Kleine Anfrage 1088
des Abgeordneten Dr. Martin Vincentz
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Nach einem Bericht der „Ärztezeitung“ vom 19.04.2018 sollen 628 Kliniken in Deutschland keine Zuschläge mehr für die Notfallversorgung erhalten.
Der Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses von eben diesem Tag über die Erstfassung der Regelung zu einem gestuften System von Notfallstrukturen in Krankenhäusern gemäß § 136c Absatz 4 des Fünften Sozialgesetzbuches (SGB V) gilt nach Inkrafttreten für alle nach § 108 oder § 109 SGB V zugelassenen Krankenhäuser in der Bundesrepublik Deutschland. Von den jetzigen 1.748 allgemeinen Krankenhäusern werden nach der neuen Regelung nur noch etwa 1.120, also gut 64%, Zuschläge erhalten, heißt es in der Pressemitteilung Nr. 16/2018 des Gemeinsamen Bundesausschusses.
Vor dem Hintergrund der ohnehin bereits angespannten Finanzlage vieler Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen droht der Notfallversorgung eine Rationalisierung zulasten der Hilfesuchenden Patienten.
Ich frage daher die Landesregierung:
1. Welche Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen wären/sind von dieser Regelung betroffen? (Bitte aufschlüsseln nach Kommune)?
2. Gibt es Bestrebungen seitens der Landesregierung, welche zur Aufrechterhaltung des bisherigen Standards der Notfallversorgung beitragen sollen?
3. Wie beurteilt die Landesregierung eines der Hauptkriterien der Standorte für Notfallzentren der Kassenärztlichen Vereinigung, die Erreichbarkeit binnen 30 PKW–Minuten, insbesondere vor dem Hintergrund der strukturellen Besonderheiten des Landes NRW in Verbindung mit der individuellen Mobilität der jeweiligen Notfallpatienten?
4. Inwieweit wirkt sich der Wegfall der Zuschüsse zur stationären Notfallversorgung auch auf die ambulante Notfallversorgung der betroffenen Krankenhäuser aus?
5. Inwieweit wirkt sich der Wegfall der Zuschüsse auf die Strukturqualität der ambulanten Notfallversorgung aus?
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Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 1088 mit Schreiben vom 26. Juni 2018 namens der Landesregierung beantwortet.
Vorbemerkung der Landesregierung
Ziel der Landesregierung ist eine flächendeckend verlässlich gewährleistete und qualitativ hochwertige Notfallversorgung.
Grundsätzlich begrüßt die Landesregierung daher die Regelungen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zu einem gestuften System von Notfallstrukturen in Krankenhäusern gemäß § 136c Absatz 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V). Diese Regelungen sollen Grundlage für die Vereinbarung von gestaffelten Zuschlägen für die Krankenhäuser sein. Durch Zu- und Abschläge werden somit finanzielle Anreize gesetzt.
Entsprechend der vom G-BA veröffentlichten Übersicht liegt die Erreichbarkeit der Krankenhäuser, die in Nordrhein-Westfalen als Teilnehmer an der stationären Notfallversorgung eingestuft werden, flächendeckend bei maximal 30 Minuten, oftmals sogar darunter.
1. Welche Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen wären/sind von dieser Regelung betroffen? (Bitte aufschlüsseln nach Kommune)?
Eine aktuelle abschließende Auflistung von Krankenhäusern in Nordrhein-Westfalen über die künftige Teilnahme an der Notfallversorgung gibt es derzeit nicht. Eine verbindliche Einstufung kann erst an Hand des Ergebnisses der Verhandlungen über die Zu- und Abschläge für die Teilnahme an der stationären Notfallversorgung erfolgen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass für die Erfüllung einzelner Kriterien Übergangsfristen vorgesehen sind. Die Verhandlungen werden von den Vertragspartnern direkt und ohne Beteiligung des Ministeriums geführt.
2. Gibt es Bestrebungen seitens der Landesregierung, welche zur Aufrechterhaltung des bisherigen Standards der Notfallversorgung beitragen sollen?
Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat sich wegen der großen Bedeutung der Notfallversorgung für die Bürgerinnen und Bürger auch vor Ort intensiv mit dem Thema beschäftigt. Mögliche Auswirkungen wurden u.a. auch mit dem Landesausschuss für Krankenhausplanung erörtert. Die Erstellung einer flächendeckenden Auswirkungsanalyse ist geplant. Der Beschluss des G-BA ermöglicht den Ländern durch eine Sonderklausel zudem, dass in einzelnen Fällen Krankenhäuser auch weiterhin an der Notfallversorgung teilnehmen können, die zwingend bedarfsnotwendig sind. Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird hier aus regionaler Sicht prüfen und abschließend bewerten, ob solche Ausnahmen auch in Nordrhein-Westfalen notwendig sind.
3. Wie beurteilt die Landesregierung eines der Hauptkriterien der Standorte für Notfallzentren der Kassenärztlichen Vereinigung, die Erreichbarkeit binnen 30 PKW-Minuten, insbesondere vor dem Hintergrund der strukturellen Besonderheiten des Landes NRW in Verbindung mit der individuellen Mobilität der jeweiligen Notfallpatienten?
Die Organisation des ambulanten Notdienstes ist nicht unmittelbar von den neuen GBA-Regelungen betroffen und ist eine originäre Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen). Das Land hat dabei keine Mitwirkungsrechte. Der Landesregierung ist bewusst, dass der Festlegung der Standorte von Notdienstpraxen durch die KVen in der Regel ein Abwägungsprozess zwischen der Erreichbarkeit für Patientinnen und Patienten einerseits und der Begrenzung der zeitlichen Belastung von Ärztinnen und Ärzten durch Notdienste – insbesondere auf dem Land – andererseits zugrunde liegt.
4. Inwieweit wirkt sich der Wegfall der Zuschüsse zur stationären Notfallversorgung auch auf die ambulante Notfallversorgung der betroffenen Krankenhäuser aus?
5. Inwieweit wirkt sich der Wegfall der Zuschüsse auf die Strukturqualität der ambulanten Notfallversorgung aus?
Die Fragen 4 und 5 werden wegen ihres Sinnzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Dem Land liegen derzeit keine Erkenntnisse oder Hinweise dazu vor, dass der Wegfall der Zuschüsse für die Krankenhäuser Auswirkungen auf die Strukturqualität der ambulanten Notfallversorgung hat oder diese beeinflussen wird.
Dr. Martin Vincentz