Arbeitsplatzmotor für NRW – Stärkung der deutschen Verkehrsflughäfen und Flugge­sellschaften – Bundesratsinitiative zur Abschaffung der Luftverkehrsteuer

Antrag
vom 07.06.2018

Antragder AfD-Fraktion vom 05.06.2018

 

Arbeitsplatzmotor für NRW – Stärkung der deutschen Verkehrsflughäfen und Flugge­sellschaften – Bundesratsinitiative zur Abschaffung der Luftverkehrsteuer

I. Ausgangslage

Im Jahr 2017 betrugen die Steuereinahmen aus der Luftverkehrsteuer ca. 1,1 Milliarde Euro.1 Die Steuer wird je Fluggast berechnet und ist in 3 Entfernungszonen unterteilt. Der aktuelle Steuersatz beträgt für Abflüge von einem deutschen Flughafen gemäß § 11 Abs. 1 LuftVStG (Luftverkehrsteuergesetz) i.V.m. § 1 LuftVStAbsenkV (Luftverkehrsteuerabsenkungsverord-nung) für das Jahr 2018 für Flüge mit einem Zielort in Europa und einigen außereuropäischen Mittelmeerländern2 7,46 Euro, für mittlere Entfernungen3 23,31 Euro und für alle anderen Stre­cken 41,97 Euro.

Bei der jährlich neuen Festlegung der Steuersätze sollen gem. § 11 Abs. 2 LuftVStG die Be­lastungen des Luftverkehrs durch den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten berück­sichtigt werden, so dass die Gesamtkosten auf 1 Milliarde Euro nivelliert werden sollen.

Die Luftverkehrsteuer wurde im Januar 2011 eingeführt. Eigentümer von Flughäfen in Nord­rhein-Westfalen und in anderen Bundesländern sowie deutsche Fluggesellschaften sehen die Luftverkehrsteuer als einen klaren Wettbewerbsnachteil gegenüber der Konkurrenz aus dem Ausland. Zu einer Wettbewerbsverzerrung kommt es, weil Fluggesellschaften die Luftverkehr-steuer durch die globale Konkurrenzsituation nicht komplett an den Verbraucher weitergeben können. Wenige deutsche Fluggesellschaften tragen jährlich etwa 600 Millionen Euro zur Steuer bei. Die restlichen 400 Millionen Euro verteilen sich auf etwa 100 ausländische Flug­gesellschaften. Für die ausländischen Fluggesellschaften machen Flüge nach Deutschland aber nur einen Bruchteil ihrer Marktaktivitäten aus.

Die Eigentümer der Flughäfen und die Betreiber und Arbeitnehmer der Geschäfte in den Flug­häfen leiden darunter, dass Passagiere und auch Airlines zu Flughäfen in Nachbarstaaten abwandern oder ganz ausbleiben. Das Abwandern führt beim Eigentümer des Flughafens zu Einnahmeausfällen im „aviation“-Geschäft (z.B. Landegebühren) und beim „non aviation“-Ge-schäft (z.B. Mieteinnahmen der Geschäfte und Restaurants).

Die deutschen Fluggesellschaften sind in einer Zwickmühle: Geben diese die Luftverkehr-steuer vollständig an die Passagiere weiter, wandern Passagiere zur günstigeren – meist in­ternational agierenden – Konkurrenz ab. Damit verlieren diese Fluggesellschaften den Umsatz dieser Kunden. Geben die Fluggesellschaften die Steuer nicht oder nicht vollständig weiter, sinkt die Gewinnmarge. Damit wird das Betriebsergebnis der Fluggesellschaften belastet und es drohen Stellenkürzungen, Insolvenz u.ä.

