Bigamie-Ortskräfte-Skandal im Hochsauerlandkreis – Einzelfall oder Regelfall?

Kleine Anfrage
vom 14.09.2023

Kleine Anfrage 2555

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD

Bigamie-Ortskräfte-Skandal im Hochsauerlandkreis Einzelfall oder Regelfall?

Wie aus diversen Pressemitteilungen hervorgeht, durften zwei afghanischen Ortskräfte, die in ihrem Heimatland für Deutschland tätig waren, ihre Zweitfrauen samt deren Kindern nach Deutschland nachholen.1 Beide Familien wurden dem Hochsauerlandkreis zugewiesen. Die Tatsache, dass gleich zwei Fälle von Bigamie im Zuständigkeitsbereich einer kommunalen Ausländerbehörde aufgedeckt wurden, lässt Zweifel aufkommen, dass es sich dabei lediglich um zwei landesweite Einzelfälle handelt.

Neben der generellen Kritik am „Aufnahmeprogramm Afghanistan“ stellt sich die Frage, inwiefern und in welchem Umfang im Rahmen des Familiennachzugs Fälle von Bigamie geduldet werden.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Inwiefern handelte es sich im geschilderten Fall bei der Genehmigung zum Familiennachzug der Zweitfrauen und deren Kinder – nach Ansicht der Landesregierung – um eine freie (Ermessens-)Entscheidung im Rahme der Umsetzung des Aufnahmeprogramms Afghanistan um die Umsetzung zwingender rechtlicher Vorgaben?
  2. Wie ist nach Ansicht der Landesregierung im geschilderten Fall sowie generell die Aufnahme von Zweitfrauen mit dem Verbot der Vielehe in Deutschland gemäß § 1306 BGB und § 172 StGB sowie dem Ausschluss von Zweitfrauen vom Familiennachzug gemäß § 30 Abs. 4 AufenthG in Einklang zu bringen?
  3. Haben Zweitfrauen und deren Kinder als Angehörige einer afghanischen Ortskraft – im Zuge des freiwilligen Aufnahmeprogramms Afghanistan – grundsätzlich einen Aufnahmeanspruch in Deutschland oder wird insoweit jeweils eine Einzelfallprüfung vorgenommen?
  4. Inwiefern handelt es sich im geschilderten Fall – nach Ansicht der Landesregierung – um eine Präzedenzentscheidung zugunsten der Anerkennung der Vielehe sowie der Aufnahme von Zweitfrauen im Rahmen des Aufnahmeprogramms Afghanistan – oder sogar darüber hinaus?
  5. Wie viele Zweitfrauen mit wie vielen Kindern sind – nach Kenntnis der Landesregierung – im Rahmen der freiwilligen Aufnahme afghanischer Ortskräfte und ihrer Angehörigen bereits nach Nordrhein-Westfalen gelangt bzw. haben bereits eine Aufnahmezusage erhalten, um in der Folge in Kürze nach Nordrhein-Westfalen zu gelangen?

Enxhi Seli-Zacharias

 

MMD18-5932

 

1 Vgl. https://www.bild.de/regional/ruhrgebiet/ruhrgebiet-aktuell/bigamie-fall-in-meschede-darum-durften-afghanen-ihre-zweitfrauen-ins-sauerland-h-85277464.bild.html


Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 2555 mit Schreiben vom 17. Oktober 2023 namens der Landesregierung be­antwortet.

  1. Inwiefern handelte es sich im geschilderten Fall bei der Genehmigung zum Fami­liennachzug der Zweitfrauen und deren Kinder nach Ansicht der Landesregie­rung um eine freie (Ermessens-)Entscheidung im Rahme der Umsetzung des Aufnahmeprogramms Afghanistan bzw. um die Umsetzung zwingender rechtli­cher Vorgaben?

Die Einreisen der Personen erfolgte auf der Rechtsgrundlage von § 22 Satz 2 AufenthG. Im Anwendungsbereich von § 22 Satz 2 AufenthG gibt nur das Bundesministerium des Innern und für Heimat eine Aufnahmeerklärung ab. Die Landesregierung kommentiert solche Entschei­dungen der Bundesregierung nicht.

  1. Wie ist nach Ansicht der Landesregierung im geschilderten Fall sowie generell die Aufnahme von Zweitfrauen mit dem Verbot der Vielehe in Deutschland gemäß § 1306 BGB und § 172 StGB sowie dem Ausschluss von Zweitfrauen vom Familien­nachzug gemäß § 30 Abs. 4 AufenthG in Einklang zu bringen?

Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen.

  1. Haben Zweitfrauen und deren Kinder als Angehörige einer afghanischen Ortskraft im Zuge des freiwilligen Aufnahmeprogramms Afghanistan grundsätzlich ei­nen Aufnahmeanspruch in Deutschland oder wird insoweit jeweils eine Einzelfall­prüfung vorgenommen?

Sofern die Frage auf das Bundesaufnahmeprogramm zu Afghanistan abzielt, obliegt die Aus­gestaltung dieses humanitären Aufnahmeprozesses der Bundesregierung. Dazu zählt auch die Entscheidung zu dem teilnahmeberechtigten Personenkreis.

  1. Inwiefern handelt es sich im geschilderten Fall nach Ansicht der Landesregie­rung um eine Präzedenzentscheidung zugunsten der Anerkennung der Vielehe sowie der Aufnahme von Zweitfrauen im Rahmen des Aufnahmeprogramms Af­ghanistan oder sogar darüber hinaus?

Es wird auf die Antworten zu den Fragen 1 und 2 verwiesen.

  1. Wie viele Zweitfrauen mit wie vielen Kindern sind nach Kenntnis der Landesre­gierung im Rahmen der freiwilligen Aufnahme afghanischer Ortskräfte und ihrer Angehörigen bereits nach Nordrhein-Westfalen gelangt bzw. haben bereits eine Aufnahmezusage erhalten, um in der Folge in Kürze nach Nordrhein-Westfalen zu gelangen?

Der Landesregierung liegen keine statistischen Daten im Sinne der Fragestellung vor.

 

MMD18-6428