Antragder AfD-Fraktion vom 19.01.2021
Bildungsnotstand verhindern: Schulen in NRW zum zweiten Halbjahr am 01. Februar 2021 öffnen und den Präsenzunterricht vollumfänglich wieder aufnehmen!
I. Ausgangslage
Am 5. Januar 2021 haben die Regierungsspitzen der Länder gemeinsam mit der Bundeskanzlerin beraten. Die dort gefassten Beschlüsse hat das Ministerium für Schule und Bildung in der Folge für den Schulbetrieb in Nordrhein-Westfalen umgesetzt. Demzufolge ist ab dem 11. Januar 2021 der Präsenzunterricht ausgesetzt und Distanzunterricht verordnet, vorerst bis zum 31. Januar.
„Alle Schulen der Primarstufe sowie der weiterführenden allgemeinbildenden Schulen bieten jedoch ab Montag, 11. Januar 2021, ein Betreuungsangebot für diejenigen Schülerinnen und Schüler der Klassen 1 bis 6 an, die nach Erklärung ihrer Eltern nicht zuhause betreut werden können oder bei denen eine Kindeswohlgefährdung nach Rücksprache mit dem zuständigen Jugendamt vorliegen könnte (das Anmeldeformular ist als Anlage beigefügt). Die Betreuung findet zeitlich im Umfang des regulären Unterrichts- und Ganztags- bzw. Betreuungszeitraums, bei Bedarf auch unabhängig vom Bestehen eines Betreuungsvertrages statt“, heißt es in der Schulmail des Ministeriums für Schule und Bildung vom 07. Januar 2021. Gleichwohl werden die Eltern aufgerufen, ihre Kinder zu Hause zu betreuen und über das Distanzlernen an dem Unterricht teilnehmen zu lassen. Wie viele Eltern letztlich ihre Kinder trotz dieser Appelle weiterhin in die Schule geschickt haben, wird sich nach Ablauf dieser Frist zeigen.
Allerdings befürworten längst nicht alle Bildungsminister der Länder die Beschlüsse der gemeinsamen Beratungen mit der Bundeskanzlerin. Die baden-württembergische Kultusministerin Susanne Eisemann warnt zum Beispiel vor den sozialen Folgen geschlossener Schulen.1 „Ich gehe davon aus und werbe sehr dafür, dass wir Kitas und Grundschulen in jedem Fall wieder in Präsenz öffnen und auch Klasse 5, 6 und 7 sowie die Abschlussklassen im Blick haben – unabhängig von den Inzidenzzahlen“, sagte Eisenmann am Montag, den 28. Dezember 2020, in Stuttgart.2
Nachdem die Kinder und Jugendlichen im Dezember 2020 bereits verfrüht in die Weihnachtsferien geschickt wurden, startet das neue Jahr mit denselben Sorgen und Nöten wie das alte geendet hat. Mit all diesen Maßnahmen wird der erforderliche Bewegungs- und Handlungsspielraum derartig eingeschränkt, dass ein erfolgreiches und kontinuierliches Unterrichten unmöglich gemacht wird. Es werden Sozialkontakte über Gebühr verhindert und psychische Belastungen für Kinder und Jugendliche in Kauf genommen. In Pandemie-Zeiten gibt gerade die Schule den Kindern und Jugendlichen Struktur und Halt. Doch die Kultusministerin Eisenmann konnte sich bedauerlicherweise mit ihrer Kritik nicht durchsetzen. „Es ist wichtig, dass wir Schulen anders behandeln als Baumärkte – bei aller Wertschätzung für die Baumärkte,“3 fügte Eisenmann in ihrer Einschätzung zu der leichtfertigen Schulschließung hinzu. Doch nicht nur in der CDU formiert sich Widerstand. Auch in Niedersachsen werden die Schulen für die Abschlussklassen geöffnet. Hier lässt man sich nicht von der Bundeskanzlerin einschüchtern, welche diese Entscheidung als „gegen den Geist der Beschlüsse“ gerichtet rügte.
