Antrag
der Fraktion der AfD
5-jähriges Jubiläum der illegalen Ladesäulen: Der staatlich geduldete Ladebetrug an öffentlichen Ladestationen muss endlich ein Ende haben. Für eine eichrechtskon-forme Ladeinfrastruktur in Nordrhein-Westfalen!
I. Ausgangslage
Für Verbraucher ist Transparenz in Form von Eichungen von erheblicher Bedeutung. Durch den Einsatz geeichter Waagen kann der Verbraucher beispielsweise im Einzelhandel sicher sein, dass aufgezeigte Gewichtsangaben der Realität entsprechen. Der Verbraucher erhält dadurch genau das, wofür er am Ende bezahlt.
Auch im Bereich der Elektromobilität sollen gesetzliche Bestimmungen garantieren, dass das Laden von elektrischem Strom an öffentlichen Ladestationen für den Verbraucher fehlerfrei und transparent erfolgt.
Genauso ist aber auch aus Unternehmersicht die Einhaltung von mess- und eichrechtlichen Vorschriften von entscheidender Bedeutung. Denn gerade hierdurch wird ein fairer Wettbewerb zwischen den verschiedenen Ladesäulenbetreibern sichergestellt.1
Bereits mit der Umsetzung der EU-Richtlinie 2014/94/EU2 über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (Alternative Fuels Infrastructure Directive, AFID) mit Wirkung zum 1. April 2019 in das deutsche Mess- und Eichrecht wurden gesetzliche Bestimmungen zur eich-rechtskonformen Abrechnung des elektrischen Stroms an öffentlichen Ladestationen im Messund Eichgesetz (MessG)3 und in der Mess- und Eichverordnung (MessEV)4 geschaffen.
Seitdem gilt für neu errichtete Ladestationen im öffentlichen Raum, dass diese nur noch mit eichrechtskonformen und konformitätsbewerteten Ladeeinrichtungen aufgebaut werden dürfen.
Flankiert wurden diese gesetzlichen Bestimmungen durch die novellierte Fassung der Preis-angabeverordnung (PAngV)5, die seit dem Inkrafttreten im Mai 2022 regelt, dass die Kosten der Energieeinheit an öffentlichen Ladestationen am Ladepunkt angezeigt werden müssen. Somit unterliegen seither auch Displays und Anzeigen den eichrechtlichen Vorschriften.
Die ablösende EU-Verordnung 2023/18046 über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR), welche ab dem 13. April 2024 vollumfängliche Geltung erlangt, knüpft an die bisherigen Bestimmungen an und erweitert diese punktuell. Die Verordnung sieht unter anderem eine Verpflichtung der Ladesäulenbetreiber zur vollständigen Preistransparenz vor. Daneben werden die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, durch ihre Behörden den Ladeinfrastruktur-Markt zu kontrollieren und dafür Sorge zu tragen, dass ihre Behörden unlautere Geschäftspraktiken, die Verbraucher betreffen, regelmäßig überwachen (vgl. Art. 5 Abs. 6 AFIR).
Jedoch sieht die derzeitige Praxis anders aus: Zahlreiche Überprüfungen zeigen, dass eine große Anzahl öffentlicher Ladestationen sehr oft deutlich weniger Strom liefern, als an der Landesäule angezeigt wird und die Kunden hinterher bezahlen.
Bereits 2021 zeigten Untersuchungen des Handelsblatts unter Berufung auf Hersteller- und Betreiberangaben sowie auf Erhebungen der Fachgruppe Recht des Förderprojekts „IKT für Elektromobilität“ für das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) auf, dass Tausende öffentliche Schnellladesäulen (Gleichstrom, DC) gegen das Eichrecht verstoßen und daher illegal betrieben werden. Unerheblich ist dabei, ob es sich um Betreiber großer Ladestationen wie EnBW, Allego oder auch Tesla7 handelt oder um mittelständische Unternehmen mit nur wenigen Ladesäulen. Die Gesetzesverstöße erstrecken sich über sämtliche getesteten Gemeinden sowie Bundesländer und sind weit verbreitet.8
Aktuell entspricht dabei nicht nur das Verwenden von Ladesäulen nicht den mess- und eich-rechtlichen Anforderungen, sondern bereits das Inverkehrbringen, was von der Landesregierung derweil in Kauf genommen wird.9 Auch eine gründliche Überprüfung des Ladesäulen-marktes durch den Landesbetrieb Mess- und Eichwesen NRW (LBME NRW), die gerade eine originäre Aufgabe wäre, findet nicht statt. Ebenso werden in diesem Zusammenhang keine Ordnungswidrigkeiten geahndet oder verfolgt, wie die Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie Mona Neubaur erläuterte.10
Während die Landesregierung bisher den Zustand einer nicht eichrechtskonformen Ladeinfrastruktur in NRW und die „Gefahr wirtschaftlicher Nachteile durch falsche Messwerte“11 für Verbraucher sowie die Situation eines unlauteren Ladesäulenmarktes duldet, hat das Bayerischen Landesamts für Maß und Gewicht mittlerweile reagiert. Spätestens seit Mitte Januar 2024 wird in Bayern das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme neuer nicht eichrechtskon-former AC-Ladesäulen im geschäftlichen Bereich durch die zuständigen Stellen geahndet.12
Die Antworten der Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie, Mona Neu-baur, auf die Mündlichen Anfragen bezüglich der Nicht-Eichrechtskonformität öffentlicher Ladesäulen in Nordrhein-Westfalen offenbaren eine bedenkliche Sorglosigkeit der Landesregierung gegenüber einem ernsten Verbraucherschutzproblem. Trotz direkter Anfragen und der Aufforderung, konkrete Zeitpläne und Maßnahmen zu benennen, bleibt die Ministerin vage und verweist auf einen unbestimmten Übergangszeitraum ohne feste Zielsetzung für die Erreichung einer flächendeckenden, eichrechtskonformen Ladeinfrastruktur.
