Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Rahmen des Chancen-Aufenthaltsrechts

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 1861

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD

Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Rahmen des Chancen-Aufenthaltsrechts

Wie aus einer Mitteilungsvorlage im Ausschuss für Ordnung, Prävention und Verbraucherschutz der Stadt Gelsenkirchen1 hervorgeht, kommt es beim Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung in Verbindung mit dem Chancen-Aufenthaltsrecht mangels ausreichender Sprachkenntnisse oftmals zu gravierenden Problemen. Mit dem persönlich abzugebenden Bekenntnis gem. § 104c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG ist dem Ausländer die Notwendigkeit einer glaubhaften Hinwendung zu den Grundprinzipien der deutschen Verfassungsordnung vor Augen zu führen. Der Antragsteller muss folglich zwingend den Inhalt des Bekenntnisses verstanden haben.

Wie aus der Vorlage weiter hervorgeht, wird dies regelmäßig in einer persönlichen Befragung zwischen Antragssteller und Ausländerbehörde vorab überprüft. Ein bloßes Lippenbekenntnis in Form eines unterschriebenen Schriftstücks genügt daher nicht.2

In der Mitteilungsvorlage wird auf die Vorgaben des Bundesinnenministeriums verwiesen. Danach kann die Befragung auch „in Form eines Fragebogens (mit vorgegebenen Antwortmöglichkeiten)“ erfolgen. Bei Erfüllung der Kriterien wäre diese Form der Befragung gleichbedeutend mit einem „wirksamen Bekenntnis“. Bei Sprachproblemen steht sogar ein Sprachvermittler zu Verfügung.

Die mit Stand vom 09. Mai 2023 erfolgten 61 Befragungen im Zuständigkeitsbereich der Stadt Gelsenkirchen verliefen – mit der geschilderten Unterstützung – in 38 Fällen (Quote: 62 %) erfolgreich.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie in der Mitteilungsvorlage geschildert kann die Befragung auch in Form eines Fragebogens erfolgen. Wie ist dieser Fragebogen aufgebaut? (Bitte die Fragen, die Anzahl der Antwortmöglichkeiten, die erforderliche Anzahl der richtig beantworteten Fragen sowie die Sprache auf dem Fragebogen benennen)3
  2. Wie wird sichergestellt, dass der Sprachvermittler im Rahmen seiner Arbeit nicht die richtigen Antworten nennt?
  3. Wie verlässlich und glaubhaft ist nach Ansicht der Landesregierung das Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung, wenn zur Abgabe ein vereinfachter Multiple-Choice-Test und ein Sprachmittler genutzt werden kann?
  4. Zur Beantragung des Chancen-Aufenthaltsrechts ist eine Voraufenthaltszeit von 5 Jahren erforderlich. Inwiefern kann nach Ansicht der Landesregierung von einer bis dahin erfolgreichen Integration gesprochen werden, wenn zu diesem Zeitpunkt für ein Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung noch ein vereinfachter Multiple-Choice Test und ein Sprachmittler genutzt werden müssen?
  5. Die kommunaler Ausländerbehörde der Stadt Gelsenkirchen meldete mit Stand vom 09. Mai 2023 eine Erfolgsquote im Zusammenhang mit den Befragungen zur freiheitlich demokratischen Grundordnung per Fragebogen bei Beantragung des Chancen-Aufenthaltsrechts von 62 % (38 von 61 Befragungen). In wie vielen Fällen musste in den kommunalen Ausländerbehörden in NRW – im genannten Zusammenhang – bisher ein derartiger Fragebogen genutzt werden? (Bitte differenziert nach kommunaler Ausländerbehörde, Anzahl der bisherigen Befragungen, Anzahl der Fälle, in denen ein Fragebogen genutzt wurde, und Anzahl der erfolgreichen Befragungen mit/ohne Nutzung eines Fragebogens listen)

Enxhi Seli-Zacharias

 

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1 Vgl. https:// ratsinfo

.gelsenkirchen.de/ratsinfo/gelsenkirchen/22913/Vm9ybGFnZW5kb2t1bWVudCAob2VmZmVudGxpY2 gpIA==/14/n/144168.doc

2 Ebd.

3 Sollte es mehrere verschiedene Fragebögen geben, reicht ein Beispiel-Fragebogen aus.


Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 1861 mit Schreiben vom 29. Juni 2023 namens der Landesregierung im Ein­vernehmen mit der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung beantwortet.

  1. Wie in der Mitteilungsvorlage geschildert kann die Befragung auch in Form eines Fragebogens erfolgen. Wie ist dieser Fragebogen aufgebaut? (Bitte die Fragen, die Anzahl der Antwortmöglichkeiten, die erforderliche Anzahl der richtig beant­worteten Fragen sowie die Sprache auf dem Fragebogen benennen)

Für weitere Informationen hinsichtlich der Voraussetzung des Bekenntnisses zur freiheitlich demokratischen Grundordnung wird auf die Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern und für Heimat mit NRW-spezifischen Ergänzungen vom 8. Februar 2023, Ziffer 1.6, verwiesen. Ein Fragebogen wird dort nicht erwähnt.

  1. Wie wird sichergestellt, dass der Sprachvermittler im Rahmen seiner Arbeit nicht die richtigen Antworten nennt?

Es handelt sich um eine bewährte Verwaltungspraxis in aufenthaltsrechtlichen Kontexten, bei Sprach- und damit verbundenen Verständnisproblemen sprachmittelnde Personen einzuset­zen. Der Landesregierung liegen keine Informationen vor, die Anlass für eine Überprüfung dieser Verwaltungspraxis bieten.

  1. Wie verlässlich und glaubhaft ist nach Ansicht der Landesregierung das Bekennt­nis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung, wenn zur Abgabe ein verein­fachter Multiple-Choice-Test und ein Sprachmittler genutzt werden kann?

Für weitere Informationen hinsichtlich der Voraussetzung des Bekenntnisses zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung wird auf die Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern und für Heimat mit NRW-spezifischen Ergänzungen vom 8. Februar 2023, Ziffer 1.6, verwiesen. Ein Multiple-Choice-Test wird dort nicht erwähnt.

  1. Zur Beantragung des Chancen-Aufenthaltsrechts ist eine Voraufenthaltszeit von 5 Jahren erforderlich. Inwiefern kann nach Ansicht der Landesregierung von einer bis dahin erfolgreichen Integration gesprochen werden, wenn zu diesem Zeitpunkt für ein Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung noch ein verein­fachter Multiple-Choice Test und ein Sprachmittler genutzt werden müssen?

Es wird auf die Antworten zu Frage 2 und 3 verwiesen.

  1. Die kommunaler Ausländerbehörde der Stadt Gelsenkirchen meldete mit Stand vom 09. Mai 2023 eine Erfolgsquote im Zusammenhang mit den Befragungen zur freiheitlich demokratischen Grundordnung per Fragebogen bei Beantragung des Chancen-Aufenthaltsrechts von 62 % (38 von 61 Befragungen). In wie vielen Fällen musste in den kommunalen Ausländerbehörden in NRW im genannten Zusam­menhang bisher ein derartiger Fragebogen genutzt werden? (Bitte differenziert nach kommunaler Ausländerbehörde, Anzahl der bisherigen Befragungen, Anzahl der Fälle, in denen ein Fragebogen genutzt wurde, und Anzahl der erfolgreichen Befragungen mit/ohne Nutzung eines Fragebogens listen)

Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen.

 

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