Der CDU-Stadtverband Hamminkeln geht nun doch auf den Bürgerwillen ein und stellt sich jetzt auch gegen die Planungen zu Errichtung einer Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) für 450 Personen im Ortsteil Dingden – Ist das Projekt damit nun vom Tisch?

Kleine Anfrage
vom 02.01.2024

Kleine Anfrage 3134

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD

Der CDU-Stadtverband Hamminkeln geht nun doch auf den Bürgerwillen ein und stellt sich jetzt auch gegen die Planungen zu Errichtung einer Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) für 450 Personen im Ortsteil Dingden Ist das Projekt damit nun vom Tisch?

Am 28. Dezember 2023 berichtete die Rheinische Post über einen Mitgliederbrief des CDU-Stadtverbandes Hamminkeln. Hierin ging es offensichtlich auch um die höchst umstrittene derzeit geplante Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) im Ortsteil Dingden. Vorgesehen ist ein Neubau für 450 Personen am südlichen Ortsausgang.

Diese Planungen führten zu starken Irritationen und darauffolgenden Protesten der Bevölkerung, die sich in der Folge in eine WhatsApp-Gruppe mit zeitweise fast 900 Mitgliedern organisiert hat. Aktuell wird bezüglich der ZUE eine Machbarkeitsstudie erstellt.

Zu den umstrittenen Plänen der Verwaltung zur Errichtung einer ZUE für Flüchtlinge in Dingden heißt es laut RP im Mitgliederbrief:1

„Wir stellen fest: Eine Entscheidung ist nicht getroffen! Zu viele Fragen sind offen. Für die CDU ist heute klar, dass eine Einrichtung mit 450 Plätzen, wie es in Rede steht, in unseren Dörfern nicht realisierbar ist. Solche Größenordnungen überfordern unsere örtlichen Strukturen gewaltig.“ […] Die CDU hatte dazu 100 Fragen an die Verwaltung gerichtet. Ergebnis bisher: „Über ein Drittel ist noch nicht beantwortet. Erste Antworten sind eingetroffen, sie reichen aber bei weitem nicht aus, um ein solches Projekt vernünftig beurteilen zu können.“ Der Hilferuf der Kommunen müsse in 2024 noch eindringlicher und lauter artikuliert werden, „um den Handlungsdruck bei Land und Bund zu erhöhen“.“2

In Bezug auf bisher nicht beantwortete Fragen heißt es in einem weiteren RP-Artikel vom 29. Dezember 2023:

„Weiter heißt es [in dem CDU-Schreiben]: „Sowohl Bezirksregierung (zwölf Fragen) als auch Kreispolizeibehörde (sieben Fragen) haben mitgeteilt – und so wurde es auch an die CDU weitergegeben – dass die sie betreffenden Fragen nur über das zuständige Ministerium im Rahmen der großen Anfrage der AfD beantwortet werden.“ [Bürgermeister] Romanski zieht das Fazit: „Hier konnte und kann die Verwaltung der Stadt Hamminkeln also gar keine Antworten liefern.“3

Eine zeitnahe Beantwortung der Großen Anfrage der AfD-Landtagsfraktion durch die Landesregierung wäre vor diesem Hintergrund wünschenswert.

Die nun ablehnende Haltung des CDU-Stadtverbandes Hamminkeln, der sich dann offensichtlich doch noch dem Bürgerwillen gebeugt hat, wirft bereits jetzt die Frage auf, ob das Projekt vor dem Hintergrund vermutlich fehlender Mehrheiten im Rat noch fortgeführt werden kann. Es stellt sich zudem die Frage, ob es sich hier um einen echten Sinneswandel des CDU-Stadtverbands Hamminkeln handelt, oder um ein Spiel mit verteilten Rollen im Hinblick auf die näher rückende Kommunalwahl.

Ebenso ist es von größtem Interesse, ob die unter Druck stehende Landesregierung sich ebenfalls dem Bürgerwillen fügt, obwohl die 450 Plätze vermutlich bereits fest verplant waren.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Welche Erkenntnisse haben sich bisher im Rahmen der Machbarkeitsstudie ergeben?
  2. Inwiefern ist die Landesregierung mittlerweile bereit, sich dem deutlich artikulierten Bürgerwillen gegen die Errichtung der ZUE Dingden zu fügen?
  3. Inwiefern wird sich die Landesregierung auch einer mittlerweile wohl möglichen Ratsmehrheit gegen die Errichtung der ZUE Dingden fügen?
  4. Im zitierten CDU-Mitgliederbrief heißt es nun, dass der Hilferuf der Kommunen im Jahr 2024 noch eindringlicher und lauter artikuliert werden müsse, um den Handlungsdruck bei Land und Bund zu erhöhen. Inwiefern ist die Landesregierung im neuen Jahr bereit, die Hilferufe der Kommunen endlich ernst zu nehmen und den Druck an die ihr übergeordnete Ebene, die Bundesregierung, aktiv weiterzugeben?
  5. Im zitierten CDU-Mitgliederbrief ist ebenfalls von einer deutlichen Überforderung kleiner Kommunen mit derartig großen Unterbringungseinrichtungen die Rede. In Dingden würden auf 7.100 Einwohner 450 Asylsuchende kommen. Inwiefern nimmt die Landesregierung diesen Einwand generell ernst bzw. wird sie dies bei zukünftigen Planungen berücksichtigen?

