Erneute Unkenntnis von Ministerin Paul im Zusammenhang mit Dublin-Rücküberstellungen? Wie kam es 2024 zu bis zu 25 Rücküberstellungen mit einem Flug nach Bulgarien, wenn laut Aussage von Ministerin Paul doch angeblich nur 10 Personen pro Flug möglich sind?

Kleine Anfrage
vom 17.03.2025

Kleine Anfrage 5234

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD

Erneute Unkenntnis von Ministerin Paul im Zusammenhang mit Dublin-Rücküberstellungen? Wie kam es 2024 zu bis zu 25 Rücküberstellungen mit einem Flug nach Bulgarien, wenn laut Aussage von Ministerin Paul doch angeblich nur 10 Personen pro Flug möglich sind?

Im Rahmen der Aktuellen Stunde am 19.02.20251 führte Ministerin Josefine Paul (Bündnis 90/Die Grünen) in ihrer Rede aus: „Es stehen derzeit zwei Chartermöglichkeiten pro Monat nach Bulgarien zur Verfügung. Pro Sammelcharter können eben nur maximal 10 Menschen rückgeführt werden. Mehr ist nach Aussage des BAMF nicht möglich – im Übrigen auch unabhängig von der Größe des Flugzeuges.“

Im Gegensatz hierzu ergeben sich aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Fraktion Die Linke andere Zahlen.2 Gefragt wurde dabei unter Frage 10:

„Wie viele Personen wurden im Jahr 2024 im Zuge von Sammelabschiebungen entweder direkt in ihr Herkunftsland oder über Flughäfen anderer EU-Mitgliedstaaten in ihr Herkunftsland abgeschoben, und wie viele Personen wurden im Jahr 2024 im Zuge von Sammelüberstellungen in andere EU-Staaten überstellt […]?

Die Unterfragen lauteten:

  1. „Bei welchem Staat (für Deutschland: Behörde) lag jeweils die Federführung für die Abschiebemaßnahme, und welche Bundesländer waren von deutscher Seite beteiligt?
  2. Welche Fluggesellschaften wurden mit der Durchführung der Flüge beauftragt, von welchen deutschen Flughäfen starteten sie bzw. wo machten sie eine Zwischenlandung?
  3. Wie hoch waren die Kosten der Flüge jeweils, und wer hat die Kosten getragen (bitte auch die Gesamtkosten angeben)?
  4. Wie viele Personen aus welchen Herkunftsstaaten wurden bei den Abschiebemaßnahmen aus Deutschland jeweils abgeschoben (bitte auch die Gesamtzahl der abgeschobenen Personen angeben)?
  5. Wie viele Bundesbeamte wurden als Begleitpersonal auf den jeweiligen Flügen eingesetzt?“

Die Bundesregierung führte in einer Anlage alle Sammelabschiebungen auf, darunter auch die nach Bulgarien. Folgende Flüge fanden 2024 statt:

  • 02.2024 – 23 Personen (beteiligte Länder: BY)
  • 04.2024 – 1 Person (BY)
  • 04.2024 – 2 Personen (NRW)
  • 05.2024 – 4 Personen (HE, NRW)
  • 05.2024 – 19 Personen (BY)
  • 06.2024 – 2 Personen (NRW)
  • 08.2024 – 4 Personen (HE, MV)
  • 08.2024 – 1 Person (RP)
  • 09.2024 – 2 Personen (HH, NRW)
  • 09.2024 – 25 Personen (BY, RP)
  • 10.2024 – 1 Person (TH)
  • 10.2024 – 4 Personen (NRW, RP)
  • 11.2024 – 3 Personen (RP, TH, BPOL)
  • 11.2024 – 2 Personen (MV, RP)

Hieraus ergibt sich, dass die angeblich möglichen 2 Flüge pro Monat nicht genutzt worden sind, dass es offensichtlich doch möglich ist, mehr als 10 Personen in einem Flugzeug nach Bulgarin rückzuüberstellen, sowie dass NRW von dieser offensichtlich bestehenden Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat. Stattdessen wurde immer, wenn NRW beteiligt war, selbst das angebliche Maximalkontingent von 10 Personen je Flugzeug nicht ausgeschöpft. Dies führt zu einer immensen finanziellen Belastung für den Steuerzahler, beispielsweise am 25.04.2024, als 2 Personen rücküberstellt wurden, zu Kosten in Höhe von 58.985 € oder umgerechnet 29.493 Euro pro Person.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Nach Aussage der Ministerin können pro Sammelcharter nur maximal 10 Menschen rückgeführt werden. Wie erklären sich nach Ansicht der Landesregierung dann die drei aufgeführten Flüge mit 23, 19 bzw. 25 Personen?
  2. Warum ist bei allen Flügen, bei denen NRW beteiligt ist, die Anzahl der rücküberstellten Personen derart gering, was zu einer immensen finanziellen Belastung für den Steuerzahler führt?
  3. Nach Aussage der zuständigen Ministerin stehen 2 Flüge pro Monat zur Verfügung. In der Liste der Bundesregierung finden sich dagegen für das Jahr 2024 nur 14 Flüge nach Bulgarien. Warum wurden 10 zusätzlich mögliche Flüge von Seiten der Landesregierung nicht genutzt?
  4. Mit welchen Maßnahmen wird die Landesregierung zukünftig die maximale Auslastung durch rückzuüberstellende Personen je Flug sicherstellen, um die Kosten für den Steuerzahler zu minimieren?
  5. Warum kommt es immer wieder zu unterschiedlichen Auskünften der Landesregierung und der Bundesregierung (bzw. dem BAMF), wenn es um Dublin-Rücküberstellungen geht?

