Erfassung antisemitischer Straftaten in NRW seit dem islamistischen Terrorangriff der Hamas auf Israel

Kleine Anfrage
vom 27.10.2023

Kleine Anfrage 2804

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias und Markus Wagner AfD

Erfassung antisemitischer Straftaten in NRW seit dem islamistischen Terrorangriff der Hamas auf Israel

Im Nachgang des Terrorangriffs der Hamas auf Israel kam es auch in NRW vermehrt zu anti-Israel-Demonstrationen. Wie aus einem Bericht des Innenministers hervorgeht, wurden mit Stand vom 16.10.2023 insgesamt 19 „pro-palästinensische“ Veranstaltungen durchgeführt.1 In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, inwiefern verübte Straftaten – hier insbesondere Volksverhetzungsdelikte – dokumentiert und erfasst wurden.

Ebenso ist davon auszugehen, dass seit dem 16.10.2023 vermehrt Vorfälle bei der Meldestelle Antisemitismus gemeldet wurden.

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Mit Stand vom 16.10.2023 wurden in NRW 19 „pro-palästinensische“ bzw. eher Anti-Israel-Veranstaltungen durchgeführt. Wie viele Personen haben an diesen Veranstaltungen jeweils teilgenommen? (Bitte differenziert nach Veranstaltungsort und Anzahl der Teilnehmer listen)
  2. Wie viele antisemitische Straftaten wurden seit dem 16.10.2023 insgesamt und speziell bei den 19 anti-israel Veranstaltungen von der Polizei festgestellt? (Bitte differenziert für alle 19 Veranstaltungen listen)
  3. Wie viele dieser antisemitischen Straftaten wurden zur Anzeige gebracht, insbesondere Straftaten gem. § 130 StGB (Volksverhetzung) und § 86a StGB (Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen)? (Bitte differenziert nach Straftatbestand, Anzahl, Nationalität der Tatverdächtigen, Phänomenbereich gem. PMK und einzeln für die 19 aufgeführten Veranstaltungen listen)
  4. Wie viele Meldungen über antisemitische Vorfälle wurden seit dem 16.10.2023 gegenüber der Meldestelle Antisemitismus angezeigt? (Bitte differenziert nach Anzahl und Art der Meldungen listen)
  5. Bei wie vielen dieser gegenüber der Meldestelle Antisemitismus vorgebrachten Vorfälle handelte es sich um Straftaten? (Bitte in diesem Zusammenhang auch angeben, in wie vielen Fällen die meldenden Personen an die Polizei verwiesen wurden)

Enxhi Seli-Zacharias
Markus Wagner

 

MMD18-6602

 

1 Vgl. Lt.-Vorlage 18/1754


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 2804 mit Schreiben vom 5. Dezember 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration beantwortet.

  1. Mit Stand vom 16.10. wurden in NRW 19 „pro-palästinensische“ bzw. eher Anti-Israel-Veranstaltungen durchgeführt. Wie viele Personen haben an diesen Veran­staltungen jeweils teilgenommen? (Bitte differenziert nach Veranstaltungsort und Anzahl der Teilnehmer listen)

Mit Stand vom 02.11.2023 kam es im Zeitraum vom 07.10.2023 bis zum 16.10.2023 zu insge­samt 14 pro-palästinensischen Demonstrationen. Die Diskrepanz zu den am 16.10.2023 im Rahmen der Befassung des Innenausschusses (Vorlage 18/1754) angegebenen 19 Ver­sammlungen resultiert aus der nachträglichen Bewertung und Validierung einer zunächst vor­läufigen statistischen Erhebung.

Die Teilnehmerzahlen zu den Veranstaltungen können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden.

