Gesetz zum Erhalt kommunaler Hallen- und Schulschwimmbäder (Hallen- und Schul-schwimmbäder-Gesetz – HSchwG NRW)

Gesetzentwurf
vom 07.07.2025

Gesetzentwurf

der Fraktion der AfD

Gesetz zum Erhalt kommunaler Hallen- und Schulschwimmbäder (Hallen- und Schul­schwimmbäder-Gesetz – HSchwG NRW)

A Problem

In den letzten Jahrzehnten ist in Nordrhein-Westfalen ein deutlicher Rückgang der Anzahl kommunaler Schwimmbäder zu verzeichnen. Nach Angaben des Schwimmverbandes NRW wurden in den vergangenen 25 Jahren bereits über 40 Prozent der Schwimmbäder in Nord­rhein-Westfalen geschlossen. Schwimmbäder zählen bisher zu den freiwilligen Selbstverwal­tungsleistungen der Kommunen und fallen bei knappen Kassen häufig Sparmaßnahmen zum Opfer. Angesichts angespannter Kommunalfinanzen und gestiegener Energiekosten drohen in den kommenden Jahren weitere Bäderschließungen.

Diese Entwicklung hat bereits jetzt spürbare Auswirkungen: Immer weniger Kinder erlernen frühzeitig das Schwimmen, da in vielen Kommunen geeignete Wasserflächen für den Schwimmunterricht fehlen. Umfragen zufolge sind maximal etwa die Hälfte der Grundschul­kinder am Ende der vierten Klasse sichere Schwimmer. Ein Rückgang der Schwimmfertigkei­ten in der Bevölkerung führt zu einer erhöhten Gefahr von Badeunfällen und Ertrinkungsfällen. Gleichzeitig sind Hallenbäder wichtige Infrastruktureinrichtungen für Sport, Gesundheitsprä­vention und Freizeit für alle Altersgruppen sowie ein unverzichtbarer Bestandteil des Sportun­terrichts an Schulen. Vor diesem Hintergrund besteht dringender Handlungsbedarf, um die kommunale Bäderlandschaft zu erhalten und allen Bürgern die Möglichkeit zu geben, das Schwimmen zu erlernen und auszuüben.

B Lösung

Durch das vorliegende Gesetz wird der Betrieb von Hallen- und Schulschwimmbädern als ver­pflichtende kommunale Aufgabe festgeschrieben. Die Kommunen werden damit gesetzlich verpflichtet, ein Mindestangebot an Schwimmmöglichkeiten vorzuhalten. Die Ausgestaltung der Pflicht ist gestaffelt und orientiert sich an der Einwohnerzahl der jeweiligen Kommune: Städte und Gemeinden ab einer Größe von 20.000 Einwohnern müssen mindestens ein öf­fentliches Hallenbad betreiben, während für Gemeinden mit 10.000 bis unter 20.000 Einwoh­nern ein Schulschwimmbad ausreicht. Hierdurch wird der unterschiedlichen Leistungsfähigkeit der Kommunen Rechnung getragen. Zugleich ermöglicht das Gesetz, dass benachbarte Kom­munen zusammenarbeiten und gemeinsame Bäder betreiben können, um Synergien zu nut­zen und wirtschaftliche Lösungen zu fördern. Insgesamt gewährleistet die vorgeschlagene Re­gelung ein flächendeckendes Mindestangebot an Schwimmstätten in Nordrhein-Westfalen. Jedes Kind soll die Chance erhalten, im Rahmen der Schulausbildung schwimmen zu lernen, und der Allgemeinheit soll ein wohnortnahes Badeangebot für Sport und Freizeit zur Verfügung stehen. Langfristig trägt die Gesetzeslösung dazu bei, die Schwimmfähigkeit der Bevölkerung zu erhöhen und einem weiteren Anstieg von Bade- und Ertrinkungsunfällen entgegenzuwirken.

