Antrag
der Fraktion der AfD
Brüssel kürzt Entschädigungszahlungen während schwerster Vogelgrippe-Epidemie in Deutschland – Nutzgeflügelhaltung in NRW jetzt zukunftssicher machen
I. Ausgangslage
Die aviäre Influenza (AI), auch bekannt als Geflügelpest oder Vogelgrippe, ist eine durch Viren ausgelöste Infektionskrankheit mit einem meist tödlichen Verlauf für Vögel. Diese Viren grassieren in der Wildvogelpopulation und können gering bis hochgradig ansteckend sein. Aufgrund ihrer Übertragbarkeit auf Nutzgeflügel, sind diese Viren vor allen Dingen höchst gefährlich für Hühner, Puten, Gänse und Enten. Im letzten Seuchenzug 2021/22 wurden viele Fälle der Geflügelpest in der NRW-Nutzgeflügelhaltung registriert. Für den aktuellen Seuchenzug 2022/23 hat sich die Lage noch einmal deutlich verschärft.
Der aktuelle Seuchenzug in NRW wurde erstmalig am 3. Oktober 2022 in Bottrop registriert.1 Es wurden Eindämmungsmaßnahmen eingeleitet und der betroffene Betrieb gesperrt. Insgesamt 240 Gänse, Hühner, Enten, Puten und Masthähnchen sind dort an den Folgen der Tierseuche verendet oder mussten gekeult werden.2 Laut dem LANUV wurde eine Sperrzone mit einem Radius von zehn Kilometern eingereichten. Auch in anderen NRW-Kommunen häufen sich die Berichte über Geflügelpest.3,4
Die allgemeine Infektionslage hat sich deshalb so dramatisch verschlechtert, weil sich der Erreger-Typ H5N1 in der heimischen Wildvogelpopulation gehalten hat und für sporadische Infektionen im Sommer sorgte.5 Experten sprechen deshalb von einer endemisch gewordenen Tierseuche. Zum aktuellen Infektionsgeschehen äußerte sich der Vorsitzende des Bundesverbandes Bäuerlicher Gänsehaltung gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Die Rheinische Post zitierte den Vorsitzenden am 12. Oktober 2022 mit den Worten: „Noch nie war die Gans so sehr in Gefahr wie jetzt“.6 In Deutschland ist insbesondere Niedersachen schwer von der Vogelgrippe-Epidemie getroffen. Waren es in Niedersachen im letzten Seuchenzug 2021/22 noch insgesamt 510.000 erkrankte und getötete Tiere sind es jetzt schon über 616.000 Tiere – und die Seuchensaison hat gerade erst angefangen.7
In anderen Regionen der Welt, wo die Geflügelpest bereits endemisch geworden ist, wie z.B. in Südostasien, Nordafrika oder Mittelamerika, wird bereits geimpft. In der EU ist jedoch noch kein AI-Impfstoff zugelassen.8 Mittlerweile mehren sich die Stimmen, welche die Verfügbarkeit eines Impfstoffes fordern. So schreibt der Zentralverband der Geflügelwirtschaft e.V. in seiner Pressemitteilung am 26. September 2022, dass der Import von Impfstoff geprüft werden sollte, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Nutzgeflügelwirtschaft zu erhalten.9
Inmitten dieser für die Betriebe angespannten Lage hat die EU-Kommission in Brüssel verkündet, die Zuschüsse für den Bereich der Lebensmittelsicherheit und damit auch die Notfallmaß-nahmen zur Seuchenbekämpfung zu kürzen.10 Darüber hinaus schlägt Brüssel vor, weitere Seuchenschutzmaßnahmen, wie z.B. die Maßnahmen zur Bekämpfung der Rindertuberkulose, bereits 2023 auslaufen zu lassen. Bisher finanzierte die EU die Entschädigungszahlungen im Tierseuchenfall zu 50 Prozent. Dieser Satz soll jetzt auf 30 Prozent gekürzt werden und das auch noch rückwirkend ab 2020.11
