Dortmund: Kliniken sehen sich gezwungen, Ihr Personal mit Bodycams auszustatten

Kleine Anfrage
vom 26.02.2025

Kleine Anfrage 5147

der Abgeordneten Markus Wagner und Dr. Martin Vincentz AfD

Dortmund: Kliniken sehen sich gezwungen, Ihr Personal mit Bodycams auszustatten

„Wir wollen testen, ob die Bodycams die gleiche deeskalierende Wirkung haben, wie sie sich bei Polizei und Ordnungsdienst der Stadt zeigt.“1

Der Arbeitsdirektor der Kliniken in Dortmund, K., stellte Pläne vor, wonach die Kameras ausschließlich bei verbalen und körperlichen Attacken eingeschaltet werden sollen. Sie könnten in diesem Falle auch potenziell zur Beweissicherung dienen. Infolge immer zahlreicherer Eskalationen in den Notaufnahmen will das Klinikum in den Notaufnahmen der Kliniken Mitte, Nord und der Kinderklinik Bodycams für das Personal einführen. Bereits im November 2024 begründete der Arbeitsdirektor der Kliniken den Schritt mit steigender Kriminalität. Seit Jahren ruft das Pflegepersonal vieler Notaufnahmen um Hilfe – und das nicht nur in Dortmund. Einfache Pöbeleien, Beleidigungen und Drohen sind dabei an der Tagesordnung.2

In regelmäßigen Abständen eskaliert es aber durchaus auch stärker. Oftmals alkoholisierte oder unter Drogen stehende Patienten – in der Regel Männer – demolieren Einrichtung und greifen in Einzelfällen sogar das Pflegepersonal an. Im Klinikum Nord wurde eine Pflegerin beispielsweise an ihrem zweiten Arbeitstag im Jahr 2023 schwer verletzt. Ein Patient rastete spontan aus, trat ihr mit einem Stiefel ins Gesicht und brach ihr die Nase. Genau wegen solcher Gewalteskalationen möchte der Arbeitsdirektor die Bodycams ausprobieren. Sie sollen noch in diesem Jahr eingeführt werden und befinden sich aktuell noch in der Vorbereitungsphase. Wie bei allen anderen Bild- und Tonaufnahmen müsse aber gerade in der Notaufnahme geklärt werden, wann gefilmt werden darf. Vom Personal selbst, das die Kameras tragen und nutzen soll, gebe es keinerlei Bedenken gegenüber der Maßnahme. Jeder Mitarbeitende entscheide am Ende selbst, ob und wann er die Bodycam nutzt und wann er sie einschaltet. Seit über einem Jahr setzt das Klinikum zum Schutz der Mitarbeiter bereits auf Sicherheitsfirmen und Securitymitarbeiter, die die Pfleger vor Gewalt schützen sollen.3

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Wie viele Straftaten in Krankenhäusern in Dortmund wurden seit 2015 bis heute pro Jahr registriert?
  2. Wie viele Straftaten in Krankenhäusern in Nordrhein-Westfalen wurden seit 2015 bis heute pro Jahr registriert?
  3. Wie viele Gewaltdelikte in Krankenhäusern in Dortmund wurden seit 2015 bis heute pro Jahr registriert?
  4. Wie viele Gewaltdelikte in Krankenhäusern in Nordrhein-Westfalen wurden seit 2015 bis heute pro Jahr registriert?
  5. Wie bewertet die Landesregierung die Einführung von Bodycams für das Personal von Krankenhäusern?

Markus Wagner
Dr. Martin Vincentz

 

MMD18-12898

 

1 Vgl. https://www.ruhrnachrichten.de/dortmund/bodycams-in-der-notaufnahme-klinikum-dortmund-plant-einfuehrung-noch-2025-w982133-2001509748/.

2 Ebenda.

3 Ebenda.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 5147 mit Schreiben vom 14. April 2025 na­mens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und So­ziales beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Datenquelle für die Beantwortung von Fragen zur Kriminalitätsentwicklung ist die Polizeiliche Kriminalstatistik. Sie wird nach bundeseinheitlich festgelegten Richtlinien erstellt. Die Erfas­sung erfolgt nach Abschluss aller kriminalpolizeilichen Ermittlungen und führt häufig zu einem zeitlichen Versatz zwischen Bekanntwerden der Straftat und der statistischen Erfassung. Die Polizeiliche Kriminalstatistik ist eine Jahresstatistik, die zu Jahresbeginn eines Folgejahres für das Vorjahr veröffentlicht wird. Bis zur Veröffentlichung führt das Landeskriminalamt Nord­rhein-Westfalen umfangreiche und aufwändige Prüfroutinen im Rahmen eines Qualitätssiche-rungsprozesses durch. Insofern liegen Daten für das Jahr 2025 derzeit nicht vor.

  1. Wie viele Straftaten in Krankenhäusern in Dortmund wurden seit 2015 bis heute pro Jahr registriert?

Die polizeilich bekannt gewordenen Straftaten mit der Tatörtlichkeit „Krankenhaus/Sanato-rium“ für die Kreispolizeibehörde Dortmund bitte ich der folgenden Tabelle zu entnehmen.

Jahr Fälle
2015 413
2016 535
2017 522
2018 466
2019 509
2020 411
2021 393
2022 433
2023 506
2024 513

 

  1. Wie viele Straftaten in Krankenhäusern in Nordrhein-Westfalen wurden seit 2015 bis heute pro Jahr registriert?

Die polizeilich bekannt gewordenen Straftaten mit der Tatörtlichkeit „Krankenhaus/Sanato-rium“ für Nordrhein-Westfalen bitte ich der folgenden Tabelle zu entnehmen.