In Zeiten der völligen politischen Desorientierung und anhaltenden Unsicherheit der Bevölkerung durch tägliche Schreckensmeldungen und Verbreitung von Panik durch Politiker und Medienberichte sind gerade Kultusminister und Bildungspolitiker dazu angehalten, an die vielen Kinder und Jugendlichen in unserem Land zu denken. Ihre mentale und psychische Verfassung wird nun seit fast einem Jahr strapaziert und herausgefordert. Kinderärzte warnen seit langem vor den psychisch-sozialen Folgen der Schulschließungen oder der Konzentration auf den Distanzunterricht. Den Kindern und Jugendlichen werden dadurch nicht nur Bildungs- und Entfaltungsmöglichkeiten genommen, sondern viel tiefgehender die Lebenszuversicht geschwächt und das Grundvertrauen in Staat und Gesellschaft erschüttert. Derzeit sinkt in der Bevölkerung die Hoffnung darauf, dass man schnell zu einem geregelten angstbefreiten Leben zurückfinden kann.
Vor dem Hintergrund dieser nachweisbaren, erheblichen und tiefgreifenden Schäden ist es umso erschütternder, mit welchen Argumenten die Schulschließung von der Landesregierung begründet wird. Sowohl in der Sondersitzung des Parlaments vom 12. Januar 2021 als auch in der Sondersitzung des Ausschusses für Bildung und Schule am 11. Januar 2021 wurde als Grund für die Schließungsmaßnahmen von Schulen und für die Anordnung des Distanzunterrichts angeführt, dass keine gesicherten Zahlen über Ansteckungen während des Schulbesuchs und über darauf basierende Erkrankungen vorlägen. Die Ministerin führte aus, dass man aufgrund einer instabilen Datenlage über Ansteckung und Krankheit die Schulen schließen müsse. Sie gab zu, dass die bisherigen Zahlen über positiv getesteten Schülern und Lehrern so niedrig seien, dass man die Schulen nicht als Hotspots der Covid19-Krankeit betrachten könne, dass auch Präsenzunterricht immer besser sei als Distanzunterricht. Trotzdem halte sie die Maßnahmen der Schulschließung für angemessen. „Über die Sinnhaftigkeit der Maßnahmen habe sie nicht nachgedacht“, so die Ministerin auf Nachfrage des AfD-Abgeord-neten Helmut Seifen, inwiefern solche Maßnahmen sinnvoll seien, wenn doch die Schulen in der Vergangenheit als Risikobereiche vollständig ausfielen. Und dabei muss noch beachtet werden, dass jede positiv getestete Person als infiziert gezählt wird.
Eine vom Abgeordneten Seifen geforderte Unterteilung der im Schulbereich als infiziert bezeichneten Personen in die Kategorien
- positiv Getestete,
- Infizierte,
- Erkrankte,
- schwer Erkrankte und
- Verstorbene
lehnte die Ministerin in der Vergangenheit stets ab.
Olfant Landt, Miterfinder des PCR-Tests und Geschäftspartner von Professor Dr. Drosten bei der Vermarktung dieses Tests, führt in der Fuldaer Zeitung vom 12. Januar 2021 aus, dass die Hälfte der positiv Getesteten nicht infiziert sei. Um gefährlich für Dritte zu sein, müsse man „100-mal mehr Viruslast in sich tragen als die Nachweisgrenze des Testes“.4 Diese Aussage beweist, wie dringend an dieser Stelle Kategorisierungen vorgenommen werden müssen, um eine gesicherte Datenlage über die Ansteckungsgefährlichkeit und den Infektionsverlauf zu haben.
Die durchgehend wiederholte Gleichsetzung von positiv Getesteten mit Infizierten verfälscht die Datenlage über den Krankheitsverlauf in entscheidender Weise. Hier hätte man schon längst eine solide Datenbasis erheben können. Noch weniger nachvollziehbar erschiene dann die Schulschließung z. B. für die ca. 44.000 Schülerinnen und Schüler aus dem Kreis Borken, die deshalb zu Hause bleiben müssen, weil mit Stichtag 08. Januar 2021 von ca. 330.000 Einwohnern des Kreises 624 Personen als infiziert gemeldet worden sind. Von diesen werden 65 Personen im Krankenhaus behandelt, acht davon auf der Intensivstation. Zwei Personen sind bedauerlicherweise inzwischen verstorben, eine 86-jährige und eine 91-jährige Frau.5
Dass bei diesen Zahlen die Verhältnismäßigkeit einer rigorosen Schulschließung nicht mehr gegeben ist, ist evident und muss niemandem erklärt werden. Zu denken geben müsste doch auch die Tatsache, dass weder durch die Herbstferien noch durch die Weihnachtsferien die Anzahl der sogenannten Infizierten nicht rückläufig gewesen ist. Wie will man nun trotz diesem Ergebnis die Schließung der Schulen rechtfertigen? Offensichtlich sind die Schließung der Schulen nicht nur nicht verhältnismäßig, sondern auch nicht geeignet, die sogenannten Infektionszahlen zu senken.
