Kleine Anfrage 2841
der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD
Bürgermeister der CDU und Anwohner gegen Flüchtlingsunterkunft in Gummersbach
Seit dem Bekanntwerden der möglichen Entstehung einer Landesunterkunft für Flüchtlinge in Gummersbach haben Befürchtungen hinsichtlich einer potenziell massiven Belastung des sozialen Friedens in der Gemeinde zugenommen. In diesem Kontext hat sich in den vergangenen Tagen eine Bürgergruppe formiert, die, ähnlich wie Bürgermeister Frank Helmenstein, gegen die Schaffung einer Flüchtlingsunterkunft auf dem ehemaligen FH-Areal am Sandberg ist. Diese Gruppe agiert unter dem Namen „Interessengemeinschaft Sandberg“.
Die Anwohner, die entweder unmittelbar an das besagte Gelände angrenzen, in Reininghausen oder auf dem Hepel wohnen und somit in direkter Nachbarschaft leben, betrachten die Situation kritisch. Sie haben begonnen, sich über WhatsApp-Gruppen auszutauschen, an denen auch die gewählten Vertreter des Gummersbacher Stadtrats teilnehmen, die für dieses Gebiet zuständig sind.
M. zählt zu den Sprechern dieser Gruppe. Er äußerte: „Von einer Flüchtlingsunterkunft geht in unseren Augen eine Strahlwirkung aus, die wir so nicht haben wollen. Und die beschränkt sich nicht nur auf den unmittelbaren Bereich am Sandberg, sondern reicht bis in die Stadt hinunter“. Besonders kritisch betrachtet M. die Nähe zum Lindengymnasium, dessen Eingang lediglich 300 Meter entfernt ist. Weiterhin betont er, dass das Thema Drogen in diesem Zusammenhang nicht unbeachtet bleiben könne.
Die Gruppe betont, dass die letztliche Verantwortung bei der Stadt liege, auch wenn es sich um eine Einrichtung des Landes handle. Es könne zwar Anstrengungen geben, die Rahmenbedingungen zu verbessern, jedoch werde dies nicht wesentlich zur allgemeinen Verbesserung der Situation beitragen. Die Anwohner seien bereits stark verunsichert, da sie befürchten, dass eine solche Einrichtung Reininghausen und Hepel überfordern könnte.
M. stellt klar, dass die gesamte Gruppe sich nicht politisch vereinnahmen lassen werde. Man sei nicht grundsätzlich gegen alles, müsse jedoch eine sachliche Diskussion über offensichtliche Probleme führen können und darüber sprechen, wie man im Ernstfall Schwierigkeiten bewältigen werde. M. hat bereits wahrgenommen, dass es eine zunehmend kritische Grundstimmung gibt, da 500 Bewohner einer solchen Einrichtung nicht ständig vor Ort bleiben, sondern auch das Gelände verlassen werden.
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie beurteilt die Landesregierung die Bedenken hinsichtlich der potenziellen Auswirkungen auf den sozialen Frieden in Gummersbach durch die geplante Flüchtlingsunterkunft am Sandberg aufgrund des zum Beispiel angrenzenden Kindergartens und der Schulen?
- Wie transparent waren die Entscheidungsprozesse bezüglich der Standortauswahl für die Flüchtlingsunterkunft in Gummersbach bzw. welche Konsultation wurden mit der Stadt Gummersbach durchgeführt?
- Welche Beschäftigungs- bzw. Integrationsmaßnahmen plant die Landesregierung für die Flüchtlinge in der Unterkunft am Sandberg?
- Wie wird die Landesregierung sicherstellen, dass die Belastungen bzw. Herausforderungen im Zusammenhang mit der Flüchtlingsunterkunft nicht einseitig auf die städtische Verwaltung von Gummersbach übertragen werden?
- Welche langfristigen Evaluationsmechanismen plant die Landesregierung, um die Auswirkungen der Flüchtlingsunterkunft auf die Stadt Gummersbach und ihre Bürger zu beobachten und, falls notwendig, anzupassen?
Enxhi Seli-Zacharias
Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 2841 mit Schreiben vom 6. Dezember 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung beantwortet.
- Wie beurteilt die Landesregierung die Bedenken hinsichtlich der potenziellen Auswirkungen auf den sozialen Frieden in Gummersbach durch die geplante Flüchtlingsunterkunft am Sandberg aufgrund des zum Beispiel angrenzenden Kindergartens und der Schulen?
