Einsam in Nordrhein-Westfalen: Wie gut erreichen die Hilfsangebote die Betroffenen wirklich ?

Kleine Anfrage
vom 14.02.2025

Kleine Anfrage 5071

des Abgeordneten Dr. Martin Vincentz AfD

Einsam in Nordrhein-Westfalen: Wie gut erreichen die Hilfsangebote die Betroffenen wirklich ?

Einsamkeit stellt in Deutschland ein wachsendes gesellschaftliches Problem dar, welches insbesondere in der Weihnachtszeit an Bedeutung gewinnt. Schätzungsweise 2,5 Millionen Menschen in Deutschland verbringen Weihnachten allein.1 Die aktuelle Studie des Landes NRW zum Thema Einsamkeit zeigt, dass auch jüngere Menschen in Deutschland signifikant von Einsamkeit betroffen sind. So fühlen sich rund 18% der 16 bis 20-Jährigen in NRW stark einsam, die Hälfte bis zu drei Vierteln dieser Altersgruppe fühlen sich zumindest mäßig einsam.2 In der Altersklasse der 18- bis 35-Jährigen sind fast 15% von Einsamkeit betroffen.3

Chronische Einsamkeit kann sowohl körperliche als auch psychische Erkrankungen nach sich ziehen. Personen, die häufig oder manchmal einsam sind, leiden vermehrt unter Stress, Erschöpfung, Schlappheit und unausgeglichener Stimmung.4 Um diesen Entwicklungen entgegenzuwirken bzw. sie vorzubeugen hat die Landesregierung im Dezember diesen Jahres den Aktionsplan „Du+Wir=Eins – Nordrhein-Westfalen gegen die Einsamkeit“ aufgestellt, um Maßnahmen zu entwickeln und zu implementieren.5 Teil des Aktionsplans ist unter anderem eine Online-Plattform auf der Internetseite des Landes NRW, welche über 600 Initiativen und Projekte für Menschen, welche sich einsam fühlen und sozial vernetzen möchten, gelistet hat.6 Die dort angebotenen Projekte sind jedoch zu einem erheblichen Teil an ältere Generationen gerichtet und dementsprechend für jüngere Altersgruppen, etwa die 16- bis 20-Jährigen, nur teilweise bis kaum interessant.

Die Landesregierung unterstützt darüber hinaus den Verein „Silbernetz“ mit dem „Silbertelefon“ für Senioren von 2024 bis 2026 mit insgesamt 150.000 Euro aus dem Landesförderplan Alter und Pflege. Diese Mittel sind für die Gewinnung und Betreuung von Ehrenamtlichen vorgesehen, die Anrufe entgegennehmen und den Betroffenen helfen, Einsamkeit zu überwinden sowie regionale Angebote aufzeigen.7 Ältere Menschen, insbesondere über 80-Jährige, sind mit am stärksten von Einsamkeit betroffen, unter anderem da sie wenig bis keinen Zugang zu digitalen Kommunikationsmedien haben.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Die Initiativen und Projekte der Online-Plattform als Teil des Aktionsplans „Du+Wir=Eins“ sprechen größtenteils die Altersgruppe der über 60-Jährigen an und nur sehr wenige sind wirklich zielgruppengerecht für Jugendliche und junge Erwachsene von 16–20 Jahren. Wie begründet die Landesregierung, dass so wenig Initiativen und Projekte ansprechend für jüngere Generationen sind?
  2. Welche Maßnahmen wurden ergriffen, um das von der Landesregierung geförderte Angebot „Silbertelefon“ zu verbreiten bzw. darauf aufmerksam zu machen, um die damit angesprochenen Zielgruppen zu erreichen?

Dr. Martin Vincentz

 

MMD18-12792

 

1 https://www.aerzteblatt.de/archiv/242181/Einsamkeit-Stille-Nacht-einsame-Nacht

2 https://www.land.nrw/media/31050/download

3 https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMI17-366.pdf

4 https://www.aerzteblatt.de/archiv/242181/Einsamkeit-Stille-Nacht-einsame-Nacht

5 https://www.land.nrw/pressemitteilung/duwireins-nordrhein-westfalen-gegen-einsamkeit-landesregierung-verabschiedet

6 https://www.land.nrw/einsamkeit

7 https://www.lbbp.nrw.de/projekte-gegen-einsamkeit


Der Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien und Chef der Staatskanzlei hat die Kleine Anfrage 5071 mit Schreiben vom 11. März 2025 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern sowie dem Mi­nister für Arbeit, Gesundheit und Soziales beantwortet.