Jahr Fälle
2015 9.602
2016 9.912
2017 10.011
2018 8.854
2019 9.183
2020 7.837
2021 7.100
2022 8.093
2023 8.868
2024 9.284

 

  1. Wie viele Gewaltdelikte in Krankenhäusern in Dortmund wurden seit 2015 bis heute pro Jahr registriert?

Zur Beantwortung der Frage wurden der Summenschlüssel „Gewaltkriminalität“ sowie die „vor­sätzliche einfache Körperverletzung“ ausgewertet. Der Summenschlüssel „Gewaltkriminalität“ umfasst folgende Delikte:

  • Mord, Totschlag und Tötung auf Verlangen,
  • Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und sexueller Übergriff im besonders schweren Fall einschließlich mit Todesfolge,
  • Raub, räuberische Erpressung und räuberischer Angriff auf Kraftfahrer,
  • Körperverletzung mit Todesfolge,
  • gefährliche und schwere Körperverletzung, Verstümmelung weiblicher Genitalien sowie
  • erpresserischer Menschenraub, Geiselnahme und Angriff auf den Luft- und Seeverkehr.

Die polizeilich bekannt gewordenen Fälle des Summenschlüssels „Gewaltkriminalität“, ergänzt um die „vorsätzliche einfache Körperverletzung“, mit der Tatörtlichkeit „Krankenhaus/Sanato-rium“ für die Kreispolizeibehörde Dortmund bitte ich der folgenden Tabelle zu entnehmen.

Jahr Fälle
2015 33
2016 54
2017 52
2018 54
2019 57
2020 66
2021 69
2022 64
2023 72
2024 65

 

  1. Wie viele Gewaltdelikte in Krankenhäusern in Nordrhein-Westfalen wurden seit 2015 bis heute pro Jahr registriert?

Die polizeilich bekannt gewordenen Fälle des Summenschlüssels „Gewaltkriminalität“, ergänzt um die „vorsätzliche einfache Körperverletzung“, mit der Tatörtlichkeit „Krankenhaus/Sanato-rium“ für Nordrhein-Westfalen bitte ich der folgenden Tabelle zu entnehmen.

Jahr Fälle
2015 689
2016 809
2017 921
2018 839
2019 879
2020 962
2021 897
2022 1.147
2023 1.219
2024 1.256

 

  1. Wie bewertet die Landesregierung die Einführung von Bodycams für das Personal
    von Krankenhäusern?

Die Einführung von Bodycams für Krankenhauspersonal kann grundsätzlich ein Mittel zur Ge­waltprävention sein. Sichtbare Kameras können eine deeskalierende Wirkung haben und dazu beitragen, Übergriffe zu reduzieren. Zudem bieten sie die Möglichkeit der Beweissicherung, was sowohl dem Schutz des Personals als auch der Aufklärung von Vorfällen dienen kann.

Allerdings handelt es sich um eine weitreichende Maßnahme, die nur unter klaren Rahmen­bedingungen umgesetzt werden sollte. Datenschutz, Persönlichkeitsrechte und die Frage, wann und unter welchen Umständen die Kameras eingeschaltet werden dürfen, spielen eine zentrale Rolle. Die Entscheidung darüber liegt in der Verantwortung der Krankenhäuser, die hierfür klare Regelungen und transparente Konzepte erarbeiten müssen.

Für die Landesregierung Nordrhein-Westfalen hat Kriminalprävention eine herausragende Be­deutung. Sie ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die vernetzt, interdisziplinär sowie als ressort- und institutionenübergreifende Kooperation umgesetzt werden muss. Mit der im Juni 2021 initiierten Initiative „Mehr Schutz und Sicherheit von Beschäftigten im öffentlichen Dienst“ und dem darunter eingerichteten Gewaltschutznetzwerk #sicherimDienst wurde bereits die Zielgruppe der „Dienstleistenden“, zu der explizit die im gesamten Gesundheitswesen Tätigen zählen, mit dem Präventionsleitfaden aus dem Jahr 2021 besonders betrachtet und konkrete Empfehlungen für diese Zielgruppe ausgesprochen. Der Leitfaden gibt Handlungsempfehlun­gen zur Verbesserung in den Bereichen der Gewaltvorsorge, des Handlings sowie der Nach­sorge.

Im Rahmen der Netzwerkarbeit hat sich das Gewaltschutznetzwerk #sicherimDienst mit Ver­treterinnen und Vertretern zudem an der im Jahr 2023 durch die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen e. V. (KGNW) eingerichteten Arbeitsgruppe zur Erarbeitung eines spezi­fischen Leitfadens für den Klinikbereich beteiligt. Der so entstandene und veröffentlichte Leit­faden zu „Gewalt und Gewaltprävention im Krankenhaus“ bietet konkrete Handlungsempfeh­lungen und Hilfestellungen für die Beschäftigten und dient wie eine Art „Checkliste“ als Orientierung zum Thema Gewaltschutz. Der Leitfaden ist ebenfalls über die Internetpräsenz www.sicherimDienst.nrw abrufbar.

Am 2. Oktober 2024 ist die KGNW unter Anwesenheit der Minister Laumann und Reul dem Netzwerk #sicherimDienst offiziell beigetreten.

 

MMD18-13471