Diese Haltung steht im krassen Gegensatz zu den ernsten Bedenken und der Unzufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger sowie der Marktakteure, die eine klare und verlässliche Regulierung erwarten. Die Landesregierung scheint die Tragweite der Problematik nicht vollständig zu erfassen und setzt damit das Vertrauen in eine faire und transparente Abrechnung öffentlicher Ladevorgänge aufs Spiel.
Die Aussage der Ministerin, dass „zum jetzigen Zeitpunkt“ keine Bußgelder für den Betrieb nicht eichrechtskonformer Ladesäulen vorgesehen sind, während für herkömmliche Diesel-und Benzinzapfsäulen klare Sanktionen existieren, unterstreicht die inkonsistente und nachlässige Regulierungspraxis. Es entsteht der Eindruck, dass die Elektromobilität einer Sonderbehandlung unterliegt, die weder im Interesse des Verbraucherschutzes noch im Sinne eines fairen Wettbewerbs gerechtfertigt ist.13
II. Der Landtag stellt daher fest:
- Das Mess- und Eichrecht schafft die Grundlage dafür, dass Messergebnisse korrekt angezeigt und abgerechnet werden.
- Die Einhaltung von eichrechtskonformen Ladevorgängen an öffentlichen Ladesäulen entspricht den Interessen der Verbraucher sowie dem freien lauteren Wettbewerb.
- Ideologische Motive genießen keinen Vorrang vor rechtswidrigen Verhältnissen.
- Die politisch veranlasste Duldung rechtswidriger Zustände untergräbt die Akzeptanz sowie das Vertrauen der Bürger in den Staat.
III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
- umgehend den weiteren rechtswidrigen Betrieb von nicht eichrechtskonformen Ladesäulen zu untersagen, um so eine Ladeinfrastruktur in Nordrhein-Westfalen herzustellen, die mit dem Mess- und Eichrecht im Einklang steht;
- sich auf allen Ebenen für eine Meldepflicht seitens der Betreiber nicht eichrechtskonfor-mer Ladesäulen gegenüber den Eichbehörden einzusetzen;
- unverzüglich klare und verbindliche Fristen für die vollständige Umsetzung der eich-rechtskonformen Ladeinfrastruktur in Nordrhein-Westfalen festzulegen;
- effektive Kontrollmechanismen einzuführen und angemessene Sanktionen für den Betrieb nicht konformer Ladesäulen durchzusetzen, um die Rechte der Verbraucher sowie die Integrität des Marktes zu schützen.
Christian Loose
Klaus Esser
Dr. Martin Vincentz
Andreas Keith
und Fraktion
1 Vgl. https://www.handelsblatt.com/mobilitaet/elektromobilitaet/elektromobilitaet-tausende-schnellladesaeu-len-in-deutschland-sind-noch-illegal-in-betrieb/27562014.html, zuletzt abgerufen am 26.03.2024 um 12:10 Uhr.
2 https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32014L0094, zuletzt abgerufen am 21.03.2024 um 09:00 Uhr.
3 https://www.gesetze-im-internet.de/messeg/, zuletzt abgerufen am 21.03.2024 um 09:10 Uhr.
4 https://www.gesetze-im-internet.de/messev/, zuletzt abgerufen am 21.03.2024 um 09:15 Uhr.
5 https://www.gesetze-im-internet.de/pangv_2022/BJNR492110021.html, zuletzt abgerufen am 21.03.2024 um 10:05 Uhr.
6 https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32023R1804, zuletzt abgerufen am 26.03.2024 um 08:30 Uhr.
7 Vgl. https://www.welt.de/wirtschaft/article240460783/Tesla-Motors-Ladestationen-verstossen-ge-gen-deutsches-Eichrecht.html, zuletzt abgerufen am 26.03.2024 um 14:15 Uhr.
8 Vgl. https://www.handelsblatt.com/mobilitaet/elektromobilitaet/elektromobilitaet-tausende-schnellla-desaeulen-in-deutschland-sind-noch-illegal-in-betrieb/27562014.html, zuletzt abgerufen am 26.03.2024 um 15:20 Uhr.
9 Vgl. Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1028 vom 6. Januar 2023 des Abgeordneten Christian Loose (AfD), Drucksache 18/3062, https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/doku-mentenarchiv/Dokument/MMD18-3062.pdf, zuletzt abgerufen am 26.03.2024 um 21:00 Uhr.
10 Vgl. Antwort auf die Mündliche Anfrage 42 des Abgeordneten Christian Loose (AfD), Plenarprotokoll 18/58 der 58. Sitzung des Landtags NRW am 20.03.2024, https://www.landtag.nrw.de/por-tal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMP18-58.pdf, zuletzt abgerufen am 26.03.2024 um 16:20 Uhr.
11 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1028 vom 6. Januar 2023 des Abgeordneten Christian Loose (AfD), Drucksache 18/3062, https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumen-tenarchiv/Dokument/MMD18-3062.pdf, zuletzt abgerufen am 26.03.2024 um 21:00 Uhr.
12 Vgl. https://www.lmg.bayern.de/fachinformationen/allgemein/e_mobilitat/index.html, zuletzt abgerufen am 26.03.2024 um 21:30 Uhr.
13 Vgl. Antwort auf die Mündliche Anfrage 42 des Abgeordneten Christian Loose (AfD), Plenarprotokoll 18/58 der 58. Sitzung des Landtags NRW am 20.03.2024, https://www.landtag.nrw.de/por-tal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMP18-58.pdf, zuletzt abgerufen am 26.03.2024 um 16:20 Uhr.