Kleine Anfrage 5069
des Abgeordneten Christian Loose AfD
Betriebsschließungen bei Continental – in Moers werden 47 Arbeitsplätze verschwinden – was unternimmt Ministerin Mona Neubaur, um diesen Abbau von Arbeitsplätzen aufzuhalten?
Die Unternehmensgruppe Continental plant die Einstellung der Produktion an den Standorten Bad Blankenburg (Thüringen), Stolzenau (Niedersachsen) und Moers (Nordrhein-Westfalen) sowie die Einstellung des Werkzeugbaus am Doppelstandort Frohburg und Geithain (Sachsen). Insgesamt sind im Unternehmensbereich ContiTech voraussichtlich rund 580 Arbeitsplätze betroffen, davon 47 in Moers. Die Unternehmensleitung nennt als Grund insbesondere die mit Umsatzeinbußen einhergehenden Entwicklungen in der Automobilwirtschaft und beim Braunkohleabbau in Europa.1
Die anstehenden Entlassungen bei ContiTech in Moers sind dabei nur eine der zahlreichen schlechten Nachrichten aus der nordrhein-westfälischen Wirtschaft. Die Fülle an Meldungen zu Betriebsschließungen, Insolvenzverfahren und Arbeitsplatzverlusten ist kaum noch zu überblicken. In den letzten Wochen traf es Unternehmen und Mitarbeiter aus unterschiedlichsten Branchen. Als Beispiele seien genannt Lindner Hotels, Evonik Industries, Zoo Zajac, Metsä Greaseproof Papers oder auch die TMD Friction Services, wie Continental aus dem Bereich Automobil.
Deshalb frage ich die Landesregierung:
- Hat die Landesregierung Gespräche mit der Unternehmensgruppe Continental aufgenommen, um den Arbeitsplatzabbau in Moers zu verhindern oder zu reduzieren?
- Hat die Landesregierung Gespräche mit Continental aufgenommen, um möglichen weiteren Betriebsschließungen oder Entlassungen rechtzeitig entgegenzusteuern?
- Als Gründe für die Betriebsschließung hat das Unternehmen unter anderem die Entwicklung beim Braunkohleabbau genannt – welche Unternehmen und Branchen sieht die Landesregierung durch die Beendigung des Braunkohleabbaus ebenfalls als gefährdet an?
- Was unternimmt die Landesregierung konkret, um die nordrhein-westfälischen Unternehmen noch in diesem ersten Halbjahr von hohen Energiepreisen und Bürokratie zu entlasten?
- Welche Auswirkungen auf die Geschäftsentwicklung nordrhein-westfälischer Unternehmen, insbesondere in der Automobilindustrie, wird das am 31.01.2025 vom Deutschen Bundestag beschlossene Gesetz zum EU-Emissionshandel ETS-II (TEHG-Europarechtsanpassungsgesetz 2024) nach Ansicht der Landesregierung haben?
Christian Loose
1 Vgl. https://www.continental.com/de/presse/pressemitteilungen/werksschliessungen-geplant/, abgerufen am 07.02.2025.
Die Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie hat die Kleine Anfrage 5069 mit Schreiben vom 18. März 2025 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales beantwortet.
- Hat die Landesregierung Gespräche mit der Unternehmensgruppe Continental aufgenommen, um den Arbeitsplatzabbau in Moers zu verhindern oder zu reduzieren?
Die Landesregierung steht über unterschiedliche Formate in einem fortgesetzten intensiven Dialog mit der nordrhein-westfälischen Wirtschaft. Das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie bietet dabei bei Bedarf auch Unterstützungsleistungen im Rahmen der Unternehmenssicherung an. Hierbei erfolgt stets ein enger Austausch mit dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Die Inhalte dieser Gespräche sind vertraulich.
- Hat die Landesregierung Gespräche mit Continental aufgenommen, um möglichen weiteren Betriebsschließungen oder Entlassungen rechtzeitig entgegenzusteuern?
Gespräche im Rahmen der Unternehmenssicherung werden vertraulich geführt. Auf die Ausführungen zu Frage 1 wird insoweit verwiesen.
- Als Gründe für die Betriebsschließung hat das Unternehmen unter anderem die Entwicklung beim Braunkohleabbau genannt – welche Unternehmen und Branchen sieht die Landesregierung durch die Beendigung des Braunkohleabbaus ebenfalls als gefährdet an?
Das Rheinische Revier steht vor einem tiefgreifenden Wandel, der – neben allen Herausforderungen – auch vielfältige Chancen mit sich bringt. Gemeinsames Ziel der Landesregierung und der Region ist es, das Revier zu einer Industrieregion der Zukunft, d. h. produktiv und wertschöpfungsstark, zugleich aber ressourceneffizient und treibhausgasneutral zu entwickeln. Dafür wird der Strukturwandel in den Kohlregionen in Nordrhein-Westfalen bis 2038 mit einem breiten Maßnahmenbündel in einem Umfang von mehr als 15 Mrd. Euro strukturpolitisch flankiert.
Wesentliche Bestandteile unserer strukturpolitischen Bemühungen sind u. a. auf den Erhalt von Arbeitsplätzen und die Schaffung neuer Arbeitsplätze gerichtet. So werden beispielsweise Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen gefördert, damit diejenigen, die von Veränderungen betroffen sind, unterstützt und weiterqualifiziert werden. Zudem schaffen wir attraktive Standortbedingungen für neue sowie in der Region etablierte Unternehmen, um Investitionen anzuziehen und Innovationen zu fördern.
- Was unternimmt die Landesregierung konkret, um die nordrhein-westfälischen Unternehmen noch in diesem ersten Halbjahr von hohen Energiepreisen und Bürokratie zu entlasten?