Dass die Regierungen in Bund und Land zum jetzigen Zeitpunkt offensichtlich nicht aus einer objektiven Notwendigkeit, sondern aus einer selbst geschaffenen Angstpsychose heraus die Menschen weiterhin in ihren Rechten beschneiden, zeigen auch die Aussagen zum Umgang mit Virusmutationen. Minister Stamp erklärte in der Sondersitzung des Plenums am 12. Januar 2021 wörtlich: „Wir haben keine genauen Daten. Wir wissen nichts über das mutierte Virus. Wir müssen nun drangehen, die Daten zu beschaffen.“ Damit hält sich Minister Stamp gegenüber dem gesundheitspolitischen Sprecher der SPD, Lauterbach, noch zurück, der in einer Nachrichtensendung formulierte: „Ich weiß nicht genau Bescheid über das neue Virus, aber es ist sehr viel gefährlicher und es werden mehr Leute sterben.“
Diese Äußerungen machen deutlich, dass die massiven Grundrechtseinschränkungen nicht aufgrund eines faktenbasierten Abwägungsprozesses erfolgen, dass genau und überlegt die Eignung der Maßnahmen, ihre Erforderlichkeit und ihre Angemessenheit geprüft werden, sondern dass aufgrund von faktenfernen Vermutungen und Ängsten massive Grundrechtseinschränkungen verfügt werden. Wenn man das bedenkt, kann die einzige Konsequenz nur sein, die sofortige bedingungslose Öffnung von Schulen und Universitäten sowie die unverzügliche Rückkehr zum geordneten Schul- und Wissenschaftsbetrieb einzuleiten. Es gibt keinen Grund mehr für die Grundrechtseinschränkung im Bildungswesen.
Zuletzt zeigt die Corona-Krise, dass die analoge Schule nicht nur in Zeiten einer Pandemie, sondern auch im Normalzustand nicht durch das virtuelle Klassenzimmer ersetzt werden kann. Keine Technik und keine Methode dieser Welt kann die analoge Kooperation von Kindern untereinander und mit ihrer Lehrkraft beim Lernen, Reflektieren und Erschließen neuer Wissenshorizonte ersetzen.
II. Der Landtag stellt fest:
- Keine der vorliegenden Zahlen über Infizierte und Verstorbene rechtfertigt derartig massive Eingriffe in den Schulbetrieb.
- Kinder und Jugendliche werden durch die Eindämmungsmaßnahmen der Regierung zum Schutz vor Covid19-Infektion stärker als Erwachsene in ihrer persönlichen Entwicklung eingeschränkt.
- Bildung ist ein Grundrecht, und die Aussetzung dieses Grundrechts wird verheerende Folgen für eine ganze Generation nach sich ziehen.
- Der Distanzunterricht ist nur ein vorübergehender und schlechter Ersatz für den Prä-senz-unterricht. Der Mensch als soziales Wesen braucht für das Gelingen von Kommunikation, Lernen und Verstehen die direkte Zusammenarbeit mit seiner Lerngruppe in analoger Form.
- Die anhaltende Lockdown-Politik überfordert und strapaziert Schüler, Eltern und Lehrer in unangemessener Weise und ohne hinreichenden Grund.
III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
Schulen und Universitäten mit dem zweiten Halbjahr am 1. Februar 2021 unter Hygienebedingungen zu öffnen sowie unverzüglich zum geordneten Schul- und Wissenschaftsbetrieb zurückzukehren.
Helmut Seifen
Martin Vincentz
Markus Wagner
Andreas Keith
und Fraktion
2 Coronavirus: Schule ab Januar wieder offen? – SWR Aktuell
3 Coronavirus: Schule ab Januar wieder offen? – SWR Aktuell
4 https://www.fuldaerzeitung.de/fulda/corona-pcr-test-mut-rki-robert-koch-institut-berlin-hersteller-tib-molbiol-ol-fert-landt-90132220.html
5 Coronavirus-Situation im Kreis Borken am 07.01.2021: – Aktuell 624 infizierte Personen, 6.314 Gesundete und 148 Todesfälle, damit insgesamt 7.086 bestätigte Fälle / „7-Tage-Inzidenz“ (Kreiswert): 73,0 pro 100.000 Einwohner: Kreis Borken (kreis-borken.de)