Einschulungen mit sprachlichem Defizit

Kleine Anfrage
vom 24.07.2023

Kleine Anfrage 2164

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias, Zacharias Schalley und Carlo Clemens AfD

Einschulungen mit sprachlichem Defizit

Seit Jahren weisen unterschiedliche wissenschaftliche Studien auf Defizite deutscher Schüler im Bereich der Sprachkompetenz hin. So kommt u. a. die Ständige Wissenschaftliche Kommission (SWK) in ihrem Gutachten zu der Erkenntnis, dass ein Fünftel aller Grundschulabgänger erhebliche Mängel in den Fächern Deutsch und Mathematik aufweisen. Demnach gelinge es der Grundschule in vielen Fällen nicht mehr, grundlegende Kompetenzen an alle Kinder zu vermitteln.

Hierbei liege die Verantwortung jedoch nicht alleine aufseiten der jeweiligen Schulen, denn die Rahmenbedingungen für Bildung haben sich besonders in den letzten Jahren deutlich verändert. Das gelte beispielsweise für den wachsenden Anteil an Kindern, deren Muttersprache nicht Deutsch sei. In NRW trifft das auf mittlerweile rund 40 % der Viertklässler zu. Weiter heißt es, dass auch die Inklusion von Kindern mit besonderem Förderbedarf, sowie die Integration von Flüchtlingskindern Schulen vor neue Herausforderungen stelle.1

Sprachliche Bildung beginnt allerdings schon vor der Einschulung. So ist durch § 19 des Kinderbildungsgesetzes NRW sprachliche Bildung ein alltagsintegrierter und wesentlicher Bestandteil der frühkindlichen Bildung. Die sprachliche Entwicklung der Kinder ist im Rahmen dieses kontinuierlichen Prozesses regelmäßig durch die pädagogischen Fachkräfte in den jeweiligen Einrichtungen zu beobachten und dokumentieren.

Die Träger der Kindertageseinrichtung sind dazu verpflichtet, dem zuständigen Schulamt Angaben über den zusätzlichen sprachlichen Förderbedarf und der Teilnahme der Kinder an dieser zusätzlichen Sprachförderung zu übermitteln.

Des Weiteren sind alle Kinder in Nordrhein-Westfalen, die aktuell keine Kindertageseinrichtung besuchen bzw. deren Eltern der Dokumentation der Bildungsdokumentation in der Tageseinrichtung nicht zugestimmt haben, dazu verpflichtet, an dem Verfahren zur Sprachstandsfeststellung „Delfin 4“ teilzunehmen. Hierbei werden die Kinder einzeln durch Grundschullehrkräfte oder sozialpädagogische Fachkräfte der Grundschulen getestet. Das Verfahren dauert etwa 30 Minuten. Am Ende des Verfahrens teilt die Lehrkraft den Eltern mit, ob ihr Kind eine zusätzliche pädagogische Sprachförderung benötigt.2

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Bei wie vielen Kindern wurde seit 2013 in NRW ein zusätzlicher sprachlicher Förderbedarf festgestellt? (Bitte jeweils für die Jahre 2013 bis 2022)
  2. Bei wie vielen Kindern, bei denen seit 2013 ein sprachlicher Förderbedarf festgestellt wurde, ist die vorrangige Familiensprache nicht Deutsch? (Bitte für die Jahre 2013 bis 2022 und nach der jeweiligen vorrangigen Familiensprache aufschlüsseln)
  3. Wie viele Kinder sind seit 2013 in NRW mit einem sprachlichen Förderbedarf eingeschult worden? (Bitte für die Jahre 2013 bis 2022 aufschlüsseln)
  4. Wie viele Kinder, die keine Kindertageseinrichtung besucht oder deren Eltern der Dokumentation der Bildungsdokumentation nicht zugestimmt haben, haben seit 2015 nicht an der Sprachstandsfeststellung „Delfin 4“ in NRW teilgenommen? (Bitte für die Jahre 2015 bis 2022 sowie nach dem Migrationshintergrund der Kinder aufschlüsseln)
  5. Wie viele Unterrichtsstunden im Fach Deutsch sind seit 2013 an den Grundschulen in NRW ausgefallen? (Bitte für die Jahre 2013 bis 2022 aufschlüsseln)

Enxhi Seli-Zacharias
Zacharias Schalley
Carlo Clemens

 

Anfrage als PDF

 

1 https:// www .kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/KMK/SWK/2022/SWK-2022-Gutachten_Grundschule.pdf (abgerufen am 05.06.2023)

2 https:// www .schulministerium.nrw/sprachstandsfeststellung (angerufen am 09.06.2023)


Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 2164 mit Schreiben vom 30. August 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Von 2007 bis 2014 wurden Kinder im Alter von 4 Jahren – sowohl diejenigen, die eine Kinder­tageseinrichtung besuchten, als auch diejenigen, die diese nicht besuchten – mit dem Sprach-standsfeststellungsverfahren „Delfin 4“ getestet.

