Düngeverordnung 2020 und Corona-Krise – Hohe Strafen und Demütigung für die Landwirte

Antrag
vom 21.04.2020

Antragder AfD-Fraktion vom 21.04.2020

 

Düngeverordnung 2020 und Corona-Krise – Hohe Strafen und Demütigung für die Landwirte

I. Ausgangslage

Das Jahr 2019 stand im Zeichen landesweiter Bauernproteste gegen die Agrar- und Umweltpläne der Bundesregierung. Landwirte rollten auf Traktoren nach Berlin und in andere deutsche Großstädte, um für mehr Mitsprache bei der Agrarnovelle zu demonstrieren. Am 26. November 2019 war Höhepunkt der Bauernproteste und über 40.000 Teilnehmer sind dem Aufruf von „Land schafft Verbindung“ zum Brandenburger Tor gefolgt. Alle Bauernproteste waren ruhig und friedlich.

Es folgten wenige Gespräche mit Regierungsvertretern. Am Ende wurde aber die Kritik der Landwirte in der Novelle der Düngeverordnung nicht aufgenommen. Im Gegenteil. Viele Vorgaben für die Landwirte wurden drastisch verschärft und die Düngebedarfsermittlung gleicht einer Schikanierung der Landwirte. Die neuen Vorgaben sind lang, streng und bürokratischer:

Neuerdings wird das Ertragsniveau der Kulturen auf die letzten 5 Jahre bezogen. Die Herbstdüngung zu Winterraps und –gerste ist im folgenden Frühjahr anzurechen. Ein etwaiges nachträgliches Düngen ist auf höchsten 10 Prozent des ermittelten Düngebedarfs begrenzt worden. Spätestens zwei Tage nach jeder Düngungsmaßnahme sind schlagbezogen Art und Menge des Düngers, aufgebrachte Menge sowie Phosphat aufzuzeichnen. Zusätzlich müssen Weidetierhalter die Weidetage sowie Art und Zahl der Weidetiere dokumentieren. Festmist darf nicht mehr aufgebracht werden, wenn der Boden nicht trocken ist, auch andere Ausnahmeregelungen auf gefrorenem Boden wurden gestrichen. Neue komplizierte Regeln ergeben sich bei Sperrfristen, Gewässerabständen und Hangneigung, eine strikte Begrenzung des Einsatzes von Wirtschaftsdünger im Betriebsdurchschnitt wurde eingeführt.

Landwirte, welche sich nicht an die strengen Vorgaben der Düngebedarfsermittlung und die scharfe Dokumentationspflicht halten, werden zukünftig mit bis zu 50.000 Euro (statt bisher 10.000 Euro) bestraft. Gerade die Erhöhung des Strafmaßes darf als Antwort der Bundesregierung auf die Bauernproteste und Gespräche mit Umweltverbänden verstanden werden. Für die Landwirte ist das eine Demütigung.

Der Gipfel der Düngeverordnung ist jedoch die Beschneidung der Landwirte in den sog. „roten Gebieten“. Ein Vorschlag der NRW-Landesregierung, die im Wesentlichen nur eine kleinere Parzellierung eines als von den Landwirten ungerecht empfundenen politischen EU-Problems darstellt. Die ausgewiesenen Gebiete bleiben groß und das Verursacherprinzip verletzt. Zukünftig muss in „roten Gebieten“ pauschal um 20 Prozent reduziert gedüngt werden, was alle Landwirte in diesen Gebieten gleichermaßen betrifft, ob ehrlich oder nicht. Dies erscheint sinnlos, weil weiterhin der Gülletourismus floriert und praktisch unkontrolliert niederländische Gülle als EU-Wirtschaftsgut gehandelt werden muss und heimlich auf deutschen Ackern verklappt wird.

Der DBV-Präsident mahnte an, dass in Zeiten der Corona-Krise eine solch umstrittene Düngeverordnung von der Tagesordnung des Bundesrates hätte genommen werden müssen. Gerade in diesen Krisenzeiten wird das Demonstrations- und Versammlungsrecht als notwendiges Korrektiv für die allgemeine demokratische Willensbildung der Regierenden ausgesetzt. Die Landwirte durften keine Sternfahrten mit einer Abschlusskundgebung durchführen. Während das ganze Land unfreiwillig im Hausarrest sitzt, Landwirte auf den Feldern ackern und bei Sonderkulturen händeringend nach Erntehelfern gesucht wird, beschließt der Bundesrat am 27. März 2020 in der vorgezogenen Sitzung im Hau-Ruck-Verfahren eine Düngeverordnung gegen die Interessen der Landwirte. Der Bundesrat hat der neuen Düngeverordnung mehrheitlich zugestimmt.

