Erlass des Innenministeriums Sachsen-Anhalt: Einbürgerungen werden an ein Bekenntnis zum Existenzrecht des Staats Israel geknüpft. Zieht NRW nach?

Kleine Anfrage
vom 18.01.2024

Kleine Anfrage 3174

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD

Erlass des Innenministeriums Sachsen-Anhalt: Einbürgerungen werden an ein Bekenntnis zum Existenzrecht des Staats Israel geknüpft. Zieht NRW nach?

Wie aus einem Bericht des MDR hervorgeht, ist es in Sachsen-Anhalt für die Einbürgerung ab sofort Voraussetzung, sich zum Existenzrecht des Staats Israel zu bekennen. Das Innenministerium hat in einem entsprechenden Erlass an die Landkreise und kreisfreien Städte festgelegt, dass den Bewerberinnen und Bewerbern andernfalls die Einbürgerung verweigert werden soll.1

Im Erlass heißt es, das Existenzrecht des israelischen Staates sei deutsche Staatsräson. Bewerberinnen und Bewerber für eine Einbürgerung müssten deshalb schriftlich bestätigen, „dass sie das Existenzrecht Israels anerkennen und jegliche gegen die Existenz des Staates Israel gerichteten Bestrebungen verurteilen.“ Einbürgerungen seien ausgeschlossen, wenn Ausländer Bestrebungen verfolgten, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Hierzu gehörten auch antisemitische Straftaten oder die Leugnung des Existenzrechts Israels.2

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Inwiefern gibt es von Seiten der Landesregierung NRW Planungen, zeitnah einen ähnlichen Erlass auf den Weg zu bringen?
  2. Welche Sanktionsmöglichkeiten sieht die Landesregierung in diesem Zusammenhang bei Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit?
  3. Inwiefern plant die Landesregierung – ähnlich wie der bayerische Ministerpräsident, Markus Söder (CSU)3 – auf Bundesebene in bestimmten Fällen auch einen Entzug der (doppelten) Staatsangehörigkeit anzuregen und in diesem Zusammenhang eine Gesetzesänderung in den Bundesrat einzubringen?
  4. Im Nachgang des terroristischen Überfalls der Hamas auf Israel gab es auch in NRW zahlreiche Anti-Israel-Demos; inwiefern sieht die Landesregierung hierbei in Einzelfällen – z.B. bei der Ausrufung eines Kalifats – ein besonderes Ausweisungsinteresse gem. § 54 AufenthG gegeben?
  5. Inwiefern plant die Landesregierung – als Folge der Anti-Israel-Demos – auf Bundesebene eine Gesetzesänderung in den Bundesrat einzubringen, die auf eine Verschärfung der Vorgaben gem. § 54 AufenthG abzielt?

Enxhi Seli-Zacharias

 

MMD18-7803

 

1 Vgl. https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/einbuergerung-bekenntnis-existenzrecht-israel-104.html

2 Ebd.

3 Vgl. https://www.juedische-allgemeine.de/politik/soeder-fordert-entzug-deutscher-paesse-bei-antisemitismus/


Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 3174 mit Schreiben vom 11. März 2024 namens der Landesregierung beant­wortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die Landesregierung hat unter dem Titel „Antisemitismus effektiv bekämpfen – Existenzrecht Israels schützen“ einen Entschließungsantrag in den Bundesrat eingebracht, den dieser in sei­ner Sitzung am 2. Februar 2024 einstimmig beschlossen hat. Mit dem Antrag wird u. a. festge­stellt:

„Wer das Existenzrecht Israels leugnet, wendet sich gegen die Grundlagen der Bundesrepublik Deutschland und kann daher nicht deutscher Staatsbürger werden. Der Bundesrat hält es des­halb für notwendig, dass ein glaubhaftes Bekenntnis zum Existenzrecht des Staates Israel als Ausprägung deutscher Staatsräson Voraussetzung für die Einbürgerung ist.“

Darüber hinaus hat der Bundesrat beschlossen:

„Der Bundesrat hält es zudem für erforderlich, Aufrufe zur Beseitigung des Staates Israel im Rahmen oder aus Anlass von Demonstrationen effektiv und konsequent zu bekämpfen. […] Der Bundesrat fordert deshalb die Bundesregierung auf zu prüfen, wie der Straftatbestand der Volksverhetzung ausdrücklich auf Störungen des öffentlichen Friedens erweitert werden kann, die sich aus der Leugnung des Existenzrechts Israels ergeben. […] Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, zeitnah in Abstimmung mit den Innen- und Justizministern der Länder entsprechende Vorschläge zur Änderung des Straf- und Staatsangehörigkeitsrechts zu entwi­ckeln.“

  1. Inwiefern gibt es von Seiten der Landesregierung NRW Planungen, zeitnah einen ähnlichen Erlass auf den Weg zu bringen?

Angesichts der derzeitigen bundesgesetzlichen Regelungslage beabsichtigt die Landesregie­rung derzeit nicht, einen ähnlichen Erlass auf den Weg zu bringen. Sie hat mit der Initiative im Bundesrat einen einstimmig gefassten Beschluss der Länder erzielt, mit dem die Bundesregie­rung zu entsprechenden Anpassungen des Bundesrechts aufgefordert wird. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen.

  1. Welche Sanktionsmöglichkeiten sieht die Landesregierung in diesem Zusammen­hang bei Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit?
  2. Inwiefern plant die Landesregierung ähnlich wie der bayerische Ministerpräsi­dent, Markus Söder (CSU) auf Bundesebene in bestimmten Fällen auch einen Entzug der (doppelten) Staatsangehörigkeit anzuregen und in diesem Zusammen­hang eine Gesetzesänderung in den Bundesrat einzubringen?

Die Fragen 2 und 3 werden aufgrund des Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet. Die Rücknahme und der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit sind nach umfassender Überprüfung der örtlichen Einbürgerungsämter im Grundsatz unter den Voraussetzungen der Art. 16 Abs. 1 GG, §§ 17, 25, 28, 29, 35 StAG im Einzelfall möglich. Hierzu gehören zukünftig auch Falschangaben im Rahmen des Bekenntnisses, welches Einbürgerungsbewerber zur be­sonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die nationalsozialistische Unrechts­herrschaft und ihre Folgen, insbesondere für den Schutz jüdischen Lebens, sowie zum friedli­chen Zusammenleben der Völker abzugeben haben.

  1. Im Nachgang des terroristischen Überfalls der Hamas auf Israel gab es auch in NRW zahlreiche Anti-Israel-Demos; inwiefern sieht die Landesregierung hierbei in Einzelfällen B. bei der Ausrufung eines Kalifats ein besonderes Ausweisungs­interesse gem. § 54 AufenthG gegeben?

Das Aufenthaltsgesetz normiert in § 54 Abs. 1 AufenthG mehrere besonders schwerwiegende Ausweisungsinteressen. Die Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen erfolgt einzelfall­abhängig.

  1. Inwiefern plant die Landesregierung als Folge der Anti-Israel-Demos auf Bundesebene eine Gesetzesänderung in den Bundesrat einzubringen, die auf eine Ver­schärfung der Vorgaben gem. § 54 AufenthG abzielt?

Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. In dem unter Ziffer 1 genannten Entschließungsan­trag der Landesregierung ist auch die Aufforderung an die Bundesregierung enthalten, zu prü­fen, wie der Straftatbestand der Volksverhetzung ausdrücklich auf Störungen des öffentlichen Friedens erweitert werden kann, die sich aus der Leugnung des Existenzrechts Israels erge­ben.

 

MMD18-8422