C Alternativen

Eine Beibehaltung der bisherigen Rechtslage (keine gesetzliche Regelung) würde bedeuten, dass der Betrieb von Schwimmbädern weiterhin allein im Ermessen der Kommunen verbleibt. Angesichts der geschilderten Problemlage – zunehmende Schließungen aus finanziellen Gründen und abnehmende Schwimmfertigkeiten – kommt ein Verzicht auf eine gesetzliche Intervention nicht in Betracht. Andere Lösungsansätze, etwa rein freiwillige Förderprogramme, haben sich als nicht ausreichend effektiv erwiesen. Daher sind keine sinnvollen Alternativen zu der hier vorgeschlagenen gesetzlichen Regelung ersichtlich.

D Kosten

Der Gesetzentwurf hat finanzielle Auswirkungen vor allem auf der kommunalen Ebene. Kom­munen, die bislang kein eigenes Hallen- oder Schulschwimmbad betrieben haben, müssten entweder ein bestehendes Bad reaktivieren, einen Neubau errichten oder sich an einem ge­meinsam mit anderen Kommunen betriebenen Bad beteiligen. Damit gehen – je nach Aus­gangslage – Investitionskosten (für Bau, Sanierung oder Wiederinbetriebnahme) sowie lau­fende Betriebs- und Instandhaltungskosten einher. Eine landesweite Quantifizierung dieser Kosten ist aufgrund der unterschiedlichen Situationen der Kommunen (Größe, baulicher Zu­stand eventueller Bestandsbäder, Personal- und Energiekosten etc.) nicht seriös möglich.

Für das Land Nordrhein-Westfalen ergeben sich unmittelbar keine zusätzlichen Ausgaben durch dieses Gesetz. Allerdings ist gemäß Artikel 78 Absatz 3 der Landesverfassung NRW (Konnexitätsprinzip) bei der Übertragung neuer Aufgaben ein finanzieller Ausgleich zugunsten der Kommunen vorzusehen. Das genaue Finanzierungskonzept (etwa durch erhöhte Schlüs­selzuweisungen, zweckgebundene Fördermittel oder einen Sonderfonds „Schwimmbad-Er­halt“) ist im weiteren Gesetzgebungsverfahren bzw. bei der Umsetzung durch die Landesre­gierung zu erarbeiten.

E Zuständigkeiten

Zuständig ist das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen. Beteiligt ist die Staatskanzlei. Die Gesetzgebungskompetenz des Lan­des Nordrhein-Westfalen für die vorliegende Regelung ergibt sich aus Artikel 70 Absatz 1 Grundgesetz. Die Materie „kommunale Schwimmbäder“ fällt unter die allgemeinen Angelegen­heiten der örtlichen Gemeinschaft, für die keine ausschließliche Bundeszuständigkeit besteht; folglich kann das Land Nordrhein-Westfalen insoweit Gesetze erlassen. Zudem gestattet Arti­kel 78 Absatz 3 der Landesverfassung NRW dem Land, den Gemeinden durch Gesetz Aufga­ben zu übertragen, wobei für eventuell entstehende Mehrbelastungen ein entsprechender fi­nanzieller Ausgleich sicherzustellen ist. Auf dieser verfassungsrechtlichen Grundlage darf das Land NRW die Pflicht zum Erhalt von Schwimmbädern als kommunale Aufgabe normieren.