Enxhi Seli-Zacharias

 

MMD18-7573

 

1 Vgl. hierzu auch Große Anfrage 16 der AfD-Fraktion „Informationsbedarf zur Flüchtlingssituation in Hamminkeln – Welche Motivation bewegt die Landesregierung zur Errichtung einer Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) in Hamminkeln-Dingden?“ https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD18-6722.pdf

2 Vgl. https://rp-online.de/nrw/staedte/wesel/nrw-generalsekretaer-zu-gast-bei-der-cdu-hamminkeln_aid-104107353

3 Vgl. https://rp-online.de/nrw/staedte/wesel/hamminkeln-buergermeister-romanski-reagiert-auf-cdu-kritik_aid-104184241


Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 3134 mit Schreiben vom 15. Februar 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung beantwor­tet.

  1. Welche Erkenntnisse haben sich bisher im Rahmen der Machbarkeitsstudie erge­ben?

Die Machbarkeitsstudie liegt der Bezirksregierung Düsseldorf noch nicht vor, sodass zu etwa­igen Erkenntnissen keine Aussage getroffen werden kann.

  1. Inwiefern ist die Landesregierung mittlerweile bereit, sich dem deutlich artikulier­ten Bürgerwillen gegen die Errichtung der ZUE Dingden zu fügen?

Die Unterbringung von geflüchteten Menschen ist eine zentrale Verpflichtung des Landes Nordrhein-Westfalen und der Kommunen. Die Bezirksregierung Düsseldorf ist bemüht, bei der Erfüllung dieser Pflicht alle betroffenen Belange und Interessen bestmöglich zu berücksichti­gen und in Einklang zu bringen.

  1. Inwiefern wird sich die Landesregierung auch einer mittlerweile wohl möglichen Ratsmehrheit gegen die Errichtung der ZUE Dingden fügen?

Für die Bezirksregierung Düsseldorf ist die kommunalpolitische Unterstützung, insb. vor dem Hintergrund der Antwort zu Frage 2, von hoher Bedeutung. Es gibt im Regierungsbezirk Düs­seldorf keine Einrichtung, die gegen den kommunalpolitischen Willen umgesetzt wurde.

  1. Im zitierten CDU-Mitgliederbrief heißt es nun, dass der Hilferuf der Kommunen im Jahr 2024 noch eindringlicher und lauter artikuliert werden müsse, um den Hand­lungsdruck bei Land und Bund zu erhöhen. Inwiefern ist die Landesregierung im neuen Jahr bereit, die Hilferufe der Kommunen endlich ernst zu nehmen und den Druck an die ihr übergeordnete Ebene, die Bundesregierung, aktiv weiterzugeben?

Aus Sicht der Landesregierung kommt der Bund seinen Verpflichtungen in den migrationspo-litischen Fragestellungen bislang immer noch nicht ausreichend nach. Die Landesregierung setzt sich konsequent beim Bund für die Kommunen entlastende Maßnahmen ein. Diesbezüg­lich wird auf die Besprechung des Bundeskanzlers mit den Regierungschefinnen und Regie­rungschefs der Länder am 6. November 2023 und auf den Beschluss zu TOP 6 „Flüchtlings­politik – Humanität und Ordnung“ verwiesen.

  1. Im zitierten CDU-Mitgliederbrief ist ebenfalls von einer deutlichen Überforderung kleiner Kommunen mit derartig großen Unterbringungseinrichtungen die Rede. In Dingden würden auf 7.100 Einwohner 450 Asylsuchende kommen. Inwiefern nimmt die Landesregierung diesen Einwand generell ernst bzw. wird sie dies bei zukünf­tigen Planungen berücksichtigen?

Bei der Beurteilung der Geeignetheit eines Standortes spielen unterschiedlichste Faktoren eine Rolle und es handelt sich immer um Einzelfallentscheidungen. Insofern spielt für die Be­zirksregierung Düsseldorf die Abstimmung mit den kommunalen Vertretern eine wichtige Rolle.

Grundsätzlich können auch Liegenschaften mit einer Kapazität von weniger als 300 Plätzen einbezogen werden, sofern ein wirtschaftlicher Betrieb möglich ist; diesbezüglich wird auf die „Gemeinsame Vereinbarung von Landesregierung und Kommunalen Spitzenverbänden zur Unterbringung und Versorgung geflüchteter Menschen in Nordrhein-Westfalen – Für eine Ver­antwortungsgemeinschaft von Bund, Land und Kommunen“ vom 28.09.2023 verwiesen.

Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen.

 

MMD18-8055