Die kranke Republik – Krankenstände analysieren, Gesundheitsförderung in den Fokus rücken.

Antrag
vom 06.11.2024

Antrag

der Fraktion der AfD

Die kranke Republik Krankenstände analysieren, Gesundheitsförderung in den Fokus rücken.

I. Ausgangslage

Der Krankenstand ist ein wichtiger Indikator für die Gesundheit der Bevölkerung und die Be­lastungen in der Arbeitswelt. Jährlich melden sich Millionen von Arbeitnehmern krank. Die Gründe hierfür sind vielfältig – von saisonalen Erkältungen bis hin zu psychischen Belastun­gen. Der Einfluss von Arbeitsbedingungen, gesellschaftlichen Veränderungen und gesundheit­lichen Herausforderungen, wie der COVID-19-Pandemie, hat das Thema Krankmeldungen in den letzten Jahren in den Fokus gerückt. Schon vor der Krankheitswelle im Herbst und Winter bewegen sich die Krankschreibungen auf einem Rekordniveau. Die Zahl der Krankheitsfälle von Beschäftigten in Deutschland hat den Höchstwert von 2023 bereits in den ersten acht Monaten des laufenden Jahres erreicht. Von Januar bis August gab es 225 krankheitsbedingte Arbeitsausfälle je 100 Versicherte, wie der AOK-Bundesverband auf Basis von Krankmeldun­gen ermittelt hat. „Da die zu erwartende Krankheitswelle im Herbst und Winter noch aussteht, werden die Zahlen voraussichtlich deutlich über dem Vorjahr liegen. Zum Vergleich: Im Durch­schnitt der Jahre 2014 bis 2021 kamen auf 100 Versicherte nur knapp 160 Krankheitsfälle pro Jahr.“1

Der Krankenstand der Beschäftigten in Nordrhein-Westfalen ist im ersten Quartal 2024 mit 6,0 Prozent weiterhin hoch geblieben. Nach einer aktuellen Analyse der DAK-Gesundheit waren von Januar bis Ende März an jedem Tag 60 von 1.000 Beschäftigten krankgeschrieben. Zum Vergleich: Im Rekordjahr 2023 lag der Krankenstand in NRW nur um 0,2 Prozentpunkte höher (6,2 Prozent). Damit landet Nordrhein-Westfalen über dem bundesweiten Durchschnitt von 5,8 Prozent. Jeder Beschäftigte in NRW war durchschnittlich rund 5,5 Fehltage krankgemeldet.2 Auch ist Corona als Krankheitsbild noch immer aktuell; so wurden nach Daten des Landes-zentrum Gesundheit (LZG) in ganz NRW seit dem Beginn der Saison ab Kalenderwoche 40 Ende September insgesamt 3.126 Corona-Erkrankungen sowie 87 Erkrankungen mit In­fluenza-Viren gemeldet. Der hohe Krankenstand hat auch wirtschaftliche Auswirkungen. Ohne die überdurchschnittlichen Krankentage wäre die deutsche Wirtschaft um knapp 0,5 Prozent gewachsen. Somit büßt Deutschland durch den hohen Krankenstand Einkommen in Höhe von 26 Milliarden Euro ein – auch für die Krankenversicherung und an Steuern gehen mehrere Milliarden verloren, wie aus dem Economic Policy Brief des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller e. V. hervorgeht:3 „Die wirtschaftlichen Folgen des hohen Kranken­stands sind beträchtlich und führen zu einem erheblichen Wertschöpfungsverlust. Das Wachs­tum in den Jahren 2022 und 2023 fiel um etwa 0,8 Prozentpunkte geringer aus, das Bruttoin­landsprodukt in beiden Jahren zusammengenommen um real gut 50 (nominal rund 65) Milli­arden Euro. Dies hat reale Konsequenzen für den Wohlstand des Landes.“

