„Auch bei Syrern muss geprüft werden, ob eine Rückführung möglich ist.“ – Wie positioniert sich die Landesregierung in dieser Frage?

Kleine Anfrage
vom 02.02.2024

Kleine Anfrage 3298

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD

„Auch bei Syrern muss geprüft werden, ob eine Rückführung möglich ist.“ – Wie positioniert sich die Landesregierung in dieser Frage?

In einem Interview mit dem Münchener Merkur vom 16. Januar 2024 sagte der bayerische Ministerpräsident, Markus Söder (CSU): „Wir stellen unseren Masterplan für eine echte Migrationswende vor. Kosmetische Maßnahmen reichen nicht aus. Wir brauchen effektiveren Grenzschutz, mehr Rückführungen und einen Abbau des Bürgergelds, um soziale Anreize zu reduzieren. Der bisherige subsidiäre Schutz zum Beispiel bei Syrien sollte wieder in individuelle Verfahren beim BAMF umgewandelt werden. Das heißt: Auch bei Syrern muss geprüft werden, ob eine Rückführung möglich ist.“1

Ähnlich äußerte sich bereits 2017 der derzeitige Bundesfinanzminister, Christian Lindner (FDP), gegenüber der Bild: „Wir sollten es machen, wie es in den Neunzigerjahren während des Balkan-Krieges Praxis war. Wir fördern und unterstützen Flüchtlinge. Aber aus dem Flüchtlingsstatus kann nicht automatisch ein dauerhafter Aufenthaltsstatus werden. Die Menschen müssen in die alte Heimat zurückkehren, sobald die Lage es dort zulässt. […] Das ist das humanitäre Völkerrecht. Ich schlage vor, dass wir uns strikt daran halten, was sich über Jahrzehnte bewährt hat. Wenn Frieden herrscht, müssen Flüchtlinge zurückkehren, wenn sie nicht die Kriterien eines neuen Einwanderungsgesetzes erfüllen, das ihnen einen neuen Aufenthaltsstatus verschafft. Es gibt kein Menschenrecht, sich seinen Standort auf der Welt selbst auszusuchen. […] Wer soll Syrien denn aufbauen, wenn nicht die Menschen, die wir hier unterstützt und zum Teil auch weitergebildet haben? Wir würden die syrische Gesellschaft jeder Zukunft berauben. Integration ist für diese Menschen ein Angebot, aber kein Automatismus. […] Sie werden gefördert, bekommen Sprachkurse und Zugang zum Arbeitsmarkt, die Kinder gehen in die Schule. Aber am Ende, wenn es in Syrien wieder sicher ist, muss der Flüchtlingsschutz in Deutschland erlöschen. Dann sollte man sich um legalen Daueraufenthalt bewerben können. Aber wenn man unsere Kriterien nicht erfüllt, muss man gehen. […] Das ist keine Härte, sondern Rechtsstaat und Realismus.“2

Wesentlich weiter in diesen Überlegungen ist bereits die sozialdemokratisch geführte dänische Regierung.3

Als Grundsatz gilt bei all diesen Überlegungen, dass es sich beim Flüchtlingsschutz bzw. beim subsidiären Schutz um einen temporären Zustand handelt, so lange, bis es die Umstände im Herkunftsland zulassen, dass die betroffenen Personen zurückkehren.

Auch die AfD weist in ihrem Europawahlprogramm 2024 im Kapitel „Remigration statt Talentabwerbung“ darauf hin, dass ein humanitärer Aufenthalt nur so lange gewährt werden sollte, wie ein Fluchtgrund besteht, da es sich grundsätzlich um ein Recht auf Zeit handelt, welches keine Anwartschaft auf dauerhafte Einwanderung begründet. Betroffen hiervon wären insbesondere auch Bürgerkriegsflüchtlinge mit subsidiärem Schutz, in deren Heimat wieder Frieden herrscht. Insbesondere gilt dies für Syrer und Afghanen, in deren Herkunftsländern die Kampfhandlungen weitestgehend beendet sind.