Das typische Marktverhalten, dass Kunden tatsächlich bei zu großen Preisdifferenzen zu ei­nem günstigeren Anbieter abwandern, zeigte sich bereits vor einigen Jahren in den Niederlan­den. Im Juli 2008 wurde in den Niederlanden eine Luftverkehrsteuer eingeführt mit zu entrich­tenden Beträgen in Höhe von 11 bis 40 Euro. In der Folge wichen die Passagiere auf Flughäfen im benachbarten Ausland aus und die Passagierzahlen gingen um ca. 10 % zurück. Es ent­standen hierdurch hohe Einnahmeverluste für die Luftfahrtindustrie. Die Luftverkehrsteuer wurde daraufhin in den Niederlanden nach einem Jahr wieder abgeschafft. Nach der Abschaf­fung in den Niederlanden und speziell ab 2011 mit der Einführung der Luftverkehrsteuer in Deutschland hat es dort ein gegenüber Deutschland relativ größeres Wachstum gegeben, wie die Verkehrszahlen des Flughafens Amsterdam Schiphol im Vergleich zum Flughafen Düssel­dorf belegen:

Jahr Passagiere in Mio. Flugbewegungen in 1000
2008 47,4 447
2009 43,6 407
2010 45,2 402
2011 49,8 437
2012 51 438
2017 68,5 497

Tabelle 1: Verkehrszahlen des Flughafens Amsterdam 2008 bis 2017

Anders sieht die Entwicklung der Verkehrszahlen am wichtigsten Flughafen für NRW, in Düs­seldorf, aus:

Jahr Passagiere in Mio. Flugbewegungen in 1000
2008 18,1 229
2009 17,8 214
2010 19 216
2011 20,3 222
2012 20,8 217
2017 24,6 215

Tabelle 2: Verkehrszahlen des Flughafens Düsseldorf 2008 bis 2017

Im Vergleichszeitraum von 2009-2017, also seit Abschaffung der Steuer in den Niederlanden, aber auch im Vergleichszeitraum von 2011-2017, seit Einführung der Steuer in Deutschland, hat der Flughafen Amsterdam wesentlich besser abgeschnitten.

Passagierzuwachs Flughafen Düsseldorf Flughafen Amsterdam
Abschaffung    der   Luftver-

kehrsteuer NL (2009) – 2017

+ 38 % + 57%
Einführung der Luftverkehr- steuer D (2011) – 2017 + 21 % + 37 %

Tabelle 3: Änderungen der Passagierzahlen der Flughäfen Amsterdam und Düsseldorf

Neben den Niederlanden haben auch andere umliegende Staaten die negativen Effekte der Luftverkehrsteuer bereits erkannt und die Höhe der Steuer reduziert oder die Steuer abge-schafft.4

  • Die in Österreich seit 2011 bestehende – der Luftverkehrsteuer ähnliche – Flugabgabe wurde im April 2017 mit Wirkung zum 01.01.2018 halbiert.5 Zur neuerlichen Absenkung kam es, „nachdem mehrere Gutachten bestätigten, dass der Flughafen Wien wegen der Abgabe im Jahr etwa eine Million weniger Passagiere habe. Die daraus entstehenden negativen Effekte seien für den Staat größer als die Erlöse.“ 6
  • In Dänemark wurde eine vergleichbare Abgabe, im Jahr 2005 eingeführt, 2006 halbiert und 2007 wieder ganz gestrichen, weil zu viele dänische Fluggäste auf die schwedischen Flughäfen Malmö und Göteborg ausgewichen waren.7

Die Höhe der Luftverkehrsteuer pro Flug in Deutschland ist nach der vergleichbaren „Air Pass­enger Duty“8 in Großbritannien die zweithöchste in Europa.

Ein Kuriosum der Luftverkehrsteuer ist, dass für das Entstehen der Steuerpflicht gemäß § 4 LuftVStG Abflüge von einem inländischen Startort nach § 2 Nr. 4 Satz 2 LuftVStG im Rahmen von Transit- und Transferflügen ausgenommen sind, wenn keine Zwischenlandung im Sinne des § 2 Nr. 5 LuftVStG vorliegt. Fährt man z.B. per Pkw oder Zug nach Amsterdam und fliegt mit Lufthansa via Frankfurt nach Tokyo, entfällt die Luftverkehrsteuer. Fährt man mit dem Pkw oder Zug nach Frankfurt, um von dort aus direkt mit dem gleichen Lufthansa-Flug nach Tokyo zu fliegen, fällt die Luftverkehrsteuer aber an. Denkbar ist hier auch die Möglichkeit, dass der Kunde ab Amsterdam dann nicht mit Lufthansa via Frankfurt, sondern nonstop mit KLM fliegt. In dieser Konstellation würde ein wirtschaftlicher Schaden für die deutsche Fluggesellschaft und den deutschen Flughafen entstehen. Für Bürger, die beispielsweise in Grenznähe zu den Niederlanden wohnen, kann es wirtschaftlich sein, ab Amsterdam zu fliegen. Umweltpolitisch bedeutet das aber eine Ressourcenverschwendung. Die Lenkungswirkung der Steuer – Re­duzierung der Flugkilometer durch Wechsel auf andere Verkehrsmittel – wird damit verfehlt.