Aber auch die Einführung der elektronischen Krankschreibung (eAU) hat einen unmittelbaren Effekt auf den Krankenstand, denn sie vereinfacht den Prozess für Arbeitnehmer. Da die eAU schneller übermittelt wird, können Arbeitnehmer ihre Krankheit unmittelbar melden. Dies könnte insbesondere bei kurzfristigen Erkrankungen zu einem Anstieg der gemeldeten Fehl­tage führen und somit auch in einem kausalen Zusammenhang zu einem Rückgang der Dun­kelziffer führen. Weiterhin wird durch die elektronische Übermittlung die Dokumentation der Krankmeldungen transparenter. Dies könnte dazu führen, dass Arbeitgeber die Krankmeldun­gen ernsthafter wahrnehmen und auch die Arbeitnehmer eher bereit sind, sich krank zu mel­den, wenn sie wissen, dass dies effizient dokumentiert wird. Denn suchte man noch vor eini­gen Jahren mit einer Erkältung oder gar Grippe den Arbeitsplatz auf, so hat die COVID-19-Pandemie weite Teile der Bevölkerung dahingehend sensibilisiert, bei ersten Krankheitssymp­tomen sowohl den Arbeitsplatz als auch andere Arten an Zusammenkünften mit Personen weitestgehend zu meiden, um einer Stigmatisierung zu entgehen.

Auf der anderen Seite könnte die Digitalisierung auch dazu führen, dass Arbeitnehmer weniger Hemmungen haben, sich krank zu melden, da der Prozess weniger sichtbar ist. Dies könnte gerade auch bei psychischen Erkrankungen von Bedeutung sein, insbesondere vor dem Hin­tergrund, dass eine Krankschreibung aufgrund von psychischen Belastungen nunmehr nach Atemwegserkrankungen der häufigste Grund für einen Arbeitsausfall ist. „So haben die AU-Tage aufgrund psychischer Erkrankungen seit 2014 um knapp 47 Prozent zugenommen (Stand: August 2024). Bei Krankschreibungen wegen Burnout-Erkrankungen war zudem ein Anstieg von 100 AU-Tagen je 100 erwerbstätige AOK-Mitglieder im Jahr 2014 auf knapp 184 Tage im Jahr 2024 festzustellen (Stand: August 2024).“4

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Trend zu immer mehr Krankheitstagen un­gebrochen ist. Um lösungsorientierte Maßnahmen maßgeschneidert einführen zu können, ist qualitative und quantitative Ursachenforschung und eine daraus zu erstellende valide Daten­basis unerlässlich.

II. Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

  1. ein landesweites Monitoring einzuführen, um in Zusammenarbeit mit Fachleuten Kran­kenstände zu analysieren, Arbeitsbedingungen sowie Arbeitsbelastungen zu bewerten, und darauf aufbauend
  2. im Zuge einer Präventionskampagne in Zusammenarbeit mit Unternehmen gesundheits­fördernde Maßnahmen am Arbeitsplatz zu implementieren;
  3. betriebliche Gesundheitsförderung zu erarbeiten und subventionieren;
  4. im Zuge eines landesweiten Informationskampagne das Bewusstsein für die Gesundheit zu schärfen und den Fokus insbesondere auf medizinischer Vorsorge und regelmäßigen Untersuchungen zu richten, um Krankheiten frühzeitig zu erkennen und Angebote insbesondere zur Unterstützung psychischer Gesundheit, wie Coaching und Therapie, um Stress und Burnout vorzubeugen zu schaffen;
  5. die Zusammenarbeit zwischen Gesundheitsbehörden, Unternehmen und Bildungsein­richtungen zu forcieren, um ein ganzheitliches Konzept zu entwickeln.

Dr. Matin Vincentz
Christian Loose

und Fraktion

 

MMD18-11317

 

1 https://www.tagesschau.de/wirtschaft/krankschreibungen-statistik-hoechststand-100.html

2 https://www.dak.de/presse/landesthemen/nordrhein-westfalen/gesundheitsreport/nrw-krankenstand-im-ersten-quartal-2024-weiterhin-hoch_67104

3 https://www.vfa.de/print/de/wirtschaft-politik/macroscope/macroscope-hoher-krankenstand-drueckt-deutschland-in-die-rezession

4 https://www.wido.de/news-presse/pressemitteilungen/2024/fehlzeiten-report-2024/