Kleine Anfrage 3332
des Abgeordneten Dr. Martin Vincentz AfD
Der Fall Ulrike Guérot
Professorin Ulrike Guérot ist eine deutsche Politikwissenschaftlerin und Publizistin, sie gilt als ausgewiesene Expertin im Bereich europapolitischer Fragen und den europäischen Einigungsprozess. Zuletzt war sie seit September 2021 Professorin im Angestelltenverhältnis für Europapolitik und Co-Leiterin des Centre Ernst Robert Curtius (CERC) an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.1
Am 16.2.2023 erging eine Kündigung zum 31. März 2023 durch die Universität Bonn, wobei bereits im März keine Gehaltszahlungen mehr erfolgten. Der Kündigung liegen Plagiatsvorwürfe zugrunde, die seitens der Universität Bonn gegen Frau Guérot erhoben wurden. Eine Kündigungsschutzklage von Frau Guérot erfolgte am 9. März 2023, am 28. April 2023 scheiterte eine Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht in Bonn. Ein weiterer Gerichtstermin – ursprünglich angesetzt auf den 13. September 2023 – wurde immer wieder verschoben.
Auf die der Kündigung zugrunde liegenden Vorwürfe, sich während ihrer Dienstzeit an der Universität Bonn fremdes geistiges Eigentum angeeignet zu haben, ohne dies als solches kenntlich zu machen, entgegnete Frau Prof. Dr. Guérot unter anderem, dass es sich bei den relevanten Publikationen nicht um wissenschaftliche Veröffentlichungen handele. Dem sind die zuständigen Gremien nicht gefolgt. Das Rektorat hat daraufhin arbeitsrechtliche Schritte eingeleitet.2 In der öffentlichen Diskussion tun sich fortlaufend immer größere Zweifel an der Darstellung der Universität auf, und es entsteht der Anschein, es würde versucht werden, sich einer Professorin mit einer unbeliebten polarisierenden Meinung zu entledigen.
Die Universität Bonn ist als rechtsfähige öffentlich-rechtliche Körperschaft unter der Aufsicht des Landes Nordrhein-Westfalen. Zuständig ist das Ministerium für Wissenschaft. Inwieweit ist die Landesregierung über den gesamten Vorgang in Kenntnis gesetzt?
In diesem Zusammenhang frage ich die Landesregierung:
- In welchem Umfang hat die Landesregierung in Form des zuständigen Ministeriums Kenntnis über den o.g. Vorgang?
- In welcher Höhe bzw. in welchem Umfang sind seit der Kündigung der Universität Kosten zu wessen Lasten entstanden?
- Welche Begründung lag der Entscheidung zugrunde, die rechtlichen Angelegenheiten nicht intern zu klären, sondern eine renommierte Anwaltskanzlei zu mandatieren?
Dr. Martin Vincentz
1 https://www.deutschlandfunkkultur.de/der-tag-mit-ulrike-guerot-wahlkampf-kleine-fehltritte-100.html
2 https://www.uni-bonn.de/de/neues/plagiatsvorwurf-bestaetigt
Die Ministerin für Kultur und Wissenschaft hat die Kleine Anfrage 3332 mit Schreiben vom 11. März 2024 namens der Landesregierung beantwortet.
- In welchem Umfang hat die Landesregierung in Form des zuständigen Ministeriums Kenntnis über den o.g. Vorgang?
Die Hochschulleitung der Universität Bonn hat das Ministerium für Kultur und Wissenschaft am 24. Februar 2023 über den Sachverhalt informiert. Die Hochschule gab gegenüber dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft an, in der Angelegenheit fachanwaltlich beraten zu werden. Frau Professorin Guérot veröffentlichte am selben Tag auf Twitter einen Tweet über ihre Kündigung. Sie teilte mit, rechtliche Schritte gegen die Kündigung einzuleiten. Die Hochschule hat daraufhin im Rahmen einer Pressemitteilung öffentlich Stellung zu dem Sachverhalt genommen. In dem nachfolgenden Zeitraum wurden mehrere Zeitungsartikel zu dem Sachverhalt veröffentlicht.
- In welcher Höhe bzw. in welchem Umfang sind seit der Kündigung der Universität Kosten zu wessen Lasten entstanden?
Die Universität Bonn hat angegeben, dass ihr im Rahmen der arbeitsrechtlichen Begleitung des Verfahrens bisher Anwaltskosten in Höhe von 58.000 Euro entstanden sind. Die Kosten werden von der Hochschule getragen.
- Welche Begründung lag der Entscheidung zugrunde, die rechtlichen Angelegenheiten nicht intern zu klären, sondern eine renommierte Anwaltskanzlei zu man-datieren?
Die Universität Bonn entscheidet in eigener Zuständigkeit darüber, ob sie sich zur Bewältigung von komplexen arbeits- oder dienstrechtlichen Sachverhalten vor den Gerichten rechtsanwaltlich beraten lässt. So auch in diesem Fall.