Antragder AfD-Fraktion vom 03.11.2020
Arbeitslosigkeit – was ist der Landesregierung ein erneuter Lockdown wert?
I. Ausgangslage
Nach dem neu beschlossenen Maßnahmenpaket von Bund und Ländern hat sich das NRW-Kabinett am Donnerstag beraten. Ministerpräsident Armin Laschet will die neuen Maßnahmen uneingeschränkt in die bestehende Coronaschutzverordnung des Landes übernehmen und hat den Landtag in einer Sondersitzung am Freitag über die Maßnahmen informiert. Zu den Maßnahmen zählen erneut die Schließung von Restaurants, Gaststätten, Imbissen, Kneipen, Cafés und anderen gastronomischen Einrichtungen wie auch die Einstellung diverser Dienstleistungen, wie Gesichtsbehandlung, Kosmetik, Nagelstudios, Maniküre, Massage, Tätowieren und Piercen. Somit sind wiederum in besonderem Maße die Branchen betroffen, welche überproportional stark von der ersten Welle und den daraus resultierenden Maßnahmen betroffen waren. Viele Betriebe mussten Kurzarbeit anmelden und Nordrhein-Westfalen ist geschwächt aus dieser Krise hervorgegangen, was sich insbesondere an der gestiegenen Arbeitslosenquote festmachen lässt.
Zwar ist die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ungeachtet steigender Corona-Infektionszahlen im Oktober etwas zurückgegangen. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit vom 29.10.2020 waren im Oktober 2,76 Millionen Menschen arbeitslos, 87.000 weniger als noch im September. Prozentual gesehen ist das ein Rückgang um 0,2 Prozentpunkte, der auch saisonbedingt ist. Gegenüber dem Vorjahresmonat ist die Zahl der Erwerbslosen aber um gut eine halbe Million gewachsen. Die Oktober-Statistik bildet jedoch bisher nicht die möglichen Auswirkungen der rasant gestiegenen Corona-Infektionszahlen von Mitte Oktober an ab. Der Stichtag für die Datenerhebung der Bundesagentur liegt jeweils etwa Mitte des Monats, der starke Anstieg des Infektionsgeschehens setzte großteils erst danach ein.
Der Arbeitsmarkt in Nordrhein-Westfalen hat sich nach dem ersten Lockdown noch nicht wieder erholt, da kündigt die Landesregierung bereits die nächsten Einschränkungen ab November an. In allen Arbeitsmarktregionen in Nordrhein-Westfalen stieg im Zuge des Lockdowns die Arbeitslosigkeit unter dem Eindruck der Corona-Auswirkungen und der Sommerpause am Arbeitsmarkt.1 Im Oktober 2020 betrug die Arbeitslosenquote in Nordrhein-Westfalen 7,7 Prozent, im März lag sie noch bei 6,7 Prozent. Deutschlandweit lag die Quote zum betrachteten Zeitpunkt durchschnittlich bei 6,0 Prozent.
Die von der Landesregierung im Zuge des Lockdowns beschlossenen Schließungen könnten mehr als 100 000 Arbeitsplätze kosten, ohne dass hier eine Notwendigkeit für sie absehbar wäre, denn ein Kausalzusammenhang zwischen den steigenden Infektionszahlen und der Öffnung der Wirtschaft besteht nicht. Denn es sind eben nicht die Gastronomie oder Dienstleistungsbetriebe, welche gut ausgearbeitete Hygienekonzepte vorlegen können, welche zur unkontrollierten Ausbreitung des Virus beitragen. Es sind insbesondere private Feiern und persönliche Einstellungen eines jeden Individuums zum Umgang mit der Pandemie, welche ursächlich für die steigenden Fallzahlen sind.
Hier hat es die Landesregierung verpasst, die Bevölkerung zu sensibilisieren, was insbesondere an einer willkürlich anmutenden Verhängung von Maßnahmen liegt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist die sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ableitende übergreifende Leitregel allen staatlichen Handelns das Übermaßverbot, welches besagt, dass staatliche Eingriffe in den Rechtskreis der Bürger nur dann rechtmäßig sind, wenn sie geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sind. Mangels einer validen Datenbasis ist eben dieser Grundsatz der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit in besonderem Maße in Frage gestellt, da kein Zusammenhang des Infektionsgeschehens mit der Öffnung der Gastronomie und Dienstleistungsbranchen erkennbar ist. In diesem Zusammenhang sei die Landesregierung aufgefordert weiteren Schaden von der Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen abzuwenden, auf der Basis valider Datenlagen strukturell sinnvolle Maßnahmen zu verhängen und den Lockdown in seiner vorliegenden Form auszusetzen.
II. Der Landtag stellt fest, dass
- ein erneuter Lockdown 100.000 Arbeitsplätze kosten könnte;
- durch die Corona-Pandemie 18.000 Unternehmensinsolvenzen 2020 und 2021 bevorstehen.
- die in der Coronaschutzverordnung getroffenen Maßnahmen in Ihrer Eigenschaft nicht differenziert genug sind um einen Einfluss auf das tatsächliche Infektionsgeschehen zu nehmen;
- sich die in der Coronaschutzverordnung getroffenen Maßnahmen nicht an dem tatsächlichen Infektionsgeschehen der vergangenen Monate orientieren;
- die getroffenen Maßnahmen sich an keiner validen Datenbasis zum Infektionsgeschehen orientieren und demzufolge keine Eindämmung der Infiziertenzahlen erwarten lassen.
III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
- unabhängig prüfen zu lassen, inwieweit die Maßnahmen der Coronaschutzverordnung sich als geeignet, erforderlich und verhältnismäßig darstellen;
- eine valide Datenbasis zu erstellen, um die wahren Hot Spots ausfindig zu machen und zu evaluieren, inwieweit die durch die Coronaschutzverordnung betroffenen Branchen zu ihnen gehören;
- die Coronaschutzverordnung dahingehend abzuändern, dass sie strukturell sinnvolle Maßnahmen enthält, welche auf das tatsächliche Infektionsgeschehen reagieren und nicht präventiv die gesamte Wirtschaft stillstehen lassen.
Dr. Martin Vincentz
Markus Wagner
Andreas Keith
und Fraktion