Kleine Anfrage 2134
der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD
50 zusätzliche Personalstellen für die soziale Beratung von Migranten in Notunterkünften
Wie aus einer Pressemitteilung des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hervorgeht, soll das Angebot der „sozialen Beratung von Flüchtlingen“, welches momentan auf die Erstaufnahmeeinrichtungen (EAE) und die Zentralen Unterbringungseinrichtungen (ZUE) beschränkt ist, auf die Notunterkünfte (NU) erweitert werden.
Geplant sind bis zu 29 Stellen in der Asylverfahrensberatung und 14 Stellen in der psychosozialen Erstberatung. Hinzu kommt für jede Notunterkunft eine halbe Stelle für die unabhängige Beschwerdeberatung, bei derzeit 14 Notunterkünften also folglich 7 weitere Planstellen. Daraus ergeben sich rechnerisch insgesamt 50 zusätzliche Planstellen.1 Bei einer konservativen Kalkulation mit 50.000 Euro je Personalstelle und Jahr ergibt sich eine zusätzliche finanzielle Belastung in Höhe von 2,5 Mio. Euro pro Jahr für den Steuerzahler.
Zur Begründung heißt es u.a.: „Nordrhein-Westfalen steht zu seiner humanitären Verantwortung, Menschen, die bei uns Zuflucht vor Krieg, Gewalt, Terror und Verfolgung suchen, Schutz zu gewähren. Diese Menschen haben oft eine traumatisierende Fluchterfahrung und benötigen soziale Beratung. […] Die Landesunterkünfte dienen damit als wichtiges Drehkreuz bei der Verteilung der Menschen, die zu uns fliehen.“2
Was bei diesen blumigen Umschreibungen – wie so oft – von Seiten der Ministerin unterschlagen wird, ist die Tatsache, dass die Menschen in der Regel über Österreich, Tschechien oder aktuell auch vermehrt über die Schweiz– allesamt sichere Drittstaaten – zumeist illegal nach Deutschland „einreisen“ (Stichwort: Sekundärmigration) und es Möglichkeiten gäbe, dies weitestgehend wirksam zu unterbinden.3
Die Ministerin hofft, dass möglichst viele Stellen in den Notunterkünften schnell besetzt werden können. Dabei appelliere sie „sowohl an die Träger der Freien Wohlfahrt als auch an sonstige gemeinnützige Organisationen, sich einzubringen und gemeinsam mit dem Land den Geflüchteten das Ankommen zu erleichtern.“ Es kann davon ausgegangen werden, dass die hier Angesprochenen diesem in idealistischer Prosa gehaltenen Aufruf wiederum gerne nachkommen werden.
Im Förderaufruf4 heißt es dann, dass alternativ auch eine befristete Aufstockung der Stellen in umliegenden regionalen Beratungsstellen in Betracht kommt, wenn von diesen eine Beratung von Bewohnerinnen von Notunterkünften sinnvoll angeboten werden kann. Die Anträge können im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel und unter Berücksichtigung der aktiven Kapazitäten in den Notunterkünften bewilligt werden.
Auffällig sind die teils sehr geringen Vertragslaufzeiten, die eine Sinnhaftigkeit zur Einrichtung der Stellen generell in Frage stellen. In 8 Notunterkünften ist ein Laufzeitende noch im laufenden Jahr vorgesehen.
Ich frage daher die Landesregierung:
- Mit welchen Personal- und Sachkosten sowie weiteren Kosten im Rahmen der Inbetriebnahme der Beratungsstellen kalkuliert die Landesregierung für die einzelnen Standorte der Notunterkünfte pro Jahr? (Bitte je Notunterkunft listen und bei einer Restlaufzeit unter einem Jahr die anteiligen Kosten angeben)
- Die Landesregierung spricht in ihrer Pressemitteilung auch von „Kriegsgeflüchteten“5 aus der Ukraine. Wie viele Ukrainer sind aktuell in den Notunterkünften des Landes untergebracht?
- Inwiefern wurde aus Gründen der Einsparung von Haushaltsmitteln überprüft, ob die in den Notunterkünften untergebrachten Personen bereits bestehende Einrichtungen zur sozialen Beratung mitnutzen können, u.a. auch kommunale Einrichtungen?
- Wie begründet die Landesregierung den Aufruf zur Antragstellung an die Träger der Freien Wohlfahrt sowie an sonstige gemeinnützige Organisationen in Fällen eines zeitnahen Laufzeitendes, teilweise noch im laufenden Jahr?
