Antragder AfD-Fraktion vom 12.02.2019
Altersarmut – Dunkelfeld erschließen, tatsächliche Bedarfe ermitteln!
I. Ausgangslage
Die Bürger von NRW sind laut diverser Berichte besonders stark von Altersarmut betroffen. Eine Kehrtwende dieses Trends ist nicht in Sicht. So stellt die Bundesregierung in einer Antwort auf eine kleine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion fest, dass die Gefahr, in Altersarmut abzurutschen, in NRW stärker zugenommen hat als im Bundesdurchschnitt. So ist in den Jahren von 2005 bis 2016 die sogenannte Armutsrisiko-Quote in NRW von 9,7 auf 15,8 Prozent der Bevölkerung über 65 Jahre gestiegen.1
Die Armutsrisiko-Quote zeigt den Anteil derer auf, die ein Einkommen von weniger als 60 Prozent des Durchschnitts haben. Das Bundesarbeitsministerium weist darauf hin, dass die Quote keine Informationen über die individuelle Hilfebedürftigkeit der älteren Bevölkerung liefere.2 Weiter bleibt unberücksichtigt, falls zwei Rentner – wie häufig üblich – miteinander verheiratet eine Haushaltsgemeinschaft bilden und somit das Haushaltseinkommen deutlich von der Rente des Einzelnen abweicht. Nicht erfasst wird ebenfalls, wenn die Personen überwiegend in anderen Systemen altersversichert sind (z.B. Versorgungswerke oder private Altersvorsorge) und gleichzeitig sehr niedrige Rentenbeträge aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen.3
Laut Antwort der Landesregierung NRW auf die Kleine Anfrage 1799 vom 04.12.2018 müssten alle Einkommensquellen berücksichtigt werden, um festzustellen, ob Menschen ober- oder unterhalb des Existenzminimums leben. Neben der gesetzlichen Rente müssten beispielsweise auch Einkommen aus betrieblicher und privater Altersvorsorge, Erwerbseinkommen oder Kapitalerträge sowie das Einkommen der anderen Mitglieder der Einstandsgemeinschaft berücksichtigt werden. Eine derart umfassende statistische Erhebung liegt jedoch nicht vor.4
In den Jahren von 2010 bis 2015 sind in NRW diejenigen, die im Alter und bei Erwerbsminderungsrente auf staatliche Grundsicherung angewiesen sind, um rund ein Drittel auf 4,1 Prozent gestiegen. Im Jahr 2016 mussten in NRW knapp 146.000 Senioren Sozialhilfe beantragen, weil ihre Rente zum Lebensunterhalt nicht reichte. 2010 waren es dagegen mit gut 112.000 noch 34.000 weniger.5
Bundesweit wächst die Anzahl von Armut betroffener Personen ab 65 Jahren kontinuierlich. Seit der Einführung der Grundsicherung im Alter nach SGB XII im Jahr 2003 hat sich die Zahl nach zehn Jahren fast verdoppelt. Die Dunkelziffer wird sehr viel höher geschätzt, denn es gibt ausreichend Hinweise, dass nicht alle älteren Menschen beispielsweise aus Stolz und Informationsmangel den Anspruch auf Grundsicherung tatsächlich wahrnehmen.6
Der Finanzmathematiker Werner Siepe sieht in den nächsten sieben Jahren für die positive Rentenentwicklung nur ein momentanes Zwischenhoch bedingt durch den Job-Boom. Eine Absenkung des Rentenniveaus nach diesen Jahren sei unausweichlich, da die sogenannte Babyboomer-Generation dann in den Ruhestand geht. Dies wird eine enorme zusätzliche Belastung für die Rentenkassen darstellen. Mit der Aussicht, dass 2050 rund die Hälfte aller Renten auf Grundsicherungsniveau angehoben werden müssten und somit das Rentenniveau voraussichtlich auf unter 40 Prozent sinkt, ist eine umfassende Darstellung der tatsächlichen finanziellen Situation der Rentner notwendig. Sie stellt eine Grundvoraussetzung für zukünftige politische Entscheidungen dar7. Die aktuelle Diskussion um dubiose Vorschläge zur Bekämpfung der Altersarmut wie beispielsweise die „Grundrente“ von Herrn Hubertus Heil, zeigt auf, dass die Erforschung des Dunkelfeldes Altersarmut zwingend notwendig ist.8
II. Der Landtag stellt fest:
1. Die Bürger Nordrhein-Westfalens sind besonders hart von Altersarmut betroffen und eine Besserung ist nicht in Sicht.
2. Eine genaue Erhebung, wie viele Rentner in NRW tatsächlich unter dem Grundsicherungsniveau leben, existiert nicht.
3. Die bundesweite Entwicklung und die Entwicklung in NRW zeigen auf, dass in Zukunft noch mehr Menschen von Altersarmut betroffen sein werden.
4. Zur Findung zukünftiger Maßnahmen ist eine genaue Erhebung der Altersarmut in NRW unausweichlich.
5. Da NRW besonders stark betroffen ist, sollte das Land NRW eine Vorreiter-Rolle in Bezug auf die Erforschung von Altersarmut einnehmen.
III. Der Landtag beauftragt die Landesregierung,
1. Eine umfassende Erhebung von tatsächlicher Altersarmut einzuführen.
2. Sorge dafür zu tragen, dass die Daten größtmöglich anonym erhoben und entsprechend geschützt werden.
3. Dem Landtag werden einmal je Legislaturperiode die Ergebnisse der Erhebung in Form eines Berichts zur Verfügung gestellt.
Iris Dworeck-Danielowski
Markus Wagner
Andreas Keith
und Fraktion
4 Antwort der Kleinen Anfrage 1799 Dokumentennummer 17/4738