Auswirkungen des Urteils des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen in Bezug auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für Personen im Kirchenasyl in NRW

Kleine Anfrage
vom 18.01.2024

Kleine Anfrage 3170

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD

Auswirkungen des Urteils des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen in Bezug auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für Personen im Kirchenasyl in NRW

Wie aus einem aktuellen Urteil des Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hervorgeht, haben Asylbewerber, die gegen eine Wohnsitzauflage verstoßen und stattdessen an einem anderen Ort ins Kirchenasyl gehen, keine umfassenden Ansprüche nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.1

Im konkreten Fall ging es um in Sachsen-Anhalt aufhältige, abgelehnte Asylbewerber aus dem Irak. Um einer vorgesehenen Dublin-Rücküberstellung zu entgehen, nahmen die Personen in einer evangelischen Gemeinde in Bremen Kirchenasyl in Anspruch. Anschließend begehrten sie von dem zuständigen Landkreis in Sachsen-Anhalt die Gewährung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), insbesondere Geldleistungen für Bekleidung und Lebensmittel sowie etwaige medizinische Leistungen. Die Kirchengemeinde sei nicht in der Lage, die anfallenden Kosten dauerhaft zu tragen.

Aus dem Urteil geht hervor, dass die „Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG an eine Wohnsitzauflage […] geknüpft sei“. Das Paar „könne seinen Lebensunterhalt sichern, indem es seinen gewöhnlichen Aufenthalt wieder nach Sachsen-Anhalt verlege. Es bestehe im Kirchenasyl in Bremen lediglich ein Anspruch auf die Übernahme der notwendigen Reise- und Verpflegungskosten (Reisebeihilfe), um von Bremen nach Sachsen-Anhalt zurückzukehren. Es sei der Wille des Gesetzgebers, eine unerlaubte Binnenwanderung von Asylbewerbern zu verhindern. Die Antragsteller hätten keine Gründe vorgebracht, warum eine Rückkehr nach Sachsen-Anhalt unzumutbar sein soll. Allein die Befürchtung, nach Schweden abgeschoben zu werden, sei dafür nicht ausreichend.“2

Das Urteil wirft auch generell die Frage auf, wer – bei Inanspruchnahme des Kirchenasyls – die anfallenden Kosten trägt. Da das Kirchenasyl auch in NRW oftmals dazu dient einer Dublin-Rücküberstellung zu entgehen, dürfte es ähnliche Fälle auch in NRW geben.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie viele Personen befinden sich aktuell in NRW im Kirchenasyl?
  2. Wie viele dieser Personen sind aktuell ausreisepflichtig (mit bzw. ohne Duldung)?
  3. Wie viele Personen, die sich aktuell in NRW im Kirchenasyl befinden, erhielten grundsätzlich Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz?
  4. Welche Kosten werden bei Nutzung des Kirchenasyls von Personen, die grundsätzlich Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten würden, durch die Kirchen bzw. aus Steuermitteln – sprich aus dem kommunalen bzw. Landeshaushalt – getragen? (Bitte differenziert nach Kostenart listen)
  5. Welche Auswirkungen hat oben erwähntes Urteil auf die weitere Kostenabrechnung im Zusammenhang mit dem Kirchenasyl?

Enxhi Seli-Zacharias

 

MMD18-7799

 

1 Vgl. https://landessozialgericht.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/pressemitteilungen/keine-existenzsichernden-leistungen-im-kirchenasyl-bei-verstoss-gegen-raumliche-aufenthaltsbeschrankung-227903.html

2 Ebd.


Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 3170 mit Schreiben vom 14. Februar 2024 namens der Landesregierung be­antwortet.

  1. Wie viele Personen befinden sich aktuell in NRW im Kirchenasyl?

In Nordrhein-Westfalen wurden für das Jahr 2023 insgesamt 587 Fälle von Kirchenasyl regis­triert. Aufgrund unterschiedlicher Konstellationen dieser Fälle betrifft dies insgesamt 768 Per­sonen (Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Stand: 23. Januar 2024). Mit der Datenangabe ist keine Aussage verbunden, wie viele Personen sich zum aktuellen Zeitpunkt tatsächlich in den kirchlichen Räumlichkeiten aufhalten. Solche Informationen werden statis­tisch nicht erfasst.

  1. Wie viele dieser Personen sind aktuell ausreisepflichtig (mit bzw. ohne Duldung)? Dem Land liegen keine Daten im Sinne der Fragestellung vor.
  2. Wie viele Personen, die sich aktuell in NRW im Kirchenasyl befinden, erhielten grundsätzlich Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz?
  3. Welche Kosten werden bei Nutzung des Kirchenasyls von Personen, die grund­sätzlich Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten würden, durch die Kirchen bzw. aus Steuermitteln sprich aus dem kommunalen bzw. Lan­deshaushalt getragen? (Bitte differenziert nach Kostenart listen)

Die Fragen 3 und 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Der Landesregierung liegt keine Statistik im Sinne der Fragestellung vor.

Die Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes erfolgt im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung weisungsfrei durch die örtlichen Sozialämter. Die Entscheidung, ob und ggf. in welchem Umfang Asylbewerberleistungen gezahlt werden, stellt eine Einzelfallentscheidung dar und kann somit nicht pauschal beantwortet werden.

  1. Welche Auswirkungen hat oben erwähntes Urteil auf die weitere Kostenabrech­nung im Zusammenhang mit dem Kirchenasyl?

Die zitierte Entscheidung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen betrifft einen spe­ziell gelagerten Einzelfall. Die Leistungsbehörden berücksichtigen im Rahmen der Leistungs­gewährung u.a. die aktuelle Rechtsprechung. Ob die Entscheidung LSG Niedersachsen-Bre­men in anderen Einzelfällen anwendbar ist, bedarf einer Einzelfallprüfung der Leistungsbe­hörde, sodass diesbezüglich keine pauschale Aussage getroffen werden kann. Aufgrund des Umstandes, dass die Kommunen die Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes als kommunale Selbstverwaltungsaufgabe wahrnehmen, können den Kommunen von Seiten des Landes außerhalb einer eingeschränkten Rechtsaufsicht zudem keine Vorgaben gemacht werden.

 

MMD18-8046