Ein weiteres Kriterium ist dabei, dass die millionenfache Aufnahme junger Menschen aus Entwicklungsländern Afrikas und des Nahen Ostens in Europa die Herkunftsstaaten jener Leistungsträger beraubt, die dort zum Aufbau bzw. Wiederaufbau dringend benötigt werden (Stichwort Brain-Drain). Sobald in einem Herkunftsland in den meisten Gebieten wieder Frieden herrscht, sollte die EU bzw. Deutschland daher umgehend die Bedingungen für eine Rückkehr der hier aufgenommenen Personen mit lediglich temporärem Schutz auszuhandeln und diese Rückkehr auch konsequent durchzusetzen.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie bewertet die Landesregierung die aktuelle Lage in Syrien in Bezug auf mögliche Rückführungen der Bürgerkriegsflüchtlinge in befriedete Gebiete?
  2. Inwiefern stimmt die Landesregierung dem bayerischen Ministerpräsidenten zu, dass Rückführungen nach Syrien mindestens geprüft werden sollten?
  3. Inwiefern sieht auch die Landesregierung die Notwendigkeit, den bisherigen subsidiären Schutz zum Beispiel bei Syrern wieder in individuelle Verfahren beim BAMF umzuwandeln?
  4. Inwiefern stimmt die Landesregierung der generellen Ansicht zu, dass es sich beim Flüchtlingsschutz bzw. beim subsidiären Schutz um einen temporären Zustand handelt, der umgekehrt werden sollte, wenn eine sichere Rückkehr möglich ist?
  5. Wie wird sich die Landesregierung in dieser Frage zukünftig auf Bundesebene positionieren, also in den anstehenden Bund-Länder-Treffen oder weiteren Migrationsgipfeln?

Enxhi Seli-Zacharias

 

MMD18-7983

 

1 Vgl. https://www.merkur.de/politik/soeder-bayern-will-5000-stellen-im-oeffentlichen-dienst-streichen-92775340.html

2 Vgl. https://www.bild.de/politik/inland/christian-lindner/alle-fluechtlinge-muessen-zurueck-53125272.bild.html

3 Vgl. https://juedischerundschau.de/article.2023-04.daenemark-erlaubt-erstmals-abschiebung-von-syrern.html


Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 3298 mit Schreiben vom 1. März 2024 namens der Landesregierung im Ein­vernehmen mit dem Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien und Chef der Staatskanzlei wie folgt:

  1. Wie bewertet die Landesregierung die aktuelle Lage in Syrien in Bezug auf mögli­che Rückführungen der Bürgerkriegsflüchtlinge in befriedete Gebiete?

Die Prüfung zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse obliegt dem Bundesamt für Migra­tion und Flüchtlinge (BAMF). Die Landesregierung kann daher hierzu keine Stellungnahme abgeben.

  1. Inwiefern stimmt die Landesregierung dem bayerischen Ministerpräsidenten zu, dass Rückführungen nach Syrien mindestens geprüft werden sollten?

Die Entscheidung, ob und in welches Herkunftsland im Einzelfall rückgeführt werden kann, obliegt dem Bund im Rahmen des Asylverfahrens. Es ist nicht Aufgabe der Landesregierung Stellungnahmen anderer Bundesländer zu kommentieren.

  1. Inwiefern sieht auch die Landesregierung die Notwendigkeit, den bisherigen sub-sidiären Schutz zum Beispiel bei Syrern wieder in individuelle Verfahren beim BAMF umzuwandeln?

Die Prüfung und Entscheidung über die Zuerkennung von subsidiären Schutz nach § 4 AsylG erfolgt durch das zuständige BAMF stets einzelfallbezogen im Rahmen individueller Asylver­fahren.

  1. Inwiefern stimmt die Landesregierung der generellen Ansicht zu, dass es sich beim Flüchtlingsschutz bzw. beim subsidiären Schutz um einen temporären Zu­stand handelt, der umgekehrt werden sollte, wenn eine sichere Rückkehr möglich ist?

Das für die Prüfung und Entscheidung über Asylanträge zuständige BAMF ist gesetzlich ver­pflichtet, die Asylanerkennung, die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder des subsidi-ären Schutzes sowie die Feststellung von nationalen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen hierfür nicht mehr vorliegen (vgl. § 73 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 6 Satz 1 AsylG). Die Ausländerbehörden sind an die Entscheidung des BAMF ohne eigene Wertungsmöglichkeit gebunden (vgl. §§ 6, 42 AsylG).

  1. Wie wird sich die Landesregierung in dieser Frage zukünftig auf Bundesebene po­sitionieren, also in den anstehenden Bund-Länder-Treffen oder weiteren Migrati-onsgipfeln?

Die Landesregierung hält an ihren bislang in dieser Frage vertretenen Positionen fest.

 

MMD18-8361