  1. Die Initiativen und Projekte der Online-Plattform als Teil des Aktionsplans „Du+Wir=Eins“ sprechen größtenteils die Altersgruppe der über 60-Jährigen an und nur sehr wenige sind wirklich zielgruppengerecht für Jugendliche und junge Erwachsene von 16–20 Jahren. Wie begründet die Landesregierung, dass so we­nig Initiativen und Projekte ansprechend für jüngere Generationen sind?

Aktuell sind bereits mehr als 670 Initiativen auf der Online-Plattform https://www.land.nrw/ein-samkeit der Landesregierung gegen Einsamkeit eingetragen. Von Angeboten für Familien über Kinder und Jugendliche bis hin zu Angeboten für Seniorinnen und Senioren ist alles da­bei. Viele Angebote sind altersunabhängig und zielen auf die Stärkung des Zusammenhalts und des Austausches vor Ort ab. Damit zeigt die Online-Plattform bereits heute, wie stark und vielfältig sich die Zivilgesellschaft gegen Einsamkeit in unserem Land engagiert.

Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sind aus wissenschaftlicher Sicht eine vergleichs­weise neue Zielgruppe bei der Betrachtung von Einsamkeit. Nachdem die Landesregierung Nordrhein-Westfalen Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene beim Thema Einsamkeit – insbesondere mit der Studie „Einsamkeit unter Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen nach der Pandemie“ – in den Fokus gerückt hat, hat die Landesregierung bereits viele Angebote für die Zielgruppe auf der Online-Plattform verzeichnen können. Darüber hinaus bestehen zahlreiche Angebote, die einen generationsübergreifenden Ansatz verfolgen und auch bei den Angebo­ten für Familien werden insbesondere Kinder in den Fokus gerückt.

  1. Welche Maßnahmen wurden ergriffen, um das von der Landesregierung geför­derte Angebot „Silbertelefon“ zu verbreiten bzw. darauf aufmerksam zu machen, um die damit angesprochenen Zielgruppen zu erreichen?

Der Ministerpräsident hospitierte 2023 bei Silbernetz e. V. an der Hotline gegen Einsamkeit. Er hat sich vor Ort ein Bild machen können, wie wichtig solche Angebote zur Eindämmung von Einsamkeit sind.

Silbernetz e. V. erhält für die Gewinnung und Betreuung von Ehrenamtlichen in Nordrhein-Westfalen, die beim „Silbertelefon“ engagiert sind, im Zeitraum von 2024 bis 2026 insgesamt 150.000 Euro aus dem Landesförderplan Alter und Pflege. Seit Beginn der Projektförderung ist Silbernetz e. V. im regelmäßigen Austausch mit der Landesseniorenvertretung Nordrhein-Westfalen, der Landesarbeitsgemeinschaft Seniorenbüros Nordrhein-Westfalen, den Regio­nalbüros Alter, Pflege und Demenz, dem Forum Seniorenarbeit, mit den Freien Trägern sowie anderen Akteuren. Ebenso ist Silbernetz e. V. in Nordrhein-Westfalen in Symposien, Fachkon­gresse und andere Veranstaltungen eingebunden (z. B. Einsamkeitskonferenz NRW im Juni 2024, Vortrag sowie Informationsstand auf dem Kölner Ehrenamtstag in Rahmen des NRW-Tags im August 2024, Vortrag beim 5. Online-Dialog der AG „Seelische Gesundheit im Alter“ der Landesinitiative Gesundheitsförderung und Prävention NRW im November 2024).

Daneben werden im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit in Nordrhein-Westfalen Rundfunk- und Fernsehanfragen eigenständig wahrgenommen, Pressemitteilungen sowie regelmäßig auch ein Newsletter versandt und es wird Social-Media-Arbeit betrieben. Darüber hinaus werden Beiträge für Gemeindeblätter, Stadtteilzeitungen sowie Gast- und Fachbeiträge für Broschüren und Magazine erstellt. Ergänzend werden Printmaterialien wie Flyer und Poster an Organisa­tionen und Multiplikatoren in Nordrhein-Westfalen verteilt. Die Dateien stehen auch digital zum Download auf der Website von Silbernetz e. V. bereit. Eine Verlinkung ist u. a. auf der Online-Plattform der Landesregierung „Nordrhein-Westfalen gegen Einsamkeit“ zu finden. Beispiels­weise wurde anlässlich der Weihnachtstage, die für einsame Menschen besonders herausfor­dernd sein können, auf der Internetseite und über die Social-Media-Kanäle der Staatskanzlei auch das sogenannte Feiertagstelefon von Silbernetz e. V. beworben. Silbernetz e. V. ist eben­falls Teil des Aktionsplanes gegen Einsamkeit. Außerdem verteilte das Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen Plakate mit Informationen zu Silbernetz e. V. an die Polizei­behörden und verfasste einen Artikel im Intranet der Polizei NRW, um auch intern für das Thema zu sensibilisieren.

 

MMD18-13099