Kleine Anfrage 3823
der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias und Markus Wagner AfD
6.650 Korruptionsstraftaten durch Amtsträger in NRW – Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung zur Parteizugehörigkeit der Personen vor?
Wie aus dem aktuellen Lagebild Korruption des LKA1 hervorgeht, wurden in den Jahren 2018 bis 2022 allein in NRW insgesamt 6.650 Korruptionsstraftaten durch Amtsträger verzeichnet. Im Einzelnen handelt es sich dabei um folgende Straftatbestände:
- 331 StGB Vorteilsnahme: 101 Fälle
- 332 StGB Bestechlichkeit: 1.821 Fälle
- 334 StGB Bestechung: 1.338 Fälle
- 335 StGB Besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung: 2.502 Fälle
Leider gibt das Lagebild des LKA keine Auskunft über eine mögliche Parteizugehörigkeit der Tatverdächtigen. Diese Informationen lassen sich in der Regel nur in prominenten Einzelfällen der Presse entnehmen.
Im aktuellen Schleuserskandal2 gehören beispielsweise u.a. ein hoher SPD-Funktionär aus Düren3 sowie ein ehemaliger Landrat der CDU aus dem Rhein-Erft-Kreis4 zu den Tatverdächtigen.
Wir fragen daher die Landesregierung:
- Wie viele Amtsträger bzw. Tatverdächtige stecken hinter den im LKA Lagebild Korruption oben für die Jahre 2018 bis 2022 aufgeführten insgesamt 6.650 Korruptionsstraftaten?
- Wie viele Amtsträger wurden in den Jahren 2018 bis 2022 aufgrund einer der oben aufgeführten Straftatbestände verurteilt?
- Inwiefern wird eine möglicherweise vorhandene Parteizugehörigkeit der beschuldigten bzw. verurteilten Amtsträger ermittelt und statistisch festgehalten?
- Welche Kenntnisse zur Parteizugehörigkeiten der verurteilten Amtsträger liegen der Landesregierung vor? (Bitte möglichst differenziert nach Partei und Anzahl der verurteilten Amtsträger listen)
- Welche Kenntnisse bezüglich der konkret betroffenen Behörden liegen der Landesregierung vor? (Bitte möglichst differenziert nach Art der Behörde, z. B. Ausländerbehörde, Bauordnungsamt etc., und Anzahl der verurteilten Amtsträger listen)
Enxhi Seli-Zacharias
Markus Wagner
1 Vgl. https://polizei.nrw/sites/default/files/2023-12/2023-10-24-lb-korruption.pdf
2 Vgl. Aktuelle Stunde vom 25.04.2024
https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD18-8986.pdf
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 3823 mit Schreiben vom 2, August 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.
- Wie viele Amtsträger bzw. Tatverdächtige stecken hinter den im LKA Lagebild Korruption oben für die Jahre 2018 bis 2022 aufgeführten insgesamt 6.650 Korruptionsstraftaten?
Die Summe der 6.650 seit 2018 bis zum Ende des Jahres 2022 im Korruptionslagebild des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen abgebildeten Straftaten im Amt setzt sich aus fünf unterschiedlichen Straftatbeständen (§§ 331 – 335 StGB) zusammen:
Die Vorteilsgewährung (§ 333 StGB) und die Bestechung (§ 334 StGB) sind sogenannte Jedermann-Delikte, die in der Regel nicht durch Amtsträger, sondern gegenüber Amtsträgern verübt werden, wohingegen die Vorteilsannahme (§ 331 StGB) sowie die Bestechlichkeit (§ 332 StGB) nur durch Amtsträger verübt werden können. Der § 335 StGB normiert besonders schwere Fälle der §§ 332 und 334 StGB.
Für die Jahre 2018 bis 2022 wurden 1.005 tatverdächtige Amtsträger festgestellt, wobei zu berücksichtigen ist, dass durch eine tatverdächtige, amtstragende Person häufig mehrere Korruptionsstraftaten verübt werden. 137 statistisch erfasste Amtsträger haben im Berichtszeitraum einen angebotenen Vorteil nicht angenommen.
