Kleine Anfrage 804
des Abgeordneten Thomas Röckemann AfD
Breiten Raum in der Presseberichterstattung nahm in letzter Zeit das Thema der Belegzahlen in den Justizvollzugsanstalten in Nordrhein-Westfalen ein. Dabei wurde in der Presse immer wieder auf unhaltbare Zustände hingewiesen, die sich daraus ergeben, dass die Kapazitäten teilweise zu über 100 Prozent ausgeschöpft sind. 1
Als Grund wird hierfür, neben der maroden Infrastruktur, angegeben, dass die Zahl der Anordnungen von Untersuchungshaft in den vergangen zwei Jahren sprunghaft angestiegen ist, da die ordentliche Gerichtsbarkeit immer häufiger dieses Zwangsmittel einsetzt, um einer Entziehung des Strafverfahrens zuvor zu kommen.2
Als Begründung für die Häufung der Anordnung von Untersuchungshaft wurde unter anderem angeführt, dass kriminelle Flüchtlinge vermehrt untertauchen und somit als Anordnungsgrund die Flucht, respektive die Fluchtgefahr vorliegt.
1 https://www.ksta.de/nrw/interne-auswertung-viele-nrw-gefaengnisse-ueberbelegt-29507626
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie häufig wurde die Untersuchungshaft in den letzten 10 Jahren in Nordrhein-Westfalen gegen deutsche Staatsbürger ohne Migrationshintergrund angeordnet? (Bitte nach Jahren und Haftgründen aufschlüsseln)
- Wie häufig wurde die Untersuchungshaft in den letzten 10 Jahren in Nordrhein-Westfalen gegen deutsche Staatsbürger, mit Migrationshintergrund gemäß § 4 Abs. 1 Teilhabe- und Integrationsgesetz, angeordnet? (Bitte nach Jahren und Haftgründen aufschlüsseln)
- Wie häufig wurde die Untersuchungshaft in den letzten 10 Jahren in Nordrhein-Westfalen gegen ausländische Staatsbürger angeordnet? (Bitte nach Jahren und Haftgründen aufschlüsseln)
- Wie viele dieser Untersuchungshäftlinge wurden letztendlich strafrechtlich verurteilt? (Bitte nach Jahren, Haftgründen, deutsche Staatsbürgerschaft ohne Migrationshintergrund, deutsche Staatsbürgerschaft mit Migrationshintergrund, ausländische Staatsbürgerschaft und jeweils angewendeten Strafnormen aufschlüsseln)
- Welchen Verteilungsschlüssel zum Personalansatz benutzt die Landesregierung, um die Funktionsfähigkeit der Justizvollzugsanstalten aufrecht zu erhalten?
Thomas Röckemann
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage 804 wie folgt:
Frage 1:
Wie häufig wurde die Untersuchungshaft in den letzten 10 Jahren in Nordrhein-Westfalen gegen deutsche Staatsbürger ohne Migrati-onshintergrund angeordnet? (Bitte nach Jahren und Haftgründen aufschlüsseln)
Frage 2:
Wie häufig wurde die Untersuchungshaft in den letzten 10 Jahren in Nordrhein-Westfalen gegen deutsche Staatsbürger, mit Migrations-hintergrund gemäß § 4 Abs. 1 Teilhabe- und Integrationsgesetz, angeordnet? (Bitte nach Jahren und Haftgründen aufschlüsseln)
Frage 3:
Wie häufig wurde die Untersuchungshaft in den letzten 10 Jahren in Nordrhein-Westfalen gegen ausländische Staatsbürger angeordnet? (Bitte nach Jahren und Haftgründen aufschlüsseln)
Frage 4:
Wie viele dieser Untersuchungshäftlinge wurden letztendlich strafrechtlich verurteilt? (Bitte nach Jahren, Haftgründen, deutsche Staatsbürgerschaft ohne Migrationshintergrund, deutsche Staatsbürgerschaft mit Migrationshintergrund, ausländische Staatsbürgerschaft und jeweils angewendeten Strafnormen aufschlüsseln)
Die Fragen 1 bis 4 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet
Die Anzahl der in den vergangenen zehn Jahren erfolgten Anordnungen von Untersuchungshaft ergibt sich aus dem nachfolgenden Schaubild:
(siehe PDF)
Die weiteren angefragten Daten werden statistisch nicht erhoben.
Frage 5:
Welchen Verteilungsschlüssel zum Personalansatz benutzt die Landesregierung, um die Funktionsfähigkeit der Justizvollzugsanstalten aufrecht zu erhalten?
Für den nordrhein-westfälischen Justizvollzug sind Stellenverteilungssys-teme entwickelt worden. Mit Hilfe dieser sollen die vorhandenen Personalressourcen nach
- objektiven und transparenten Kriterien und
- orientiert an den wesentlichen Eckdaten der einzelnen Anstalten
gerecht verteilt werden.
Die spezifischen Verhältnisse in den einzelnen Justizvollzugsanstalten wie
- Haftart und Belegungsfähigkeit,
- Beschäftigungssituation der Gefangenen,
- vollzugliche Aspekte (z.B. Sozialtherapeutische Anstalt/Abteilun-gen),
- bauliche Gegebenheiten,
- organisatorische Besonderheiten und
- Vollstreckungszuständigkeit
werden entsprechend berücksichtigt.
Der Gesamtbestand aller vorhandenen Stellen wird in Jahresarbeitsstunden umgerechnet und rechnerisch den Justizvollzugsanstalten zugeordnet. Die Berechnungsparameter basieren auf bisherigen Untersuchungsergebnissen und empirischen Grundlagen. Innerhalb des Systems wird errechnet, welcher Anteil der Gesamtstellenzahl der jeweiligen Justizvollzugsanstalt zugeordnet wird.
Die Berechnungen ergeben Stellenziele für die Justizvollzugsanstalten, an denen sich die Stellenausstattung orientiert. Im Rahmen der jährlichen Stellenkontingentierungen werden die Stellenziele durch Zuweisungen bzw. den Entzug von Stellen angesteuert. Grundsätzlich erfolgt dies sozialverträglich durch die Verlagerung von frei gewordenen Stellen im Rahmen der normalen Fluktuation.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Biesenbach