50 zusätzliche Personalstellen für die soziale Beratung von Migranten in Notunterkünften

Kleine Anfrage
vom 19.07.2023

Kleine Anfrage 2134

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD

50 zusätzliche Personalstellen für die soziale Beratung von Migranten in Notunterkünften

Wie aus einer Pressemitteilung des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hervorgeht, soll das Angebot der „sozialen Beratung von Flüchtlingen“, welches momentan auf die Erstaufnahmeeinrichtungen (EAE) und die Zentralen Unterbringungseinrichtungen (ZUE) beschränkt ist, auf die Notunterkünfte (NU) erweitert werden.

Geplant sind bis zu 29 Stellen in der Asylverfahrensberatung und 14 Stellen in der psychosozialen Erstberatung. Hinzu kommt für jede Notunterkunft eine halbe Stelle für die unabhängige Beschwerdeberatung, bei derzeit 14 Notunterkünften also folglich 7 weitere Planstellen. Daraus ergeben sich rechnerisch insgesamt 50 zusätzliche Planstellen.1 Bei einer konservativen Kalkulation mit 50.000 Euro je Personalstelle und Jahr ergibt sich eine zusätzliche finanzielle Belastung in Höhe von 2,5 Mio. Euro pro Jahr für den Steuerzahler.

Zur Begründung heißt es u.a.: „Nordrhein-Westfalen steht zu seiner humanitären Verantwortung, Menschen, die bei uns Zuflucht vor Krieg, Gewalt, Terror und Verfolgung suchen, Schutz zu gewähren. Diese Menschen haben oft eine traumatisierende Fluchterfahrung und benötigen soziale Beratung. […] Die Landesunterkünfte dienen damit als wichtiges Drehkreuz bei der Verteilung der Menschen, die zu uns fliehen.“2

Was bei diesen blumigen Umschreibungen – wie so oft – von Seiten der Ministerin unterschlagen wird, ist die Tatsache, dass die Menschen in der Regel über Österreich, Tschechien oder aktuell auch vermehrt über die Schweiz– allesamt sichere Drittstaaten – zumeist illegal nach Deutschland „einreisen“ (Stichwort: Sekundärmigration) und es Möglichkeiten gäbe, dies weitestgehend wirksam zu unterbinden.3

Die Ministerin hofft, dass möglichst viele Stellen in den Notunterkünften schnell besetzt werden können. Dabei appelliere sie „sowohl an die Träger der Freien Wohlfahrt als auch an sonstige gemeinnützige Organisationen, sich einzubringen und gemeinsam mit dem Land den Geflüchteten das Ankommen zu erleichtern.“ Es kann davon ausgegangen werden, dass die hier Angesprochenen diesem in idealistischer Prosa gehaltenen Aufruf wiederum gerne nachkommen werden.

Im Förderaufruf4 heißt es dann, dass alternativ auch eine befristete Aufstockung der Stellen in umliegenden regionalen Beratungsstellen in Betracht kommt, wenn von diesen eine Beratung von Bewohnerinnen von Notunterkünften sinnvoll angeboten werden kann. Die Anträge können im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel und unter Berücksichtigung der aktiven Kapazitäten in den Notunterkünften bewilligt werden.

Auffällig sind die teils sehr geringen Vertragslaufzeiten, die eine Sinnhaftigkeit zur Einrichtung der Stellen generell in Frage stellen. In 8 Notunterkünften ist ein Laufzeitende noch im laufenden Jahr vorgesehen.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Mit welchen Personal- und Sachkosten sowie weiteren Kosten im Rahmen der Inbetriebnahme der Beratungsstellen kalkuliert die Landesregierung für die einzelnen Standorte der Notunterkünfte pro Jahr? (Bitte je Notunterkunft listen und bei einer Restlaufzeit unter einem Jahr die anteiligen Kosten angeben)
  2. Die Landesregierung spricht in ihrer Pressemitteilung auch von „Kriegsgeflüchteten“5 aus der Ukraine. Wie viele Ukrainer sind aktuell in den Notunterkünften des Landes untergebracht?
  3. Inwiefern wurde aus Gründen der Einsparung von Haushaltsmitteln überprüft, ob die in den Notunterkünften untergebrachten Personen bereits bestehende Einrichtungen zur sozialen Beratung mitnutzen können, u.a. auch kommunale Einrichtungen?
  4. Wie begründet die Landesregierung den Aufruf zur Antragstellung an die Träger der Freien Wohlfahrt sowie an sonstige gemeinnützige Organisationen in Fällen eines zeitnahen Laufzeitendes, teilweise noch im laufenden Jahr?
  5. Aus welchen Erwägungen heraus wird eine Anschlussförderung nach dem Laufzeitende der jeweiligen Notunterkunft nicht von vornherein vertraglich ausgeschlossen?

