Bestehen Clan-Strukturen in der schwarz-GRÜNEN Landesregierung von Nordrhein-Westfalen? Wie wird das Thema Compliance in der Landesregierung behandelt und beachtet?

Kleine Anfrage
vom 07.07.2023

Kleine Anfrage 2097

der Abgeordneten Dr. Hartmut Beucker und Christian Loose AfD

Bestehen Clan-Strukturen in der schwarz-GRÜNEN Landesregierung von Nordrhein-Westfalen? Wie wird das Thema Compliance in der Landesregierung behandelt und beachtet?

Compliance heißt im Unternehmensbereich, dass sich Unternehmen an Gesetze und ethische Vorgaben halten. Sie verhalten sich nicht nur rechtskonform, sondern versuchen auch mögliche Interessenkonflikte zu umgehen. Hierzu werden in den Unternehmen entsprechende Vorgaben kommuniziert, Verhaltenskodizes aufgestellt und Schulungen durchgeführt.

Zu einer Compliance-Kultur gehört auch, dass die Mitarbeiter – und leitende Angestellte im Besonderen – mögliche Interessenkonflikte transparent machen, z.B. wenn man in eine geschäftliche Beziehung zu einem Familienangehörigen kommen könnte und andere Beziehungen, die berufliche Tätigkeit beeinflussen könnten.

Leider scheint diese positive Compliance-Kultur nicht bei den Regierenden in Deutschland zu herrschen.

Der Staatssekretär im Bundeswirtschafsministerium           Dr. Patrick Graichen wurde vom zuständigen Minister Dr. Robert Habeck in den einstweiligen Ruhestand versetzt1, weil er diverse Beziehungen zu Bekannten und Verwandten, mit denen das Ministerium in politischen und geschäftlichen Kontakt getreten war, nicht offengelegt hatte. Dabei spielen insbesondere Beziehungen und Vernetzungen zur Lobbyorganisation „Agora Energiewende“ eine Rolle.

Neben Herrn Dr. Graichen waren in der Vergangenheit verschiedene Staatssekretäre und Minister für diese Lobbyorganisation tätig, insbesondere in den verschiedenen Räten. So auch Herr Oliver Krischer, parlamentarischer Staatssekretär von Ende 2021 bis Juni 2022 im Bundeswirtschaftsministerium, heutiger NRW-Landesminister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr, der von 2012 bis 2021 im Rat vom Agora2 war.

Darüber hinaus wurde bekannt, dass ein weiterer grüner Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium Herr Udo Phillipp aufgrund seiner privaten Investitionen in gewissen Fonds in einem Interessenkonflikt zu seinen dienstlichen Aufgaben steht. Er ist u.a. für die Startup-Förderung im Ministerium verantwortlich.3,4 Diese Personalie ist seitdem auch noch in anderen Hinsichten umstritten.

Auch um das Regierungshandeln nach außen unangreifbar zu halten, müssen Interessenkonflikte transparent gemacht werden. Compliance muss nicht nur mit Regeln hinterlegt werden. Im Alltag muss es auch gelebt werden. Das heißt auch, dass z.B. Vetternwirtschaft in den Ministerien nicht praktiziert werden darf. Des Weiteren dürfen Politiker nicht mit dienstlich erlangten Wissen, private Investitionsentscheidungen treffen können (Insider-Handel).

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Welche Minister der Landesregierung, Staatssekretäre, politische Beamte, Abteilungs-, Gruppen- bzw. Referatsleiter verfügen über Beziehungen zum Agora-Konglomerat (z.B. Agora Energiewende, Agora Agrar, Agora Verkehrswende, Agora Industrie, …), z.B. durch eine frühere berufliche Tätigkeit oder Mitgliedschaft in einem Gremium dieser Vereine? (Wir bitten die Dauer der Tätigkeit und die Mitgliedschaft im jeweiligen Gremium aufzuschlüsseln.)
  2. In welchem Umfang sind durch Minister und Staatssekretäre Interessenkonflikte z.B. bei Personalentscheidungen oder privaten Investitionen seit dem Amtsantritt der Regierung Laschet angezeigt worden?
  3. Welche Compliance-Vorgaben gibt es in der Landesverwaltung zum Umgang von persönlichen Interessenkonflikten insbesondere für Minister, Staatssekretäre aber auch andere Führungskräfte?

