Energiesparen in NRW

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 130
der Abgeordneten Andreas Keith und Christian Loose vom 11.07.2022

 

Energiesparen in NRW

Der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Dr. Robert Habeck hat am 10. Juni 2022 eine Kampagne zum Energiesparen vorgestellt. Darin enthalten sind insbesondere Tipps zum Energiesparen für Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen. Die Energiesparkampagne soll in der nächsten Zeit dort zu sehen sein, wo sich viele Menschen aufhalten: auf digitalen Bildschirmen in den Städten, auf großen Internetseiten, in sozialen Netzwerken. Auf einem der Plakate werden Verbraucher zum Kauf eines wassersparenden Duschkopfes animiert, ein anderes wirbt für Solarpaneele auf Dächern. Die Kampagne soll über Jahre angelegt sein.

Auch wenn Verbraucher durch Verzicht auf Vollbäder und durch kürzeres Duschen auch im Sommer zu einem sparsamen Gasverbrauch beitragen können, ist das Gassparpotenzial nicht sehr groß.

In ihrer ersten Plenarrede sagte die Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie, Mona Neubaur, dass der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine die starke Energieabhängigkeit von Russland schonungslos offengelegt hat und kein Bundesland dies so hart zu spüren bekommt wie das Industrieland NRW.1

Laut dem Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaft könnte ein Gasmangel zu unbezahlbaren Gaspreisen führen. In der Konsequenz müssten möglicherweise Industriebetriebe und Stahlwerke schließen.

Wir fragen die Landesregierung:

  1. Welche konkreten Energieeinsparziele hat die Landesregierung für einzelne Wirtschaftssektoren?
  2. Welche konkreten Energieeinsparziele hat die Landesregierung für private Haushalte?
  3. Erwägt die Landesregierung Einsparverpflichtungen für Industrieunternehmen bzw. energieintensive Unternehmen?
  4. Nach welchen Kriterien soll im Falle einer Gasknappheit, eine Verteilung von Gas an die nordrhein-westfälische Industrie vorgenommen werden?
  5. Welche Verabredungen bzw. Selbstverpflichtungen zum Energiesparen wurden gemeinsam mit der Bundesregierung und den Kommunen vereinbart?

Andreas Keith
Christian Loose

 

Anfrage als PDF

 

1 https://www.tagesschau.de/regional/nordrheinwestfalen/wdr-story-48899.html
Datum des Originals: 11.07.2022/Ausgegeben: 11.07.2022


Die Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie hat die Kleine Anfrage 130 mit Schreiben vom 29. August 2022 im Einvernehmen mit der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung namens der Landesregierung beantwortet.

  1. Welche konkreten Energieeinsparziele hat die Landesregierung für einzelne Wirtschaftssektoren?

Die bereits von der vorherigen nordrhein-westfälischen Landesregierung verabschiedete „Energieversorgungsstrategie Nordrhein-Westfalen“ und ihre zugehörige Fortschreibung sowie die Ergänzung der Energieversorgungsstrategie mit Bezug auf die durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verursachte aktuelle Situation der Gasversorgung durch den 20 Punkte umfassenden Aktionsplan „Krisenfestes Energiesystem für Nordrhein-Westfalen“ weisen konkrete Maßnahmen zur Energieeinsparung in Nordrhein-Westfalen im Rahmen der bundesdeutschen sek-toralen Energiesparziele aus. Die Erreichung dieser Ziele erfolgt insbesondere durch die konsequente Nutzung von Maßnahmen zur gezielten Kopplung der Sektoren Industrie, Gewerbe, Handel, Dienstleistungen und Endverbraucher.

Die neue Landesregierung wird die Energieversorgungsstrategie des Landes Nordrhein-Westfalen mit dem Ziel der Energiesouveränität zeitnah weiterentwickeln und beständig anpassen. Die in der Strategie genannten Maßnahmen und Ziele sollen künftig einem nachvollziehbaren und transparenten jährlichen Monitoring unterliegen. Darüber hinaus wird zeitnah ein Klimaschutz-Sofortprogramm mit Maßnahmen aus den Bereichen Energie, Wirtschaft, Industrie, Wärme, Kommunen, Mobilität und Verbraucherschutz vorgelegt werden.

