Kleine Anfrage 1798
der Abgeordneten Iris Dworeck-Danielowski vom 21.11.2018
Einschüchterndes Massenbeten mitten in Wohngebieten in NRW?
Immer öfter ist zu hören und zu lesen, dass sich eine große Gruppe radikaler Muslime unangemeldet in Wohngebieten zum Massenbeten trifft. Ohne Rücksichtnahme auf die dort lebende Bevölkerung werden, durch einen Imam und eine oder mehrere Beschallungsanlagen, langdauernde Massengebete durchgeführt. Häufige „Allahu Akbar“- Rufe des Imam und der Betenden wirken auf die unbeteiligte Bevölkerung bedrohlich und verunsichern.1
Vorfälle dieser Art sind offensichtlich inzwischen ein gesamteuropäisches Phänomen.
Es gab sie bisher in vielen Städten Englands (z.B. London), Frankreichs (z.B. Paris und Marseille), Österreichs (z.B. Graz und Wien). In Deutschland sind Fälle aus Halle an der Saale, Dortmund, Gelsenkirchen, Berlin, Essen, München, Frankfurt, Bonn und Hamburg bekannt. 2 Aufgrund der enormen Zunahme dieser nicht genehmigten und radikal verlaufenden Versammlungen sah sich die Französische Regierung dazu gezwungen, das Beten auf offener Straße in Paris zu verbieten. 3
Ich frage daher die Landesregierung:
1. Wie viele Vorfälle des Massenbetens hat es in den vergangenen 5 Jahren in NRW gegeben? (Bitte nach Ort und Datum aufschlüsseln)
2. Wie viele dieser Vorfälle des Massenbetens waren im Vorfeld angemeldet und nach dem Versammlungsrecht zulässig?
3. Welche Maßnahmen möchte die Landesregierung ergreifen, um die Bevölkerung vor solchen Veranstaltungen zu schützen?
5. Wurden in NRW in den vergangenen 5 Jahren Massengebete dieser Art von öffentlicher Seite (Polizei, Ordnungsamt etc.) her abgebrochen?
Iris Dworeck-Danielowski
1 http://www.studiogera.de/001/2017/09/05/muslimische-gebete-in-der-oeffentlichkeit/
2 https://www.wochenblick.at/wien-halle-muslime-beten-jetzt-auf-offener-strasse/
3 https://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/muslim-gebet-auf-der-strasse-verboten/4613754.html
Nachfolgend die Antwort der Landesregierung, verfasst am 04.01.2019
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 1798 mit Schreiben vom 4. Januar 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration beantwortet.
Vorbemerkung der Landesregierung
Das gemeinsame Beten größerer Gruppen in der Öffentlichkeit ist unter die Betätigung im Rahmen der Religionsausübungsfreiheit des Artikel 4 Absatz 2 Grundgesetz zu fassen. Regelmäßig kommt diesem keine Versammlungsqualität zu.
Gleichwohl ist zu prüfen, ob es sich bei einer „Gebetsveranstaltung“ im Einzelfall um eine öffentliche Versammlung (Zuständigkeit: örtliche Polizeibehörde) oder um eine Sondernutzung im öffentlichen (Verkehrs-) Raum handelt (Zuständigkeit: örtliche Kommune).
1. Wie viele Vorfälle des Massenbetens hat es in den vergangenen 5 Jahren in NRW gegeben? (Bitte nach Ort und Datum aufschlüsseln)
2. Wie viele dieser Vorfälle des Massenbetens waren im Vorfeld angemeldet und nach dem Versammlungsrecht zulässig?
Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Ereignisse, bei denen in der Öffentlichkeit gemeinsam gebetet wird, werden von der Polizei Nordrhein-Westfalen grundsätzlich nicht erfasst.
Eine Abfrage in den Kreispolizeibehörden (KPB) ergab folgende Sachverhalte, welche von den örtlich zuständigen Kreispolizeibehörden innerhalb des Versammlungsrechtes geprüft wurden:
Am 14. Februar 2014 wurde in der Kampstraße in Dortmund ein öffentliches Gebet abgehalten. Es wurde im Vorfeld als Versammlung angemeldet, durch die KPB Dortmund bestätigt und unter polizeilicher Begleitung störungsfrei durchgeführt.
Ferner richtet der Indisch-Pakistanische Kulturverein in der Bonner Innenstadt zweimal im Jahr Aufzüge mit Streckenlänge von rund 200 Metern aus. Diese beinhalteten bis zum Jahr 2016 auch Selbstgeißelungen, durch die blutige Wunden entstanden. Bei den Aufzügen laufen die Teilnehmer mit nacktem Oberkörper und geben laute Rufe von sich. Diese Selbstgeißelungen werden seit dem Jahr 2016 durch Auflagen nach § 15 Versammlungsgesetz von der KPB Bonn untersagt, so dass sie seitdem durch Teilnehmer der Versammlung auflagenkonform nur noch symbolisch mit Handschlägen auf den nackten Oberkörper vollzogen werden.
Darüber hinaus wurde folgender Sachverhalt mitgeteilt:
Am 15. Juni 2018 fand in der Zeit von 07:30 bis 08:05 Uhr ein öffentliches Festgebet anlässlich des Endes des Ramadans auf dem Sportplatz in Sankt Augustin-Niederpleis, Alte Marktstraße (KPB Rhein-Sieg-Kreis), statt. Dieses wurde durch die Stadtverwaltung Sankt Augustin genehmigt. Es wurde durch polizeiliche Kräfte im Rahmen der Streife überwacht und verlief störungsfrei.
3. Welche Maßnahmen möchte die Landesregierung ergreifen, um die Bevölkerung vor solchen Veranstaltungen zu schützen?
Ein Schutzbedarf über die Schranken des Grundgesetzes hinaus wird hinsichtlich der Wahrnehmung von Religionsfreiheit und Versammlungsrecht nicht gesehen. In Einzelfällen können im Rahmen von kommunalem Ordnungsrecht und Versammlungsrecht Auflagen erteilt oder Verbote ausgesprochen werden. Die zuständigen Behörden machen hiervon nach eigener Lagebeurteilung hinreichend Gebrauch. Ein weiterer Handlungsbedarf seitens der Landesregierung besteht nicht.
4. Wie möchte die Landesregierung sicherstellen, dass während solcher Veranstaltungen die Inhalte der Predigten des Imam verfassungstreu sind?
Der Landesregierung sind über die bezeichneten Sachverhalte hinaus keine weiteren Fälle bekannt. Diese Ereignisse verliefen störungsfrei. Es wurden hinsichtlich der Verfassungstreue keine bedenklichen Äußerungen und/oder Handlungen bekannt. Diesbezüglich wird kein Handlungsbedarf gesehen.
5. Wurden in NRW in den vergangenen 5 Jahren Massengebete dieser Art von öffentlicher Seite (Polizei, Ordnungsamt etc.) her abgebrochen?
Nein.