F Auswirkungen auf die Selbstverwaltung und die Finanzlage der Gemeinden und

Gemeindeverbände

Durch die Neuregelung wird der Betrieb von Hallen- und Schulschwimmbädern von einer frei­willigen Aufgabe zu einer Pflichtaufgabe der Selbstverwaltung hochgestuft. Dies bedeutet ei­nen Eingriff in die kommunale Organisationshoheit, ist aber mit Blick auf die Gewährleistung gleichwertiger Lebensverhältnisse und der Daseinsvorsorge im Bereich der Schwimmfähigkeit gerechtfertigt. Den Städten und Gemeinden wird eine zusätzliche Aufgabe übertragen, was ihren Verwaltungsaufwand und ihre finanzielle Belastung erhöht. Insbesondere für kleinere und finanziell schwache Kommunen kann die Erfüllung der Pflicht ohne Unterstützung eine erhebliche Herausforderung darstellen. Daher kommt dem Konnexitätsgebot besondere Be­deutung zu: Das Land ist verpflichtet, für einen Ausgleich der entstehenden Kosten zu sorgen, um die kommunalen Haushalte nicht über Gebühr zu belasten. Bei entsprechender Gegenfi­nanzierung durch das Land bleiben die Auswirkungen auf die kommunale Finanzlage insge­samt vertretbar. Die Eingriffsintensität in die kommunale Selbstverwaltung wird außerdem dadurch begrenzt, dass den Gemeinden bei der konkreten Umsetzung (Bau, Betriebsführung, Kooperationsmodelle) weiterhin Gestaltungsspielräume verbleiben.

G Finanzielle Auswirkungen auf die Unternehmen und die privaten Haushalte

Keine.

H Geschlechterdifferenzierte Betrachtung der Auswirkungen des Gesetzes

Das Gesetz wirkt sich auf beide Geschlechter in gleicher Weise aus. Frauen und Männer pro­fitieren gleichermaßen vom Erhalt der kommunalen Schwimmbäder, da allen Bevölkerungs­gruppen das Schwimmenlernen und -ausüben ermöglicht wird. Eine unterschiedliche Betrof­fenheit oder Benachteiligung eines Geschlechts ist nicht ersichtlich.

I Auswirkungen auf die nachhaltige Entwicklung

Die Nachhaltigkeitspostulate werden durch den vorliegenden Gesetzentwurf nicht berührt. Zielkonflikte mit der Nachhaltigkeitsstrategie des Landes Nordrhein-Westfalen bestehen nicht. Ökologische Aspekte wie der Energieverbrauch von Schwimmbädern werden von der Rege­lung nicht unmittelbar tangiert und können im Übrigen durch flankierende Maßnahmen, z. B. energetische Sanierungen, adressiert werden.

J Auswirkungen auf Menschen mit Behinderungen

Menschen mit Behinderungen und ohne Behinderungen profitieren gleichermaßen von den vorgesehenen Regelungen. Der Erhalt wohnortnaher Schwimmbäder kommt auch Menschen mit Behinderung zugute, indem er Angebote für inklusiven Schwimmunterricht, Rehabilitati­onssport im Wasser und barrierefreies Freizeitschwimmen sichert. Eine Benachteiligung von Personen mit Behinderungen ist nicht zu erwarten; vielmehr unterstützt das Gesetz die Teil­habe, vorausgesetzt, die bauliche Ausgestaltung neuer oder zu sanierender Bäder erfolgt bar­rierefrei nach den geltenden Vorschriften.

K Auswirkungen auf das E-Government und die Digitalisierung von Staat und Ver­waltung

Keine.

L Befristung

Keine.

 

Gesetz zum Erhalt kommunaler Hallen- und Schulschwimmbäder

(Hallen- und Schulschwimmbäder-Gesetz – HSchwG NRW)

§1 Zweck

Zweck dieses Gesetzes ist es, die flächendeckende Vorhaltung von Hallen- und Schul­schwimmbädern in Nordrhein-Westfalen als Teil der kommunalen Daseinsvorsorge sicherzu­stellen. Hierdurch soll allen Bevölkerungsgruppen, insbesondere Kindern und Jugendlichen, die Möglichkeit eröffnet werden, wohnortnah das Schwimmen zu erlernen und regelmäßig auszuüben. Zugleich sollen die Schwimmfähigkeit der Bevölkerung gesteigert, die Sicherheit vor Ertrinkungsunfällen erhöht und ein Beitrag zur Gesundheitsförderung und zum Breiten­sport geleistet werden.

§2 Begriffsbestimmungen

(1) Ein Hallenbad ist ein ganzjährig betriebenes öffentliches Schwimmbad mit mindestens ei­nem Schwimmbecken, das der Allgemeinheit für Schwimmunterricht, Sport und Freizeit zur Verfügung steht.

