Belegung der Justizvollzugsanstalten

Kleine Anfrage
vom 19.02.2018

Kleine Anfrage 804
des Abgeordneten Thomas Röckemann AfD

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Breiten Raum in der Presseberichterstattung nahm in letzter Zeit das Thema der Belegzahlen in den Justizvollzugsanstalten in Nordrhein-Westfalen ein. Dabei wurde in der Presse immer wieder auf unhaltbare Zustände hingewiesen, die sich daraus ergeben, dass die Kapazitäten teilweise zu über 100 Prozent ausgeschöpft sind. 1

Als Grund wird hierfür, neben der maroden Infrastruktur, angegeben, dass die Zahl der Anordnungen von Untersuchungshaft in den vergangen zwei Jahren sprunghaft angestiegen ist, da die ordentliche Gerichtsbarkeit immer häufiger dieses Zwangsmittel einsetzt, um einer Entziehung des Strafverfahrens zuvor zu kommen.2

Als Begründung für die Häufung der Anordnung von Untersuchungshaft wurde unter anderem angeführt, dass kriminelle Flüchtlinge vermehrt untertauchen und somit als Anordnungsgrund die Flucht, respektive die Fluchtgefahr vorliegt.

1 https://www.ksta.de/nrw/interne-auswertung-viele-nrw-gefaengnisse-ueberbelegt-29507626

2 http://www.nw.de/lokal/kreis_lippe/detmold/22034273_NRW-Gefaengnisse-sind-ueberfuellt-Bielefeld-und-Detmold-besonders-betroffen.html

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie häufig wurde die Untersuchungshaft in den letzten 10 Jahren in Nordrhein-Westfalen gegen deutsche Staatsbürger ohne Migrationshintergrund angeordnet? (Bitte nach Jahren und Haftgründen aufschlüsseln)
  2. Wie häufig wurde die Untersuchungshaft in den letzten 10 Jahren in Nordrhein-Westfalen gegen deutsche Staatsbürger, mit Migrationshintergrund gemäß § 4 Abs. 1 Teilhabe- und Integrationsgesetz, angeordnet? (Bitte nach Jahren und Haftgründen aufschlüsseln)
  3. Wie häufig wurde die Untersuchungshaft in den letzten 10 Jahren in Nordrhein-Westfalen gegen ausländische Staatsbürger angeordnet? (Bitte nach Jahren und Haftgründen aufschlüsseln)
  4. Wie viele dieser Untersuchungshäftlinge wurden letztendlich strafrechtlich verurteilt? (Bitte nach Jahren, Haftgründen, deutsche Staatsbürgerschaft ohne Migrationshintergrund, deutsche Staatsbürgerschaft mit Migrationshintergrund, ausländische Staatsbürgerschaft und jeweils angewendeten Strafnormen aufschlüsseln)
  5. Welchen Verteilungsschlüssel zum Personalansatz benutzt die Landesregierung, um die Funktionsfähigkeit der Justizvollzugsanstalten aufrecht zu erhalten?

Thomas Röckemann

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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,

namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage 804 wie folgt:

Frage 1:

Wie häufig wurde die Untersuchungshaft in den letzten 10 Jahren in Nordrhein-Westfalen gegen deutsche Staatsbürger ohne Migrati-onshintergrund angeordnet? (Bitte nach Jahren und Haftgründen aufschlüsseln)

Frage 2:

Wie häufig wurde die Untersuchungshaft in den letzten 10 Jahren in Nordrhein-Westfalen gegen deutsche Staatsbürger, mit Migrations-hintergrund gemäß § 4 Abs. 1 Teilhabe- und Integrationsgesetz, an­geordnet? (Bitte nach Jahren und Haftgründen aufschlüsseln)

Frage 3:

Wie häufig wurde die Untersuchungshaft in den letzten 10 Jahren in Nordrhein-Westfalen gegen ausländische Staatsbürger angeord­net? (Bitte nach Jahren und Haftgründen aufschlüsseln)

Frage 4:

Wie viele dieser Untersuchungshäftlinge wurden letztendlich straf­rechtlich verurteilt? (Bitte nach Jahren, Haftgründen, deutsche Staatsbürgerschaft ohne Migrationshintergrund, deutsche Staats­bürgerschaft mit Migrationshintergrund, ausländische Staatsbür­gerschaft und jeweils angewendeten Strafnormen aufschlüsseln)

Die Fragen 1 bis 4 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet

Die Anzahl der in den vergangenen zehn Jahren erfolgten Anordnungen von Untersuchungshaft ergibt sich aus dem nachfolgenden Schaubild:

(siehe PDF)

Die weiteren angefragten Daten werden statistisch nicht erhoben.

Frage 5:

Welchen Verteilungsschlüssel zum Personalansatz benutzt die Lan­desregierung, um die Funktionsfähigkeit der Justizvollzugsanstal­ten aufrecht zu erhalten?

Für den nordrhein-westfälischen Justizvollzug sind Stellenverteilungssys-teme entwickelt worden. Mit Hilfe dieser sollen die vorhandenen Perso­nalressourcen nach

  • objektiven und transparenten Kriterien und
  • orientiert an den wesentlichen Eckdaten der einzelnen Anstalten

gerecht verteilt werden.

Die spezifischen Verhältnisse in den einzelnen Justizvollzugsanstalten wie

  • Haftart und Belegungsfähigkeit,
  • Beschäftigungssituation der Gefangenen,
  • vollzugliche Aspekte (z.B. Sozialtherapeutische Anstalt/Abteilun-gen),
  • bauliche Gegebenheiten,
  • organisatorische Besonderheiten und
  • Vollstreckungszuständigkeit

werden entsprechend berücksichtigt.

Der Gesamtbestand aller vorhandenen Stellen wird in Jahresarbeitsstun­den umgerechnet und rechnerisch den Justizvollzugsanstalten zugeord­net. Die Berechnungsparameter basieren auf bisherigen Untersuchungs­ergebnissen und empirischen Grundlagen. Innerhalb des Systems wird errechnet, welcher Anteil der Gesamtstellenzahl der jeweiligen Justizvoll­zugsanstalt zugeordnet wird.

Die Berechnungen ergeben Stellenziele für die Justizvollzugsanstalten, an denen sich die Stellenausstattung orientiert. Im Rahmen der jährlichen Stellenkontingentierungen werden die Stellenziele durch Zuweisungen bzw. den Entzug von Stellen angesteuert. Grundsätzlich erfolgt dies so­zialverträglich durch die Verlagerung von frei gewordenen Stellen im Rah­men der normalen Fluktuation.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Biesenbach