Enxhi Seli-Zacharias

 

Anfrage als PDF

 

1 Vgl. https:// www .land.nrw/pressemitteilung/soziale-beratung-fuer-gefluechtete-wird-ausgeweitet

2 Ebd.

3 Vgl. https:// www .dpolg-bundespolizei.de/aktuelles/news/wir-stecken-mittendrin-in-der-naechsten-fluechtlingskrise/

4 Vgl. https:// www

.bra.nrw.de/system/files/media/document/file/0_foerderaufruf_notunterkuenfte_2023-2024.pdf

5 Wortschöpfung aus dem Original übernommen, Fußnote 1


Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 2134 mit Schreiben vom 16. August 2023 namens der Landesregierung beant­wortet.

  1. Mit welchen Personal- und Sachkosten sowie weiteren Kosten im Rahmen der Inbetriebnahme der Beratungsstellen kalkuliert die Landesregierung für die einzel­nen Standorte der Notunterkünfte pro Jahr? (Bitte je Notunterkunft listen und bei einer Restlaufzeit unter einem Jahr die anteiligen Kosten angeben)

Die Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur sozialen Beratung von Geflüchteten in Nordrhein-Westfalen enthalten Förderhöchstsätze pro Vollzeitäquivalent. Aus diesen in Ver­bindung mit den aus Sicht des Landes notwendigen personellen Ressourcen für eine ange­messene Beratung ergeben sich die maximalen Ausgaben je Standort für den Zeitraum 1. Juli 2023- 30. Juni 2024 beziehungsweise 1. Juli 2023 bis zum voraussichtlichen Ende der Inbe­triebnahme der Einrichtung:

Einrichtung Maximales Fördervolumen
in €
Selm 147.050,00
Herne 147.050,00
Büren-Stöckerbusch 113.400,00
Paderborn 294.100,00
Schöppingen 113.400,00
Haltern am See 64.383,33
Dorsten II (Gerhart-Haupt-mann-Schule) 245.083,33
Castrop-Rauxel 312.747,92
Soest (Leichtbauhallen) 130.225,00
Gütersloh 113.400,00
Bielefeld (Musikerviertel) 113.400,00
Marmagen 245.083,33
Mülheim a.d. Ruhr 260.450,00
Leverkusen Auermühle 226.900,00

 

Die tatsächliche Dauer und der konkrete Umfang einer Förderung hängen dabei von den kon­kreten Förderanträgen ab, die an der Aufgabenwahrnehmung interessierte Träger stellen.

  1. Die Landesregierung spricht in ihrer Pressemitteilung auch von „Kriegsgeflüchte­ten“ aus der Ukraine. Wie viele Ukrainer sind aktuell in den Notunterkünften des Landes untergebracht?

Zum Stand 18.07.2023 sind 689 Geflüchtete aus der Ukraine in Notunterkünften des Landes untergebracht.

  1. Inwiefern wurde aus Gründen der Einsparung von Haushaltsmitteln überprüft, ob die in den Notunterkünften untergebrachten Personen bereits bestehende Einrich­tungen zur sozialen Beratung mitnutzen können, u.a. auch kommunale Einrichtun­gen?

Im Vorfeld wurde geprüft, ob die umliegenden regionalen Beratungsstellen die Beratungsbe­darfe der Notunterkünfte mit übernehmen können. Dies ist nicht der Fall, weshalb die Förde­rung zusätzlicher Beratungsangebote weiterverfolgt wurde.

  1. Wie begründet die Landesregierung den Aufruf zur Antragstellung an die Träger der Freien Wohlfahrt sowie an sonstige gemeinnützige Organisationen in Fällen eines zeitnahen Laufzeitendes, teilweise noch im laufenden Jahr?

Auch Geflüchtete, die in einer Notunterkunft mit nur noch kurzer Laufzeit untergebracht sind, haben einen Beratungsbedarf. Das MKJFGFI prüft zudem derzeit gemeinsam mit den Bezirks­regierungen, ob und für welche Notunterkünfte Mietverträge verlängert werden können und somit eine Nutzung über das aktuelle Laufzeitende möglich ist. Auch deshalb war es ange­bracht, alle Notunterkünfte in den Förderaufruf einzubeziehen.

  1. Aus welchen Erwägungen heraus wird eine Anschlussförderung nach dem Lauf­zeitende der jeweiligen Notunterkunft nicht von vornherein vertraglich ausge­schlossen?

Mit Bewilligungsbescheid zur Förderung ergeht die Mitteilung, dass auf eine Anschlussförde­rung nicht geschlossen werden kann. Ein Vertragsabschluss erfolgt nicht.

 

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