(2) Ein Schulschwimmbad ist ein Schwimmbad, das vorrangig für den Schwimmunterricht an Schulen genutzt wird und nicht oder nur in begrenztem Umfang für den allgemeinen öffentli­chen Badebetrieb geöffnet ist.

(3) Kooperation im Sinne dieses Gesetzes bezeichnet die Zusammenarbeit von zwei oder mehr Gemeinden zur gemeinsamen Erfüllung der Pflichtaufgabe nach diesem Gesetz, insbe­sondere durch öffentlich-rechtliche Vereinbarung oder in Form eines Zweckverbandes.

(4) Einwohnerzahl bezeichnet die Einwohnerzahl einer Gemeinde nach dem jeweils aktuellen Stand der amtlichen Bevölkerungsfortschreibung.

§3 Pflichtaufgabe

(1) Die Wahrnehmung der in diesem Gesetz geregelten Aufgaben gehört zum eigenen Wir­kungskreis der Gemeinden. Die Gemeinden sind verpflichtet, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen ein Mindestangebot an Hallen- und Schulschwimmbädern für ihr Gemeinde­gebiet sicherzustellen.

(2) Die Gemeinden haben die Pflichtaufgabe nach Absatz 1 in eigener Verantwortung zu er­füllen. Sie entscheiden im Rahmen der Gesetze über die Art und Weise der Aufgabenerfüllung, soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt.

§4 Mindestangebot

(1) Jede Gemeinde mit mindestens 20.000 Einwohnern ist verpflichtet, mindestens ein Hallen­bad für die Allgemeinheit zu betreiben und vorzuhalten. Dieses Hallenbad muss ganzjährig betriebsbereit sein und für die Bevölkerung allgemein zugänglich sein (öffentlicher Badebe­trieb); es dient zugleich dem Schulschwimmunterricht.

(2) Jede Gemeinde mit mindestens 10.000, aber weniger als 20.000 Einwohnern ist verpflich­tet, mindestens ein Schulschwimmbad bereitzustellen, das den Schwimmunterricht der Schü­ler im Gemeindegebiet ermöglicht. Der Betrieb eines öffentlichen Hallenbades erfüllt diese Verpflichtung ebenfalls.

(3) Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern sind von den Verpflichtungen nach den Absätzen 1 und 2 ausgenommen.

§5 Ausnahmen und Übergangsregelungen

(1) Die Verpflichtungen nach § 4 gelten auch als erfüllt, wenn eine Gemeinde im Rahmen einer Kooperation ein Hallenbad oder Schulschwimmbad gemeinsam mit einer oder mehreren an­deren Gemeinden betreibt oder durch Vereinbarung die Mitbenutzung eines Schwimmbades in einer benachbarten Gemeinde sicherstellt. Voraussetzung ist, dass durch die gemeinsame Nutzung für die Einwohner sowie die Schulen aller beteiligten Gemeinden ein bedarfsgerech­tes Schwimmangebot zur Verfügung steht.

(2) Die zuständige Kommunalaufsichtsbehörde kann eine Gemeinde auf Antrag von der Ver­pflichtung nach § 4 ganz oder teilweise befreien, wenn der Betrieb eines Hallen- oder Schul­schwimmbades in dieser Gemeinde aus zwingenden Gründen wirtschaftlich oder technisch nicht zumutbar ist. Vor Erteilung einer Befreiung sind vorrangig alternative Erfüllungsmöglich­keiten, insbesondere eine interkommunale Zusammenarbeit nach Absatz 1, zu prüfen. Die Befreiung kann zeitlich befristet, bedingt oder mit Auflagen versehen erteilt werden und ist zu widerrufen, wenn die Gründe für ihre Gewährung wegfallen.

