Die Debatte um Stickstoffdioxide auf valide Erkenntnisse stützen

Kleine Anfrage
vom 10.04.2018

Kleine Anfrage 951
des Abgeordneten Dr. Martin Vincentz AfD

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Die immer wiederkehrende Diskussion über die Dieselabgase spitzt sich zu und wird immer skurriler. Dieselabgase schaden nicht nur der Natur, sie schaden auch der Gesundheit und körperlichen Unversehrtheit. Je nach Medium ist von tausenden oder sogar zehntausenden Todesfällen durch Stickstoffoxide (NOX), insbesondere durch Abgase von Dieselfahrzeugen, die Rede. Eine Studie der Organisation Environmental Health Analytics (LLC), Washington, will die Folgen der aktuellen Dieselpolitik nunmehr sogar mit jährlich 107.000 Todesfällen durch Stickstoffoxide beziffern1.

Die Studie „Quantifizierung von umweltbedingten Krankheitslasten aufgrund der Stickstoffdioxid – Exposition in Deutschland“ des Umweltbundesamtes (UBA) will für das Jahr 2014 sogar rund 6.000 vorzeitige Todesfälle alleine in Deutschland statistisch ermittelt haben, die auf die Langzeitbelastung mit Stickstoffdioxid zurückgeführt werden sollen. Hierbei handelt es sich um dieselbe Bundesbehörde, welche noch vor einigen Monaten in einer Statistik über einen Zeitraum von 1990 bis 2015 ein Rückgang der Stickstoffoxid-Emissionen um über 1,7 Millionen Tonnen oder 59 Prozent verzeichnete.

Dabei handelt es sich um immer wiederkehrende Thesen, die in die öffentliche Debatte um ein Diesel-Fahrverbot einfließen, welche jedoch jeglicher Validität entbehren und zur Verunsicherung der Bevölkerung beitragen.

Ein kausaler negativer Einfluss auf die Gesundheit kann nicht erwiesen werden, bestätigte auch der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Arbeits- und Umweltmedizin, welcher vor Panikmache im Streit um Grenzwerte und Diesel-Fahrverbote warnte. „Auch bei 100 Mikrogramm NO2 sehen wir noch keinen Effekt, der krank machen kann“, sagte der Erlangener Professor der „Deutschen Presse-Agentur“ im Februar dieses Jahres. Doch wie stellen sich diese Zahlen konkret dar, und wie groß ist die Belastung durch die Schadstoffe tatsächlich?

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Welcher Zusammenhang besteht zwischen Todesfällen und der NO2-Emission aus dem Verkehrssektor?
  2. Welcher Zusammenhang besteht zwischen Krankheitsfällen und der NO2-Emission aus dem Verkehrssektor?
  3. Zum Schutz der Vegetation ist nach §3 Absatz 4 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen (BImSchV) ein kritischer Grenzwert von 30 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft zulässig, während der Grenzwert zum Schutz der menschlichen Gesundheit 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft beträgt. Warum wird die Natur mehr geschützt als der Mensch?
  4. Wie oft wurde der kritische Alarmschnellwert nach § 3 Absatz 3 der 39. BImSchV in Nordrhein Westfalen für das Jahr 2017 erreicht?

Dr. Martin Vincentz

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Hier nun die Antwort der Landesregierung:

 

1.  Welcher Zusammenhang besteht zwischen Todesfällen und der
NO2-Emission aus dem Verkehrssektor?

2. Welcher Zusammenhang besteht zwischen Krankheitsfällen und
der NO2-Emission aus dem Verkehrssektor?

Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet.

Zum Schutz der menschlichen Gesundheit wurden im Jahr 1999 EU-weit gültige Grenzwerte für Stickstoffdioxid und weitere Luftschadstoffe festgelegt.

Die Einhaltung dieser gesetzlichen Grenzwerte steht für die Landesregierung nicht in Frage. Dennoch auftretende Überschreitungen des Jahresgrenzwertes für NO2 (40 Mikrogramm pro Kubikmeter) werden in erster Linie an Straßen mit hohem Verkehrsaufkommen gemessen.

Zu den Wirkungen von NO2 liegen Studien, insbesondere auch der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor. Umweltepidemiologische Studien haben statistische Verknüpfungen zwischen kurz- und langfristiger Belastung gegenüber NO2 und einer erhöhten Häufigkeit von Sterbe- und Krankheitsfällen ermittelt.

 

3. Zum Schutz der Vegetation ist nach § 3 Absatz 4 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-lmmissionsschutzgesetzes Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen (BlmSchV) ein kritischer Grenzwert von 30 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft zulässig, während der Grenzwert zum Schutz der menschlichen Gesundheit 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft beträgt. Warum wird die Natur mehr geschützt als der Mensch?

 

Nicht alle Schutzgüter reagieren gleich empfindlich auf Umweltbelastungen. Der in der EU-Richtlinie 2008/50/EG und in der 39. BlmSchV für Stickstoffoxide (NOx) festgelegte kritische Wert zum Schutz der Vegetation (30 Mikrogramm pro Kubikmeter) ist ein auf Grund wissenschaftlicher Erkenntnisse festgelegter Wert. Nach § 1 Nr. 17 der 39. BlmSchV kann eine Überschreitung des kritischen Werts unmittelbare schädliche Auswirkungen (z.B. Blattschäden, herabgesetztes Wachstum) auf manche Pflanzen oder natürliche Ökosysteme haben.

Die Beurteilung der Einhaltung des kritischen Werts zum Schutz der Vegetation beschränkt sich auf Standorte außerhalb von Ballungsräumen und anderen bebauten Gebieten.

Dies ist in der 39. BlmSchV über Anlage 3 B Nr. 2 in Verbindung mit Anlage 5 C geregelt.

Dort werden die Voraussetzungen für Probenahmestellen mit Messungen zum Schutz der Vegetation und der natürlichen Ökosysteme beschrieben.

 

4. Wie oft wurde der kritische Alarmschnellwert nach § 3 Absatz 3 der 39. BlmSchV in Nordrhein Westfalen für das Jahr 2017 erreicht?

 

Die Alarmschwelle für Stickstoffdioxid (NO2) beträgt nach § 3 Abs. 3 der 39. BlmSchV über eine volle Stunde gemittelt 400 pg/m3, gemessen an drei aufeinanderfolgenden Stunden an Probenahmestellen, die für einen Ballungsraum oder einen Bereich von mindestens 100 Quadratkilometern repräsentativ sind. Nach § 1 Nr. 1 der 39. BlmSchV ist die Alarmschwelle ein Wert, bei dessen Überschreitung bei kurzfristiger Exposition ein Risiko für die Gesundheit der Gesamtbevölkerung besteht und unverzüglich Maßnahmen ergriffen werden müssen.

Dieser Wert wurde in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2017 nicht überschritten.