Unabhängig von der Größe und der Lage der Einrichtung setzt das Land bei seiner Unterbringung darauf, den Geflüchteten als Bewohnerinnen und Bewohnern der Einrichtungen, aber auch der unmittelbaren Nachbarschaft ein gutes Miteinander zu ermöglichen. So verfügen die Einrichtungen neben einem Sicherheitsdienst über eine an der Bewohnerzahl der Einrichtung ausgerichtete Anzahl von Sozialbetreuerinnen und Sozialbetreuern, die rund um die Uhr anwesend und ansprechbar sind. Örtliche Vereine und ehrenamtliche Helferinnen und Helfer sind willkommen, das Angebot mitzugestalten. Ein Umfeldmanagement übernimmt die Mittlerfunk-tion zwischen der Aufnahmeeinrichtung und der Bürgerschaft und stellt insbesondere zwischen den Geflüchteten und der (unmittelbaren) Nachbarschaft einen persönlichen Kontakt her. Das Umfeldmanagement vermittelt bei Konfliktlagen und wirkt diesen proaktiv, beispielsweise durch regelmäßige Bürgersprechstunden, entgegen.
- Wie transparent waren die Entscheidungsprozesse bezüglich der Standortauswahl für die Flüchtlingsunterkunft in Gummersbach bzw. welche Konsultation wurden mit der Stadt Gummersbach durchgeführt?
- Welche langfristigen Evaluationsmechanismen plant die Landesregierung, um die Auswirkungen der Flüchtlingsunterkunft auf die Stadt Gummersbach und ihre Bürger zu beobachten und, falls notwendig, anzupassen?
Die Fragen 2 und 5 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Angesichts der gestiegenen Zahl Geflüchteter nach Deutschland und Nordrhein-Westfalen arbeitet die Landesregierung zurzeit mit Hochdruck daran, weitere Unterbringungskapazitäten aufzubauen. Diese dienen der Vermeidung von Obdachlosigkeit der bereits angekommenen und weiter ankommenden Menschen und sollen den Kommunen bei der Aufnahme von Geflüchteten Entlastung verschaffen.
Die zuständige Bezirksregierung Köln prüft mit Unterstützung des Bau- und Liegenschaftsbetriebs NRW (BLB) die Errichtung einer Landesunterkunft auf einem dem Land gehörenden Grundstück in Gummersbach. Der Standort erweist sich aus Sicht des Landes grundsätzlich als geeignet, um dort eine Geflüchtetenunterkunft des Landes zu errichten und zu betreiben.
Im Rahmen eines Gesprächs am 2. November 2023 zwischen der Bezirksregierung Köln, dem BLB und dem Verwaltungsvorstand der Stadt Gummersbach wurden die Planungen für eine Landesunterkunft am Sandberg erläutert. Eine Entscheidung wurde noch nicht getroffen.
- Welche Beschäftigungs- bzw. Integrationsmaßnahmen plant die Landesregierung für die Flüchtlinge in der Unterkunft am Sandberg?
In den Einrichtungen finden alters- und geschlechtergerechte Bildungs- und Betreuungsangebote statt und bieten den Bewohnerinnen und Bewohnern eine Tagesstruktur.
Auf Basis der Leistungsbeschreibung und eines im Vergabeverfahren vorzulegenden Betreuungskonzepts würde der Betreuungsdienstleister innerhalb der geplanten Unterbringungseinrichtung Sport- und Freizeitaktivitäten anbieten und Bildungsangebote sowie altersgerechte und zielgruppenspezifische Betreuungsangebote vorhalten. Hierzu würde auch der Betrieb einer Kinderspielstube sowie möglicherweise auch ein das schulnahe Bildungsangebot ergänzendes Komplementärangebot zählen.
- Wie wird die Landesregierung sicherstellen, dass die Belastungen bzw. Herausforderungen im Zusammenhang mit der Flüchtlingsunterkunft nicht einseitig auf die städtische Verwaltung von Gummersbach übertragen werden?
Das Land hat einen Sechs-Punkte-Plan aufgestellt, der insbesondere das Thema „frühzeitige Einbindung von Ehrenamt und Zivilgesellschaft“ umfasst, aber auch Wert auf eine klare, transparente und einbindende Kommunikation mit den Menschen vor Ort legt. Neben der Stärkung des Umfeldmanagements wird auch die Ehrenamtsstruktur künftig verstärkt eingebunden, zum Beispiel durch die Einsetzung von Beiräten und Runden Tischen, zu denen auch die örtlichen Behörden (Polizei, Ordnungsamt etc.) eingeladen werden.