(3) Gemeinden, die am Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes kein Schwimmbad entspre­chend § 4 betreiben, wird eine angemessene Übergangsfrist zur Umsetzung der Verpflichtun­gen eingeräumt. Die Frist darf im Regelfall fünf Jahre ab Inkrafttreten dieses Gesetzes nicht überschreiten. Die zuständige Aufsichtsbehörde setzt die Dauer der Übergangsfrist im Beneh­men mit der betroffenen Gemeinde fest und kann in begründeten Ausnahmefällen eine Ver­längerung gewähren.

§6 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A     Allgemeiner Teil

Entwicklungen der letzten Jahre haben deutlich gemacht, dass zahlreiche Kommunen in Nord­rhein-Westfalen ihre Schwimmbäder aus finanziellen Gründen schließen mussten. Dies hat zu einer erheblichen Verschlechterung der Schwimmfähigkeit insbesondere von Kindern und Ju­gendlichen geführt. Untersuchungen zeigen, dass derzeit bis zu 50 Prozent der Grundschul­kinder am Ende der vierten Klasse nicht sichere Schwimmer sind. Gleichzeitig häufen sich Berichte über Badeunfälle, was die Bedeutung der Schwimmausbildung unterstreicht. Ursache der problematischen Entwicklung ist vor allem, dass Schwimmbäder als „freiwillige Leistungen“ der Kommunen in Haushaltskrisen häufig eingespart werden. So hat NRW in den letzten 25 Jahren bereits rund 40 Prozent seiner Bäder verloren. Neben der Schwimmfertigkeit der Bevölkerung leidet auch das Vereinsleben (z. B. Schwimmvereine und DLRG-Ausbildung) un­ter dem Bäderrückgang, da Trainingsstätten fehlen.

Schwimmen zu können ist eine essenzielle Fähigkeit zur Selbstrettung und Unfallverhütung und fördert zudem Gesundheit und Fitness. Vor diesem Hintergrund soll mit dem Gesetz ge­gengesteuert werden: Der Betrieb von Hallen- und Schulschwimmbädern wird zur kommuna­len Pflicht erklärt, um die Bäderinfrastruktur flächendeckend zu erhalten. Jedem Kind muss ortsnah die Möglichkeit geboten werden, im Schulunterricht schwimmen zu lernen, und der Bevölkerung muss allgemein eine Grundversorgung mit Schwimmgelegenheiten zur Verfü­gung stehen. Die Gesetzeskonzeption sieht gestaffelte Pflichten vor, um die unterschiedlichen Größen und Leistungsfähigkeiten der Kommunen zu berücksichtigen. Für größere Kommunen wird ein öffentliches Hallenbad verlangt, wohingegen für kleinere Kommunen ein Schul­schwimmbad genügt. Diese Differenzierung stellt sicher, dass der Aufwand dem Bedarf und den Ressourcen vor Ort angepasst ist.

Gleichzeitig wird Wert auf Flexibilität gelegt: Kommunen können zusammenarbeiten, um die Aufgabe gemeinsam zu erfüllen, statt überall eigene Einrichtungen vorzuhalten. Dies ermög­licht effizientere Lösungen, z. B. durch regionale Bäderzentren, und verhindert, dass kleine Kommunen überfordert werden. Sollte im Einzelfall der Bäderbetrieb trotz aller Optionen wirt­schaftlich oder technisch nicht möglich sein, kann von der Pflicht vorübergehend oder teilweise befreit werden – etwa bis Sanierungsmaßnahmen abgeschlossen oder Finanzierungsmöglich­keiten erschlossen sind. Damit wird dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung getra­gen.

Das Konnexitätsprinzip (Artikel 78 Abs. 3 LV NRW) garantiert, dass die Kommunen mit den finanziellen Folgen dieser Pflicht nicht allein gelassen werden dürfen. Das Gesetz begründet den Auftrag, die Bäder zu erhalten; die konkrete Ausgestaltung der Finanzierung (Landeszu­schüsse, Förderprogramme usw.) muss parallel erfolgen, damit die Umsetzung gelingt. Insge­samt trägt das Gesetz dazu bei, die öffentliche Daseinsvorsorge im Bereich Schwimmen zu stärken, die Sicherheit der Bürger zu erhöhen und langfristig wieder mehr Menschen das si­chere Schwimmen zu ermöglichen.

