Kleine Anfrage 6176 vom 29. Juli 2025
des Abgeordneten Christian Loose AfD
Drucksache 18/15024
Aus für Schlaraffia – in Bochum meldet die Aquinos Bedding Germany GmbH Insolvenz an: Was tut die Landesregierung für die 170 Mitarbeiter?
Vorbemerkung der Kleinen Anfrage
Quer durch alle Branchen zieht sich in Nordrhein-Westfalen ein immer stärker anschwellender Strom von Insolvenzen, Betriebsschließungen und Verlagerungen.
Nachdem die INEOS Phenol in Gladbeck denselben erschreckenden Weg geht wie Thyssen-Krupp in Hagen, Thomy in Neuss, Kabel Premium Pulp & Paper GmbH ebenfalls in Hagen, Löwensenf GmbH in Düsseldorf, Metsä Greaseproof Papers in Düren, KME Stolberg GmbH, Accuride Wheels in Solingen, ContiTech in Moers, Lindner Hotels, Evonik Industries, Zoo Zajac in Duisburg und TMD Friction Services in Essen, trifft es jetzt den im Jahr 1909 gegründeten Matratzenhersteller Schlaraffia in Bochum, der dort 115 seiner insgesamt 170 Mitarbeiter beschäftigt. Seit dem Jahr 1909 boten die Bochumer Matratzen, Boxspringbetten, Lattenroste, Topper und Kissen aller Art an. Die Schlafprodukte wurden unter anderem bei Karstadt, Segmüller oder Jysk angeboten. Laut Unternehmensangaben schlafen mehr als vier Millionen Menschen auf einer Schlaraffia-Matratze.1
Die Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie hat die Kleine Anfrage 6176 mit Schreiben vom 26. August 2025 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales beantwortet.
- Wann hat die Landesregierung Gespräche mit der Unternehmensgruppe Aquinos Bedding Germany GmbH aufgenommen, um den Arbeitsplatzabbau in Bochum zu verhindern bzw. zu reduzieren?
Die Landesregierung steht über unterschiedliche Formate in einem fortgesetzten intensiven Dialog mit der nordrhein-westfälischen Wirtschaft. Das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie bietet dabei bei Bedarf auch Unterstützungsleistungen im Rahmen der Unternehmenssicherung an. Hierbei erfolgt stets ein enger Austausch mit dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales.
Während des gesetzlich geregelten Insolvenzverfahrens besteht ein Beihilfeverbot. Ungeachtet dessen steht die Landesregierung jederzeit für Gespräche bereit, sofern dies seitens der Beteiligten gewünscht wird.
- Welche Zukunftschancen sieht die Landesregierung für die Hersteller von Matratzen in Nordrhein-Westfalen, die in ihrem Herstellungsprozess zunehmend von Energiepreissteigerungen betroffen sind?
Die Matratzenindustrie in Nordrhein-Westfalen spiegelt die allgemeinen Trends des deutschen Marktes wider. Die Herausforderungen liegen vor allem im Importdruck durch ausländische, günstige Matratzen und im Bereich der Kostensteigerungen bei Energie-, Transport- und Rohstoffkosten.
Die Hersteller in Nordrhein-Westfalen setzen daher vermehrt auf Qualität, Komfort und Speziallösungen wie wasserdichte oder orthopädische Matratzen. Es gibt Wachstumschancen im Gesundheits- und Gastgewerbe – die Nachfrage nach maßgeschneiderten Matratzen für Kliniken und Hotels steigt.
- Welche greifbaren, konkreten Maßnahmen hat die Landesregierung in den letzten sechs Wochen unternommen, um die nordrhein-westfälischen Unternehmen noch in diesem Jahr von hohen Energiepreisen und Bürokratie zu entlasten?
Seit dem Höhepunkt der Energiekrise im Jahr 2022 sind die Strompreise wieder deutlich gesunken. Sie liegen jedoch noch immer über dem Vorkrisenniveau und stellen insbesondere für stromintensive Unternehmen eine Herausforderung dar. Die Landesregierung setzt sich seither konsequent und anhaltend für eine Entlastung insbesondere von energie- und handelsintensiven Unternehmen ein. Mit Erfolg. So ist es erfreulich, dass die neue Bundesregierung eine Reihe der Forderungen der Landesregierung, die in Teilen bereits in der 2024 veröffentlichten Energie- und Wärmestrategie verankert waren, aufgegriffen hat. Durch die Abschaffung der Gasspeicherumlage, die Entfristung der Stromsteuerabsenkung für Unternehmen des Produzierenden Gewerbes sowie durch den angekündigten Zuschuss zu den Netzentgelten und den Brückenstrompreis für energie- und handelsintensive Unternehmen werden Wettbewerbsfähigkeit und Planungssicherheit vieler Unternehmen gestärkt. Die angekündigten Maßnahmen müssen nun schnell und umfassend umgesetzt werden.