Die Gesamtzahl aller Tatverdächtigen zu den oben aufgeführten Delikten beläuft sich auf 1.823.
- Wie viele Amtsträger wurden in den Jahren 2018 bis 2022 aufgrund einer der oben aufgeführten Straftatbestände verurteilt?
In der nachfolgenden Tabelle ist die Anzahl der verurteilten Amtsträgerinnen und Amtsträger bzw. der für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten wegen Vorteilsnahme (§ 331 StGB), Bestechlichkeit (§ 332 StGB) und besonders schwerer Fälle der Bestechlichkeit (§ 335 Abs. 1 Nr. 1 a), Nr. 2 StGB) für die Jahre 2018-2022 dargestellt:
Tabelle 1 – Anzahl Verurteilten gemäß
§331 StGB (Vorteilsan- nahme) | § 332 StGB (Bestech- lichkeit) | § 335 Abs.1 Nr.1a StGB (Besonders schwerer Fall der Bestechlichkeit) | § 335 Abs. 1 Nr. 2 StGB (Besonders schwerer Fall der Bestechlichkeit) | |
2018 | 0 | 3 | 2 | 0 |
2019 | 0 | 1 | 0 | 0 |
2020 | 0 | 5 | 0 | 0 |
2021 | 0 | 3 | 1 | 0 |
2022 | 1 | 1 | 0 | 0 |
Da es sich bei der Bestechung nicht um ein Amtsdelikt handelt und in der Strafverfolgungsstatistik der Beruf der verurteilten Person nicht erfasst wird, liegen dem Ministerium der Justiz keine statistischen Daten zu der Anzahl von Amtsträgerinnen oder Amtsträgern oder der für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten vor, die wegen Bestechung (§ 334 StGB) oder einem besonders schweren Fall der Bestechung (§ 335 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) StGB) verurteilt wurden. Dazu wäre eine händische Auswertung alle infrage kommenden Verfahrensakten notwendig, die in der für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht zu leisten ist.
- Inwiefern wird eine möglicherweise vorhandene Parteizugehörigkeit der beschuldigten bzw. verurteilten Amtsträger ermittelt und statistisch festgehalten?
Im Geschäftsbereich des Ministeriums der Justiz werden Daten im Sinne der Fragestellung statistisch nicht erhoben.
Der Umfang der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen ist einzelfallabhängig, wobei die Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) regelhafte Vorgaben zur Feststellung der persönlichen Verhältnisse und der Aufklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten sowie der für die Bestimmung der Rechtsfolgen der Tat bedeutsamen Umstände enthalten.
Für den Geschäftsbereich des Ministeriums des Innern gilt, dass die statistische Erfassung der Straftaten im Amt bundesweit einheitlich geregelt ist. Datenquelle zur Beantwortung der Fragen ist der Kriminalpolizeiliche Meldedienst – hier die Richtlinie für den Nachrichtenaustausch bei Korruptionsdelikten. Die Erfassung möglicherweise vorhandener Parteizugehörig-keiten von tatverdächtigen Personen ist dabei grundsätzlich nicht vorgesehen.
- Welche Kenntnisse zur Parteizugehörigkeit der verurteilten Amtsträger liegen der Landesregierung vor? (Bitte möglichst differenziert nach Partei und Anzahl der verurteilten Amtsträger listen)
Der Landesregierung liegen Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung nicht vor.
- Welche Kenntnisse bezüglich der konkret betroffenen Behörden liegen der Landesregierung vor? (Bitte möglichst differenziert nach Art der Behörde, z. B. Ausländerbehörde, Bauordnungsamt etc., und Anzahl der verurteilten Amtsträger listen)
Zur Erhebung der konkret betroffenen Behörden wäre eine händische Auswertung aller in Frage kommenden polizeilichen Ermittlungsvorgänge notwendig. Dies ist mit vertretbarem Verwaltungsaufwand in der für die Bearbeitung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu leisten.