B     Besonderer Teil

Zu § 1 Zweck

§1 formuliert das übergeordnete Ziel des Gesetzes. Darin wird klargestellt, dass die flächen­deckende Sicherstellung von Schwimmmöglichkeiten eine öffentliche Aufgabe sein muss. Ins­besondere werden die Kernziele – Verbesserung der Schwimmfähigkeit, Verhütung von Er-trinkungsunfällen, Förderung von Gesundheit und Sport – benannt. Der Zweckparagraf dient der Orientierung bei der Anwendung des Gesetzes und unterstreicht die Einordnung der Schwimmbäder als Teil der kommunalen Daseinsvorsorge.

Zu § 2 Begriffsbestimmungen

§2 enthält die Definition der wichtigsten Begriffe. Die Begriffsbestimmungen stellen sicher, dass das Gesetz einheitlich angewendet wird.

§2 Absatz 1 definiert „Hallenbad“ als öffentlich zugängliches, ganzjährig betriebenes Schwimmbad, um abzugrenzen, dass damit keine Saison- oder Freibäder gemeint sind und dass die Einrichtung allgemein der Bevölkerung offensteht.

§2 Absatz 2 definiert das „Schulschwimmbad“ als vorrangig für den Schulunterricht genutztes Bad; diese Definition erlaubt z. B., dass ein kleineres Becken an einer Schule oder ein einfa­ches Lehrschwimmbecken die Anforderungen erfüllt, ohne dass es umfassend öffentlich be­trieben sein muss. Mit der Einführung dieses Begriffs soll kleineren Kommunen eine kosten­günstigere Option eröffnet werden, ihrer Pflicht nachzukommen.

In § 2 Absatz 3 wird „Kooperation“ legaldefiniert, um klarzustellen, dass interkommunale Zu­sammenarbeit – etwa in Form von Zweckverbänden oder öffentlich-rechtlichen Vereinbarun­gen – als gleichwertige Erfüllung der Aufgabe gilt. Dadurch wird im Gesetz verankert, dass nicht jede Gemeinde isoliert ein Bad betreiben muss, sofern eine gemeinsame Lösung mit Nachbarkommunen geschaffen wird.

In § 2 Absatz 4 wird die maßgebliche „Einwohnerzahl“ präzisiert, damit keine Unklarheit dar­über besteht, auf welcher Datengrundlage (amtliche Bevölkerungsfortschreibung) die Schwel­len von 10.000 bzw. 20.000 Einwohnern zu ermitteln sind.

Zu § 3 Pflichtaufgabe

§3 erklärt den Betrieb von Hallen- und Schulschwimmbädern zur Pflichtaufgabe der Gemein­den. Damit wird der bisher freiwillige Charakter dieser Leistung aufgehoben. Die Formulierung, dass es sich um eine Aufgabe des eigenen Wirkungskreises handelt, bedeutet, dass die Ge­meinden die Angelegenheit in Selbstverwaltung erledigen – also Planung, Bau und Betrieb eigenverantwortlich organisieren –, jedoch nun kraft Gesetzes dazu verpflichtet sind. Anders als bei einer „Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung“ verbleibt den Kommunen hier weit­gehend die Entscheidungsfreiheit über das „Wie“ der Aufgabenerledigung (solange die Min­destvorgaben eingehalten werden), ohne dass unmittelbare fachliche Einzelweisungen des Landes erfolgen. Durch die Einstufung als Pflichtaufgabe wird den Schwimmbädern in der kommunalen Prioritätensetzung ein höherer Stellenwert eingeräumt. § 3 verweist außerdem auf die „Maßgabe der folgenden Bestimmungen“, womit klargestellt ist, dass Umfang und Aus­nahmen der Pflicht in den §§ 4 und 5 konkretisiert werden. Insgesamt schafft § 3 den verbind­lichen Auftrag an die Gemeinden, die Bäderversorgung sicherzustellen, lässt ihnen aber die Art der Umsetzung in eigener Regie.