Auf Landesebene treibt die Landesregierung den Ausbau der erneuerbaren Energien konsequent und kontinuierlich voran. Durch die Verdrängung teurer fossiler Kraftwerke im Rahmen der Merit Order haben diese bereits jetzt einen dämpfenden Effekt auf den durchschnittlichen Börsenstrompreis. Nordrhein-Westfalen belegt im Bundesländervergleich Spitzenplätze bei Ausbau und Genehmigung von Windenergie- und PV-Anlagen.
Darüber hinaus legt die Landesregierung den Fokus auf attraktive Standort- und Wettbewerbsbedingungen. Dazu zählt auch ein regulatorisches Umfeld, das Wirtschaftstätigkeit befördert und gleichzeitig wichtige Schutzgüter beachtet. Die Landesregierung setzt sich in diesem Rahmen auf allen Ebenen für eine generelle Entlastung von unnötiger Bürokratie ein und verfolgt konsequent die Ziele zu Bürokratieabbau, Prozessoptimierung und Verwaltungsmodernisierung.
Auch innerhalb des angefragten Zeitraums hat die Landesregierung konkrete Schritte unternommen. Am 11. Juli 2025 hat die stellvertretende Ministerpräsidentin Mona Neubaur eine Bundesratsinitiative des Landes Nordrhein-Westfalen mit dem Titel „Bürokratieabbau und Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren“ (Drs. 292/25) im Bundesrat vorgestellt, die umfangreiche Entlastungen für Wirtschaft und Gesellschaft, nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern in ganz Deutschland, anstoßen soll. Ziel der Initiative ist es insbesondere, bundesrechtliche Berichtspflichten zu streichen oder zu vereinfachen. Kleine und mittlere Unternehmen sollen außerdem bei Pflichten aus der DSGVO spürbar entlastet werden, ohne den Datenschutz zu beeinträchtigen.
- Wie viele Unternehmen in der Größe bis 250 Mitarbeitern haben seit dem 1. Januar 2025 in Nordrhein-Westfalen Insolvenz angemeldet?
- Wie viele Mitarbeiter sind insgesamt in den Unternehmen aus der Antwort zu Frage 4 von diesen Insolvenzanmeldungen betroffen?
Die Fragen 4 und 5 werden aufgrund des sachlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Laut Auskunft von IT.NRW, dem Statistischen Landesamt des Landes Nordrhein-Westfalen, wurden seit dem 1. Januar 2025 bisher 591 beantragte Unternehmensinsolvenzen gemeldet, die Unternehmen mit einer Größe von bis zu 250 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern betrafen. Hierbei ist zu beachten, dass dieser Wert auch Kleinstunternehmen umfasst. Nicht enthalten sind Unternehmensinsolvenzverfahren, die seitens der Amtsgerichte ohne oder mit einer unbekannten Anzahl an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gemeldet wurden.
Von den 591 beantragten Unternehmensinsolvenzen sind laut Auskunft von IT.NRW 9.025 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer betroffen.
Die wirtschaftlichen Herausforderungen der letzten Jahre machen sich nach einer langen Phase sinkender Unternehmensinsolvenzen zunehmend bemerkbar. Seit 2022 steigen die Insolvenzen sowohl in Nordrhein-Westfalen als auch im Bund wieder. Ein Teil dieses Anstiegs lässt sich durch Nachholeffekte erklären, nachdem während der Corona-Pandemie die Insol-venzantragspflicht stellenweise ausgesetzt war. Insgesamt liegen die Insolvenzzahlen aber noch unter dem Niveau der Finanzkrise in den Jahren 2009 und 2010.
1 Vgl. https://www.ruhr24.de/nrw/pleite-unternehmen-bochum-schlaraffia-insolvenz-amtsgericht-matratze-bett-kissen-zukunft-standort-93841270.html und https://antenne.nrw/nrw/krise-beim-matratzenher-steller-schlaraffia-in-bochum-vorlaeufige-insolvenz/, abgerufen am 21.07.2025.