Betrachtet man zudem die Wirkung der versuchten Lenkung der Luftverkehrsteuer, so würde deren Schwäche bereits bei einem nationalen Vergleich evident werden:

Durch die Luftverkehrsteuer sollten Flugreisende auf vermeintlich umweltschonendere Ver­kehrsmittel wie die Bahn gelenkt werden. Der Luftfahrtexperte Dipl.-Ing. und Dipl.-Wirtsch.-Ing. M. K. kommt in einer Analyse diverser Studien zu dem Urteil, dass „das Flugzeug im realen Vergleich mit dem ICE leistungsbezogen ein äußerst effizienter Energienutzer sei.9 Mit Berücksichtigung des Energiebedarfs für die Infrastruktur, also Flughäfen und Bahnhöfe sowie Trassen, würde sich etwa eine Relation von 1 zu 1,7 von Bahn zu Flugzeug ergeben, [Außer­dem schneide…] der Luftverkehr gegenüber dem Hochgeschwindigkeitsverkehr der Bahn hin­sichtlich Lärmbelastung entlang des gesamten Transportweges sowie Flächennutzung und Landschaftszersiedlung erheblich besser ab“, was den höheren Energiebedarf der Flugreise kompensiert. Es ergibt sich laut der Studie also ein 70% höherer Energiebedarf, nicht aber wie von „den Umweltorganisationen behauptet, ein 16-fach höherer Energieverbrauch im Verhält­nis zwischen innerdeutscher Bahn- und Flugreise.“

Volkswirtschaftlich sieht die Bilanz durch die Luftverkehrsteuer negativ aus. Reisende, die auf die Reise verzichten oder ihre Reise im Ausland beginnen, entziehen deutschen Fluggesell­schaften und Flughäfen Einnahmen. Die Betreiber müssen deshalb entsprechend Personal reduzieren, um Verluste zu vermeiden. In einem Bericht der Tageszeitung Die Welt vom 23.10.2017 wird von einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC berichtet. 10 11

Danach „nimmt der deutsche Staat in diesem Jahr [2017] zwar gut eine Milliarde Euro durch  die Steuer ein. Ein Wegfall würde sich durch Millionen zusätzlicher Passagiere aber selbst finanzieren. So kämen durch andere Steuern per Saldo sogar acht Prozent mehr Einnahmen herein und es würden Arbeitsplätze geschaffen.“ Die PwC-Studie prognostiziert „24,6 Millionen zusätzliche Passagiere und 1,6 Milliarden Euro zusätzliche Tourismuseinnahmen bis 2020. Das Bruttoinlandsprodukt würde bereits bei einer Abschaffung Anfang 2018 in diesem Jahr um 3,7 Milliarden Euro höher ausfallen. Bis zum Jahr 2030 würden bis zu 26.000 neue Ar­beitsplätze geschaffen“.

Durch die von PwC beschriebenen Effekte würde der finanzielle Verlust bei Abschaffung der Luftverkehrsteuer mehr als aufgewogen.

Der Wegfall der Luftverkehrsteuer würde einen wichtigen Wirtschaftszweig unterstützen. Ein Wirtschaftszweig, der die Exportnation Deutschland mit der Welt verbindet. Durch internatio­nale Flugverbindungen werden der Handel und der Tourismus gestärkt.

Zwar befasst sich der Koalitionsvertrag von CDU und FDP für NRW aus dem Jahre 2017 ru­dimentär auch mit der Abschaffung einer solchen Steuer. Gehandelt hat die Regierung indes nicht.

Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur hat die schwerwiegenden volks­wirtschaftlichen Schäden einer Luftverkehrsteuer selbst verstanden: Es wird im Luftverkehrs­konzept (Stand Mai 2017)12 sehr treffend erkannt, dass „die Luftverkehrswirtschaft sich seit der Einführung der Luftverkehrsteuer beschwert. Der nationale Alleingang sei die derzeit gra­vierendste wettbewerbsverzerrende fiskalische Maßnahme in Deutschland, die die gesamte Luftverkehrswirtschaft treffe. Allein die vier deutschen Fluggesellschaften koste die Steuer je­des Jahr mehr als 500 Millionen Euro. Die finanziellen Möglichkeiten der deutschen Flugge­sellschaften, in neue, verbrauchsärmere und leisere Flugzeuge zu investieren, seien erheblich geschwächt.“

Durch die Steuer werden nach dem Konzept der Bundesregierung somit Investitionen in lei­sere Flugzeuge verhindert. Das schadet gerade den Anwohnern von Flughäfen. Das Gutach­ten zur Grundlagenermittlung für ein Luftverkehrskonzept13 erwartet bei einer Streichung der Steuer „aufgrund niedriger Flugpreise (…) einen Nachfrageanstieg, der positive Auswirkungen auf die Auslastung aller Flughäfen (…) sowie die Fluggesellschaften (…) habe“.

Ein Nachfrageanstieg führt damit aufgrund der höheren Auslastung zu geringeren Kosten bei den Fluggesellschaften, zu neuen Einnahmen bei den Flughäfen und damit zu neuen Arbeits­plätzen.

Es wird Zeit zu handeln. Ein weiteres Zaudern und Zögern ist für unsere Bürger nicht mehr hinnehmbar. Ein Handeln ist aber bei der Bundesregierung nicht zu erwarten, wie die Aussage des parlamentarischen Staatssekretärs Norbert Barthle belegt. Am 13.04.2017 sagte Barthle im Rahmen einer schriftlichen Anfrage an die Bundesregierung: „Eine Abschaffung der Luft-verkehrsteuer ist derzeit nicht geplant.“14

II. Der Landtag stellt fest:

1. Die im Jahre 2011 eingeführte Luftverkehrsteuer schadet dem Luftverkehrsstandort Deutschland und damit auch NRW und benachteiligt deutsche Fluggesellschaften und Flug­häfen gegenüber der Konkurrenz im Ausland. Sie wirkt wettbewerbsverzerrend und innovati-onshemmend. Zudem bremst sie einseitig die Luftverkehrsentwicklung in Deutschland aus.

2. Die fehlenden Steuereinnahmen in Höhe von ca. 1 Mrd. Euro lassen sich durch Mehr­einnahmen an anderer Stelle kompensieren.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

umgehend eine Bundesratsinitiative zu starten, mit dem Ziel der vollständigen Abschaffung der Luftverkehrsteuer.

Christian Loose
Nic Peter Vogel
Markus Wagner
Andreas Keith
und Fraktion

 

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1 https://www.career.aero/site/de/news/708-luftverkehrssteuer-2017

2 Anlage 1 LuftVStG

3 Anlage 2 LuftVStG

4 https://biztravel.fvw.de/news/luftverkehrssteuer-verbaende-laufen-sturm/393/165550/4070

5 https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblAuth/BGBLA_2017_I_44/BGBLA_2017_I_44.html

6 http://www.airliners.de/oesterreich-ticketsteuer-halbiert/40649

7 https://biztravel.fvw.de/news/luftverkehrssteuer-verbaende-laufen-sturm/393/165550/4070

8 https://www.gov.uk/guidance/rates-and-allowances-for-air-passenger-duty

9 http://www.airliners.de/energieverbrauch-bahn-flugzeug-apropos/36592

10 https://www.welt.de/wirtschaft/article169955893/So-sollen-Flugtickets-billiger-werden.html

11 https://www.bdl.aero/de/veroffentlichungen/luftfahrt-aktuell/luftfahrt-aktuell-9/

12 https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Publikationen/LF/luftverkehrskonzept.html

13 Vgl. Gutachten zur Grundlagenermittlung für ein Luftverkehrskonzept, Zwischenbericht Arbeitspa­ket 1, Seite 148 f.

14 http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/119/1811947.pdf