Dr. Hartmut Beucker
Christian Loose

 

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1 https:// www .faz.net/aktuell/politik/inland/graichen-affaere-warum-habeck-seinen-staatssekretaer-entlaesst-18900141.html abgerufen am 21.05.2023

2 https:// www .tichyseinblick.de/daili-es-sentials/agora-staatssekretaere/ abgerufen am 21.05.2023

3 https:// www .tichyseinblick.de/daili-es-sentials/habecks-naechster-staatssekretaer-udo-philipp/ abgerufen am 02.06.2023

4 https:// www .capital.de/wirtschaft-politik/udo-philipp–die-heiklen-fonds-investments-des-habeck-staatssekretaers-33519120.html abgerufen am 02.06.2023


Der Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien und Chef der Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen hat die Kleine Anfrage 2097 mit Schreiben vom 7. August 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Ministerpräsidenten und allen übrigen Mitgliedern der Landesregierung beantwortet.

  1. Welche Minister der Landesregierung, Staatssekretäre, politische Beamte, Abtei-lungs-, Gruppen- bzw. Referatsleiter verfügen über Beziehungen zum Agora-Kon­glomerat (z.B. Agora Energiewende, Agora Agrar, Agora Verkehrswende, Agora Industrie, …), z.B. durch eine frühere berufliche Tätigkeit oder Mitgliedschaft in einem Gremium dieser Vereine? (Wir bitten die Dauer der Tätigkeit und die Mit­gliedschaft im jeweiligen Gremium aufzuschlüsseln.)
  2. In welchem Umfang sind durch Minister und Staatssekretäre Interessenkonflikte z.B. bei Personalentscheidungen oder privaten Investitionen seit dem Amtsantritt der Regierung Laschet angezeigt worden?
  3. Welche Compliance-Vorgaben gibt es in der Landesverwaltung zum Umgang von persönlichen Interessenkonflikten insbesondere für Minister, Staatssekretäre aber auch andere Führungskräfte?

Die Fragen 1 bis 3 werden wegen des bestehenden Sachzusammenhangs gemeinsam beant­wortet:

Die Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen bestimmt in ihrem Artikel 64 in den Absät­zen 2 und 3 die für die Ernennung und die Amtsausübung der Mitglieder der Landesregierung maßgeblichen Rahmenbedingungen. Mögliche Unvereinbarkeiten und Interessenkonflikte werden bereits vor der Ernennung geprüft und geklärt.

Darüber hinaus treffen die Mitglieder der Landesregierung nach ihrer Ernennung umfassende Erklärungspflichten.

So ist nach § 35 der Geschäftsordnung der Landesregierung (GOLR) auf der Grundlage des dort als Anlage 2 veröffentlichten und durch die amtierende Landesregierung zuletzt noch erweiterten Formblattes eine umfassende Erklärung zu den persönlichen Verhältnissen, (früheren) Tätigkeiten und Mandaten abzugeben.

Die dort getätigten Angaben werden durch die Ministerehrenkommission jährlich in dem in der GOLR beschriebenen vertraulichen Verfahren auf mögliche Interessenkonflikte geprüft und bewertet. Außerhalb dieses Verfahrens erfolgt keine Erhebung der entsprechenden Daten durch die Landesregierung.

Darüber hinaus ist die nach § 7 Korruptionsbekämpfungsgesetz bestehende Erklärungspflicht gegenüber dem Ministerpräsidenten zu erfüllen. Die entsprechenden Erklärungen werden jährlich im Internetauftritt der Landesregierung veröffentlicht. Auf diese wird verwiesen.

Für Beamtinnen und Beamte gelten ergänzend die beamtenrechtlichen, für die beschäftigten Angehörigen des öffentlichen Dienstes die entsprechenden tarifrechtlichen Bestimmungen. Die gesetzlichen Regelungen zur Korruptionsprävention und zur Korruptionsbekämpfung wer­den in den Ressorts der Landesregierung durch entsprechende Hauserlasse sowie durch dies­bezügliche Runderlasse des Ministeriums des Innern erläutert und konkretisiert.

Soweit im Einzelfall trotz der dargestellten Vorkehrungen eine Entscheidung im dienstlichen Kontext persönliche Interessen berührt, nimmt die oder der Betroffene am Beratungs- und Entscheidungsverfahren nicht teil.

 

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