Ereignisort Teilnehmerzahl (ca.)
Köln 25
Duisburg 110
Duisburg 20-30
Olpe 4
Gelsenkirchen 50-200
Siegen 320
Wattenscheid 15
Aachen 350
Düsseldorf 700
Duisburg 45
Köln 230
Wuppertal 16
Kleve 60
Essen 70-120

 

  1. Wie viele antisemitische Straftaten wurden seit dem 16.10.2023 insgesamt und speziell bei den 19 anti-israel Veranstaltungen von der Polizei festgestellt? (Bitte differenziert für alle 19 Veranstaltungen listen)

Mit Stand vom 14.11.2023, 08.00 Uhr, wurden seit Beginn des Angriffs der Hamas auf Israel 521 Strafanzeigen in Nordrhein-Westfalen in diesem Kontext gefertigt. Die Anzahl der antise­mitischen Straftaten im Rahmen des in der Antwort auf die Frage 1 dargestellten Demonstra­tionsgeschehens ist indes aktuell nicht auswertbar. Über den Kriminalpolizeilichen Melde­dienst – Politisch motivierte Kriminalität (KPMD-PMK) können Straftaten im Zusammenhang mit Demonstrationsgeschehen grundsätzlich retrospektiv erhoben werden. Eine gesonderte Auswertung von antisemitischen Straftaten kann jedoch erst nach Abschluss der Ermittlungen und Eingabe der finalen Erkenntnisse in den KPMD-PMK erfolgen. Dies ist noch nicht ab­schließend erfolgt, so dass bislang noch keine validen Daten vorliegen.

Eine gesonderte zentrale Erfassung von Straftaten, die aus einem Versammlungsgeschehen heraus begangen werden, erfolgt nicht.

  1. Wie viele dieser antisemitischen Straftaten wurden zur Anzeige gebracht, insbe­sondere Straftaten gem. § 130 StGB (Volksverhetzung) und § 86a StGB (Verwen­dung von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen)? (Bitte differenziert nach Straftatbestand, Anzahl, Nationalität der Tatverdächtigen, Phänomenbereich gem. PMK und einzeln für die 19 aufgeführten Veranstaltungen listen)

Durch die Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen wurde in allen in der Antwort zu Frage 2 dargestellten Fällen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

  1. Wie viele Meldungen über antisemitische Vorfälle wurden seit dem 16.10.2023 ge­genüber der Meldestelle Antisemitismus angezeigt? (Bitte differenziert nach An­zahl und Art der Meldungen listen)

Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus in Nordrhein-Westfalen (RIAS NRW) registrierte bereits unmittelbar nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel einen sprunghaf­ten Anstieg antisemitischer Vorfälle im gesamten Bundesland. Diese Entwicklung setzte sich auch in der zweiten Oktoberhälfte fort.

Vollständige quantitative Angaben zu den seit dem 16.10.2023 bei RIAS NRW eingegangenen und dokumentierten Vorfällen liegen bei zahlreichen Meldungen erst nach dem von der Mel­destelle stets durchzuführenden Verifizierungsprozess vor. Eine abschließende Auswertung in Bezug auf antisemitische Vorfälle steht insofern noch aus.

  1. Bei wie vielen dieser gegenüber der Meldestelle Antisemitismus vorgebrachten Vorfälle handelt es sich um Straftaten? (Bitte in diesem Zusammenhang auch an­geben, in wie vielen Fällen die meldenden Personen an die Polizei verwiesen wur­den)

Antisemitische Vorfälle und Geschehnisse werden von RIAS NRW nicht mit Blick auf ihren möglicherweise vorliegenden strafrechtlichen Gehalt analysiert. Es obliegt den Strafverfol­gungsbehörden, ggfs. ein Ermittlungsverfahren einzuleiten und die individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit zu bewerten. RIAS NRW kann Betroffene bzw. die meldende Person jedoch allgemein auf die Möglichkeit einer Strafanzeige und eine mögliche Strafbarkeit hinweisen. Ein solcher Hinweis erfolgt regelmäßig, sobald Anzeichen einer möglichen Straftat im Kontext der Meldung eines antisemitischen Vorfalls festgestellt werden.

 

MMD18-7185