Zu § 4 Mindestangebot

§4 konkretisiert die Pflicht durch Einführung von Bevölkerungsgrenzen und abgestuften An­forderungen.

§4 Absatz 1 bestimmt, dass Kommunen ab 20.000 Einwohnern mindestens ein öffentliches Hallenbad betreiben müssen. Diese Schwelle beruht auf der Überlegung, dass in Gemeinden dieser Größe sowohl der Bedarf (ausreichende Nutzerzahlen für ein Bad) als auch die finanzielle Leistungsfähigkeit in der Regel vorhanden sind, um ein Hallenbad zu unterhalten. Für Städte dieser Größenordnung wird ein öffentlich zugängliches Bad als zumutbar und er­forderlich erachtet, da hier auch das Einzugsgebiet größer ist und neben dem Schulschwim­men insbesondere Vereine, Breitensport und die allgemeine Bevölkerung ein durchgehendes Angebot nutzen können.

§4 Absatz 2 betrifft Gemeinden mittlerer Größe (10.000 bis unter 20.000 Einwohner). Hier verlangt das Gesetz mindestens ein Schulschwimmbad. Damit wird sichergestellt, dass auch in kleineren Städten die schulische Schwimmausbildung stattfinden kann. Gleichzeitig bleibt diesen Kommunen erspart, ein vollwertiges öffentliches Hallenbad betreiben zu müssen, was oft mit erheblichen Dauerkosten verbunden wäre. Natürlich steht es jeder Gemeinde frei, frei­willig ein größeres Hallenbad zu betreiben, wenn sie die Mittel dazu hat; die Regelung in Ab­satz 2 definiert jedoch das Mindestmaß der Verpflichtung. Durch den Hinweis, dass auch ein Hallenbad die Verpflichtung erfüllt, wird klargestellt, dass Gemeinden in diesem Größenseg­ment nicht doppelt bauen müssen: Ein vorhandenes Hallenbad deckt den Bedarf an einem Schulschwimmbecken mit ab.

§4 Absatz 3 stellt klar, dass für Gemeinden unter 10.000 Einwohnern keine gesetzliche Pflicht zum Betrieb eines Schwimmbades besteht. Diese Klarstellung dient der Rechtssicherheit und bedeutet, dass sehr kleine Kommunen nicht unmittelbar vom Gesetz erfasst werden. Gleich­wohl können solche Gemeinden freiwillig Schwimmbäder anbieten oder sich an Kooperationen beteiligen; sie unterliegen nur keiner zwingenden Vorgabe. In der Praxis wird damit berück­sichtigt, dass in Gemeinden unterhalb der Schwelle die Ressourcen und der Bedarf für ein eigenes Bad meist fehlen und diese Orte typischerweise auf die Einrichtungen der umliegen­den größeren Kommunen angewiesen sind.

Zu § 5 Ausnahmen und Übergangsregelungen

§5 enthält wichtige Flexibilisierungs- und Härtefallregelungen.

§5 Absatz 1 behandelt die interkommunale Kooperation. Hier wird normiert, dass Gemeinden ihre Pflicht gemeinsam erfüllen können. Wenn also beispielsweise zwei benachbarte Städte jeweils etwa 15.000 Einwohner haben, kann eine Kooperation geschlossen werden, sodass an einem der beiden Standorte ein Hallenbad betrieben wird, das beide Kommunen gemein­sam finanzieren und nutzen. Für beide zusammen wäre damit ein Bad vorhanden, und beide hätten ihre Verpflichtung erfüllt. Diese Regelung fördert die effiziente Aufgabenerfüllung und vermeidet Doppelstrukturen. Sie entspricht dem Gedanken, dass öffentliche Infrastruktur, ins­besondere in dünn besiedelten Räumen, sinnvollerweise gemeindeübergreifend geplant wer­den kann. Voraussetzung ist allerdings, dass für alle beteiligten Gemeinden ein angemesse­nes Angebot entsteht, d. h. die Bürger und Schulen aller Partnerkommunen dürfen durch die Kooperation nicht schlechter gestellt sein, als wenn jede ein eigenes (kleineres) Bad hätte.

