Beabsichtigt die schwarz-gelbe Landesregierung die Einführung einer Fleischsteuer in NRW?

Kleine Anfrage
vom 12.03.2020

Kleine Anfrage 3460des Abgeordneten Dr. Christian Blex vom 12.03.2020

 

Beabsichtigt die schwarz-gelbe Landesregierung die Einführung einer Fleischsteuer in NRW?

In der 37. Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz am Mittwoch, dem 4. März 2020 hat die schwarz-gelbe Landesregierung, vertreten durch den Staatsekretär Dr. Heinrich Bottermann, zum Tagesordnungspunkt „Zukunft der Nutztierhaltung in Nordrhein-Westfalen – Nutztierstrategie“ von einer Preiserhöhung für Schweinefleisch von 40 Cent pro Kilogramm gesprochen. Eine derartige Aussage konnte in dem entsprechenden Sitzungsdokument (Vorlage 17/2953) nicht gefunden werden.

In diesem Sitzungsdokument wurde ausgerechnet, dass der Transformationsprozess für eine moderne Tierhaltung alleine für die Schweinehaltung in Nordrhein-Westfalen Mehrkosten zwischen ca. 350 und 450 Millionen Euro pro Jahr erfordern würde. Wie diese Mehrkosten im Sinne eines „Gesellschaftsvertrags“ verteilt werden sollen, konnte nicht eindeutig geklärt und beziffert werden. Im Bericht wird von einer „Anschub-Finanzierung“ aus öffentlichen Mitteln gesprochen. Zukünftig sollen die Mehrkosten für die höheren Produktionsstandards jedoch über den Markt gedeckt werden. Wann die angedachte Anschub-Finanzierung enden soll, ist nicht abschließend beantwortet.

Ich frage daher:

1. Wie bzw. von wem wurde die als nötig erachtete Preiserhöhung für ein Kilogramm Schweinefleisch von 40 Cent ermittelt?

2. Mit welchen Geldern sollen die Mehrkosten von 350 und 450 Millionen Euro pro Jahr finanziert werden?

3. Wie lange wird es nach Auffassung der Landesregierung dauern, bis sich der Wunsch der Verbraucher nach mehr Tierwohl auch im Konsumverhalten widerspiegelt?

4. Wie will die Landesregierung verhindern, dass es zu Wettbewerbsnachteilen für die heimische Landwirtschaft kommt, vor allen Dingen für die landwirtschaftlichen Betriebe mit Sauenhaltung?

5. Welche Maßnahmen will die Landesregierung ergreifen, um den Import von Billig-Fleisch aus dem Ausland zu unterbinden?

Dr. Christian Blex

 

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Nachfolgend die Antwort der Landesregierung, verfasst am 01.04.2020

 

Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 3460 mit Schreiben vom 1. April 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen beantwortet.

1. Wie bzw. von wem wurde die als nötig erachtete Preiserhöhung für ein Kilogramm Schweinefleisch von 40 Cent ermittelt?

Zur Gegenfinanzierung des angestrebten Transformationsprozesses in der Nutztierhaltung werden in dem Bericht des „Kompetenznetzwerks für Nutztierhaltung“ beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) verschiedene Optionen diskutiert. Im Ergebnis scheint danach eine mengenbezogene Abgabe auf tierische Produkte die bestgeeignete Lösung. In diesem Zusammenhang wird ein Aufpreis von 40 Cent/kg Fleisch und Fleischverarbeitungsprodukte als denkbar erwogen.

2. Mit welchen Geldern sollen die Mehrkosten von 350 und 450 Millionen Euro pro Jahr finanziert werden?

Die Finanzierung der für Nordrhein-Westfalen veranschlagten Mehrkosten für den geplanten Umbau muss auf Bundesebene geklärt werden. Demnach schätzt das Kompetenznetzwerk den Förderbedarf des geplanten Umbaus insgesamt für alle Tierarten dauerhaft auf jährlich etwa zwischen 1,2 und 3,6 Mrd. Euro. Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Frage 1 verwiesen.

3. Wie lange wird es nach Auffassung der Landesregierung dauern, bis sich der Wunsch der Verbraucher nach mehr Tierwohl auch im Konsumverhalten widerspiegelt?

In der amtlichen Auslobung von Fleisch und Fleischprodukten hat der Verbraucher aktuell eine Wahlmöglichkeit zwischen konventioneller oder nach EU-Ökoverordnung produzierter Bioware. Um auch bei der konventionell erzeugten Ware eine Wahlmöglichkeit auf Grundlage eines staatlichen Kennzeichnungssystems zu erhalten, ist die Einführung des auf Bundesebene geplanten staatlichen Tierwohlkennzeichens wichtig. Zur  Verbraucheraufklärung und zur breiten Information der Konsumentenschaft sind außerdem auf Bundesebene auch Maßnahmen zur Verbraucherkommunikation eingeplant. Dazu bedarf es jedoch zunächst der Festlegung von rechtlichen Rahmenbedingungen, die für das staatliche Tierwohlkennzeichen notwendig sind. Die diesbezüglichen Entscheidungen sind auf Bundesebene zu treffen und auf den Weg zu bringen.

4. Wie will die Landesregierung verhindern, dass es zu Wettbewerbsnachteilen für die heimische Landwirtschaft kommt, vor allen Dingen für die landwirtschaftlichen Betriebe mit Sauenhaltung?

Das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung beim BMEL kommt in seiner Empfehlung vom 11. Februar 2020 zu der Einschätzung, dass die angestrebte Transformation in der Nutztierhaltung auf absehbare Zeit mit marktbasierten Maßnahmen alleine nicht erreicht werden könne. Wie in dem Bericht der Landesregierung (Vorlage 17/2953) ausgeführt, teilt Nordrhein-Westfalen diese Einschätzung. Zumindest in einer Übergangsphase wird man voraussichtlich nicht darauf verzichten können, den Erzeugern die höheren Kosten tiergerechter Haltungsverfahren aus öffentlichen Haushaltsmitteln auszugleichen. In diesem Zusammenhang schlägt der Kompetenzkreis vor, den Erzeugern die höheren Kosten tiergerechter Haltungsverfahren mit einer Kombination von

– Prämien zur Abdeckung der laufenden Kosten im Rahmen des auf Bundesebene geplanten staatlichen Tierwohlkennzeichens und

– einer Investitionsförderung für Betriebe, die mit höheren Standards (Stufen zwei und drei des geplanten staatlichen Tierwohlkennzeichens)

zu einem hohen Anteil von insgesamt 80 % bis 90 % auszugleichen.
Die Empfehlungen des Kompetenzkreises sind unter

https://www.bmel.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/2020/030-Kompetenznetzwerk-Nutztierhaltung-Uebergabe_Empfehlungen.html

allgemein zugänglich.

5. Welche Maßnahmen will die Landesregierung ergreifen, um den Import von Billig-Fleisch aus dem Ausland zu unterbinden?

Die Landesregierung hat keine Möglichkeiten Fleischimporte, die den rechtlichen Regeln entsprechen, zu unterbinden.

 

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