Enxhi Seli-Zacharias

 

MMD18-13043

 

1 Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der AfD Drucksache 18/12876 „Charter-Überstellungsflug für 7 Personen nach Bulgarien – PR-Coup zwei Wochen vor der Bundestagswahl oder nachhaltiger Sinneswandel?“; Plenarprotokoll 18/89, S. 14

2 https://dserver.bundestag.de/btd/20/149/2014946.pdf


Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 5234 mit Schreiben vom 3. April 2025 namens der Landesregierung beantwor­tet.

  1. Nach Aussage der Ministerin können pro Sammelcharter nur maximal 10 Men­schen rückgeführt werden. Wie erklären sich nach Ansicht der Landesregierung dann die drei aufgeführten Flüge mit 23, 19 bzw. 25 Personen?

Laut Auskunft der Zentralstelle für Flugabschiebungen (ZFA NRW) handelt es sich bei den drei aufgeführten Flügen nicht um Maßnahmen nach der Dublin-III-Verordnung, sondern um Rückführungsmaßnahmen von Drittstaatsangehörigen sowie bulgarischen Staatsangehöri­gen, denen die Freizügigkeit entzogen wurde.

  1. Warum ist bei allen Flügen, bei denen NRW beteiligt ist, die Anzahl der rücküber­stellten Personen derart gering, was zu einer immensen finanziellen Belastung für den Steuerzahler führt?

Eine behauptete Besonderheit der Flüge an denen Nordrhein-Westfalen beteiligt ist kann auf Grundlage der in der Kleinen Anfrage zitierten Zahlen nicht festgestellt werden.

  1. Nach Aussage der zuständigen Ministerin stehen 2 Flüge pro Monat zur Verfü­gung. In der Liste der Bundesregierung finden sich dagegen für das Jahr 2024 nur 14 Flüge nach Bulgarien. Warum wurden 10 zusätzlich mögliche Flüge von Seiten der Landesregierung nicht genutzt?

Sämtliche aufgeführten Chartermaßnahmen wurden durch den Bund geplant und organisiert. Dabei obliegt der Bundespolizei (BPol) grundsätzlich die Öffnung für eine Beteiligung der Län­der. Sofern die BPol NRW die Beteiligung an Chartermaßnahmen angeboten hat, wurden diese Plätze in die Bedarfsplanung der ZFA NRW mit einbezogen.

Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Frage 1 der Kleinen Anfrage 5111 – LT-Drs.: 18/12828 – verwiesen.

  1. Mit welchen Maßnahmen wird die Landesregierung zukünftig die maximale Aus­lastung durch rückzuüberstellende Personen je Flug sicherstellen, um die Kosten für den Steuerzahler zu minimieren?

Die Landesregierung setzt sich kontinuierlich dafür ein, die Auslastung von Rückführungsmaß­nahmen zu steigern, wobei auch dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Verwaltung Rechnung getragen wird. In diesem Zusammenhang erfolgten und erfolgen auch weiterhin regelmäßige Abstimmungen auf Landes-, Bundes- und europäischer Ebene, um ziel­führende Lösungen zu erarbeiten und deren praktische Umsetzung zu realisieren.

Hierzu zählen insbesondere konsequente Überbuchungen der Maßnahmen, verstärkte Nut­zung von Abschiebungshaft und Ausreisegewahrsam sowie die Beseitigung von Vollzugs­hemmnissen.

  1. Warum kommt es immer wieder zu unterschiedlichen Auskünften der Landesre­gierung und der Bundesregierung (bzw. dem BAMF), wenn es um Dublin-Rück-überstellungen geht?

Die wahrgenommenen Unterschiede können nicht bestätigt, die Frage nach den Gründen da­her nicht beantwortet werden. Die Aussagen der Landesregierung waren stets korrekt.

 

MMD18-13372