Seit 2015 werden ausschließlich die Kinder im Alter von 4 Jahren, die keine Kindertagesein­richtung besuchen, mit dem Sprachstandsfeststellungsverfahren „Delfin 4“ getestet. Für die Kinder, die eine Kindertageseinrichtung besuchen, findet die Feststellung des Sprachstandes sowie eine ggf. erforderliche anschließende Sprachförderung in der Kindertageseinrichtung statt.

Daher sind die geforderten Daten über die Anzahl der getesteten Kinder erst ab dem Jahr 2015 miteinander vergleichbar.

In den Jahren 2020 und 2021 konnte das Sprachstandsfeststellungsverfahren „Delfin 4“ auf­grund der Pandemie nicht uneingeschränkt wie üblich durchgeführt werden.

  1. Bei wie vielen Kindern wurde seit 2013 in NRW ein zusätzlicher sprachlicher Förderbedarf festgestellt?

(Bitte jeweils für die Jahre 2013 bis 2022)

2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022
* * 4.109 6.050 5.891 6.152 5.743 * * 6.365

*Keine Angaben, siehe Vorbemerkung

  1. Bei wie vielen Kindern, bei denen seit 2013 ein sprachlicher Förderbedarf festge-
    stellt wurde, ist die vorrangige Familiensprache nicht Deutsch?

(Bitte für die Jahre 2013 bis 2022 und nach der jeweiligen vorrangigen Familiensprache auf­schlüsseln)

2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022
    un-              
* * be- kannt 4.010 4.504 4.492 4.224 * * 4.753

*Keine Angaben, siehe Vorbemerkung

Der Landesregierung liegen keine Daten zur Aufschlüsselung nach Familiensprache vor.

  1. Wie viele Kinder sind seit 2013 in NRW mit einem sprachlichen Förderbedarf ein­geschult worden?

(Bitte für die Jahre 2013 bis 2022 aufschlüsseln)

Da nach der „Delfin 4“-Testung keine erneute Testung zu Schulbeginn erfolgt, liegen der Lan­desregierung hierzu keine Daten vor.

  1. Wie viele Kinder, die keine Kindertageseinrichtung besuchen oder deren Eltern der Bildungsdokumentation nicht zugestimmt haben, haben seit 2015 nicht an der Sprachstandsfeststellung „Delfin 4“ in NRW teilgenommen?

(Bitte für die Jahre 2015 bis 2022 aufschlüsseln) Hierzu liegen der Landesregierung keine Daten vor.

  1. Wie viele Unterrichtsstunden im Fach Deutsch sind seit 2013 an den Grundschu­len in NRW ausgefallen?

(Bitte für die Jahre 2013 bis 2022 aufschlüsseln)

Für die Schuljahre 2013/2014 bis 2017/2018 und für die Schuljahre 2019/2020 bis 2022/2023 liegen dem Ministerium für Schule und Bildung keine fächerspezifischen Daten vor.

Im Schuljahr 2018/2019 haben im Rahmen der Detailmeldung zur Unterrichtsstatistik die teil­nehmenden öffentlichen Schulen zusätzlich zur flächendeckenden Erhebung für einen zuge­wiesenen Zeitraum von zwei Unterrichtswochen differenziertere Angaben zum Unterrichtsge­schehen gemeldet. Der von den Schulen angegebene ersatzlos ausgefallene Unterricht wurde dabei zusätzlich den jeweiligen Fächerkategorien zugeordnet. Von den Grundschulen wurde in der Detailmeldung 2018/2019 ein ersatzloser Ausfall in Höhe von 3,0 Prozent gemeldet. Innerhalb des gemeldeten ersatzlosen Ausfalls von 3,0 Prozent wurden 12,9 Prozent dem Fach Deutsch zugeordnet.

 

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