Nicht zuletzt die Ausrufung der Alarmstufe am 23. Juni 2022 und die erneute Reduzierung der Gasflüsse aus Russland über Nord Stream 1 sind darüber hinaus ein sehr starkes Signal an alle Verbraucherinnen und Verbraucher – sowohl in der Industrie, in öffentlichen Einrichtungen als auch in privaten Haushalten -, den Gasverbrauch noch deutlicher zu reduzieren, um die Gasversorgungssicherheit im kommenden und übernächsten Winter zu stärken.

Nordrhein-Westfalen mit seinem etwa 25 %-igen Anteil am deutschen Gasverbrauch ist dabei in besonderem Maße in der Verpflichtung, die bundesdeutschen Einsparziele zu unterstützen. Gemäß dem am 20. Juli 2022 veröffentlichten dritten Fortschrittsbericht Energiesicherheit des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) soll durch einen nationalen Kraftakt der Anteil russischer Gaslieferung am Gasverbrauch auf etwa 30 % bis Ende des Jahres 2022 gesenkt werden und die Unabhängigkeit von russischem Gas bis Sommer 2024 weitgehend erreicht werden. Dies setzt zwingend eine weitere Diversifizierung der Gasversorgung, umfassende Einsparungen, den schnelleren Hochlauf von Wasserstoff sowie den massiven Ausbau der Erneuerbaren Energien voraus.

  1. Welche konkreten Energieeinsparziele hat die Landesregierung für private Haushalte?

Da ein knappes Drittel des bundesdeutschen Gasverbrauchs auf die Haushalte entfällt, kommt der Gaseinsparung auch in diesem Sektor eine sehr große Bedeutung zu. Der federführend für die Gasversorgungssicherheit zuständige Bund setzt hier auf Basis der gesetzlich verankerten rechtlichen Instrumente den Rahmen für die erforderlichen weiteren Einsparungen in allen Sektoren unter Berücksichtigung der besonderen Situation der Haushalte als „geschützte Kunden“. Als bevölkerungsreichstes Bundesland kommt Nordrhein-Westfalen in diesem Zusammenhang sowohl im Hinblick auf den bestehenden Bedarf als auch die Herausforderungen bei der Gaseinsparung eine besondere Bedeutung zu.

  1. Erwägt die Landesregierung Einsparverpflichtungen für Industrieunternehmen bzw. energieintensive Unternehmen?

Die bisherigen unbeabsichtigten Einsparungen innerhalb der Industrie aufgrund von krisenbedingten Produktionsrückgängen haben bereits zu einem Rückgang der Wirtschaftsleistung geführt. Um diese Effekte möglichst nicht weiter zu verstärken, bestehen derzeit keine weiteren Überlegungen zu rechtlichen Einsparverpflichtungen für Industrieunternehmen bzw. energieintensive Unternehmen.

  1. Nach welchen Kriterien soll im Falle einer Gasknappheit, eine Verteilung von Gas an die nordrhein-westfälische Industrie vorgenommen werden?

Im Rahmen der Vorsorge bereitet sich die Bundesnetzagentur (BNetzA) aktuell intensiv auf den Fall einer möglichen Verschlechterung der Gasversorgungslage vor, insbesondere im Hinblick auf ihre Rolle als Bundeslastverteiler nach einem Ausruf der Notfallstufe gemäß „Notfallplan Gas für die Bundesrepublik Deutschland“ durch die Bundesregierung. Die BNetzA übernimmt in der Krise hoheitlich die Verteilung und Zuteilung der knappen Gasmengen. Dies erfolgt in enger Abstimmung mit den Gasnetzbetreibern.