Die niedersächsische Landwirtschaftsministerin bezeichnete das Vorgehen in Brüssel als ein „Foulspiel gegen die Geflügelhalter“.12 Im Interesse der Geflügelhalter auch in NRW sollte sich die Landesregierung gemeinsam mit Niedersachsen für die Rücknahme der Brüsseler Entscheidung einsetzen. Außerdem wird es aufgrund der neueren Erkenntnisse über die Persis-tenz der Tierseuche erforderlich, die Biosicherheitsmaßnahmen zu aktualisieren. Darüber hinaus muss die Landesregierung dem Vorschlag des Zentralverbandes der Geflügelwirtschaft folgen und dafür sorgen, dass ein zuverlässiger Impfstoff gegen die Geflügelpest in NRW verfügbar ist. Dabei sollte die Landesregierung sich auch dafür einsetzen, dass die Anwendung des Impfstoffes keinen wirtschaftlichen Nachteil für die Vermarktung bedeutet. Um die Impf-stoffsicherheit zu prüfen und Langzeitschäden auszuschließen, muss die Landesregierung nach niederländischem Vorbild eine Versuchsreihe mit Impfstoffen starten.13
In der NRW-Nutztierstrategie der vergangenen Legislaturperiode wurde das Projekt „Stall der Zukunft“ für die Schweinehaltung entwickelt. Aufgrund der Bürokratie hat sich die Genehmigung und Fertigstellung des Musterstalls erheblich in die Länge gezogen. Diese Umsetzungsschwierigkeit wurde als Stallbaubremse bezeichnet. Diese Stallbaubremse muss schnellstmöglich gelöst werden. Die immer wiederkehrende Pflicht zur Aufstallung hat negative Folgen für das Nutzgeflügel, z.B. drängeln sich die Tiere an den Auslaufluken und drohen zu ersticken oder entwickeln verhaltensauffälliges Federpicken. Der Weg muss für moderne Stallanlagen freigemacht werden, welche die Folgen der Aufstallungspflicht noch stärker berücksichtigten.
II. Der Landtag stellt fest,
- dass die Geflügelpest in unserer Wildvogelpopulation endemisch geworden ist;
- dass in Folge der spontanen EU-Kürzung viele Geflügelhalter mit deutlich höheren Beiträgen für die Tierseuchenkasse rechnen müssen;
- dass eine Totalräumung des Geflügelbestandes viele Geflügelhalter nicht nur finanziell, sondern auch emotional belastet.
III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
- sich auf allen Ebenen für die Rücknahme der Brüsseler Entscheidung über die Kürzung und die Rückforderung der Entschädigungszahlungen einzusetzen;
- ein Forschungsprojekt über die Verlässlichkeit der Impfstoffe gegen die Geflügelpest anzustoßen und dafür zu sorgen, dass ein wirksamer Impfstoff für NRW-Geflügelhalter mittelfristig verfügbar ist;
- die Biosicherheitsmaßnahmen zusammen mit den Geflügelhaltern weiterzuentwickeln;
- die Stallbaubremse zu lösen und das Genehmigungsverfahren zu vereinfachen;
- die Entwicklung moderner Stallanlagen vor dem möglichen Hintergrund einer dauerhaften Stallpflicht anzustoßen.
Zacharias Schalley
Andreas Keith
Dr. Martin Vincentz
und Fraktion
1 Htt ps:// www. land. Nrw / pressemitteilung / erster-nachweis-der-gefluegelpest-im-herbst-2022-einer-hobbyhaltung-bottrop
2 Htt ps:// www. lanuv. nrw. de / verbraucherschutz /tiergesundheit / tierseuchenbekaempfung / tier-seuchen / gefluegelpest
3 Htt ps:// neue – gladbecker – zeitung. de/gefluegelpest-auch-gladbeck-ist-betroffen/
4 Htt ps:// www. wz. De / nrw / wuppertal / wuppertal-veterinaeramt-warnt-vor-gefluegelpest_aid-78688395
5 Htt ps:// www. agrarheute. Com / t ier / gefluegelpest-aeusserst-aggressiv-ueber-5300-faelle-europa-595335
6 Htt ps:// rp-online . de / panorama / deutschland / vogelgrippe-epidemie-gefaehrdet-die-weihnachts-gans_aid-78199689
7 Htt ps:// www. agrarheute. Com / gefluegelpest-niedersachsen-hat-besorgniserregendes-ausmass-597658
8 Htt ps:// www. deutsches-gefluegel . de / news /dramatische-gefluegelpest-das-macht-auch-uns-tier-mediziner-betroffen/
9 Htt ps:// zdg-online .de / dramatische-vogelgrippe-situation-bedroht-existenz-deutscher-geflugelhal-ter/
10 Htt ps:// www. raiffeisen. Com / news/ artikel/ asp-und-vogelgrippe-sprengen-das-eu-budget-31495163
11 Htt ps:// www. Agrarheute . com /tier / gefluegelpest-entschaedigungen-rueckwirkend-gekuerzt-598603
12 Htt ps:// www. ml. niedersachsen. De / startseite /aktuelles/pressemitteilungen/ministerin-otte-kinast-foulspiel-gegen-geflugelhalter-215857 .html