§5 Absatz 2 trägt außergewöhnlichen Situationen Rechnung, in denen die strikte Pflichterfül­lung für eine Gemeinde aus objektiven Gründen unzumutbar wäre. Hier kann die Kommu­nalaufsicht auf Antrag eine Befreiung erteilen. Ein solcher Fall könnte z. B. vorliegen, wenn eine hochverschuldete Kommune trotz möglicher Landeszuweisungen den laufenden Betrieb eines Bades nicht stemmen kann oder wenn besondere geografische oder technische Um­stände vorliegen (etwa ein Hallenbad, das wegen irreparabler Bauschäden sofort geschlossen werden musste und dessen Neubau kurzfristig nicht finanzierbar ist). Die Regelung fordert, dass zunächst alle zumutbaren Alternativen – vor allem Kooperationen mit Nachbarn – geprüft werden, bevor eine Befreiung gewährt wird. Dies soll sicherstellen, dass die Ausnahme wirk­lich der letzte Ausweg bleibt. Die Möglichkeit, Befreiungen befristet oder mit Auflagen zu ver­sehen, gibt der Aufsichtsbehörde ein Steuerungsinstrument: Sie kann etwa eine Befreiung nur für eine Übergangszeit genehmigen und von der Gemeinde verlangen, in dieser Zeit ein Kon­zept für eine zukünftige Badeversorgung (ggf. gemeinsam mit anderen) zu erarbeiten. Auch kann die Befreiung widerrufen werden, wenn z. B. neue Förderprogramme oder verbesserte finanzielle Bedingungen eintreten, die den Betrieb doch ermöglichen. Insgesamt wahrt Ab­satz 2 die Verhältnismäßigkeit der Gesetzesdurchführung, ohne das grundsätzliche Ziel, den Erhalt der Bäder, aufzugeben.

§5 Absatz 3 regelt den Übergang. Da die Pflichtaufgabe neu eingeführt wird, benötigen be­troffene Kommunen Zeit, um die erforderlichen Maßnahmen umzusetzen. Die Norm sieht vor, dass die Kommunalaufsicht eine Übergangsfrist festlegt, die im Regelfall maximal fünf Jahre beträgt. Innerhalb dieser Frist muss die Gemeinde die Vorgaben erfüllen, z. B. ein Schwimm­bad bauen, reaktivieren oder eine Kooperationslösung vereinbaren. Die Frist kann in Ausnah­mefällen verlängert werden, etwa wenn Bauprojekte sich verzögern oder die Gemeinde nach­weislich auf Fördermittel wartet. Diese flexible Übergangsregelung verhindert, dass Kommu­nen sofort rechtlich in der Pflicht stehen, etwas unmöglich Kurzfristiges zu leisten. Stattdessen wird ein realistischer Zeitraum gewährt, um die Planung, Finanzierung und Realisierung der Bäderangebote anzugehen. Damit wird dem Gedanken Rechnung getragen, dass ein Be­standsschutz für derzeit geschlossene Bäder und eine geordnete Implementation neuer An­gebote notwendig sind, um die Ziele des Gesetzes auch praktisch erreichen zu können.

Zu § 6 Inkrafttreten

§6 sieht eine Regelung zum Inkrafttreten vor. Gleichzeitig greifen die in § 5 Absatz 3 vorge­sehenen Übergangsfristen, sodass keine Gemeinde unmittelbar sanktioniert wird, sondern ausreichend Zeit bleibt, die neuen Verpflichtungen zu erfüllen.

Andreas Keith
Dr. Martin Vincentz
Christian Loose
und die Fraktion

 

MMD18-14547

Beteiligte:
Andreas Keith