- Aus welchen Erwägungen heraus wird eine Anschlussförderung nach dem Laufzeitende der jeweiligen Notunterkunft nicht von vornherein vertraglich ausgeschlossen?
Enxhi Seli-Zacharias
1 Vgl. https:// www .land.nrw/pressemitteilung/soziale-beratung-fuer-gefluechtete-wird-ausgeweitet
2 Ebd.
4 Vgl. https:// www
.bra.nrw.de/system/files/media/document/file/0_foerderaufruf_notunterkuenfte_2023-2024.pdf
5 Wortschöpfung aus dem Original übernommen, Fußnote 1
Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 2134 mit Schreiben vom 16. August 2023 namens der Landesregierung beantwortet.
- Mit welchen Personal- und Sachkosten sowie weiteren Kosten im Rahmen der Inbetriebnahme der Beratungsstellen kalkuliert die Landesregierung für die einzelnen Standorte der Notunterkünfte pro Jahr? (Bitte je Notunterkunft listen und bei einer Restlaufzeit unter einem Jahr die anteiligen Kosten angeben)
Die Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur sozialen Beratung von Geflüchteten in Nordrhein-Westfalen enthalten Förderhöchstsätze pro Vollzeitäquivalent. Aus diesen in Verbindung mit den aus Sicht des Landes notwendigen personellen Ressourcen für eine angemessene Beratung ergeben sich die maximalen Ausgaben je Standort für den Zeitraum 1. Juli 2023- 30. Juni 2024 beziehungsweise 1. Juli 2023 bis zum voraussichtlichen Ende der Inbetriebnahme der Einrichtung:
Einrichtung | Maximales Fördervolumen in € |
Selm | 147.050,00 |
Herne | 147.050,00 |
Büren-Stöckerbusch | 113.400,00 |
Paderborn | 294.100,00 |
Schöppingen | 113.400,00 |
Haltern am See | 64.383,33 |
Dorsten II (Gerhart-Haupt-mann-Schule) | 245.083,33 |
Castrop-Rauxel | 312.747,92 |
Soest (Leichtbauhallen) | 130.225,00 |
Gütersloh | 113.400,00 |
Bielefeld (Musikerviertel) | 113.400,00 |
Marmagen | 245.083,33 |
Mülheim a.d. Ruhr | 260.450,00 |
Leverkusen Auermühle | 226.900,00 |
Die tatsächliche Dauer und der konkrete Umfang einer Förderung hängen dabei von den konkreten Förderanträgen ab, die an der Aufgabenwahrnehmung interessierte Träger stellen.
- Die Landesregierung spricht in ihrer Pressemitteilung auch von „Kriegsgeflüchteten“ aus der Ukraine. Wie viele Ukrainer sind aktuell in den Notunterkünften des Landes untergebracht?
Zum Stand 18.07.2023 sind 689 Geflüchtete aus der Ukraine in Notunterkünften des Landes untergebracht.
- Inwiefern wurde aus Gründen der Einsparung von Haushaltsmitteln überprüft, ob die in den Notunterkünften untergebrachten Personen bereits bestehende Einrichtungen zur sozialen Beratung mitnutzen können, u.a. auch kommunale Einrichtungen?
Im Vorfeld wurde geprüft, ob die umliegenden regionalen Beratungsstellen die Beratungsbedarfe der Notunterkünfte mit übernehmen können. Dies ist nicht der Fall, weshalb die Förderung zusätzlicher Beratungsangebote weiterverfolgt wurde.
- Wie begründet die Landesregierung den Aufruf zur Antragstellung an die Träger der Freien Wohlfahrt sowie an sonstige gemeinnützige Organisationen in Fällen eines zeitnahen Laufzeitendes, teilweise noch im laufenden Jahr?
Auch Geflüchtete, die in einer Notunterkunft mit nur noch kurzer Laufzeit untergebracht sind, haben einen Beratungsbedarf. Das MKJFGFI prüft zudem derzeit gemeinsam mit den Bezirksregierungen, ob und für welche Notunterkünfte Mietverträge verlängert werden können und somit eine Nutzung über das aktuelle Laufzeitende möglich ist. Auch deshalb war es angebracht, alle Notunterkünfte in den Förderaufruf einzubeziehen.
- Aus welchen Erwägungen heraus wird eine Anschlussförderung nach dem Laufzeitende der jeweiligen Notunterkunft nicht von vornherein vertraglich ausgeschlossen?
Mit Bewilligungsbescheid zur Förderung ergeht die Mitteilung, dass auf eine Anschlussförderung nicht geschlossen werden kann. Ein Vertragsabschluss erfolgt nicht.