Die Landesregierung setzt sich konsequent für eine wirksame Entlastung der Strompreise ein. Die Überführung der EEG-Umlage in den Bundeshaushalt seit 2023 hat den Strompreis für Unternehmen, Verbraucherinnen und Verbraucher spürbar gesenkt. Darüber hinaus muss die Absenkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß noch weiter und somit auf alle Abnehmer/-innen ausgeweitet werden. Ein zentraler Bestandteil des Strompreises sind die Netzentgelte. Hier setzt sich die Landesregierung für einen substantiellen und planbaren Zuschuss aus dem Bundeshaushalt ein.
Auf Landesebene treibt die Landesregierung den Ausbau der erneuerbaren Energien konsequent voran. Durch die Verdrängung teurer fossiler Kraftwerke in immer mehr Stunden des Jahres haben diese bereits jetzt einen dämpfenden Effekt auf den durchschnittlichen Börsenstrompreis. Nordrhein-Westfalen belegt im Bundesländervergleich Spitzenplätze bei Ausbau und Genehmigung von Windenergie- und PV-Anlagen.
Nun kommt es darauf an, den energiewirtschaftlichen Rahmen für eine effiziente Integration der erneuerbaren Energien in Markt und System zu schaffen. Auch hier setzt sich die Landesregierung auf Bundesebene konstruktiv bei der Ausgestaltung nötiger energiewirtschaftlicher Reformen ein.
Darüber hinaus legt die Landesregierung den Fokus auf attraktive Standort- und Wettbewerbsbedingungen. Dazu zählt auch ein regulatorisches Umfeld, das Wirtschaftstätigkeit befördert und gleichzeitig wichtige Schutzgüter beachtet. Die Landesregierung setzt sich in diesem Rahmen auf allen Ebenen für eine generelle Entlastung von unnötiger Bürokratie ein und verfolgt konsequent die Ziele zu Bürokratieabbau, Prozessoptimierung und Verwaltungsmodernisierung.
Die Landesregierung geht u.a. mit dem am 12. November 2024 im Kabinett beschlossenen „Ersten Beschleunigungs- und Entlastungspaket“ die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie die Entlastung der Wirtschaft und Verwaltung auf Landesebene entschieden an. Das Paket sieht die Einführung von Praxischecks und eine Vielzahl von gesetzlichen Maßnahmen zur Erleichterung und Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, die Ausweitung digitaler Angebote der Landesregierung sowie auch die Reduzierung, Modifizierung und Abschaffung von Berichtspflichten für die Wirtschaft vor.
Im letzten Jahr hat die Landesregierung darüber hinaus die rechtlichen Maßgaben für das Landesplanungsgesetz deutlich verkürzt und verschlankt.
Im Januar 2025 hat das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie das „Board für Entlastung und Beschleunigung“ eingerichtet. Das Board, bestehend aus Wirt-schafts- und Industrieverbänden, Bezirksregierungen und Gewerkschaften auf Spitzenebene, soll im Sinne einer Entlastungsallianz zukünftig dabei helfen, dass wesentliche Beschleuni-gungs- und Entlastungspotenziale mit hoher Relevanz für die Wirtschaft identifiziert und zielgerichtet angegangen werden können.
- Welche Auswirkungen auf die Geschäftsentwicklung nordrhein-westfälischer Unternehmen, insbesondere in der Automobilindustrie, wird das am 31.01.2025 vom Deutschen Bundestag beschlossene Gesetz zum EU-Emissionshandel ETS-II (TEHG-Europarechtsanpassungsgesetz 2024) nach Ansicht der Landesregierung haben?
Das TEHG-Europarechtsanpassungsgesetzt 2024 setzt die Änderungen der EU-ETS-Richtli-nie um und enthält in Bezug auf die Automobilindustrie keine darüberhinausgehenden Regelungen. In Bezug auf ihre produktionsbedingten Emissionen unterliegen Industrieunternehmen, die vom EU-ETS-1 nicht betroffen sind, in Deutschland bereits jetzt einer CO2-Beprei-sung nach Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG). Die Einführung des fast deckungsgleichen EU-ETS-2 wird auf diese Unternehmen positive Auswirkungen haben, da dadurch ein europaweites Level-Playing-Field hergestellt wird. Je fortgeschrittener ein Unternehmen bei seiner eigenen klimaneutralen Transformation ist, desto weniger ist dieses von CO2-Kosten betroffen. Gleichzeitig werden für die Wahrung der Wettbewerbsfähigkeit auf globalen Märkten Maßnahmen zum Carbon-Leakage-Schutz benötigt. Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen setzt sich für die Einführung solcher Maßnahmen ein und hat bspw. im Bundesratsverfahren für die entsprechende Forderung proaktiv gesorgt (Ziff. 4 der STN, BR-Drs. 497/24(B)).
Die Automobilbranche ist aber nicht nur aufgrund eigener produktionsbedingter CO2-Emissio-nen vom EU-ETS-2 betroffen, sondern auch durch die CO2-Bepreisung von Kraftstoffen, die die Nachfrageseite betreffen. Die CO2-Bepreisung von Kraftstoffen soll im Ergebnis den Umstieg auf klimafreundliche Antriebe anreizen. So erhöht sich die Nachfrage nach Fahrzeugen mit geringeren oder keinen CO2-Emissionen. Hiervon können vor allem die Unternehmen profitieren, die bereits heute schon und in Zukunft ihr Geschäftsfeld auf klimagerechte Antriebe umstellen.
Grundsätzlich bietet der Emissionshandel mit einer langsamen und verlässlichen Preissteigerung den effizientesten Weg hin zur Treibhausgasneutralität.
Je schneller treibhausgasverursachende Akteurinnen und Akteure ihre Emissionen reduzieren, desto geringer werden die zukünftigen CO2-Kosten ausfallen.