich frage daher die Landesregierung:
- Die Aufbauphase der Meldestelle „antimuslimischer Rassismus“ umfasste einen wesentlich längeren Zeitraum als ursprünglich vorgesehen. Dadurch sind u. a. in mindestens einem Landeshaushalt zusätzliche finanzielle Mittel angesetzt worden. Wie lassen sich die verausgabten Mittel für die Aufbauphase der Meldestelle näher aufschlüsseln? (Bitte in diesem Zusammenhang die Gesamtsumme der verausgabten Mittel und eine detaillierte Kostenaufstellung der Antwort beifügen)
- Bedingt durch die verlängerte Aufbauphase sollte es mit der Einführung der Meldestelle „antimuslimischer Rassismus“ im Zusammenhang mit dem Meldestellensystem keinerlei offene Fragen mehr geben, so auch in der Frage der meldewürdigen Vorfälle. Welche Vorfälle unterhalb der Strafbarkeitsgrenze sollen zukünftig als meldewürdig registriert und in die Statistik aufgenommen werden, welche andererseits eben nicht? (Bitte konkrete Beispiele der Antwort beifügen)
- Wo sind die entsprechenden Kriterien zur Bestimmung der Meldewürdigkeit und somit zur Aufnahme als Zählfall von Vorfällen unterhalb der Strafbarkeitsgrenze schriftlich festgelegt? (Bitte die festgelegten Kriterien der Antwort beifügen und bei dieser Gelegenheit angeben, wo und wie sich der Bürger über diese Kriterien informieren kann)
- Welches ist bei den – hoffentlich zuvor – festgelegten Kriterien die jeweilige Rechtsgrundlage zur Erfassung der entsprechenden Vorfälle unterhalb der Strafbarkeitsgrenze sowie zur Aufnahme als Zählfall in die Statistik?
- Welche staatliche Stelle kontrolliert, ob die mit der Erfassung beauftragten Organisationen Vorfälle gemäß der – hoffentlich zuvor – festgelegten und für den Bürger einsehbaren Kriterien, sprich: nicht willkürlich erfasst? (Bitte auch dazu ausführen, wie und in welcher Form die Einhaltung der Kriterien überprüft wird)
Enxhi Seli-Zacharias
2 Vgl. Lt.-Drucksache 18/9680
Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 4974 mit Schreiben vom 17. Februar 2025 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.
- Die Aufbauphase der Meldestelle „antimuslimischer Rassismus“ umfasste einen wesentlich längeren Zeitraum als ursprünglich vorgesehen. Dadurch sind u. a. in mindestens einem Landeshaushalt zusätzliche finanzielle Mittel angesetzt worden. Wie lassen sich die verausgabten Mittel für die Aufbauphase der Meldestelle näher aufschlüsseln? (Bitte in diesem Zusammenhang die Gesamtsumme der verausgabten Mittel und eine detaillierte Kostenaufstellung der Antwort beifügen)
Die verausgabten bzw. bewilligten Mittel für die Aufbauphase der Meldestelle antimuslimischer Rassismus lassen sich wie folgt aufschlüsseln:
2022 | 71.095,32 € |
2023 | 139.961,31 € |
2024 | 165.000,00 € |
Summe | 376.056,63 € |
- Bedingt durch die verlängerte Aufbauphase sollte es mit der Einführung der Meldestelle „antimuslimischer Rassismus“ im Zusammenhang mit dem Meldestellen-system keinerlei offene Fragen mehr geben, so auch in der Frage der meldewürdigen Vorfälle. Welche Vorfälle unterhalb der Strafbarkeitsgrenze sollen zukünftig als meldewürdig registriert und in die Statistik aufgenommen werden, welche andererseits eben nicht? (Bitte konkrete Beispiele der Antwort beifügen)
Auf die Antwort zur Frage 2 der Nachfragen zur Kleinen Anfrage 156 in der GA 23, Lt.-Drucksache 18/8402, wird verwiesen.
- Wo sind die entsprechenden Kriterien zur Bestimmung der Meldewürdigkeit und somit zur Aufnahme als Zählfall von Vorfällen unterhalb der Strafbarkeitsgrenze schriftlich festgelegt? (Bitte die festgelegten Kriterien der Antwort beifügen und bei dieser Gelegenheit angeben, wo und wie sich der Bürger über diese Kriterien informieren kann)
Gemeldet werden können alle Vorfälle, die als Diskriminierung wahrgenommen werden, unabhängig von möglicher Strafbarkeit. Die Bewertung etwaiger strafrechtlicher Relevanz obliegt zunächst allein den Strafverfolgungsbehörden. Die Meldestellen selbst prüfen Vorfälle nicht auf Strafbarkeit. Der Zweck der Meldestellen ist, das Dunkelfeld von erlebter oder beobachteter Diskriminierung zu erhellen – und nicht deren strafrechtliche Bewertung. Die Auswertung aller Meldungen erfolgt anhand wissenschaftlicher Kriterien. Zur Auswertung der erhobenen Fälle ist der erste Jahresbericht abzuwarten.
- Welches ist bei den – hoffentlich zuvor – festgelegten Kriterien die jeweilige Rechtsgrundlage zur Erfassung der entsprechenden Vorfälle unterhalb der Straf-barkeitsgrenze sowie zur Aufnahme als Zählfall in die Statistik?
Die Datenerhebung zwecks Erstellung einer Statistik sowie die Erstellung der Statistik selbst bedürfen grundsätzlich keiner Rechtsgrundlage, wenn sie auf die Erhebung personenbezogener Daten (Artikel 4 Nummer 1 der Datenschutzgrundverordnung – DSGVO) verzichten oder, sofern dies nicht der Fall ist, auf eine wirksame Einwilligung der betroffenen Rechtssubjekte gestützt werden können (Artikel 6 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe a DSGVO).
- Welche staatliche Stelle kontrolliert, ob die mit der Erfassung beauftragten Organisationen Vorfälle gemäß der – hoffentlich zuvor – festgelegten und für den Bürger einsehbaren Kriterien, sprich: nicht willkürlich erfasst? (Bitte auch dazu ausführen, wie und in welcher Form die Einhaltung der Kriterien überprüft wird)
Die Meldestellen betreiben ihre Tätigkeit eigenverantwortlich und in ihrer Eigenschaft als Privatrechtssubjekte. Sie sind dabei an die Vorgaben der für alle geltenden Rechtsordnung gebunden.