93 Prozent für Abschiebungen nach Afghanistan – Wie positioniert sich die Landesregierung?

Kleine Anfrage
vom 28.08.2024

Kleine Anfrage 4333

der Abgeordneten Markus Wagner und Enxhi Seli-Zacharias AfD

93 Prozent für Abschiebungen nach Afghanistan Wie positioniert sich die Landesregierung?

Nach dem brutalen Messerangriff in Mannheim, bei dem ein Polizist von einem Afghanen ermordet wurde, hat die Debatte um Abschiebungen wieder an Fahrt aufgenommen. Sogar Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach sich zuletzt für Ausweisungen von Schwerstkriminellen nach Afghanistan aus. Innerhalb der Bevölkerung liegt der Zusprach, nach Afghanistan abzuschieben, bei fast 100 Prozent. Aus einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa für die Bild-Zeitung geht eindeutig hervor, dass 93 Prozent der Deutschen sich für Abschiebungen nach Afghanistan aussprechen. Nur drei Prozent sind gegen Ausweisungen. Darüber hinaus sprechen sich 52 Prozent der Deutschen dafür aus, dass alle Asylbewerber, deren Antrag auf Asyl abgelehnt wurde, nach Afghanistan zurückgeführt werden.1

Offiziell hat Deutschland seit der Machtübernahme der Taliban 2021 einen Abschiebestopp für Afghanen durchgesetzt. Insbesondere Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) spricht sich dafür aus, keine Zusammenarbeit mit den Taliban zu betreiben und Abschiebungen durchzusetzen.2

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Wie viele ISPK-Mitglieder bzw. Personen, die in Verbindung mit dem ISPK stehen, halten sich nach derzeitigem Kenntnisstand in NRW auf?
  2. Wie viele der in Frage 1 erfragten Personen werden als Gefährder eingestuft?
  3. Wie viele als Gefährder eingestufte Mitglieder bzw. Kontaktpersonen anderer Terrororganisationen befinden sich derzeit in NRW?
  4. Wie hoch schätzt die Landesregierung die Gefahr von potentiellen Terroranschlägen insbesondere durch Terroristen der ISPK in NRW ein?
  5. Wie steht die Landesregierung zu Abschiebungen von Gefährdern, Illegalen und Kriminellen nach Afghanistan?

Markus Wagner

Enxhi Seli-Zacharias

 

MMD18-10421

 

1 Vgl. https://www.nius.de/gesellschaft/eindeutige-umfrage-93-prozent-sprechen-sich-fuer-abschiebungen-nach-afghanistan-aus/664a4525-aaeb-4859-b634-a1fc7f77882e.

2 Ebenda.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 4333 mit Schreiben vom 2. Oktober 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration beantwortet.

  1. Wie viele ISPK-Mitglieder bzw. Personen, die in Verbindung mit dem ISPK stehen, halten sich nach derzeitigem Kenntnisstand in NRW auf?

Der sogenannte Islamische Staat – Provinz Khorasan (ISPK) ist eine regionale Untergruppie­rung des sogenannten Islamischen Staates (IS), dessen Hauptwirkungsgebiet in Afghanistan und Pakistan liegt. Der IS und damit auch der ISPK vertreten weiterhin die Strategie des „globalen Jihad“. Dieser findet seinen ideologischen Unterbau im extremistischen Salafismus. In Nordrhein-Westfalen werden insgesamt rund 600 gewaltbereite Salafisten gezählt, unter denen sich auch Unterstützer des IS befinden. Eine abschließende systematische Erfassung der Gesamtzahl aller Personen in Nordrhein-Westfalen mit Bezügen zum IS sowie seinen re­gionalen Ablegern erfolgt nicht, sodass eine Beantwortung im Sinne der Fragestellung nicht möglich ist.

  1. Wie viele der in Frage 1 erfragten Personen werden als Gefährder eingestuft?

Eine Beantwortung im Sinne der Fragestellung ist nicht möglich, da es an einer entsprechen­den Bezugsgröße aus der Beantwortung der Frage 1 fehlt.

  1. Wie viele als Gefährder eingestufte Mitglieder bzw. Kontaktpersonen anderer Ter­rororganisationen befinden sich derzeit in NRW?

Eine Beantwortung im Sinne der Fragestellung ist nicht möglich, da keine entsprechende sta­tistische Erhebung erfolgt.

  1. Wie hoch schätzt die Landesregierung die Gefahr von potentiellen Terroranschlä­gen insbesondere durch Terroristen der ISPK in NRW ein?

In der jüngeren Vergangenheit und nicht zuletzt durch die Auswirkungen des Nahostkonflikts ist die vom islamistischen Terrorismus ausgehende Gefahr weiter angestiegen. Europa, Deutschland und damit auch Nordrhein-Westfalen befinden sich weiterhin im Zielspektrum des IS und seinen Untergruppierungen, wie z. B. dem ISPK.

Auch wenn die gesamte Bandbreite terroristischer Tatbegehungsweisen einzukalkulieren ist, geht besonders von jihadistisch motivierten, allein handelnden Personen mit einfach zu be­schaffenden Tatmitteln ein besonderes Gefahrenpotential aus.

Die weit verbreitete Propaganda des IS und auch des ISPK zielt darauf ab, solche Personen zur Tat zu motivieren sowie bezüglich der Auswahl von Vorgehensweise und Ziel zu unterstüt­zen.

Der terroristische Anschlag in Solingen am 23. August 2024, einhergehend mit dem Bekennt­nis des IS, könnte grundsätzlich zumindest temporär motivierend und mobilisierend auf jiha-distisch eingestellte, tatgeneigte Personen wirken und gegebenenfalls zu einem spontanen Entschluss beitragen, einen niedrigschwelligen Anschlagsversuch durchzuführen.

Das abstrakte Gefährdungsniveau ist anhaltend hoch.

  1. Wie steht die Landesregierung zu Abschiebungen von Gefährdern, Illegalen und Kriminellen nach Afghanistan?

Die Rückführung von Straftätern und Gefährdern hat für die Landesregierung Priorität.

 

MMD18-10913