Auch im Notfall hat die Versorgung der geschützten Kunden nach § 53a EnWG Vorrang. Entscheidungen im Rahmen der Lastverteilung würden sich am lebenswichtigen Bedarf an Energie orientieren, der grundsätzlich in einer Vielzahl an Kundengruppen vorzufinden ist, und basieren somit auf einem differenzierten Lagebild und der Abwägung individueller und volkswirtschaftlicher Folgen von Maßnahmen. Eine pauschale Abschalt-Rangfolge würde den Herausforderungen nicht gerecht und ist daher nicht vorgesehen.

  1. Welche Verabredungen bzw. Selbstverpflichtungen zum Energiesparen wurden gemeinsam mit der Bundesregierung und den Kommunen vereinbart?

Momentan existieren keine Verabredungen bzw. Selbstverpflichtungen zum Energiesparen zwischen Bundes- und Landesregierung sowie den Kommunen. Das Bundeswirtschaftsministerium hat jedoch u.a. den Entwurf einer Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen vorgelegt, der Maßnahmen der Energieeinsparung vorsieht. Für den Bereich der nordrhein-westfälischen Landesverwaltung plant die Landesregierung derzeit auf Basis erhobener Einsparpotenziale konkrete Umsetzungsmaßnahmen.

Dieses vom Kabinett beschlossene Maßnahmenpaket enthält Verpflichtungen zur Umsetzung von technischen und organisatorischen Energieeinsparmaßnahmen, die unter Berücksichtigung technischer und rechtlicher Gegebenheiten mögliche Einsparoptionen im Bereich der Wärmeenergie (z.B. Reduzierung der Raumtemperatur, Optimierung der Heizsysteme, Beschränkung des Warmwasserangebotes, Überprüfung der Wärmedämmung) sowie im Strombereich (z.B. Reduzierung der Raumkühlleistung, Wechsel auf effiziente Leuchtmittel, Abschaltung von nicht zweckgebundenen Beleuchtungen) und in Bezug auf weitere Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz adressiert. Darüber hinaus soll auch der Dienstbetrieb mit Blick auf Möglichkeiten zur Energieeinsparung optimiert werden, u.a. durch temporäre Reduzierung der zu beheizenden Büroflächen (z.B. durch Maßnahmen wie Desk Sharing und der ausgeweiteten Gewährung von Home-Office, auch in Verbindung mit der zeitweisen Schließung gesamter Dienstgebäude bzw. Gebäudeteile). Ebenso sind vorsorgliche Maßnahmen durch Informations- und Schulungsangebote für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vorgesehen.

Weiterhin wurden bereits auf allen Ebenen Anstrengungen unternommen, um Energie einzusparen.

Die Website https://www.energiewechsel.de/ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) stellt Maßnahmen für private Haushalte, Unternehmen und Kommunen dar.

Das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie hat die Arbeitsgruppe Gaseinsparpotenziale NRW gegründet, an der u. a. auch Vertretungen des Städtetags NRW, des Städte- und Gemeindebundes NRW und des Verbands der kommunalen Unternehmen teilnehmen.

Das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie hat außerdem unter www.wirtschaft.nrw/energiesparen eine Übersichtsseite mit Tipps zum Energiesparen veröffentlicht. Die Seite wird sukzessive erweitert und die Tipps werden ebenfalls auf den Social-Media-Kanälen des Ministeriums verbreitet.

Das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung, die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, das EBZ – Europäisches Bildungszentrum der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft und der VdW Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland Westfalen haben zudem gemeinsam eine Kampagne ins Leben gerufen, die möglichst viele Mieterinnen und Mieter erreichen und für das Energiesparen sensibilisieren soll. Die Kampagne heißt „Stopp den Heizkosten-Hammer“ und wird über Social-Media-Kanäle, Flyer, aber unter anderem auch über Plakat-Aushänge in den Hausfluren der sozial orientierten Wohnungswirtschaft in die Öffentlichkeit getragen.

 

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