Bemerkenswert sind dabei die formulierten Kritikpunkte im Beschluss des Bundesrates (Drucksache 98/20) vom 27. März 2020:

„Der Bundesrat nimmt die von der Bundesregierung getroffene Aussage zur Kenntnis, dass ein Zweitverfahren der EU-Kommission gegen Deutschland beim EuGH nur verhindert werden kann, wenn der mit der EU-Kommission bereits abgestimmte Entwurf […] ohne weitere Änderungen beschlossen wird. Aus diesem Grund werden zahlreiche Maßgabeanträge von hoher fachlicher Bedeutung nicht gestellt. Es wird jedoch in nachstehenden Ziffern nachdrücklich auf dadurch verbleibende Unzulänglichkeiten aus fachlicher, rechtlicher und vollzugsseitiger Sicht verwiesen.“

Die Bundesregierung hat Druck auf die Länder ausgeübt, den EU-Entwurf ohne weitere Änderungen zuzustimmen, selbst wenn berechtigte Kritik gibt. Obwohl der Bundesrat „zahlreiche Maßgabeanträge“ von „hoher fachlicher Bedeutung“ an der neuen Düngeverordnung hat, so hat dieses Gremium ihr doch zugestimmt. Damit ist die neue Düngeverordnung – de facto – eine mangelhafte Düngeverordnung.

Die neue Düngeverordnung hat keine Wunden geschlossen, sondern neue aufgerissen. Über die Fehler der Düngeverordnung muss debattiert werden. Die schwere Fehler müssen schnellstmöglich korrigiert werden, bevor weitere Maßnahmen zum Anfang des Jahres 2021 in Kraft treten.

II. Der Landtag stellt fest,

1. dass die deutschen Landwirte zur systemrelevanten Berufsgruppe zählen und unsere Versorgung mit heimischen Lebensmitteln auch in Zeiten von Corona sicherstellen;

2. dass die neue Düngeverordnung ohne die fachliche Kompetenz der Landwirte nach EU-Vorgaben geschrieben wurde;

3. dass die Bundesregierung gegenüber dem Bundesrat die neue Düngeverordnung als alternativlos dargestellt;

4. dass der Bundesrat zahlreiche Unzulänglichkeiten aus fachlicher, rechtlicher und vollzugsseitiger Sicht angemerkt hat und der Düngeverordnung dennoch zugestimmt wurde;

5. dass die Zustimmung zu einer hochumstrittenen Verordnung in Zeiten der Corona-Krise mit ausgesetztem Demonstrations- und Versammlungsrecht unangemessen war;

6. dass der Bundesrat Rechtslücken erkannt hat und von schweren Problemen bei der Umsetzbarkeit der neuen Vorgaben in der Düngeverordnung gesprochen hat;

7. dass der Bundesrat ein fehlendes bundeseinheitliche Stickstoff-Wirkungsmonitoring beklagt hat, welches weder hinsichtlich der Erhebung der erforderlichen Daten noch hinsichtlich der Ermächtigung von Bund und Ländern zweckdienlich ist.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

1. mit einer Bundesratsinitiative die Unzulänglichkeiten durch die neue Düngeverordnung schnellstmöglich zu revidieren;

2. unterdessen in Absprache mit der Bundesregierung eine Allgemeine Verwaltungsvorschrift für die neue Düngeverordnung zu erarbeiten und die Kriterien zur Gebietsausweisung klar zu regeln;

3. weitere Maßnahmen mit Bund und Ländern zu entwickeln, um die regionale Wertschöpfung zu stützen und krisensicherer zu machen;

4. die Genehmigung von Investitionen in zusätzliche Lagerkapazitäten von Wirtschaftsdüngern auszubauen.

Dr. Christian Blex
Markus Wagner
Andreas Keith

und Fraktion

 

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